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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 253/14 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Gegen Entscheidungen nach § 111i Abs. 3 StPO ist das Rechtmittel der Beschwerde statthaft; Beschwerdegericht ist das Oberlandesgericht.
2. Das Nichtmehrvorhandensein des Wertes des Erlangten im Vermögen des Betroffenen kann für sich genommen keine unbillige Härte im Sinne von § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB darstellen. Hinzukommen muss vielmehr, dass die Anordnung des Verfalls schlechthin ungerecht wäre und das Übermaßverbot verletzen würde (Anschluss an BGH, Urteil vom 26.März 2009, 3 StR 579/08)

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Beschwerde, Zulässigkeit, Verfall, dinglicher Arrest

Normen: StPO 111i

Beschluss:

Strafsache
In pp.
hat der 3. Strafsenat des OLG Hamm am 04.09.2014 beschlossen:
1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, soweit darin die Aufhebung des durch Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom 13. Dezember 2013 angeordneten dinglichen Arrestes über einen Betrag von 917.723 € hinaus angeordnet worden ist.
2. Damit ist zur Sicherung der Schadensersatzansprüche, die den einzelnen Geschädigten durch die Straftaten des Angeklagten entstandenen sind, für das Land Nordrhein-Westfalen der dingliche Arrest in Höhe von 4.080 € in das Vermögen des Angeklagten Q angeordnet.

Durch Hinterlegung eines Geldbetrages in Höhe von 4.080 € wird die Vollziehung des Arrestes gehemmt und der Angeklagte berechtigt, die Aufhebung des Arrestes zu beantragen.

Beim Angeklagten sind 2.580 € Bargeld, hinterlegt bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Bielefeld zu 25 HL 5/14, und eine Armbanduhr Seiku Velatura Limited Edition (###), verwahrt bei der Gerichtskasse Bielefeld (VwB-Nr. III 3/2014), sichergestellt worden.


3.


Die weitergehende Beschwerde wird als unbegründet verworfen.


4.


Die Staatskasse trägt die Hälfte der dem Angeklagten im Beschwerdeverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen.



Gründe

Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer Beschwerde dagegen, dass das Landgericht mit der Urteilsverkündung seinen Beschluss über die Anordnung des dinglichen Arrestes in das Vermögen des Angeklagten aufgehoben hat. Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg.

I.

Die Strafkammer hat am 13. Dezember 2013 auf Antrag der Staatsanwaltschaft nach Anklageerhebung zur Sicherung der den Verletzten aus Straftaten erwachsenen zivilrechtlichen Ansprüche den dinglichen Arrest in Höhe von 921.803 € in das Vermögen des Angeklagten angeordnet, da der dringende Verdacht des gewerbsmäßigen Bandenbetruges in 19 Fällen bestehe. In Vollziehung des Arrestes hat die Staatsanwaltschaft 2.580 € am 23. Dezember 2013 und einen Automatikchronographen Seiko Velatura samt Zubehör am 22. Januar 2014 gepfändet. Am 17. März 2014 hat die Strafkammer den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in 23 Fällen, gewerbsmäßigen Bandendiebstahls in zwei Fällen, gewerbsmäßiger Hehlerei sowie versuchten Betruges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Verfall von Wertersatz hat sie mit der Begründung abgelehnt, dass der Angeklagte durch die Taten zwar die Verfügungsgewalt über Baumaschinen, LKW und PKW im Wert von insgesamt fast einer Million Euro erlangt habe, die Anordnung des Verfalls jedoch eine unbillige Härte im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB darstellen würde. Als Wert in seinem Vermögen seien allenfalls bei ihm sichergestelltes Bargeld in Höhe von 2.580 € und eine Uhr im Wert von 1.500 € verblieben. Im Zusammenhang mit der Urteilsverkündung hat das Landgericht beschlossen, den Beschluss vom "15.12.2013" (richtigerweise 13. Dezember 2013) betreffend den dinglichen Arrest aufzuheben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte hat gegen das Urteil Revision eingelegt, die Staatsanwaltschaft insoweit, als hinsichtlich des Angeklagten Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO unterblieben sind. Zudem hat sie am 21. März 2014 Beschwerde gegen die Aufhebung des Arrestbeschlusses (Arrestbefehls) eingelegt. Die Strafkammer hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

1. Der Senat ist zuständig, über die Beschwerde zu entscheiden. Entgegen der zunächst von der Generalstaatsanwaltschaft vertretenen Auffassung ist eine Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs für die Beschwerde nicht gegeben.

