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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 Vollz (Ws) 272/14 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Unter den Begriff der Maßnahme fällt jedes vollzugsbehördliche Handeln, das im Einzelfall auf die Gestaltung von Lebensverhältnissen mit zumindest auch rechtlicher Wirkung gerichtet ist. Die Maßnahme muss auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sein. Allgemeine Regelungen - wie hier - können daher nur insoweit Gegenstand der Anfechtung sein, wie sie bereits unmittelbare Wirkung im Einzelfall entfalten, nicht aber, wenn es zu ihrer Umsetzung noch des Erlasses von Einzelakten bedarf. Wird im Rahmen einer Anpassung von Sicherheitsstandards in allgemeiner Form für alle Untergebrachten einer Maßregelvollzugseinrichtung die Möglichkeit des Empfangs von Paketen auf sechs Stück pro Jahr begrenzt, handelt es sich nicht um eine Maßnahme in dem o.g. Sinne.
2. Zur Möglichkeit der Begrenzung des Besitzes diverser Arten von Gegenständen (insbesondere Elektronikgeräten) im Maßregelvollzug.

Senat: 1

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Doppelbesitz, TV-Gerät, Maßregelvollzug

Normen: MRVG 7

Beschluss:

Strafvollzugssache
In pp.
hat der 1. Strafsenat des OLG Hamm am 03.07.2014 beschlossen:

I. Rechtsbeschwerde des Direktors des Landschaftverbandes Westfalen- Lippe als untere staatliche Maßregelvollzugsbehörde

1. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird verworfen, soweit der angefochtene Beschluss die Sicherheitsstandards in der Fassung des Widerspruchsbescheids insoweit aufhebt, als der Empfang von Elektrogeräten nur noch durch Bestellung im Versandhandel mit Versand an die Maßregelvollzugseinrichtung für zulässig erklärt wird und die Nutzung von Bettkästen als Stauraum hinter den Betten untersagt wird und er den Rechtsbeschwerdeführer verpflichtet, den Betroffenen unter Beachtung der Rechtsauffassung der Strafvollstreckungskammer insoweit erneut zu bescheiden.
3. Im Übrigen wird der angefochtene Beschluss aufgehoben.
a) Soweit der angefochtene Beschluss die Verfahrensgegenstände "Abspielgeräte für Datenträger", "Elektrokabel" sowie Kaffeemaschinen und "Verbot des Erwerbs von Spielekonsolen" betrifft, wird die Sache an die Strafvollstreckungskammer zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - zurückverwiesen.
b) In den nicht in 3.a) erfassten Fällen (Paketempfang, Doppelung von Elektronikgeräten, selbstgebautes Mobiliar) wird der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen.

II. Rechtsbeschwerde des Betroffenen
1. Die Rechtsbeschwerde wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich dagegen richtet, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bzgl. der Durchführung von Zimmerkontrollen als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Im Übrigen wird sie zugelassen und als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Betroffene (§ 121 Abs. 2 StPO).

Gründe
I.

Nach den Feststellungen der Strafvollstreckungkammer befindet sich der Betroffene im Vollzug der Maßregel des § 63 StGB, die gegen ihn im Jahre 1994 wegen Mordes in Tateinheit mit schwerem Raub und sexueller Nötigung angeordnet worden war.

Unter dem Datum des 28.09.2012 verfügte der Direktor des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe als untere staatliche Maßregelbehörde eine Anpassung der Sicherheitsstandards. Im vorliegenden Verfahren geht es dabei um folgende Punkte:

a) Engmaschige Zimmerkontrollen sollen zwar nicht anlasslos durchgeführt werden können. Anlass der Zimmerkontrolle sei die Kontrolle der Einhaltung der Sicherheitsstandards.

b) Elektrogeräte dürfen nur noch durch Versandbestellung mit direkter Paketsendung an die Klinik geliefert werden. Altgeräte sind im Rahmen des Bestandsschutzes nicht betroffen.

