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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 114-116/15 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Die Staatsanwaltschaft ist als zuständige Strafvollstreckungsbehörde (§ 451 Abs. 1 StPO, § 36 Abs. 1 StVollstrO) auch für die Entscheidung zuständig, ob die Zeit des im Maßregelvollzug erlittenen Freiheitsentzuges auf verfahrensfremde Freiheitsstrafen anzurechnen ist.
2. Offen bleiben kann, ob die Strafvollstreckungskammer die bedingte Entlassung des Verurteilten und vormals Untergebrachten aus der Strafhaft allein deshalb ablehnen darf, weil eine geänderte fiktive Strafzeitberechnung der Staatsanwaltschaften entsprechend § 67 Abs. 4 StGB in der Fassung durch die Weitergeltungsordnung des Bundesverfassungsgerichts vom 27.03.2012 zum Zeitpunkt ihrer Beschlussfassung fehlte.



Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Anrechnung, Freiheitsentzug, Maßregelvollzug

Normen: StGB 67; StGB 57

Beschluss:

Strafsache
In pp.
hat der 3. Strafsenat des OLG Hamm am 24.03.2015 beschlossen:

1. Die Staatsanwaltschaft ist als zuständige Strafvollstreckungsbehörde (§ 451 Abs. 1 StPO, § 36 Abs. 1 StVollstrO) auch für die Entscheidung zuständig, ob die Zeit des im Maßregelvollzug erlittenen Freiheitsentzuges auf verfahrensfremde Freiheitsstrafen anzurechnen ist.
2. Offen bleiben kann, ob die Strafvollstreckungskammer die bedingte Entlassung des Verurteilten und vormals Untergebrachten aus der Strafhaft allein deshalb ablehnen darf, weil eine geänderte fiktive Strafzeitberechnung der Staatsanwaltschaften entsprechend § 67 Abs. 4 StGB in der Fassung durch die Weitergeltungsordnung des Bundesverfassungsgerichts vom 27.03.2012 zum Zeitpunkt ihrer Beschlussfassung fehlte.

Der Beschluss der 15. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld vom 27.02.2015 wird aufgehoben, soweit die bedingte Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft in den Verfahren StA Bochum 530 Js 1026/06, StA Bochum 5 Js 336/07 und StA Hagen 769 Js 1186/08 abgelehnt worden ist.

Die Vollstreckung der noch nicht im Wege der Anrechnung verbüßten Reststrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 21.11.2007 (29 Ls 5 Js 336/07 - 47/07) in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Bochum vom 06.03.2008 (4 Ns 5 Js 336/07), aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Bochum vom 04.05.2007 (76 Ds 530 Js 1026/06) sowie aus dem Urteil des Amtsgerichts Lüdenscheid vom 21.04.2009 (52 Ds 769 Js 1186/08 - 294/08) in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Hagen vom 17.07.2009 (47 Ns 769 Js 1186/08 - 87/09) wird zur Bewährung ausgesetzt.

Auch insoweit ist der Verurteilte am 26.03.2015 zu entlassen.

Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre.

Der Verurteilte wird der Aufsicht und Leitung des für seinen Wohnort zuständigen Bewährungshelfers C unterstellt.

Im Übrigen verbleibt es auch hinsichtlich der nunmehr ausgesetzten Restfreiheitsstrafen bei den Weisungen aus dem Beschluss der 15. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld vom 27.02.2015, Ziffern 6. und 7.

Die Belehrung des Verurteilten über die Bedeutung der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug wird auch insoweit dem Leiter der Maßregelvollzugseinrichtung übertragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem Verurteilten dort entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Der Verurteilte befindet sich seit dem 01.04.2011 bis zum Erreichen der Maßregelhöchstfrist am 26.03.2015 aufgrund des Urteils des Landgerichts Hagen vom 18.01.2011 (41 KLs 400 Js 223/10), durch das er wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und zugleich seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist, in der M-Klinik I.

Der Verurteilung liegt zugrunde, dass der Untergebrachte am 13.07.2010 unter massivem Alkoholeinfluss (die Rückrechnung auf den Tatzeitpunkt ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,67 Promille) seinen Stiefvater ohne feststellbaren Anlass körperlich schwer misshandelt hatte. Die Misshandlungen des Opfers zogen sich über etwa eine Stunde lang hin und führten zu schweren Verletzungen, u.a. einem Bruch des Augenbogens, der Kieferhöhlen und des Jochbeins sowie der linken Elle und zweier Zehen am linken Fuß. Weiterhin erlitt das Opfer Gehirnblutungen, die jederzeit zu einer Lebensgefahr hätten führen können, und musste deshalb der Intensivstation zugeführt werden.

