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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 Ws 480/14 OLG Hamm

Leitsatz: Soll die Beschwerde nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG zugelassen werden, so muss dies schon mit der Erinnerungsentscheidung erfolgen. Eine nachträgliche Zulassung der Beschwerde ist nicht statthaft.

Senat: 1

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Weitere Beschwerde, RVG, Zulassung

Normen: RVG 56; RVG 33

Beschluss:

Strafsache
In pp. hat der 1. Strafsenat des OLG Hamm am 04.11.2014 beschlossen:

Die Sache wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 33 Abs. 8 S. 2 RVG auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S. 2 und 3 RVG).

Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wurde mit Beschluss des Landgerichts Siegen vom 07. Mai 2014 dem Nebenkläger D. P. J. im Wege der Prozesskostenhilfe für den Hauptverhandlungstag vom 07. Mai 2014 beigeordnet. Mit der Beschwerde wendet er sich gegen die im Rahmen der Kostenfestsetzung erfolgten Absetzung der neben der Grundgebühr und der Terminsgebühr geltend gemachten Verfahrensgebühr gemäß VV 4112 RVG (176,12 EUR einschließlich der auf die Verfahrensgebühr entfallenden Mehrwertsteuer). Im Rahmen der Kostenfestsetzung hat die zuständige Rechtspflegerin mit Beschluss vom 28. Juli 2014 die Auffassung vertreten, die entsprechende Gebühr sei nicht angefallen, da eine in den Abgeltungsbereich fallende Tätigkeit nicht entfaltet worden sei. Die hiergegen gerichtete Erinnerung des Nebenklagevertreters hat der Vorsitzende der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Siegen als Einzelrichter mit dem angefochtenen Beschluss vom 04. August 2014 zurückgewiesen. Mit weiterem Beschluss vom 13. August 2014 hat der Strafkammervorsitzende den vorgenannten Beschluss dahin ergänzt, "dass die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen wird". Mit Schriftsatz vom 20. August 2014 hat der Nebenklagevertreter gegen den Beschluss vom 04. August 2014 Beschwerde eingelegt, welcher der Vorsitzende mit Verfügung vom 27. August 2014 nicht abgeholfen hat.

II.

Die Sache ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfrage, ob die Entscheidung über die Zulassung der Beschwerde des Rechtsanwalts gegen die Entscheidung über seine Erinnerung gegen die Festsetzung seiner Vergütung nach § 56 Abs. 2 S. 1 RVG i. V. m. § 33 Abs. 3 S. 2 RVG nur in der Entscheidung über die Erinnerung erfolgen oder später noch nachgeholt werden kann, gemäß § 33 Abs. 8 S. 2 RVG auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen worden.

Hierbei handelt es sich um eine Entscheidung der zuständigen Einzelrichterin gemäß § 33 Abs. 8 S. 1 RVG.

III.

Die Beschwerde des Nebenklägervertreters erweist sich gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 RVG i. V. m. § 33 Abs. 3 RVG als unzulässig.

Gemäß § 56 Abs. 2 S. 1 RVG i. V. m. § 33 Abs. 3 S. 1 und S. 2 RVG kann gegen die Entscheidung über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder wenn das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage die Beschwerde in dem Beschluss zulässt.

Der Betroffene begehrt mit der Beschwerde die weitere Festsetzung von 176,12 Euro. Der Beschwerdewert von 200 Euro ist daher im vorliegenden Verfahren nicht erreicht.

