Aktenzeichen: 4 RVs 128/14 OLG Hamm |
Leitsatz: Nach § 263 Abs. 4 StGB i.V.m. § 243 Abs. 2 StGB ist ein besonders schwerer Fall des Betruges ausgeschlossen, wenn sich die Tat lediglich auf eine Vermögensverschiebung von geringem Ausmaß bezieht. Als gering sind Schäden bis etwa 50 EUR anzusehen. |
Senat: 4 |
Gegenstand: Revision |
Stichworte: Betrug, besonders schwerer Fall, Schadenshöhe, geringer Schaden |
Normen: StGB 263 |
Beschluss: Strafsache In pp. hat der 4 Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 04.11.2014 beschlossen. Das angefochtene Urteil wird im Schuldspruch dahingehend berichtigt, dass das Wort gewerbsmäßig entfällt. Darüber hinaus wird das Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Warendorf zurückverwiesen. Gründe: Die Generalstaatsanwaltschaft hat zum Rechtsmittel der Angeklagten Folgendes ausgeführt: I. Das Amtsgericht Warendorf hat die Angeklagte mit Urteil vom 07.07.2014 wegen gewerbsmäßigen Betruges in sechs Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Warendorf vom 27.09.2011 (40 Ds 141/11) verurteilt zu einer Gesamtstrafe von einem Jahr und vier Monaten sowie wegen gewerbsmäßigen Betruges in zwei Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Warendorf vom 28.01.2014 (40 Cs 16/14) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten. Gegen dieses Urteil, welches in Anwesenheit der Angeklagten und ihres Verteidigers verkündet worden ist (Bl. 322 d.A.) und welches ihrem Verteidiger auf Anordnung der Vorsitzenden vom 21.07.2014 (Bl. 331 d.A.) am 24.07.2014 (Bl. 355 d.A.) zugestellt worden ist, hat die Angeklagte mit am 08.07.2014 bei dem Amtsgericht Warendorf eingegangenem Schriftsatz ihres Verteidiger vom 07.07.2014 (Bl. 324 d.A.) zunächst Berufung eingelegt und mit weiterem, am 16.08.2014 bei dem Amtsgericht Warendorf eingegangenem Schriftsatz ihres Verteidigers vom 15.08.2014 (Bl. 367-369 d.A.) den Übergang zur Revision erklärt und diese mit Ausführungen zur Frage der Strafzumessung näher begründet. II. Die form- und fristgerecht eingelegte Revision ist zulässig und hat auch in der Sache - zumindest vorläufig - Erfolg. Innerhalb der Revisionsbegründungsfrist hat die Angeklagte durch Erklärung gegenüber dem Amtsgericht in somit zulässiger Weise (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 47. Auflg., § 335 Rdn. 10) den Übergang zur Revision erklärt. Nachdem die Angeklagte die ihr zur Last gelegten Taten in vollem Umfang eingeräumt hat und sich die Ausführungen in der Revisionsbegründungsschrift allein gegen den Rechtsfolgenausspruch richten, ist die Revision konkludent auf diesen beschränkt worden. Die getroffenen Feststellungen des Amtsgerichts bilden eine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung, so dass die Beschränkung auch wirksam ist. Ungeachtet dieser wirksamen Beschränkung ist der Schuldspruch dahingehend zu berichtigen, dass die Bezeichnung gewerbsmäßigen entfällt, da das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit gemäß § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB lediglich ein Regelbeispiel für den besonders schweren Fall darstellt und gemäß § 240 Abs. 4 S. 1 StPO nicht in die Urteilsformel aufzunehmen ist, weil es keinen eigenständigen Tatbestand bezeichnet. Der mithin allein angefochtene Rechtsfolgenausspruch begegnet durchgreifenden Bedenken. In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass die Strafzumessung grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters ist und daher nur in begrenztem Umfang einer Kontrolle durch das Revisionsgericht zugänglich ist. Das Revisionsgericht kann nur in den Fällen eingreifen, in denen Rechtsfehler vorliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Richter von einem falschen Strafrahmen ausgegangen ist, seine Strafzumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind oder rechtlich anerkannte Strafzwecke außer Acht gelassen wurden oder wenn sich die Strafe von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, soweit nach oben oder unten inhaltlich löst, dass ein grobes Missverhältnis zwischen Schuld und Strafe besteht (zu vgl. BGHSt 17, 35 f; Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 337 Rdn. 34 m.w.N.). Das Amtsgericht hat aber zunächst verkannt, dass gemäß § 263 Abs. 4 StGB i.V.m. § 243 Abs. 2 StGB ein besonders schwer Fall des Betruges ausgeschlossen ist, wenn sich die Tat lediglich auf eine Vermögensverschiebung von geringem Ausmaß bezieht. Als gering sind nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm Schäden bis etwa 50,00 EUR anzusehen (zu vgl. OLG Hamm, NJW 2003, 3145; OLG Zweibrücken, NStZ 2000, 536). Jedenfalls soweit zu II. 