Der Verurteilte wurde am 13.07.2010 in Untersuchungshaft genommen und befand sich vom 18.01.2011 bis zum 31.03.2011 in Organisationshaft. Am 01.04.2011 wurde er in die M-Klinik I aufgenommen. 2/3 der durch das Urteil des Landgerichts Hagen vom 18.01.2011 gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten hatte er - bei Anrechnung der Organisationshaft auf das letzte Strafdrittel - am 25.03.2013 verbüßt. Die Maßregelhöchstfrist ist am 26.03.2015 erreicht. Für folgende vor dem Urteil des Landgerichts Hagen vom 18.01.2011 erfolgten anderweitigen Verurteilungen war mit Erreichen der Maßregelhöchstfrist Überhaft notiert:

1. Durch Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 18.01.2007 (76 Ds 530 Js 1026/06 - 642/06) wurde der Untergebrachte wegen eines am 18.05.2006 begangenen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, die mit Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom 04.05.2007 mit der in dem Verfahren AG Bochum 520 Js 518/06 wegen eines am 22.06.2006 begangenen Diebstahls verhängten Geldstrafe von 90 Tagessätzen auf eine nach-trägliche Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung zurückgeführt wurde. Die Strafaussetzung zur Bewährung wurde später widerrufen.

2.Durch Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 21.11.2007 (29 Ls 5 Js 336/07 - 47/07) in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Bochum vom 06.03.2008 (4 Ns 5 Js 336/07) wurde der Untergebrachte wegen gefährlicher Körperverletzung (Tatzeit: 24.04.2007) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Auch hier musste die Strafaussetzung mit Beschluss des Landgerichts Hagen vom 05.04.2011 später widerrufen werden. Hier hatte der Untergebrachte in alkoholisiertem Zustand einen anderen Mann aus dem Alkoholikermilieu mittels einer Axt (möglicherweise mit dem stumpfen Ende) gegen den Kopf geschlagen, um diesem einen "Denkzettel" zu verpassen.

3.Das Amtsgericht Lüdenscheid hat den Untergebrachten schließlich am 21.04.2009 (52 Ds 769 Js 1186/08 - 294/08) in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Hagen vom 17.07.2009 (47 Ns 769 Js 1186/08 - 87/09) wegen einer am 13.10.2008 begangenen Bedrohung zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Der Untergebrachte hatte hier zur Nachtzeit vor einer Gaststätte Passanten um Zigaretten angeschnorrt und sie anschließend mit einem Messer bedroht, als sie ihm keine Zigaretten geben wollten oder konnten. Die Strafaussetzung zur Bewährung ist in der Folgezeit durch Beschluss des Amtsgerichts Lüdenscheid vom 12.04.2011 widerrufen worden.

Sämtliche Widerrufe erfolgten aufgrund der Verurteilung durch das Landgericht Hagen am 18.01.2011.

Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld hat in dem Verfahren StA Hagen 400 Js 223/10 (Urteil des Landgerichts Hagen vom 18.01.2011) ein Prognosegutachten gemäß § 454 Abs. 2 StPO der Sachverständigen Dr. Y, Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Forensische Psychiatrie, Chefärztin des Therapiezentrums E, eingeholt, das unter dem 08.02.2015 erstattet worden ist. Nachdem die Sachverständige aus forensisch-psychiatrischer Sicht die bedingte Entlassung des Untergebrachten jedenfalls vor dem Hintergrund einer engmaschigen fachlichen Begleitung und angesichts des gesamten Therapieverlaufs mit stabiler Abstinenz und guter Compliance empfohlen hatte, hat die Strafvollstreckungskammer mit Verfügung vom 16.02.2015 die Staatsanwaltschaften Hagen und Bochum, die zuvor bereits beantragt hatten, auch die Restfreiheitsstrafen in den weiteren Verfahren unter Anrechnung der Strafzeiten auf die Dauer der Unterbringung in dem Verfahren 400 Js 223/10 StA Hagen zur Bewährung auszusetzen, darauf hingewiesen, dass bislang eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde über die Anrechenbarkeit der verfahrensfremden Freiheitsstrafen ebenso fehle wie eine dementsprechende neue fiktive Strafzeitberechnung. Mangels einer solchen Entscheidung und Strafzeitberechnung sei es der Strafvollstreckungskammer aber nicht möglich, in sämtlichen vier Verfahren eine einheitliche Entscheidung über die bedingte Aussetzung der Strafreste zu treffen.