c) Pro Patient ist nur der Empfang von sechs privaten Paketsendungen (Paketsendungen aufgrund Direktsendung im Versandhandel sind hierin nicht eingerechnet) zulässig. Das Format der Pakete darf 50x40cm nicht überschreiten, um eine Durchleuchtung in der Röntgenanlage zu ermöglichen.

d) Es ist nur noch 1 PC Monitor und 1 TV-Gerät pro Zimmer zulässig. Jegliche Doppelung von Geräten der Unterhaltungselektronik oder von Computern ist untersagt. Doppelgeräte müssen eingelagert werden.

e) Es dürfen nur bis zu 100CDs/DVDs auf dem Zimmer aufbewahrt werden. Ein Austausch ist in "verträglichen Frequenzen" möglich.

f) Bettkästen dürfen nicht mehr als Stauraum hinter den Betten deponiert werden.

Gegen die Regelung hat der Betroffene am 04.10.2012 Widerspruch eingelegt, der mit Bescheid des Landesbeauftragten für den Maßregelvollzug vom 18.02.2013 zurückgewiesen worden ist. Im Widerspruchsbescheid wird neben den oben genannten Punkten abgehandelt, dass die "Regelungen zur Beschränkung des Mobiliars" zulässig seien (nachfolgend g). Der Bau eigener Möbel möge therapeutisch sinnvoll sein, es bestehe aber die Gefahr des Einbaus von nur schwer auffindbaren Verstecken.

Weiter wird unter dem Punkt "Beschränkung der Zahl der Kaffeemaschinen (nachfolgend h), Abspielgeräte für Datenträger (nachfolgend i), PC-Monitore, TV-geräte, Elektrokabel (nachfolgend j) und CDs/DVDs" abgehandelt, dass deren Beschränkung zur Ermöglichung einer hinreichenden Sicherheitskontrolle notwendig sei.

Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat sich der Betroffene mit seinem am 06.03.2013 eingegangenen Antrag seiner Verfahrensbevollmächtigten auf gerichtliche Entscheidung gewandt.

Die Strafvollstreckungskammer hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung insoweit als unbegründet zurückgewiesen, soweit er sich gegen die angeordneten Zimmerkontrollen und gegen die Begrenzung der Zahl von Datenträgern auf 100 je Zimmer richtete. Im Übrigen hat es die "angegriffenen Sicherheitsstandards und den Widerspruchsbescheid" aufgehoben und die Vollzugsbehörde angewiesen, den Betroffenen unter Beachtung ihrer Rechtsauffassung neu zu bescheiden.

In der Begründung führt das Landgericht aus, dass der Antrag unbegründet sei, soweit er sich gegen die Durchsuchungsregelung richte. Diese entspreche § 7 Abs. 5 MRVG NW (a).Sie sei auch nicht unverhältnismäßig, da nach Mitteilung der Klinik Durchsuchungen "ca. 4-mal im Jahr" durchgeführt werden sollten.

Die Regelung zur Bestellung von Elektrogeräten verstoße gegen § 7 Abs. 3 MRVG NW. Es sei nicht ersichtlich, warum sie aus Sicherheitsgründen unerläßlich sei, da der Kontrollaufwand angesichts der Begrenzung privater Paketsendungen ohnehin auf sechs pro Jahr beschränkt sei (b).

Die Regelung zur Begrenzung des Paketempfangs auf sechs pro Jahr verstoße gegen § 8 MRVG-NW, da die Vollzugsbehörde nicht dargelegt habe, wie sie zu der Zahl von sechs Paketen komme und nicht dargelegt habe, wieviel Kontrollaufwand ihr tatstächlich entsteht, so dass nicht überprüft werden könne, ob ohne die Begrenzung ein unverhältnismäßiger Kontrollaufwand entstünde (c).

