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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 Ws 23/14 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Eine entsprechende Anwendung des § 78b ZPO kommt im Klageerzwingungsverfahren nicht in Betracht.
2. Die Beiordnung eines Notanwalts setzt voraus, dass der Antragsteller darlegt und glaubhaft macht, dass er alle ihm zumutbaren Bemühungen entfaltet hat, um die Übernahme des Mandats durch einen Rechtsanwalt zu erreichen. Dazu reicht es nicht, dass dargelegt wird, dass drei Rechtsanwälte dessen Übernahme abgelehnt hätten.

Senat: 1

Gegenstand: Antrag auf gerichtliche Entscheidung

Stichworte: Klageerzwingungsverfahren, Notanwalt

Normen: StPO 172; ZPO 78b

Beschluss:

Ermittlungsverfahren
In pp.
hat der 1. Strafsenat des OLG Hamm am 11.02.2014 beschlossen:

Der Antrag auf Bestellung eines Notanwalts wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird als unzulässig verworfen.

Gründe
Der Generalstaatsanwalt in Hamm hat in seiner Antragsschrift vom 21.01.2014 Folgendes ausgeführt:

" I.
Mit dort am 10.01.2014 eingegangenem Schreiben vom 09.01.2014 begehrt der Anzeigeerstatter gerichtliche Entscheidung gegen meinen am 09.12.2013 in den Postausgang gegebenen (Bl. 14 d. Beschw.H.) Bescheid vom 05.12.2013 (Bl. 15, 15 R d. Beschw.H.), mit dem ich die Beschwerde des Antragstellers vom 07.11.2013 gegen den Bescheid der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 24.10.2013 (Bl. 4, 4 R d. Beschw.H.) zurückgewiesen habe, sowie die Beiordnung eines Notanwalts.

II.
1.
Der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts zur Stellung eines Klageerzwingungsantrages ist als unzulässig zu verwerfen, weil es an einer Rechtsgrundlage für eine derartige Entscheidung fehlt (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 15.12.2009 - 3 Ws 286/09 - m. w. N.).

Nach ständiger Rechtsprechung der Strafsenate des Oberlandesgerichts Hamm (zu vgl. OLG Hamm, Beschlüsse vom 25.04.2013 - III-2 Ws 121/13 - und vom 21.09.2010 - 2 Ws 241/10 -, jeweils m. w. N.) kommt eine entsprechende Anwendung von § 78 b ZPO, der im Zivilverfahren die Beiordnung eines Notanwalts regelt, im Klageerzwingungsverfahren nicht in Betracht. Der Gesetzgeber hat für den Fall, dass der Betroffene aus wirtschaftlichen Gründen keinen zu seiner Vertretung bereiten Anwalt findet, den Verletzten im Klageerzwingungsverfahren mit der Partei im Zivilprozess durch Gewährung von Prozesskostenhilfe gleichgestellt, diese Gleichstellung nach dem Gesetzeswortlaut aber nicht auf die Beiordnung eines Notanwalts erstreckt (OLG Hamm, Beschluss vom 15.12.2009 - 3 Ws 286/09 -). Der wesentliche, eine Analogie ausschließende Unterschied besteht in den verschiedenen Rollen und Interessen des Betroffenen in den jeweiligen Verfahrensordnungen. Im Zivilprozess verfolgt er ausschließlich eigene Interessen. Er allein kann mittels seines Klagerechts den Prozess initiieren. Dagegen erhält der Strafprozess durch das Anklagemonopol der Staatsanwaltschaft und das Legalitätsprinzip sein besonderes Gepräge (OLG Hamm, a. a. O., m. w. N.). Ferner mutet es das Gesetz einem Rechtsanwalt nicht zu, gegen seinen Willen und möglicherweise auch gegen seine Überzeugung ein auf Strafverfolgung gerichtetes Mandat übernehmen zu müssen (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 21.09.2010 - 2 Ws 241/10 -). Darüber hinaus besteht im Klageerzwingungsverfahren angesichts der Vielzahl der in Deutschland zugelassenen Rechtsanwälte kein objektives Bedürfnis für die Zulassung eines Notanwalts, da sichergestellt ist, dass der Antragsteller für jeden nicht gänzlich aussichtslosen Antrag einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt finden kann. Offensichtlich aussichtslose Fälle sollten durch den Anwaltszwang hinsichtlich des Antrags auf gerichtliche Entscheidung aber ohnehin gerade von den Oberlandesgerichten ferngehalten werden (OLG Hamm, a. a. O.).

Abgesehen davon reicht der Vortrag des Antragstellers für die Beiordnung eines Notanwalts ohnehin nicht aus, selbst wenn man eine solche im Klageerzwingungsverfahren als zulässig erachten würde. Denn die Beiordnung eines Notanwalts setzt voraus, dass der Antragsteller darlegt und glaubhaft macht, dass er alle ihm zumutbaren Bemühungen entfaltet hat, um die Übernahme des Mandats durch einen Rechtsanwalt zu erreichen. Der Antragsteller hat zwar dargelegt, dass er verschiedene Anwälte kontaktiert hat, welche jedoch zu einer Mandatsübernahme nicht bereit waren. Insoweit fehlt es allerdings bereits an einer entsprechenden Glaubhaftmachung, da dem Antrag des Antragstellers die Übernahme eines Mandats ablehnende Schreiben von Rechtsanwälten nicht beigefügt waren. Darüber hinaus ist das Vorbringen des Antragstellers jedoch auch bereits nicht ausreichend, um "alle zumutbaren Bemühungen" darzulegen. Der Antragsteller hätte sich nicht wie im vorliegenden Fall damit begnügen dürfen, sich an einige Rechtsanwälte zu wenden. Er hätte vielmehr zuvor eine beträchtliche Anzahl von Rechtsanwälten um die Mandatsübernahme gebeten haben müssen (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 25.04.2013 - III-2 Ws 121/13 -).

2.
Der - jedenfalls darüber hinaus hilfsweise gestellte - Antrag des Anzeigeerstatters auf gerichtliche Entscheidung gegen meinen Bescheid vom 05.12.2013 erweist sich als unzulässig, da er entgegen der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 172 Abs. 3 Satz 2 StPO von dem Antragsteller selbst und nicht von einem Rechtsanwalt unterzeichnet worden ist.

Den Anträgen muss daher insgesamt der Erfolg versagt bleiben."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an. Unabhängig davon, dass der Senat keinen Anlass sieht, von der ständigen Rechtsprechung des hiesigen Oberlandesgerichts abzuweichen (vgl. nur NJW 2003, 3286 und NJW 2008, 245), reicht das Anschreiben von - wie hier - drei Rechtsanwälten (unabhängig davon, dass hier die Gründe für eine Ablehnung der Mandatsübernahme durch diese unklar sind) bei weitem nicht als eigenes Bemühen um anwaltliche Vertretung vor Beantragung eines Notanwalts aus (vgl. u.a. BGH VersR 2000, 649; BayVGH, Beschl. v. 26.02.2013 -3 ZB 13.73 u.a. - [...]). Gemessen an der Gesamtzahl der in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwälte kann dies nicht als ernsthaftes Bemühen um Vertretung gewertet werden, wenn - so die zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes - es schon nicht ausreicht, nur drei von 28 beim Bundesgerichtshof zugelassene Anwälte zu kontaktieren.



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