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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 RBs 65/15 OLG Hamm

Leitsatz: Nachdem eine Urteilsfassung aus dem inneren Dienstbereich des Gerichts durch Übersendung an den Betroffenen und den Verteidiger herausgegeben wurde, darf sie nicht mehr verändert werden.

Senat: 2

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: abgekürztes Urteil, Zustellung, Abänderung

Normen: OWiG 77b

Beschluss:

Bußgeldsache
In pp.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen vom 15. Januar 2015 gegen das Urteil des Amtsgerichts Schwerte vom 08. Januar 2015 hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 28. 05. 2015 durch die Richterin am Oberlandesgericht als Einzelrichterin gem. § 80 a Abs. 1 OWiG:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Schwede zu rückverwiesen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht Schwede hat den Betroffenen mit Urteil vom 08. Januar 2015 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 130,00 € verurteilt und unter Gewährung von Vollstreckungsaufschub ein einmonatiges Fahrverbot verhängt. Die Zustellung dieses in Anwesenheit des Betroffenen verkündeten Urteils an den Betroffenen hat die Vorsitzende mit Verfügung vom 08. Januar 2015 angeordnet. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 15. Januar 2015, per Fax am selben Tag beim Amtsgericht Schwerte eingegangen, hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt. Die Urteilsausfertigung ohne Gründe ist dem Betroffenen am 14. Januar 2015 zugestellt worden. Nach Einlegung der Rechtsbeschwerde ist ein mit Gründen versehenes Urteil zu den Akten gelangt. Dessen Zustellung an den Verteidiger des Betroffenen und an die Staatsanwaltschaft hat die Vorsitzende mit Verfügung vom 09. Februar 2015 angeordnet.

Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 16. Februar 2015 hat der Betroffene die Rechtsbeschwerde mit der Verletzung materiellen Rechts begründet und insbesondere dabei darauf abgestellt, dass das am 14. Januar 2015 zugestellte Urteil keine Urteilsgründe enthalte.

II.
Die gem. § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte, rechtzeitig eingelegte und mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts form- und fristgerecht begründete Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache — zumindest vorläufig — Erfolg.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift vom 15. Mai 2015 hierzu Folgendes ausgeführt:

„Maßgeblich für die auf die Sachrüge hin vorzunehmende Überprüfung der angegriffenen Entscheidung ist die Fassung des Urteils, wie sie in das Protokoll aufgenommen ist. Dieses Urteil enthält - entgegen § 71 Abs. 1 OWiG 1.V.m. § 267 StPO - keine Urteilsgründe und ermöglicht dem Rechtsbeschwerdegericht daher keine Nachprüfung auf sachlich-rechtliche Fehler, so dass es allein deswegen schon der Aufhebung unterliegt (§ 337 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG).

Zwar hat die Amtsrichterin nach der am 14.01.2015 bewirkten Zustellung lediglich der Urteilsformel und nach der am 15.01.2015 eingelegten Rechtsbeschwerde das Urteil neu gefasst, mit Gründen versehen und unterschrieben, diese nachträglich zugestellten Urteilsgründe sind jedoch im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beachtlich. Die nachträgliche Anfertigung der Urteilsgründe war nämlich unzulässig, da zu diesem Zeitpunkt bereits eine nicht mehr abänderbare Urteilsfassung vorlag. Die Amtsrichterin hat sich, indem sie die Zustellung eines ohne Gründe verfassten Urteils an den Betroffenen verfügt hat, für ein abgekürztes Urteil entschieden und damit für ein Urteil in der Fassung des Protokolls. Das Protokoll enthält vorliegend die für das Urteilsrubrum erforderlichen Angaben sowie die Urteilsformel und beinhaltet damit sämtliche Elemente eines abgekürzten Urteils in Bußgeldsachen (zu vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 21.07.2003 - 1 Ss (OWi) 123B/03 -, zitiert nach juris). Nachdem die Urteilsfassung aus dem inneren Dienstbereich des Gerichts durch Übersendung an den Betroffenen und den Verteidiger herausgegeben wurde, durfte sie nicht mehr verändert werden (zu vgl. Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 77 b, RdNr. 8 m.w.N.; OLG Brandenburg, a.a.O.).

Die Voraussetzungen für eine nachträgliche Urteilsbegründung nach § 77 b Abs. 2 OWiG lagen nicht vor, da die erste Urteilsfassung ohne Gründe nicht von der Regelung des § 77 b Abs. 1 OWiG gedeckt war. Weder war die Rechtsmittelfrist abgelaufen, noch wurde eine Verzichtserklärung abgegeben. Der Betroffene war auch nicht vom persönlichen Erscheinen entbunden und anwesend."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an und legt sie seiner Entscheidung zugrunde. Wegen des dargelegten Mangels ist das angefochtene Urteil gern. §§ 79 Abs. 3 OWiG, 353 StPO mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache gem. § 79 Abs. 6 OWiG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Schwerte zurückzuverweisen.


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