Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 139/13 OLG Hamm

Leitsatz:
Ist die in einem Berufungsurteil getroffene Hauptentscheidung für den Angeklagten nach § 55 Abs. 2 JGG unanfechtbar, kann er auch die in diesem Berufungsurteil getroffene Kostenentscheidung nicht mit einer sofortigen Beschwerde angreifen.

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Berufungsverfahren, JGG-Verfahren, Anfechtbarkeit, Kostenentscheidung

Normen: JGG 55

Beschluss:

Strafsache
In pp..
hat der 3. Strafsenat des OLG Hamm am 02.07.2013 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.


Gründe

I.

Das Amtsgericht - Jugendrichter - verhängte gegen den heute 17 Jahre alten Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung und versuchter Nötigung einen Freizeitarrest und erteilte ihm die Auflage, 60 Stunden gemeinnütziger Arbeit zu leisten. In Anwendung des § 74 JGG sah der Jugendrichter davon ab, dem Angeklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die hiergegen - mit dem Ziel eines Freispruches - eingelegte Berufung des Angeklagten verwarf das Landgericht als unbegründet und ordnete an, dass der Angeklagte die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen habe. In den Urteilsgründen führte das Landgericht aus, es halte die Anwendung des § 74 JGG aus erzieherischen Gründen nicht für angemessen.

Mit seiner sofortigen Beschwerde wendet sich der Angeklagte gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts.

II.

Das Rechtsmittel ist unzulässig. Eine Anfechtung der vom Landgericht in seinem Berufungsurteil getroffenen Kostenentscheidung ist nicht statthaft.

Nach § 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO ist eine sofortige Beschwerde gegen die in einem Urteil getroffene Kostenentscheidung nicht zulässig, wenn eine Anfechtung der Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Dies ist hier der Fall. Die vom Landgericht getroffene Hauptentscheidung (Verwerfung der Berufung des Angeklagten als unbegründet) ist für den Angeklagten nach § 55 Abs. 2 JGG unanfechtbar. In dieser Fallkonstellation kann der Angeklagte dementsprechend nach der herrschenden Auffassung in der Rechtsprechung und der Literatur (vgl. z.B. OLG Hamm, Beschluss vom 1. Februar 1999 - 2 Ws 19/99 u. 2 Ws 40/99 - <[...]> mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. [2012], § 464 Rdnr. 17), der sich der Senat anschließt, auch die im Berufungsurteil getroffene Kostenentscheidung nicht mit einer sofortigen Beschwerde angreifen.

Die in der Literatur vereinzelt vertretene Auffassung, die Kostenentscheidung im Berufungsurteil müsse auch in der hier vorliegenden Fallkonstellation anfechtbar sein, weil der Ausschluss der Anfechtbarkeit gegen das in § 2 Abs. 1 JGG niedergelegte Ziel des Jugendstrafrechtes verstoße (so Eisenberg, JGG, 16. Aufl. [2013], § 55 Rdnr. 72), vermag nicht zu überzeugen. Diese Argumentation mag de lege ferenda diskutabel sein, im Gesetzeswortlaut und in der Gesetzessystematik hat sie indes keinen Niederschlag gefunden. Gleiches gilt für die Argumente, der das Jugendstrafrecht beherrschende Beschleunigungsgrundsatz beziehe sich nur auf die Verhängung und Vollstreckung von Rechtsfolgen und nicht auf die Kostenentscheidung (Eisenberg, a.a.O.) und die jugendrichterliche Autorität könne durch eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung kaum leiden (Eisenberg, a.a.O.). Die beiden letztgenannten Argumente sind überdies auch inhaltlich wenig überzeugend. Zum einen legt es das Gebot einer möglichst schnellen Ahndung des dem jugendlichen Angeklagten zur Last gelegten Verhaltens nicht gerade nahe, bei Rechtskraft des Schuld- und des Rechtsfolgenausspruches die Frage der Kostentragung noch einer weiteren Überprüfung zu unterziehen (vgl. OLG Hamm, a.a.O.); zum anderen wird sich die Ausübung des durch § 74 JGG eingeräumten Ermessens in geeigneten Fällen auch an den dem Schuld- und dem Rechtsfolgenausspruch zugrundeliegenden Erwägungen orientieren, so dass eine Anfechtung der Kostenentscheidung durchaus der Autorität der jugendrichterlichen Entscheidung zur Schuld- und Rechtsfolgenfrage abträglich sein kann.

Die Auffassung, § 55 Abs. 2 JGG schließe nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nur das Rechtsmittel der Revision aus, nicht hingegen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegen die Kostenentscheidung (so Ostendorf, JGG, 9. Aufl. [2013], § 55 Rdnr. 33), verkennt, dass sich die Unanfechtbarkeit der Kostenentscheidung in der vorliegenden Fallkonstellation nicht unmittelbar aus § 55 Abs. 2 JGG ergibt, sondern aus dem systematischen Zusammenwirken der Regelungen in § 55 Abs. 2 JGG und § 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO.

Schließlich spricht auch die Entstehungsgeschichte der Regelung in § 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO für die hier vertretene Auffassung. Bei der Einführung der jetzigen Fassung des § 464 Abs. 3 Satz 1 StPO hatte der Gesetzgeber die Fälle des § 55 Abs. 2 JGG ausdrücklich als Anwendungsfälle für die Regelung in § 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO im Blick (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung BT-Drucksache 10/1313, S. 40).

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. Für eine Anwendung des § 74 JGG sieht der Senat - ebenso wie das Landgericht - keine Veranlassung.



zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".