Nachdem diese Verfügung der Strafvollstreckungskammer von sämtlichen Staatsanwaltschaften unbeantwortet geblieben war, hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 27.02.2015 die Fortdauer der durch Urteil des Landgerichts Hagen vom 18.01.2011 angeordneten Unterbringung des Verurteilten in einer Entziehungsanstalt bis zum Ablauf der Höchstfrist am 26.03.2015 angeordnet und festgestellt, dass die Unterbringung mit dem Ablauf dieser Höchstfrist erledigt ist. Darüber hinaus hat die Strafvollstreckungskammer die Vollstreckung des noch nicht verbüßten Restes der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Hagen vom 18.01.2011 mit Wirkung zum 26.03.2015 zur Bewährung ausgesetzt und angeordnet, dass der Verurteilte auch insoweit am 26.03.2015 zu entlassen ist. Dagegen hat die Strafvollstreckungskammer die bedingte Entlassung des Betroffenen aus der Strafhaft in den o.g. genannten drei weiteren Verfahren abgelehnt und insoweit zur Begründung ausgeführt, dass hier jeweils die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB nicht vorlägen. Diese Freiheitsstrafen seien jeweils noch vollständig zu verbüßen, insbesondere seien sie mangels entsprechender Entscheidungen der zuständigen Staatsanwaltschaften als Strafvollstreckungsbehörden auch nicht durch Anrechnung insoweit erledigt, dass eine Strafaussetzung nach §§ 57 Abs. 1, Abs. 4, 67 Abs. 4 StGB in Betracht käme.

Die im Hinblick auf das Urteil des Landgerichts Hagen vom 18.01.2011 von der Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 27.02.2005 getroffenen Entscheidungen sind durch die Staatsanwaltschaft Hagen ausdrücklich nicht angefochten worden. Dagegen wenden sich die Staatsanwaltschaft Bochum mit ihrer am 06.03.2015 per Telefaxschreiben an das Landgericht Bielefeld eingelegten sofortigen Beschwerde vom selben Tage sowie die Staatsanwaltschaft Hagen mit am 09.03.2015 bei dem Landgericht Bielefeld eingegangenem Telefax-Schreiben vom selben Tage gegen die Ablehnung der bedingten Entlassung des Verurteilten in den Verfahren StA Bochum 530 Js 1026/06 und 5 Js 336/07 sowie StA Hagen 769 Js 1186/08.

Die Generalstaatsanwaltschaft ist den sofortigen Beschwerden, die zugunsten des Verurteilten eingelegt worden sind, beigetreten.

Der Verurteilte selbst hat in dem Anhörungstermin vor der Strafvollstreckungskammer in Bielefeld am 25.02.2015 gegenüber dem Landgericht Bielefeld erklärt, auf eine ggf. notwendig werdende nochmalige mündliche Anhörung zum Zwecke der Aussetzung der Reststrafen aus den vorbezeichneten Vollstreckungsverfahren der Staatsanwaltschaften Bochum und Hagen zu verzichten.

Die Staatsanwaltschaft Hagen hat mittlerweile mit Verfügung vom 06.03.2015 die Anrechnung der Maßregelvollzugszeiten auf die in dem Verfahren StA Hagen 769 Js 1186/08 V zur Vollstreckung anstehende Freiheitsstrafe vorgenommen und eine geänderte Strafzeitberechnung erstellt, wonach die dort verhängte Freiheitsstrafe von vier Monaten vom 26.03.2013 bis zum Zweidritteltermin am 14.06.2013 im Anrechnungswege vollstreckt ist.

Die Staatsanwaltschaft Bochum hat dem Senat unter dem 23.03.2015 eine neue Strafzeitberechnung vorgelegt. Danach wurde die Strafe aus dem Verfahren StA Bochum 530 Js 1026/06 im Wege der Anrechnung in der Zeit vom 15.06.2013 bis zum (fiktiven) Zweidrittelzeitpunkt am 02.10.2013 vollstreckt, daran anschließend die Strafe aus dem Verfahren StA Bochum 5 Js 336/07 in der Zeit vom 03.10.2013 bis zum (fiktiven) Zweidrittelzeitpunkt am 01.10.2014.