Der Strafkammervorsitzende hat zwar als Einzelrichter mit dem Ergänzungsbeschluss vom 13. August 2014 die Rechtsbeschwerde zugelassen. Abgesehen davon, dass der Vorsitzende der Strafkammer gemäß § 56 Abs. 2 S. 2 RVG i. V. m. § 33 Abs. 8 RVG weder für diese Entscheidung (vgl. Senatsbeschluss vom 30. April 2014 - III - 1 Ws 572/13 -) noch für die ergangene Nichtabhilfeentscheidung vom 27. August 2014 als Einzelrichter zuständig war, sondern vielmehr die große Strafkammer jeweils zur Entscheidung berufen gewesen war, war aber die nachträgliche Entscheidung über die Zulassung der Beschwerde durch den Ergänzungsbeschluss des Strafkammervorsitzenden vom 13. August 2014 nicht zulässig und entfaltete deshalb auch keine Bindungswirkung für den Senat gemäß § 33 Abs. 4 S. 4, 1. Halbsatz RVG.

Nach der überwiegenden Auffassung muss die Zulassung der Beschwerde schon im Beschluss mit der Erinnerungsentscheidung im Tenor oder in den Gründen erfolgen. Eine nachträgliche Zulassung der Beschwerde ist nach überwiegender Ansicht nicht statthaft (vgl. OLG Hamm Beschluss vom 13. Oktober 2009 - 2 Ws 185/09 - BeckRS 2009, 86921 m. w. N., betreffend den gleichgelagerten Fall der Zulassung der weiteren Beschwerde; OLG München, Beschluss vom 9. Juni 2010 - 11 WF 769/10, BeckRS 2010,14722; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05. August 2009 - 18 WF 100/09 - zitiert nach [...].de; Volpert in Schneider/Wolf, AnwaltKommentar RVG, 7. Auflage, § 56 Rn. 37 sowie Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Auflage, § 33 Rn. 19 - betreffend die Zulassung der weiteren Beschwerde - die jeweils die Nachholung einer in der Erinnerungsentscheidung übersehene Zulassung unter den Voraussetzungen von § 319 ZPO als zulässig ansehen; Hartmann, Kostengesetze, 44. Auflage, § 33 RVG Rn. 28 sowie § 56 RVG Rn. 15; Hartung in Hartung/Schons/Enders, RVG, 2. Auflage, § 56 Rn. 34; Bischof in Bischof/Jungbauer/Bräuer/Curkovic/Klipstein/Klüsener/Uher, RVG, 6. Auflage, § 33 Rn. 39; a. A. Pukall in Mayer/Kroiß RVG, 6. Auflage, § 56 Rn. 26).

Zur Begründung wird teilweise auf den eindeutigen Wortlaut des § 33 Abs. 3 S. 2 RVG verwiesen, wonach die Zulassung "in dem Beschluss" zu erfolgen habe (vgl. OLG München a.a.O.), bzw. ausgeführt, aus der Gesetzesbegründung ergebe sich zwar, dass die Zulassung der Beschwerde nicht nur in der angefochtenen Entscheidung erfolgen, sondern auch noch später - etwa nach Einlegung und Begründung der Beschwerde - nachgeholt werden könne (Bundestagsdrucksache 15/1971, S. 196 und 157). Die Möglichkeit der nachträglichen bzw. der Nachholung der Zulassung der Beschwerde sei jedoch in den Gesetzeswortlaut nicht aufgenommen worden, so dass die nachträgliche Zulassung von der überwiegenden Meinung zutreffend abgelehnt werde (vgl. Volpert a. a. O.).

Der Senat schließt sich der überwiegenden Auffassung an.

Anhaltspunkte für eine beabsichtigte, aber versehentlich unterbliebene Entscheidung über die Zulassung der Beschwerde in dem Beschluss des Strafkammervorsitzenden vom 04.08.2014 im Sinne einer "offenkundigen Unrichtigkeit", die eine Nachholung der Zulassungsentscheidung im Wege einer Berichtigung in entsprechender Anwendung des §§ 319 ZPO ermöglichen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die nachträgliche Zulassungsentscheidung ist daher im vorliegenden Verfahren unbeachtlich mit der Folge, dass die Beschwerde des Nebenklägervertreters vom 20. August 2014 gegen den Beschluss des Vorsitzenden der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Siegen vom 4. August 2014 mangels wirksamer Zulassung als unzulässig zu verwerfen war.



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