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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 Ws 646 u. 647/14 OLG Hamm

Leitsatz: Die bloße Angabe mehrerer Aktenzeichen der Strafvollstreckungskammer macht dem Verurteilten noch nicht hinreichend deutlich, dass er zum Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung in allen aufgeführten Verfahren angehört werden soll, wenn im Text des Anhörungsschreibens ausschließlich vom Widerruf der Aussetzung nur einer bestimmten Strafe die Rede ist.

Senat: 1

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Widerruf, Strafaussetzung, Anhörungsschreiben

Normen: StPO 453

Beschluss:

Srafsache
In pp.
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgericht Hamm am 19.03.2015 beschlossen:

Der Widerrufsbeschluss der Strafvollstreckungskammer Dortmund vom 17.11.2014 (64 StVK 61/12) ist gegenstandslos. Insoweit werden Kosten des Beschwerdeverfahren nicht erhoben (§ 21 GKG).
Der Widerrufsbeschluss der Strafvollstreckungskammer Dortmund vom 19.11.2014 (64 StVK 38/13) wird aufgehoben. Insoweit wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens – an die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Dortmund zurückverwiesen.

Gründe
I.
Der Verurteilte wendet sich mit seinem Rechtsmittel gegen den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung in zwei Verfahren.

a) Mit Urteil vom Amtsgericht Hagen vom 31.08.2010 (200 Js 907/10 = 64 StVK 61/12) wurde der Beschwerdeführer wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von „12 Monaten“ verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Wuppertal vom 23.09.2010 (10 Js 836/10) war er zudem zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten – bei Strafaussetzung zur Bewährung - verurteilt worden. Die Strafaussetzung zur Bewährung in dieser Sache wurde später widerrufen.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Hagen vom 04.05.2011 wurde aus den zu Grunde liegenden Einzelstrafen der beiden genannten Verurteilungen - unter Auflösung der jeweiligen Gesamtstrafen – eine neue Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten gebildet, welche nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Nach Vollstreckung von 2/3 dieser Strafe setzte die Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht Dortmund mit Beschluss vom 19.06.2012, rechtskräftig seit dem 03.08.2012, den „Strafrest aus dem „Urteil des Amtsgericht Hagen vom 31.08.2010“ zur Bewährung aus und setzte die Bewährungszeit auf drei Jahre fest. Mit Beschluss vom 25.09.2012 korrigierte die Strafvollstreckungskammer den vorgenannten Beschluss dahingehend, dass der Strafrest aus dem Gesamtstrafenbeschluss vom 04.05.2011 zur Bewährung ausgesetzt worden sei.

b) Das Amtsgericht Wetter verurteilte den Beschwerdeführer am 14.12.2012, rechtskräftig seit dem 14.12.2012, wegen „versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall“ zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre festgesetzt. Eine Strafvollstreckung in dieser Sache erfolgte bisher nicht.

Nachdem der Beschwerdeführer mit Urteil des Amtsgerichts Wetter vom 08.08.2014 wegen Entziehung elektrischer Energie sowie „Diebstahls geringwertiger Sachen in zwei Fällen“ wegen im Zeitraum Januar 2013 bis Juni 2014 begangener Taten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden war, hat die Strafvollstreckungskammer die Strafaussetzung zur Bewährung betreffend das oben unter a) geschilderte Verfahren mit Beschluss vom 17.11.2014 widerrufen. Dabei tenorierte sie: „Die Aussetzung des restlichen Strafdrittels der mit Urteil des Amtsgerichts Hagen vom 31.10.2010 […], erkannten Freiheitsstrafe gemäß dem Beschluss der hiesigen Strafvollstreckungskammer vom 19.06.2012 wird gem. § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB widerrufen […]“. Bzgl. des oben unter b) geschilderten Verfahrens hat sie am 19.11.2014 einen Widerrufsbeschluss mit folgendem Inhalt erlassen: „Die Aussetzung des restlichen Strafdrittels der mit Urteil des Amtsgerichts Wetter vom 14.12.2012 […] erkannten Freiheitsstrafe wird gem. § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB widerrufen […]“.

Gegen die Widerrufsbeschlüsse wendet sich der Verurteilte mit seiner sofortigen Beschwerde vom 26.11.2014.

Nachdem zunächst nur die Bewährungshefte von der Strafvollstreckungskammer direkt an den Senat übersandt worden waren, wurden diese über die Generalstaatsanwaltschaft an das Landgericht zurückgeleitet, weil der Entscheidungsgehalt unklar war, da sich insbesondere auch der Berichtigungsbeschluss in der unter a) aufgeführten Sache nicht in den Bewährungsheften befand.

Mit Beschluss vom 13.02.2015 berichtigte die Strafvollstreckungskammer in dem unter a) genannten Verfahren den Tenor des Widerrufsbeschlusses dahingehend, dass die „Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Hagen […] in Verbindung mit dem Bewährungsbeschluss der Kammer vom 24.07.2012 in der berichtigten Form vom 25.09.2012“ widerrufen wird. Mit Beschluss vom selben Tag berichtigte sie in dem unter b) genannten Verfahren dahin, dass die „Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil des Amtsgerichts Wetter […]“ widerrufen wird. In beiden Fällen enthält der Berichtigungsbeschluss außer dem Einleitungssatz „wegen offensichtlicher Unrichtigkeit“ keine weitere Begründung. Beide Beschlüsse wurden dem Verurteilten nicht förmlich zugestellt, sondern nur einfach übersandt.