II. Die zugunsten des Verurteilten eingelegten sofortigen Beschwerden der Staatsanwaltschaften Bochum und Hagen sind zulässig und haben auch in der Sache Erfolg. Der Senat hat die bedingte Entlassung des Verurteilten auch in den weiteren Vollstreckungsverfahren, in denen Überhaft notiert war, gemäß § 57 Abs. 1 StGB angeordnet.

1.Die formalen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung des Untergebrachten in den Vollstreckungsverfahren StA Bochum 5 Js 336/07 und 530 Js 1026/06 sowie StA Hagen 769 Js 1186/08 sind gegeben. Der Untergebrachte hat in sämtlichen Verfahren im Wege der Anrechnung der in dem Verfahren StA Hagen 400 Js 223/10 erfolgten Unterbringung gemäß § 67 Abs. 4 StGB in der Fassung durch die Weitergeltungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts vom 27.03.2012 (2 BvR 2258/09) jeweils zwei Drittel der dort gegen ihn verhängten Strafen verbüßt.

Dies ergibt sich aus den nunmehr vorgelegten, geänderten Strafzeitberechnungen der Staatsanwaltschaften Bochum und Hagen.

2. Damit kann offen bleiben, ob die Strafvollstreckungskammer die bedingte Entlassung des Untergebrachten allein deshalb ablehnen durfte, weil eine geänderte fiktive Strafzeitberechnung der Staatsanwaltschaften entsprechend § 67 Abs. 4 StGB in der Fassung durch die genannte Weitergeltungsanordnung des Bundesverfas-sungsgerichts zum Zeitpunkt ihrer Beschlussfassung fehlte.

Der Senat weist aber darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft als zuständige Strafvollstreckungsbehörde (§ 451 Absatz 1 StPO, § 36 Absatz 1 StVollstrO) für die Entscheidung zuständig ist, ob die Zeit des im Maßregelvollzug erlittenen Freiheitsentzuges auf verfahrensfremde Freiheitsstrafen anzurechnen ist (BVerfG, Beschluss vom 27.03.2012 - 2 BvR 2258/09, Rdnr. 66,; OLG Braunschweig, Beschluss vom 31.03.2014- 1 Ws 47/14. Deshalb war es richtig und sachgerecht, dass die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld mit Verfügung vom 16.02.2015 die zuständigen Staatsanwaltschaften zum Erlass einer Anrechnungsentscheidung nebst geänderter Strafzeitberechnung aufgefordert hatte.

Andererseits hat die Strafvollstreckungskammer im Verfahren auf Aussetzung einer Restfreiheitsstrafe von Amts wegen die Vorfrage zu prüfen, ob im Hinblick auf die Anrechnung von Maßregelvollzugszeiten nach § 67 Abs. 4 StGB ein aussetzungsfähiger Strafrest vorhanden ist (BVerfG, Beschluss vom 02.11.1994 - 2 BvR 268/92]). Insoweit hat die Strafvollstreckungskammer die Richtigkeit der Strafzeitberechnung (vgl. § 458 Abs. 1 StPO) im Verfahren auf Aussetzung einer Reststrafe von Amts wegen als Vorfrage zu prüfen (BVerfG, Beschluss vom 02.11.1994- 2 BvR 268/92, ; KG, Beschluss vom 27.01.2015 - 2 Ws 3/15).

Dementsprechend haben auch die Oberlandesgerichte Hamburg (Beschluss vom 08.05.2014 - 1 Ws 48-52/14 sowie Düsseldorf (Beschluss vom 18.02.2014, III-2 Ws 69-71/14) und Nürnberg (Beschluss vom 22.03.2012 - 2 Ws 460-461/12) jeweils im Rahmen der dort angefochtenen Entscheidung über die bedingte Entlassung des jeweiligen Beschwerdeführers aus der Strafhaft inzidenter die Vorfrage der Strafzeitberechnung infolge der Anrechnung von Maßregel-vollzugszeiten auf verfahrensfremde Freiheitsstrafen geprüft und zum Teil sogar im Tenor der dort getroffenen Entscheidung ausgesprochen (so OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.02.2014, III-2 Ws 69-71/14).