Weiter heißt es, dass "die angefochtene Regelung aufzuheben" gewesen sei, soweit sie die "Einrichtung der Patientenzimmer" betreffe. Das generelle Verbot, bestimmte Gegenstände aus Gründen der Übersichtlichkeit und Sicherheit einzubringen, sei nicht zulässig. Selbstgebaute Möbelstücke könnten auf Verstecke kontrolliert werden (g). Im Einzelfall könne dann ein Verbot nach § 7 Abs. 3 S. 2 MRVG NW ausgesprochen werden. Ein generelles Verbot sei unzulässig.

Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Besitz einer Kaffeemaschine mit Pad-Kapseln verboten sei (h).

Gleiches gelte für das Verbot des Aufstellens der Bettkästen als Stauraum hinter den Betten (f) sowie für das Verbot des Mehrfachbesitzes von Computer-Monitoren,

TV-Geräten (d) oder Abspielgeräten (i). Da nicht alle Abspielgeräte sämtliche Datenträger wiedergeben könnten, seien hier nur Einzelfallregelungen und nicht generelle Regelungen zulässig. Auch das Verbot des gleichzeitigen Besitzes einer Spielekonsole und eines DVD-Players sei nicht aufrechterhaltbar.

Das Verbot des zukünftigen Erwerbs von Spielekonsolen sei als generelles Verbot unzulässig, da es auch nicht freiprogframmierbare und nicht netzwerk- und internetfähige Geräte gäbe, von denen keine Gefahr ausginge. Insoweit sei eine Einzelfallprüfung angezeigt (nachfolgend k).

Zulässig sei hingegen die Begrenzung der Zahl der Datenträger auf 100 (e).

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe als untere staatliche Maßregelvollzugsbehörde mit der Rechtsbeschwerde. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und macht eine Verletzung der Amtsaufklärungspflicht geltend.

Soweit mit dem angefochtenen Beschluss der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen wurde, hat auch der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.

Der Landesbeauftragte für den Maßregelvollzug hat sich der Rechtsbeschwerde angeschlossen und hält die Rechtsbeschwerde des Betroffenen für unbegründet.

II.

Der Senat legt die Rechtsbeschwerde des Direktors des Landschaftverbandes Westfalen- Lippe als untere staatliche Maßregelvollzugsbehörde so aus, dass sie sich nur insoweit gegen den angefochtenen Beschluss richtet, als das Landgericht zu Lasten des Beschwerdeführers entschieden hat.

Die - auch ansonsten zulässige - Rechtsbeschwerde war zuzulassen.

Über die Zulassungsgründe des § 116 StVollzG hinaus ist anerkannt, dass die Rechtsbeschwerde dann zuzulassen ist, wenn die tatsächlichen Feststellungen oder rechtlichen Erwägungen der angefochtenen Entscheidung so unzureichend sind, dass das Rechtsbeschwerdegericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG nicht überprüfen kann (OLG Hamm, Beschluss vom 12. November 2013 - III-1 Vollz (Ws) 517/13 - [...]). So verhält es sich hier, soweit es um die Punkte "Abspielgeräte für Datenträger" (i), "Elektrokabel" (j) sowie Kaffeemaschinen (h) und "Verbot des Erwerbs von Spielekonsolen" (k) geht. Insoweit sind insbesondere die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Beschluss so unzureichend, dass die o.g. Überprüfung dem Senat nicht möglich ist. Es bleibt letztlich unklar, worin die Beschränkung liegt (z.B. generelles Verbot des Erwerbs von Spiele-

konsolen/Kaffeemaschinen oder nur Verbot des Mehrfachbesitzes), weil hier Auslassungen bei den tatsächlichen Festsstellungen vorliegen bzw. Widersprüchlichkeiten zwischen diesen und den rechtlichen Erwägungen.

Im Übrigen war die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Der Senat hat zu den übrigen aufgeworfenen Fragen im Rahmen des Maßregelvollzugs noch nicht Stellung genommen. Darüber hinaus lässt die Abfassung des Beschlusses besorgen, dass die Strafvollstreckungskammer den Begriff der "Maßnahme" i.S.v. § 109 StVollzG grundlegend verkannt hat und sich hier eine unrichtige Rechtsprechung verfestigen könnte.