3 und II. 4 des Urteils lediglich Schäden in Höhe von 36,87 EUR und 48,60 EUR festgestellt sind, hätte das Amtsgericht daher den Regelstrafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB zugrunde legen müssen. Feststellungen dahingehend, dass die subjektiv erstrebte Bereicherung oberhalb der Geringwertigkeitsgrenze gelegen hätte, sind nicht getroffen worden. Es ist auch davon auszugehen, dass die Einzelstrafen deutlich geringer ausgefallen wären, wenn dem Amtsgericht bewusst gewesen wäre, dass die unwiderlegbare Gegenindikation des § 243 Abs. 2 StGB die Annahme der besonderen Schwere dieser Fälle ausschließt. Aber auch hinsichtlich der weiteren Taten beanstandet die Revision zu Recht die Anwendung des Strafrahmens des § 263 Abs. 3 StGB. Es ist nämlich zweifelhaft, ob das Amtsgericht überhaupt erkannt hat, dass von der Erfüllung des Regelbeispiels des § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB nur eine Indizwirkung ausgeht, die durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet werden kann. Ferner hat es ersichtlich nicht bedacht, dass beim Betrug für die Strafzumessung vor allem die Schadenshöhe ausschlaggebend ist und beim gewerbsmäßigen Betrug selbst bei zahlreichen vorgeworfenen Fällen ein besonders schwerer Fall dann nicht in Betracht kommt, wenn der Schaden die Geringwertigkeit als Grenze nur knapp übersteigt, der Gesamtschaden relativ gering war und gewichtige zugunsten des Täters sprechende Umstände vorliegen (zu vgl. BGH, WiStra 2001, 303 f.; KG Berlin, Beschluss vom 13.01.2010 - 1 Ss 465/09 -). Auch in den Fällen zu II. 1, II. 2 und II. 6 des Urteils liegt der festgestellte Schaden noch in der Nähe der Geringwertigkeitsgrenze. Ebenso kann der festgestellte Gesamtschaden von weniger als 1.150,00 EUR noch als relativ gering angesehen werden (zu vgl. etwa Kammergericht Berlin, a.a.O.). Selbst in den weiteren Fällen liegt der Schaden nicht derart hoch, dass zugunsten der Angeklagten sprechende Umstände die Indizwirkung des Regelbeispiels nicht entkräften könnten. Namentlich hätte das Amtsgericht insoweit erwägen müssen, ob die getroffenen Feststellungen zu der intellektuellen Minderbegabung der Angeklagten wie auch die durch den Sachverständigen in dem früheren Verfahren festgestellte Selbstwertproblematik, welche die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten beeinträchtige, i.V.m. der jeweiligen Schadenshöhe, dem festgestellten Gesamtschaden und dem Umstand, dass die Angeklagte jedenfalls die betrügerischen Bestellungen für den unmittelbaren Eigenge- bzw. -verbrauch getätigt haben dürfte, die Annahme eines besonders schweren Falles ausschließen. Insoweit sind die Strafzumessungserwägungen lückenhaft. Darüber hinaus hat das Amtsgericht die nach dem Schuldmaßprinzip gebotene differenzierte Zumessung der Einzelstrafen nicht beachtet. Es erscheint nicht nachvollziehbar, dass - unabhängig von der erheblich differierenden Schadenshöhe - für jede Tat gleichmäßig sechs Monate verhängt worden sind. So beträgt der Schaden in dem Fall II. 5 des Urteils mehr als das 12-fache des Schadens in dem Fall zu II. 3 des Urteils. Hinzu kommt, dass in den Fällen II. 5, II. 7 und II. 8 des Urteils die Angeklagte betrügerisch Waren verkaufte, welche sie nicht besaß und sie mithin eine höhere kriminelle Energie entwickelte, als in den übrigen Fällen, in welchen sie lediglich Bestellungen für eigene Zwecke tätigte. Das Amtsgericht hätte daher umso mehr erwägen müssen, ob die Taten nicht zumindest teilweise eine Anwendung des Regelstrafrahmens des § 263 Abs. 1 StGB gebieten. Für eine eigene Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 354 Abs. 1a S. 1 StPO ist im Hinblick darauf, dass für die Bemessung der Einzelstrafen ein anderer Strafrahmen in Betracht kommt, kein Raum (vgl. BGH, NStZ-RR 2010, 184). Dahinstehen kann daher, ob das Urteil hinsichtlich der getroffenen Gesamtstrafenbildung zudem unter einem Darlegungsmangel leidet, indem es hinsichtlich der einbezogenen Taten keinerlei Ausführungen zu den zugrunde liegenden Lebenssachverhalten enthält, bestimmende Umstände der damaligen Strafzumessungserwägungen nicht mitgeteilt werden und in die formelhafte Gesamtabwägung daher nicht nachvollziehbar eingeflossen sind. Diesen Ausführungen schließt der Senat sich im Wesentlichen an. Die Wertgrenze nach § 263 Abs. 4 StGB i.V.m. § 248 a StGB beläuft sich jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, auf 25 (BGH 2 StR 176/04). Gleichwohl unterliegt das angefochtene Urteil aus den weiteren von der Generalstaatsanwaltschaft angeführten Gründen der Aufhebung |
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