Der Senat kann hier aus den o.g. Gründen offen lassen, ob er sich dieser Rechtsprechung anschließt. Bedenken dagegen bestehen vor allem deshalb, weil hinsichtlich der Strafzeitberechnung ein eigener Rechtsweg gem. § 458 Abs. 1 StPO eröffnet ist, durch den die Rechte des Verurteilten bzw. Untergebrachten ohne weiteres gewahrt werden können, der aber durch diese Rechtsprechung systemwidrig unterlaufen würde. So hätte der Verurteilte hier im Oktober 2014 einen Antrag auf die Anrechnung der Maßregelvollzugszeit auf die verfahrensfremden Freiheitsstrafen und im Fall der Ablehnung durch die Staatsanwaltschaften einen Antrag nach § 458 Abs. 1 StPO mit der Beschwerdemöglichkeit bis zum Senat stellen können.

3.

Die von sämtlichen Staatsanwaltschaften bejahte Frage des Vorliegens eines Härtefalles i.S.v. § 67 Abs. 4 StGB in der Fassung durch die Weitergeltungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts vom 27.03.2012 (2 BvR 2258/09) hatte der Senat nicht zu prüfen. Es handelt sich hierbei um eine Entscheidung der gemäß § 451 StPO i.V.m. § 36 StVollstrO zuständigen Strafvollstreckungsbehörde, die nicht durch das zulässige Rechtsmittel gemäß § 458 Abs. 1 StPO angegriffen worden ist und die deshalb dem Senat nicht zur Überprüfung anfällt.

Der Senat würde im Übrigen auch die Voraussetzungen eines Härtefalles i.S.v. § 67 Abs. 4 StGB in der Fassung durch die genannte Weitergeltungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts nach Durchführung der erforderlichen Gesamtwürdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles bejahen. Die von dem Untergebrachten in der M-Klinik I durchgeführte Therapie war sowohl nach den Stellungnahmen der Klinik - zuletzt vom 09.01.2015 und vom 19.01.2015 - sowie nach dem gemäß § 454 Abs. 2 StPO eingeholten Gutachten der Sachver-ständigen Dr. Y erfolgreich. Nach Einschätzung der Klinik würde durch die Anschlussvollstreckung von Freiheitsstrafen der Therapieerfolg gefährdet werden, andererseits ist durch die Anrechnung der Therapiezeit auf die hier in Frage stehenden verfahrensfremden Freiheitsstrafen die Aussetzung aller Strafreste möglich, so dass der Untergebrachte weiterhin in Freiheit und im Rahmen der ambulanten Nachsorge erprobt werden kann (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.02.2014 - III-2 Ws 69-71/14; OLG Nürnberg, Beschluss vom 22.11.2012 - 2 Ws 460, 461/12). Dagegen würde im Falle der Nichtanrechnung und der sich daraus ergebenden Anschlussvollstreckung die Gesamtdauer der Freiheitsentziehung die Summe der verhängten Freiheitsstrafen um mehr als zwei Jahre überschreiten, wobei diese Anschlussvollstreckung mit dem Risiko der Entwertung des bereits erzielten Therapieerfolges verbunden wäre (vgl. zu allem BVerfG, Be-schluss vom 27.03.2012 - 2 BvR 2258/09).

4. Die Aussetzung der Vollstreckung der weiteren Restfreiheitsstrafen kann auch unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden, § 57 Abs. 1 Nr. 2 StGB.

Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden und zudem auf den im Rahmen der mündlichen Anhörung gewonnen persönlichen Eindruck gestützten Ausführun-gen der Strafvollstreckungskammer in dem angefochtenen Beschluss zur Aus-setzung der Restfreiheitsstrafe in dem Verfahren StA Hagen 400 Js 223/10 an. Das Landgericht hat dort sowohl die Ausführungen der Klinik I als auch das Gutachten der Sachverständigen Y ausführlich gewürdigt und ist mit zutreffenden Erwägungen, auf die der Senat Bezug nimmt, zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Verurteilten eine positive Sozialprognose gestellt werden kann.

Der Verurteilte hat zudem in die bedingte Entlassung auch in den weiteren Vollstreckungsverfahren eingewilligt, § 57 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB, und gegenüber der Strafvollstreckungskammer auf eine erneute mündliche Anhörung insoweit verzichtet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 2 StPO.



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