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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 RBs 8/14 OLG Hamm

Leitsatz: Sobald ein alle erforderlichen Bestandteile enthaltendes Urteil im Wege der Zustellung aus dem inneren Dienstbetrieb des Gerichts herausgegeben worden ist, darf es - auch innerhalb der Urteilsabsetzungsfrist - nicht mehr verändert und damit auch nicht mehr um Urteilsgründe ergänzt werden, es sei denn, die nachträgliche Urteilsbegründung ist ausnahmsweise - namentlich nach § 77b Abs. 2 OWiG - zulässig.

Senat: 1

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Urteilsgründe, Nachholung, Zulässigkeit

Normen: OWiG 77b

Beschluss:

Bußgeldsache
In pp.
hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm am 20.01.2014 beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an das Amtsgericht Dortmund zurückverwiesen.


Gründe

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat in ihrer Antragsschrift vom 07.01.2014 Folgendes ausgeführt:


" I.

Das Amtsgericht Dortmund hat den Betroffenen mit Urteil vom 16.08.2013

(Bl. 53, 55, 59, 59 R. d. A.) wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 160,00 Euro verurteilt und unter Gewährung von Vollstreckungsaufschub ein einmonatiges Fahrverbot verhängt (§§ 41 Abs. 2, 49 StVO, 24, 25 StVG).

Gegen dieses in Abwesenheit des Betroffenen und seines Verteidigers verkündete (Bl. 53 d. A.) und auf Anordnung des Vorsitzenden vom 16.08.2013 (Bl. 55 d. A.) seinem Verteidiger am 26.08.2013 zugestellte (Bl. 61 d. A.) (abgekürzte) Urteil hat der Betroffene mit am 02.09.2013 bei dem Amtsgericht Dortmund eingegangenem Telefax-Schreiben seines Verteidigers vom selben Tage (Bl. 60 d. A.) Rechtsbeschwerde eingelegt und diese mit weiterem, am 10.09.2013 bei dem Amtsgericht Dortmund eingegangenem Telefax-Schreiben seines Verteidigers vom 09.09.2013 (Bl. 63 - 73 d. A.) mit den näher ausgeführten Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet. Das am 20.09.2013 auf der Geschäftsstelle des Gerichts eingegangene schriftlich begründete Urteil (Bl. 74 - 78 d. A.) ist dem Verteidiger auf Anordnung des Vorsitzenden vom 24.10.2013 (Bl. 86 d. A.) am 12.11.2013 zugestellt worden (Bl. 91 d. A.). Mit am 20.11.2013 bei dem Amtsgericht eingegangenem Telefax-Schreiben seines Verteidigers vom 19.11.2013 (Bl. 94 - 95

d. A.) hat der Betroffene die bereits erhobene Sachrüge näher ausgeführt.

II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte, rechtzeitig eingelegte und form- und fristgerecht begründete Rechtsbeschwerde ist zulässig. Auch in der Sache ist der Rechtsbeschwerde ein zumindest vorläufiger Erfolg nicht zu versagen.

Das angefochtene Urteil enthält entgegen §§ 46 Abs. 1, 71 Abs. 1 OWiG, 267 StPO keine für das Rechtsbeschwerdegericht beachtlichen Gründe. Die am 20.09.2013 zu den Akten gelangten schriftlichen Urteilsgründe sind unbeachtlich, weil zu diesem Zeitpunkt bereits eine nicht mehr abänderbare Urteilsfassung ohne Gründe vorlag. Dies ergibt sich aus folgendem Verfahrensablauf:

Der zuständige Abteilungsrichter hat am Tag der Urteilsverkündung die Zustellung des Urteils an den Verteidiger des Betroffenen angeordnet. Bestandteil der Akten war zu diesem Zeitpunkt bereits das fertiggestellte Protokoll der Hauptverhandlung vom 16.08.2013, das wiederum die für ein Urteilsrubrum erforderlichen Angaben sowie die Urteilsformel und damit sämtliche erforderlichen Bestandteile eines abgekürzten Urteils in Bußgeldsachen enthielt. Die Zustellung an den Verteidiger des Betroffenen ist am 26.08.2013 erfolgt.

Sobald aber ein alle erforderlichen Bestandteile enthaltendes Urteil im Wege der Zustellung aus dem inneren Dienstbereich des Gerichts herausgegeben worden ist, darf es - auch innerhalb der Urteilsabsetzungsfrist - nicht mehr verändert und damit auch nicht mehr um Urteilsgründe ergänzt werden, es sei denn, die nachträgliche Urteilsbegründung ist ausnahmsweise - namentlich nach § 77b Abs. 2 OWiG - zulässig (zu vgl. OLG Hamm NJOZ 2013, 1037 m. w. N.). Die Voraussetzungen des § 77b Abs. 2 OWiG lagen hier indes nicht vor, weil die Zustellung der ersten - unbegründeten - Urteilsfassung nicht von der Regelung des § 77b Abs. 1 OWiG gedeckt war. Daran ändert nichts, dass der Vorsitzende dem Betroffenen lediglich den Entscheidungstenor bekannt geben wollte, da sich auch aus der dienstlichen Stellungnahme des Vorsitzenden vom 24.10.2013 (Bl. 85 d. A.) ergibt, dass er das Protokollurteil an den Verteidiger des Betroffenen zustellen wollte, um die Rechtsmittelfrist in Gang zu setzen. Dass er die an eine förmliche Zustellung geknüpften Rechtsfolgen nicht auslösen wollte mit der Folge, dass unter Umständen eine Nachholung von Urteilsgründen zulässig wäre (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 10.01.2013 - III-5 RBs 181/12 -, zitiert nach [...]), kann deswegen nicht festgestellt werden.

Enthält das Urteil aber - wie im vorliegenden Fall - keine für das Rechtsbeschwerdegericht beachtlichen Gründe, ist die Rechtsbeschwerde bereits deshalb mit der Sachrüge begründet, weil das Rechtsbeschwerdegericht ein Urteil ohne Gründe keiner materiell-rechtlichen Prüfung unterziehen kann (zu vgl. OLG Hamm NJOZ 2013, 1037)."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an. Die Ausführungen des Tatrichters im Vermerk vom 24.10.2013, eine Zustellung des Urteils habe nicht in seinem Willen gelegen, ist angesichts der Formulierung der Verfügung "Urteilsausfertigung mit RMB OWi 23 (§ 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 oder 2 OWiG trifft zu) an die Verteidigerin/den Verteidiger zustellen (EB)" nicht nachvollziehbar.



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