Nach § 121 Abs. 1 Nr. 2 GVG sind die Oberlandesgerichte zuständig für das Rechtsmittel der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, sofern keine anderweitige Zuständigkeit begründet ist. Eine gesetzliche Regelung, welche die Entscheidung über die Beschwerde gegen Arrestentscheidungen nach Urteilsverkündung dem Bundesgerichtshof zuweist, fehlt. Eine analoge Anwendung des § 305a Abs. 2 StPO, der bei einer Beschwerde gegen den die Strafaussetzung zur Bewährung betreffenden Beschluss und einer zugleich gegen das Urteil eingelegten Revision die Zuständigkeit des Revisionsgerichts auch für die Entscheidung über die Beschwerde anordnet, kommt nicht in Betracht. Angesichts der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung des § 121 Abs. 1 Nr. 2 GVG fehlt es an einer Gesetzeslücke, die eine analoge Anwendung des § 305a Abs. 2 StPO - oder einer sonstigen abschließenden Ausnahmevorschrift, wie etwa § 464 Abs. 3 Satz 3 StPO - eröffnen könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juni 2009 - 4 StR 188/09, BGHSt 54, 30, 36; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 73 Rn. 5; Karlsruher Kommentar/Hannich, StPO, 7. Aufl., § 135 GVG Rn. 12 mwN). Zudem kommt angesichts des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) nicht in Betracht, die gesetzlich normierte Zuständigkeit aus etwaigen Zweckmäßigkeitsgründen zu umgehen (s. BGH aaO).

Im Übrigen wird eine analoge Anwendung des § 305a Abs. 2 StPO, soweit ersichtlich, weder in der Rechtsprechung noch sonst angenommen (vgl. dagegen für eine Heranziehung des § 305a Abs. 1 StPO Karlsruher Kommentar/Spillecke, StPO, 7. Aufl., § 111i Rn. 18). Das hiesige Oberlandesgericht ist in einem Beschluss vom 10. Oktober 2013 (III-1 Ws 390/13, wistra 2014, 73 [OLG Hamm 10.10.2013 - 1 Ws 390/13]) davon ebenfalls nicht tragend ausgegangen, sondern hat eine analoge Anwendung bereits deshalb abgelehnt, weil die Taten, wegen derer der Arrest angeordnet worden war, nicht Gegenstand der Aburteilung waren.

Schließlich kann eine gegebenenfalls bestehende Eilbedürftigkeit für eine Zuständigkeit des regelmäßig ortsnäheren Oberlandesgerichts sprechen.

2. Die Beschwerde ist gemäß § 304 Abs. 1 StPO zulässig; der beanstandete Beschluss ist der Anfechtung nicht entzogen (ebenso Graf/Huber, StPO, 2. Aufl., § 111i Rn. 18; HK-StPO-Gercke, 5. Aufl., § 111i Rn. 21). Soweit teilweise vertreten wird, die Beschwerde gegen Entscheidungen nach § 111i Abs. 3 StPO sei nicht oder nur eingeschränkt statthaft, folgt der Senat dem nicht.

Eine gesetzliche Regelung, die den Beschluss nach § 111i Abs. 3 StPO oder die Aufhebung des Arrestbefehls ausdrücklich der Anfechtung entzieht (vgl. § 304 Abs. 1 StPO) besteht nicht. Überdies ging der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung selbst jedenfalls davon aus, dass der Betroffene im Beschwerdeweg eine Korrektur herbeiführen kann (vgl. Gesetzentwurf vom 21. Februar 2006, BT-Drucks. 16/700 S. 16). Ein genereller Ausschluss des Beschwerderechts (in diese Richtung Karlsruher Kommentar/Nack, StPO, 6. Aufl., § 111i Rn. 18) ist damit nicht zu vereinbaren. Ebenso wenig ist die Beschwerdemöglichkeit je nach dem Inhalt der Entscheidung teilweise eingeschränkt (dafür etwa Löwe-Rosenberg/Johann, StPO, 26. Aufl., § 111i Rn. 32; SK-StPO/Rogall, 4. Aufl., § 111i Rn. 32; wohl auch Karlsruher Kommentar/Spillecke, StPO, 7. Aufl., § 111i Rn. 18). Auch hierfür fehlt es an einer gesetzlichen Regelung.