III.

Die Rechtsbeschwerde des Direktors des Landschaftverbandes Westfalen- Lippe als untere staatliche Maßregelvollzugsbehörde hat auf die Sachrüge hin weitgehenden Erfolg und führt teils zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache, teils zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückweisung des Antrages auf gerichtliche Entscheidung des Betroffenen (§ 119 Abs. 4 StVollzG). Die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht wurde hingegen nicht den Begründungsanforderungen der §§ 121 Abs. 1, 344 Abs. 2 StPO entsprechend ausgeführt.

1.

Soweit die Rechtsbeschwerde wegen unzureichender tatsächlicher Feststellungen zuzulassen war, hat sie zwangsläufig Erfolg und die Sache war zur erneuten Behandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 119 Abs. 4 S. 3 StVollzG).

2.

Die Rechtsbeschwerde ist darüberhinaus insoweit teilweise bereits deswegen begründet, weil der zu Grunde liegende Antrag auf gerichtliche Entscheidung bereits insoweit teilweise unzulässig war, als er sich nicht gegen eine "Maßnahme" i.S.v.

§ 109 StVollzG richtet. Unter den Begriff der Maßnahme fällt jedes vollzugsbe-

hördliche Handeln, das im Einzelfall auf die Gestaltung von Lebensverhältnissen mit zumindest auch rechtlicher Wirkung gerichtet ist. Hierunter fallen neben den klassi-

schen Verwaltungsakten auch Realakte (Euler in: Beck-OK-StVollzG, Ed. 3, § 109 Rdn. 7). Die Maßnahme muss auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sein (Arloth, StVollzG, 3. Aufl., § 109 Rdn. 7). Allgemeine Regelungen - wie hier - können daher nur insoweit Gegenstand der Anfechtung sein, wie sie bereits unmittelbare Wirkung im Einzelfall entfalten, nicht aber, wenn es zu ihrer Umsetzung noch des Erlasses von Einzelakten bedarf (KG Berlin bei Matzke NStZ 1997, 429; OLG Hamburg NStZ 1992, 303 [LG Hamburg 07.10.1991 - 613 Vollz 74/90] - jew. m.w.N.).

a) Die Verfügung zur Begrenzung des Paketempfangs auf sechs Pakete pro Jahr (c), die - entgegen der Ansicht der Strafvollstreckungskammer - überdies Pakete i.S.d. Regelung zu b) nicht beinhaltet, stellt indes keine Maßnahme im o.g. Sinne dar. Der Sache nach handelt es sich nur um die Ankündigung, bei mehr als sechs Paketempfängen pro Jahr, das Paket anzuhalten (§ 8 MRVG NW) und ggf. sodann nach

§ 7 Abs. 2 MRVG NW damit zu verfahren. Dem Betroffenen wird nicht etwa die Pflicht auferlegt (die er im Übrigen auch kaum erfüllen könnte - da er Dritte nicht zwingen kann, keine Pakete an ihn zu senden) dafür Sorge zu tragen, dass nur maximal sechs Pakete/Jahr an ihn geschickt werden. Ihm wird kein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlassen abverlangt. Werden mehr als sechs Pakete pro Jahr an ihn gesandt, so muss die Maßregelvollzugseinrichtung, wenn sie dies verhindern will, gleichwohl noch das Paket anhalten und dann über dessen weiteres Schicksal entscheiden. Hier bedarf es also noch weiterer Umsetzungsmaßnahmen, gegen die der Betroffene (oder eventuell auch der Paketabsender) nach §§ 109 ff. StVollzG im Einzelfall vorgehen kann. Eine etwaige psychische Wirkung dahingehend, dass der Betroffene zukünftig bei ihm bekannten Paketabsendern darauf drängt, nur noch sechs Pakete, diese aber möglichst unter Ausschöpfung der Kapazität an ihn zu senden, ist keine Rechtswirkung in dem o.g. Sinne.