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat bei erneuter Vorlage der Sache beantragt, die sofortige Beschwerde des Verurteilten als unbegründet zu verwerfen.

II.
Das zulässige Rechtsmittel des Verurteilten hat im Ergebnis Erfolg.

1. Soweit in dem unter a) genannten Verfahren (zunächst) eine Gesamtstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Hagen vom 31.08.2010 widerrufen worden ist, ging dieser Widerrufsbeschluss ins Leere, weil es diese Gesamtstrafe zum Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung nicht mehr gab. Sie war aufgelöst worden und die zu Grunde liegenden Einzelstrafen hatten Eingang gefunden in den Gesamtstrafenbeschluss vom 04.05.2011. Die nachträgliche Berichtigung dieses Beschlusses war unzulässig. Der Widerrufsbeschluss ist ein Beschluss, der der materiellen Rechtskraft fähig ist. Bei derartigen Beschlüssen ist daher eine Berichtigung nur in dem Umfang möglich, in dem sie bei einem Urteil möglich wäre (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 21.01.2015 – 1 Ws 8/15 – juris m.w.N.). Danach ist nach Verkündigung der Urteilsformel (dem würde hier jedenfalls die Herausgabe des Widerrufsbeschlusses aus dem Geschäftsbereich des Gerichts entsprechen; vgl. Stuckenberg in: LR-StPO, 26. Aufl., § 267 Rdn. 156) eine Berichtigung nur wegen offensichtlicher Schreibversehen und offensichtlicher Unrichtigkeiten zulässig. Dabei muss es sich um Fehler handeln, die für alle Beteiligten ohne Weiteres erkennbar sind und es muss eindeutig erkennbar sein, was das Gericht tatsächlich gewollt und entschieden hat (LG Zweibrücken NZV 2006, 610; Meyer-Goßner in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 268 Rdn. 9 f.). Der Fehler, nämlich dass ein Widerruf der Strafaussetzung bzgl. einer nicht mehr existenten Gesamtstrafe nicht möglich ist, ist zwar für alle Beteiligten offensichtlich. Es ist aber nicht eindeutig erkennbar, dass dies auch der Strafvollstreckungskammer bewusst war. Diese ging möglicherweise (etwa weil sie den Gesamtstrafenbeschluss übersehen hat), das zeigt auch ihre Bezugnahme auf ihren Beschluss vom 19.06.2012 in der unkorrigierten Fassung (der also ebenfalls nur die Gesamtstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Hagen betraf), davon aus, dass nur über den Widerruf der Strafe des Ausgangsurteils des Amtsgerichts Hagen zu entscheiden war.

Der Berichtigungsbeschluss vom 13.02.2015 kann wegen § 311 Abs. 3 StPO auch nicht in eine Abänderungsentscheidung umgedeutet werden. Ebenso handelt es sich nicht um einen erneuten Widerrufsbeschluss, denn das gibt weder der Beschlusstext, noch die Intention der Strafvollstreckungskammer her.

2.
Hinsichtlich des Widerrufs bzgl. der unter b) genannten Strafe war der angefochtene Beschluss aufzuheben, da die nach § 453 Abs. 1 S. 2 StPO vorgeschriebene Anhörung des Verurteilten insoweit nicht stattgefunden hat. In dem Anhörungsschreiben vom 08.09.2014, welches aus dem Bewährungsheft 64 StVK 61/12 Bew heraus unter beiden Aktenzeichen der Strafvollstreckungskammer bzgl. der unter a) und b) genannten Verfahren verfügt worden war, ist nur davon die Rede, dass eine Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung bzgl. des Restdrittels aus dem „Urteil des Amtsgerichts Hagen vom 31.08.2010“ (was ohnehin nicht richtig war, da es um einen Widerruf des Strafrestes aus dem Gesamtstrafenbeschluss geht, s.o.) ansteht. Dass auch ein Widerruf bzgl. der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Wetter vom 14.12.2012 ansteht, wird nicht ausgeführt. Dieses Urteil wird in dem Anhörungsschreiben mit keinem Wort erwähnt. Die bloße Angabe des StVK-Aktenzeichens zu diesem Verfahren macht – anders als die Generalstaatsanwaltschaft meint - dem Verurteilten aber noch nicht hinreichend deutlich, dass er auch hierzu angehört werden sollte, wenn im Text des Anhörungsschreibens ausschließlich vom Widerruf der anderen Strafe die Rede ist. Es ist schon fraglich, ob der Empfänger eines solchen Schreibens überhaupt die Aktenzeichen mit denen etwaiger bei ihm vorliegender Unterlagen abgleicht. Selbst wenn er das tun würde, bliebe zumindest für den juristischen Laien, der keine Kenntnis vom Inhalt der Vollstreckungs- und Bewährungshefte hat, offen, ob die Nichterwähnung des zweiten Straferkenntnisses oder die Aufführung des zweiten Aktenzeichens irrtümlich erfolgt ist.



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