Im Übrigen sind die Entscheidung im Urteil über das Absehen vom Verfall nach § 111i Abs. 2 StPO und die Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Arrestes nach § 111i Abs. 3 StPO nicht derart eng miteinander verbunden, dass eine mögliche Beschwer allein im Urteil, nicht aber im dieses gleichsam nachvollziehenden Beschluss liegt (so aber SK-StPO/Rogall aaO). Vielmehr stellt die Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO die materiell-rechtliche Grundlage für einen eventuellen späteren Auffangrechtserwerb des Staates dar, während es bei dem Beschluss nach § 111i Abs. 3 StPO um die rein zeitliche Fortdauer vorläufig angeordneter Zwangsmaßnahmen geht (s. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2010 - 2 StR 524/09, NStZ 2010, 344, 345). Wegen dieser unterschiedlichen Wirkung und Bedeutung der beiden Entscheidungen bedarf es der Möglichkeit, gegen beide Entscheidungen mit dem jeweils zulässigen Rechtsmittel vorgehen zu können. Ansonsten würden sowohl die Rechte des Betroffenen als auch die der Strafverfolgungsbehörde ohne rechtliche Grundlage beschnitten.

Wäre die Beschwerde vorliegend unzulässig, bestünde für die Staatsanwaltschaft keine Möglichkeit, gegen die aus ihrer Sicht unzutreffende Aufhebung des Arrestes vorzugehen. Dies hätte zur Folge, dass die Staatsanwaltschaft gegebenenfalls nicht verhindern könnte, dass ohne die vorläufigen Maßnahmen das durch die Straftaten Erlangte oder dessen Wert zunächst wieder an den Täter zurückfällt. Damit könnte der Täter wieder über die Werte verfügen und sie dem späteren Zugriff der Geschädigten oder des Staates entziehen. Gerade dies sollen die §§ 111b ff. StPO abwenden (s. BT-Drucks. 16/700 S. 1, 8). Hätte die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision Erfolg und käme es schließlich zu einer Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO, könnte dies insofern den Gesetzeszweck nicht mehr erreichen, als ein Zugriff auf zwischenzeitlich dem Angeklagten wieder zugeflossene Werte faktisch ausgeschlossen sein könnte.

3. Die Beschwerde ist teilweise begründet.

Nach § 111b Abs. 2 und 5, § 111d StPO kann der dingliche Arrest angeordnet werden, wenn Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass der Verfall von Wertersatz oder der Verfall nur deshalb nicht angeordnet werden kann, weil Ansprüche Verletzter bestehen (vgl. zum dinglichen Arrest zum Zwecke der Rückgewinnungshilfe etwa BGH, Urteile vom 20. Februar 2013 - 5 StR 306/12, BGHSt 58, 152, 157 f.; vom 19. Dezember 2012 - VIII ZR 302/11, NJW 2013, 1158 f.; Beschluss vom 31. Juli 2006 - 1 StR 70/06, NStZ-RR 2006, 346 mwN).

a) Dem Fortbestand des dinglichen Arrestes steht nicht von vornherein entgegen, dass die Strafkammer im Urteil keine Feststellungen im Sinne des § 111i Abs. 2 StPO getroffen hat. Zum einen ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, so dass ein endgültiges Absehen von Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO bislang nicht sicher ist. Wie bereits dargelegt, ist daher grundsätzlich noch Raum für vorläufige Sicherungsmaßnahmen. Zum anderen ergibt sich aus § 111i Abs. 3 StPO oder sonstigen gesetzlichen Regelungen nicht zwingend, dass das Absehen von Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO stets ohne Weiteres die Aufhebung des dinglichen Arrestes zur Folge hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - 5 StR 306/12, BGHSt 58, 152, 157 f. mwN).

b) Es bestehen (dringende) Gründe für die Annahme, dass der Angeklagte aus rechtswidrigen Taten etwas erlangt hat, der Verfall aber nicht möglich ist (§ 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a Satz 1 StGB). Insoweit geht der Senat von den Feststellungen aus, die die Strafkammer aufgrund der in der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnisse getroffen hat. Das Beschwerdegericht hat - ähnlich wie bei einer Haftbeschwerde während laufender Hauptverhandlung (s. dazu etwa BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2012 - StB 9/12, NStZ-RR 2013, 16, 17 mwN; zu neuen Tatsachen nach Urteilsverkündung BGH, Beschluss vom 8. Januar 2004 - StB 20/03, NStZ 2004, 276, 277) - hier keine weitergehenden Erkenntnisse als das Tatgericht. Die Staatsanwaltschaft erhebt gegen die getroffenen Feststellungen selbst keine Einwände. Auch der Angeklagte hat dazu nichts vorgebracht.