Insoweit war der angefochtene Beschluss aufzuheben und der Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig zurückzuweisen (§ 119 Abs. 4 S. 2 StVollzG).

b) Die Verfügung hinsichtlich des Empfangs von Elektrogeräten nur durch Direktversand an die Maßregelvollzugseinrichtung aus dem Versandhandel (b) enthält allerdings eine Maßnahme. Der Betroffene wird zwar nicht verpflichtet, vorhandene Geräte abzuliefern, da Bestandsgeräte von dieser Regelung ausdrücklich ausgenommen sind. Auch kann der Betroffene nicht immer steuern, wer ihm (möglicherweise wohlmeinend aber unverlangt) ein Elektrogerät schickt. Letztendlich ist die Regelung aber so verstehen, dass dem Betroffenen schon die Bestellung eines Elektrogerätes bei einem anderen Lieferanten als dem Versandhandel (z.B. einem örtlichen Händler, der nicht versendet, sondern selbst liefert, oder einem Privaten) untersagt wird und damit unmittelbar eine Regelung mit Rechtswirkung nach außen getroffen wird.

Soweit es um die Doppelung von TV-Geräten, Computern und Monitoren (d) geht, liegen hingegen Maßnahmen vor, da die Doppelung untersagt wird und damit den Betroffenen die unmittelbare Rechtspflicht trifft, eine Auswahl zur Abgabe von Doppelgeräten zu treffen. Auch die Regelung zu den Bettkästen (f) erlegt dem Betroffen unmittelbar die Rechtspflicht auf, diese nicht mehr als Stauraum hinter dem Bett zu nutzen. Das Verbot des Besitzes selbst gebauter Möbel erlegt dem Betroffenen ebenfalls unmittelbar eine Rechtspflicht auf (g).

3.

Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde teilweise begründet.

Zu Recht geht das Landgericht allerdings davon aus, dass die Regelung zum Empfang von Elektrogeräten rechtswidrig ist (b). Insoweit ist die Rechtsbeschwerde unbegründet. Nach § 7 Abs. 3 MRVG kann das Einbringen von Gegenständen (u.a.) aus Gründen der Sicherheit untersagt werden. Dass diese Voraussetzung vorliegt, ist nicht hinreichend erkennbar. Die Regelung, Elektrogeräte nur über den Versandhandel mit Direktversand an die Maßregelvollzugseinrichtung zu beziehen, enthält gleichzeitig die Untersagung der Einbringung von auf anderem Wege erworbener Elektrogeräte. Die Maßregelvollzugseinrichtung hat zwar angegeben, dass sie Elektrogeräte bei Bezug aus dem Versandhandel nicht öffnen müsse und so ein geringerer Kontrollaufwand entstünde. Die bloß einfachere Handhabung stellt aber noch keinen relevanten Sicherheitsgrund dar. Erst wenn erkennbar wäre, dass die Maßregelvollzugseinrichtung bei einer angemessenen Ausstattung mit ihren Mitteln den Kontrollaufwand nicht mehr leisten kann und damit tatsächlich eine Sicherheitslücke entstünde, läge ein sicherheitsrelevanter grund vor. Auf der Basis der Feststellungen im angefochtenen Beschluss ist das nicht ersichtlich.

Soweit es um die Doppelung von TV-Geräten etc. geht, ist die Rechtsbeschwerde allerdings begründet. Das Landgericht überschreitet die Grenzen der Überprüfung einer Ermessensentscheidung nach § 115 Abs. 5 StVollzG, wenn es meint, die Übersichtlichkeit des Haftraums hätte auch in anderer Weise hergestellt werden können.