Wegen der Einzelheiten der jeweiligen Taten, insbesondere zu den individuellen Geschädigten und den Schadenshöhen, die zur Konkretisierung der zu sichernden zivilrechtlichen Ansprüche der Verletzten von Bedeutung sind (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 10. Februar 2011 - 2 Ws 13/11, wistra 2011, 279, 280; OLG Hamm, Beschluss vom 25. Februar 1999 - 4 Ws 727/98, NStZ 1999, 583, 584), wird auf die Darlegungen im ursprünglichen Arrestbefehl und im Urteil vom 17. März 2014 Bezug genommen.

c) Es ist ferner anzunehmen, dass der Verfall von Wertersatz in Höhe von 4.080 € nur deshalb nicht angeordnet werden kann, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB). Dies gilt unabhängig davon, dass das Tatgericht vom Verfall von Wertersatz insgesamt abgesehen hat, weil nach seiner Bewertung die Anordnung des Verfalls eine unbillige Härte im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB darstelle. Diese Erwägungen wecken rechtliche Bedenken, so dass die von der Staatsanwaltschaft eingelegte Revision nicht von vornherein aussichtslos erscheint.

aa) Da die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision die Verletzung sowohl materiellen als auch formellen Rechts beanstandet hat, ist hier unerheblich, inwieweit die Beanstandung der Nichtanwendung des § 111i Abs. 2 StPO einer Verfahrensrüge bedarf (vgl. dazu einerseits BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - 5 StR 306/12, BGHSt 58, 152, 156; andererseits BGH, Urteil vom 22. November 2013 - 3 StR 162/13, [...] Rn. 12).

Das Landgericht hat eine unbillige Härte gemäß § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB im Wesentlichen damit begründet, dass der Wert des durch die Taten Erlangten allenfalls in Höhe von 4.280 € (zutreffend wohl 4.080 €) im Vermögen des Angeklagten vorhanden sei. Diese Erwägung entspricht jedoch nicht dem systematischen Verhältnis von § 73c Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Alt. 1 StGB. Während nach § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB der Verfall beim Vorliegen einer unbilligen Härte zwingend ausgeschlossen ist, eröffnet § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB für den Fall, dass der Wert des Erlangten ganz oder teilweise nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist, die Möglichkeit, nach pflichtgemäßem Ermessen von einer Verfallsanordnung abzusehen. Da die tatbestandlichen Voraussetzungen, welche nach Satz 2 der Vorschrift ein Absehen vom Verfall nach pflichtgemäßem Ermessen ermöglichen, nicht zugleich einen zwingenden Ausschlussgrund nach § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB bilden können, folgt aus der Systematik der Norm, dass das Nichtmehrvorhandensein des Wertes des Erlangten im Vermögen des Betroffenen jedenfalls für sich genommen keine unbillige Härte darstellen kann, sondern dem Anwendungsbereich des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB unterfällt (BGH, Urteil vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86 mwN; s. auch BGH, Beschluss vom 26. Juni 2014 - 3 StR 83/14, [...] Rn. 3).

Daher bedarf es für das Vorliegen einer unbilligen Härte zusätzlicher Umstände, die die hohen Voraussetzungen des Tatbestandsmerkmals belegen. Dies setzt voraus, dass die Anordnung des Verfalls schlechthin ungerecht wäre und das Übermaßverbot verletzen würde (BGH, Urteil vom 26. März 2009, NStZ 2010, 86 f. [BGH 26.03.2009 - 3 StR 579/08] mwN). Anhaltspunkte für eine solche Sachlage sind jedenfalls nicht gegeben, soweit der Angeklagte 2.580 € Bargeld und eine Uhr im Wert von rund 1.500 € in seinem Vermögen hat. Es wäre mit Sinn und Zweck des Verfalls von Wertersatz schwerlich zu vereinbaren, vom Verfall von Wertersatz vollständig abzusehen, um dem Angeklagten vorhandene Vermögenswerte etwa für Zwecke der Resozialisierung zu erhalten (s. bereits BGH, Urteil vom 11. April 1995 - 1 StR 836/94, NStZ 1995, 495).

bb) Soweit der dingliche Arrest über den Betrag von 4.080 € hinausgeht, sieht der Senat derzeit keine zureichenden Gründe für die Annahme, dass die Voraussetzungen des Verfalls von Wertersatz vorliegen (§ 111b Abs. 2 StPO); denn insofern kann die Anordnung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB unterbleiben. Hierbei handelt es sich um eine grundsätzlich vom Tatgericht zu treffende Ermessensentscheidung, bei der auch der Gesichtspunkt der Resozialisierung Berücksichtigung finden kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2009 - 3 StR 188/09, NStZ-RR 2010, 57, 58 mwN). Mit Blick auf die Bedeutung, die das bisherige Tatgericht der Resozialisierung beigemessen hat, erscheint möglich, dass ein gegebenenfalls neues Tatgericht sein Ermessen dahin ausübt, im Umfang der Entreicherung von einer Anordnung beziehungsweise Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO abzusehen.

Im Übrigen ist angesichts der konkreten Umstände nicht ersichtlich, dass durch eine Begrenzung des dinglichen Arrestes auf die derzeit bekannten Vermögenswerte Nachteile für die Sicherungsinteressen der Geschädigten (hinsichtlich bestehender Ersatzansprüche) oder des Staates (hinsichtlich der Gewinnabschöpfung) drohen. Seit der Arrestanordnung im Dezember 2013 sind - auch im Rahmen der Hauptverhandlung - keine weiteren Vermögenswerte des Angeklagten bekannt geworden.

cc) Der bereits bei der Anordnung zutreffend angenommene Arrestgrund (§ 111d Abs. 2 StPO, § 917 Abs. 1 ZPO) besteht fort, da zu besorgen ist, dass ohne die Verhängung des Arrestes die Durchsetzung der gesicherten Forderungen wesentlich erschwert werden würde. Abgesehen von den im ursprünglichen Arrestbefehl dargelegten Gründen, liegt eine solche Besorgnis regelmäßig schon dann nahe, wenn der Tatbestand eines vermögensbezogenen Strafgesetzes erfüllt ist (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Januar 2005 - 3 Ws 42/05, NStZ-RR 2005, 111, 112 mwN; OLG Rostock, Beschluss vom 19. Dezember 2013 - Ws 320/13, [...] Rn. 28 mwN).

dd) Soweit der Arrest - in Höhe von 4.080 € - bestehen bleibt, ist dessen Aufrechterhaltung nach einer Abwägung des Sicherstellungsinteresses des Staates mit der Eigentumsposition des Betroffenen verhältnismäßig (vgl. zu den Maßstäben etwa BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2008 - 2 BvR 2182/06, WM 2008, 1588 f. mwN). Da die Strafkammer den Angeklagten - wenngleich nicht rechtskräftig - aufgrund der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung verurteilt und sich eine Überzeugung von seiner Schuld gebildet hat, besteht ein erheblicher Verdachtsgrad, der über einen im Ermittlungs- oder Zwischenverfahren aufgrund der Aktenlage gewonnenen Verdacht hinaus geht. Die Höhe des Arrestes ist im Vergleich dazu, dass der Angeklagte nach den Feststellungen des Landgerichts durch seine Straftaten selbst die Verfügungsgewalt über Baumaschinen, Lkw und Pkw im Wert von rund einer Million Euro erlangte, nicht unangemessen. Auch wenn der Angeklagte über kein weitergehendes Vermögen verfügt, ist hier die Verhältnismäßigkeit gewahrt. Er ging nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Jahr 2010 keiner Berufstätigkeit nach und bestritt seinen Lebensunterhalt zumeist durch Sozialleistungen. Nachdem er sich durch Straftaten Vermögenswerte verschafft und schließlich noch 2.580 € Bargeld sowie eine Armbanduhr im Wert von rund 1.500 € in seinem Besitz hatte, bestehen keine Bedenken dagegen, ihm diese Vermögenswerte vorläufig zu entziehen, so dass er gegebenenfalls wieder auf Sozialleistungen zurückgreifen muss. Der dingliche Arrest ist hier insgesamt erforderlich, geeignet und angemessen, um einen möglichen Entzug seines Eigentums als Nebenfolge einer strafrechtlichen Verurteilung zu sichern.

d) Der Senat hat die beim Angeklagten sichergestellten Vermögenswerte entsprechend § 111i Abs. 3 Satz 3 StPO in der Entscheidungsformel im Einzelnen bezeichnet.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 StPO. Der Senat hat berücksichtigt, dass die Beschwerde hinsichtlich der Höhe des gesicherten Betrages lediglich einen sehr geringfügigen Erfolg hat. Allerdings erscheint die getroffene Auslagenentscheidung sachgerecht, weil der dingliche Arrest faktisch vor allem von Bedeutung ist, soweit er vollzogen ist oder tatsächlich Aussichten auf seinen Vollzug bestehen.



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