Nach § 7 Abs. 4 MRVG NW dürfen den Untergebrachten Gegenstände, die die Sicherheitsbelange beeinträchtigen, weggenommen werden. Doppelte TV-Geräte, Computer und Monitore (d) beeinträchtigen die Sicherheitsbelange. In dem Widerspruchsbescheid ist ausgeführt, dass die Vielzahl von Gegenständen auf den Zimmern der Untergebrachten eine Kontrolle derselben mit vertretbarem Aufwand nicht mehr leistbar machen. Dies liegt auf der Hand, da diese Geräte nicht nur auf ihre Nutzung als Versteck für verbotene Gegenstände kontrolliert werden müssen (was sie nicht von anderen Gegenständen unterscheiden würde), sondern auch eine Überprüfung auf technische Manipulationen (etwa zur Verhinderung unerlaubter Kommunikation) und im Falle des Computers auch auf unerlaubte Inhalte (etwa

Kinderpornographie etc.) notwendig ist. Der Doppelbesitz der o.g. Gegenstände erschwert Kontrollen und beeinträchtigt die Übersichtlichkeit des Haftraums.

Durch die Regelung hat der Beschwerdeführer dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in besonderer Weise Rechnung getragen, denn er hat nicht die rechtlich mögliche Wegnahme verfügt, sondern er belässt dem Betroffenen jeweils ein Gerät und überlässt ihm die Auswahl des abzugebenden Geräts. Angesichts dieses Umstandes und angesichts des Umstandes, dass letztlich kein echtes Bedürfnis für den o.g. Doppelbesitz besteht, sind Ermessensfehler bei der vom Betroffenen angegriffenen Regelung auch nicht erkennbar. Der Senat versteht die Regelung so, dass durch sie die ausnahmsweise Genehmigung des Doppelbesitzes in besonders begründeten Fällen nicht ausgeschlossen wird.

Hinsichtlich der Frage der Bettkästen als Stauraum hinter den Betten (f) ist die Rechtsbeschwerde wiederum unbegründet, da insoweit nicht ersichtlich ist, inwieweit hierdurch (d.h. allein dadurch, dass der Bettkasten nicht an dem vorgesehen Platz unter dem Bett, sondern dahinter, steht) Sicherheitsbelange beeinträchtigt oder ein geordnetes Zusammenleben beeinträchtigt sein könnte (§ 5 MRVG NW). Der Senat weist in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hin, dass Entscheidungsgrund-

lage auf die Sachrüge hin die Feststellungen des angefochtenen Beschlusses sind. Nachträglich im Rahmen der Rechtsbeschwerde vorgetragene Tatsachen sind demgegenüber grundsätzlich unbeachtlich. Eine Aufklärungsrüge wurde nicht in der nach §§ 120 Abs. 1 StVollzG, 344 Abs. 2 StPO erforderlichen Form eroben. Es ist weder vorgetragen, aufgrund welcher Umstände sich die Strafvollstreckungskammer zu einer weiteren Aufklärung hinsichtlich der Frage der Bettkästen hätte gedrängt sehen müssen und welche Tatsachenermittlung das Gericht unterlassen hat sowie welcher Beweismittel es sich hätte bedienen sollen (vgl. nur: Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. § 244 Rdnr. 81).

Hinsichtlich der selbstgebauten Möbelstücke ist die Untersagung zu Recht erfolgt und die Rechtsbeschwerde begründet, da sie eine Gefährdung für die Sicherheit darstellen (§ 7 Abs. 3 und 4 MRVG NW). Gerade bei selbstgebauten Möbelstücken wäre eine gründliche Überprüfung durch die Anstalt auf verbotene Verstecke o.ä. kaum möglich bzw. müsste zwangsläufig mit zerstörenden Eingriffen verbunden sein, wenn das Möbelstück einmal zusammengesetzt ist. Das verbot ist auch nicht unverhältnismäßig, da die Anstalt nicht gehindert ist, bei neu zu bauenden Möbelstücken (etwa im Rahmen einer Therapie), deren Zusammenfügung hinreichend überwacht und somit ein Missbrauch schon in der Bauphase ausgeschlossen werden kann, gleichwohl den Besitz zu genehmigen.

Soweit die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet wurde, konnte der Senat hier ebenfalls nach § 119 Abs. 4 S. 2 StVollzG eine eigene Sachentscheidung treffen.

IV.

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist insoweit unzulässig, als sie sich dagegen richtet, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung betreffend die Regelung zur Zimmerdurchsuchung als unbegründet zurückgewiesen worden ist.

Das Rechtsbeschwerdegericht hat als Voraussetzung für eine zulässige Rechtsbeschwerde auf die Sachrüge auch zu prüfen, ob überhaupt ein zulässiger Antrag auf gerichtliche Entscheidung vorlag (OLG Hamm, Beschl. v. 14.01.2014

- III - 1 Vollz(Ws) 438/13 - [...]). Dies ist hier nicht der Fall. Ein Antrag nach § 109 StVOllzG muss sich gegen eine "Maßnahme" richten. Um eine solche handelt es sich bei der Regelung zu Durchsuchungen nicht. Die Verfügung zur Anpassung von Sicherheitsstandards enthält insoweit keine Regelung, die auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet wäre (vgl. oben). Durch die Verfügung werden keine bestimmten Zimmerkontrollen angeordnet, vielmehr werden nur die Voraus-

setzungen dargelegt, unter denen die Anstalt zukünftig Zimmerkontrollen durchzu-

führen gedenkt. Ein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlassen wird dem Betroffenen aber nicht abverlangt.

Im Übrigen (Anzahl zulässiger Datenträger) wird sie zur Fortbildung des Rechts zugelassen, da der Senat bisher zu dieser Frage noch nicht Stellung genommen hat.

V.

Soweit die Rechtsbeschwerde zulässig ist, ist sie unbegründet. Nach § 7 Abs. 1 MRVG NW werden den Untergebrachten Gegenstände belassen, soweit (u.a.) Sicherheitsbelange nicht gefährdet werden. Gegenstände, die Sicherheitsbelange beeinträchtigen, können nach § 7 Abs. 4 MRVG NW weggenommen werden.

Zu Recht geht die Strafvollstreckungskammer davon aus, dass (jedenfalls) mehr als 100 Datenträger (CD/DVD) Sicherheitsbelange beeinträchtigen. Es liegt auf der Hand, dass die Vielzahl von solchen Datenträgern eine schnelle Kontrolle, ob diese Inhalte haben, die die Sicherheitsbelange beeinträchtigen, nicht mehr ermöglicht. Eine solche schnelle Kontrolle ist aber gerade bei solchen kleineren Gegenständen, welche schnell durch Tausch o.ä. unter den Untergebrachten den Besitzer wechseln können, unerlässlich. Die Grenzzahl von 100 ist zwar nicht näher begründet und es lässt sich vermutlich auch nicht zweifelsfrei begründen, warum bei 100 Datenträgern Sicherheitsbelange nicht beeinträchtigt sind, bei 101 aber schon. Dies ist hier aber unerheblich, da der Senat dafürhält, dass jedenfalls bei mehr als 100 Datenträgern die schnelle Überprüfbarkeit so stark beeinträchtigt ist, dass dies Auswirkungen auf die Sicherheit hat. Die tatsächliche Größenordnung, bei der eine schnelle Über-

prüfbarkeit angesichts der Vielzahl der Patienten von der Maßregelvollzugsein-

richtung nicht mehr zu leisten ist, dürfte deutlich darunter liegen.

Soweit sich der Beschwerdeführer darauf beruft, in seinen Bestandsschutz werde eingegriffen, da er bisher rechtmäßig mehr als 100 Datenträger besessen habe, handelt es sich um neuen Sachvortrag, der im angefochtenen Beschluss, dessen Feststellungen für den Senat im Rahmen der Überprüfung auf die Sachrüge hin maßgeblich sind, keine Grundlage hat.



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