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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 Ws 102/15 OLG Hamm

Leitsatz: Der zur Rückgewinnungshilfe angeordnete und vollzogene strafprozessuale dingliche Arrest ist mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners nicht notwendig aufzuheben, wenn die Straftatgeschädigten vor der Eröffnung noch keine insolvenzfesten Pfandrechte erworben haben.



Senat: 1

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Dinglicher Arrest, Insolvenzverfahren, Aufhebung

Normen: InsO 88; InsO 89

Beschluss:

In pp.
hat der 1. Strafsenat des OLG Hamm am 28.07.2015 beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, soweit mit ihm die Aufhebung des durch Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom 22.06.2011 (64 Gs 1877/11) angeordneten dinglichen Arrests in das Vermögen der Verfahrensbeteiligten i.H.v. 2.273.727,55 € erfolgt ist.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Verfahrensbeteiligte.


Gründe

I.

In dem vorliegenden Strafverfahren, das sich gegen die Angeklagten I, I1 und T richtet, wurde durch Beschlüsse des Amtsgerichts Bochum vom 27.07.2010 jeweils der dingliche Arrest in das Vermögen des Angeklagten I, des Angeklagten I1 sowie in das Vermögen der J GmbH (im Folgenden: J GmbH) als Drittempfängerin angeordnet. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bochum vom 21.06.2011 wurden diese Arrestbeschlüsse wegen Zeitablaufs am 22.06.2011 aufgehoben und am selben Tag durch das Amtsgericht Bochum erneut gleichlautende Arrestbeschlüsse erlassen.

In das Vermögen der Firma J GmbH wurde der dingliche Arrest i.H.v. 2.364.400 € angeordnet.

Nach dem Inhalt des Arrestbeschlusses soll der Angeklagte I im Zusammenwirken mit dem Mitangeklagten I1 während des Zeitraumes vom 30.03.2008 bis zum 16.10.2008 Reifen der G GmbH (im Folgenden: G), deren Geschäftsführer und Mitgesellschafter er war, sowie der von ihm beherrschten Fa. B GmbH (im Folgenden: B) in einem Gesamtwert von mindestens 1.658.400 € an die von ihm faktisch geleitete Firma J GmbH, deren Geschäftsführer die Angeklagten I1 und T waren, verschoben haben. Auf Veranlassung des Angeklagten I soll außerdem die G am 23.06.2008 von der M GmbH & Co KG (im Folgenden: LAG) eine Lackieranlage, die maximal einen Wert von 484.000 € aufgewiesen haben soll, zu einem Kaufpreis von 1.190.000 € einschließlich Mehrwertsteuer gekauft haben. Diesen Betrag soll der Angeklagte I sodann privat bei der LAG entnommen und der J GmbH darlehensweise zur Verfügung gestellt haben, die im Oktober 2008 zwei Darlehensraten in Höhe von insgesamt 470.000 € an den Angeklagten I zurückgezahlt haben soll, der mit diesem Geld Steuerschulden, die Gegenstand eines gegen ihn durch die Staatsanwaltschaft Siegen eingeleiteten Steuerstrafverfahrens waren, sowie eine ihm in diesem Verfahren als Bewährungsauflage auferlegte Geldbuße beglichen haben soll. Hierdurch soll die J einem Betrag i.H.v. 706.000 € (1.190.000 € abzgl. 484.000 €) erlangt haben. Zuzüglich des oben genannten Wertes der an die J verschobenen Reifen errechnete sich der Arrestbetrag von 2.364.400 €.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Arrestanordnung bezüglich der J GmbH und deren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Inhalt des Beschlusses des Amtsgerichts Bochum vom 22.06.2011 (64 Gs 1876/11) Bezug genommen.

In Vollziehung des dinglichen Arrestes wurden bei der J GmbH durch Pfändungsbeschlüsse der Staatsanwalt Bochum vom 06.07.2011 mehrere Bankkonten und durch weitere Pfändungsbeschlüsse der Staatsanwaltschaft Bochum vom 07.07.2011 sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen der J GmbH gegen eine Vielzahl ihrer Kunden gepfändet. Darüber hinaus erfolgten in Vollziehung des dinglichen Arrests diverse Sachpfändungen bei der J GmbH.

Nachdem am 07.12.2011 beim Amtsgericht Siegen der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der J GmbH eingegangen war, ordnete das Gericht mit Beschluss vom 12.12.2011 die vorläufige Insolvenzverwaltung an. Durch Beschluss des Amtsgerichts Siegen vom 12.07.2012 (25 IN 347/11) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der J GmbH eröffnet, das weiterhin anhängig ist.

Zwischenzeitlich hatte die Staatsanwaltschaft Bochum unter dem 03.02.2012 unter anderem gegen die Angeklagten I, I1 und T Anklage wegen Betruges, Untreue u. a. erhoben. In der Zeit vom 23.05.2012 bis zum 05.03.2013 fand die Hauptverhandlung vor der 43. großen Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Dortmund statt.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bochum hat das Landgericht Dortmund mit Beschluss vom 13.11.2012 (43 KLs 7/12) die Verfahrensbeteiligung von Rechtsanwalt K aus L als Insolvenzverwalter über das Vermögen der J GmbH angeordnet.

In dem Hauptverhandlungstermin am 29.01.2013 hat der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer beantragt, bezüglich der J GmbH festzustellen, dass der Verfall i.H.v. 2,7 Millionen € wegen der Ersatzansprüche von Geschädigten gemäß § 73 Absatz 1 S. 2 StGB ausscheide, und den dinglichen Arrest des Amtsgerichts Bochum vom 22.06.2011 für die Dauer von 3 Jahren in Höhe von 2.340.000 € aufrecht zu erhalten.

Eine Entscheidung des Landgerichts Dortmund über diesen Antrag ist nicht erfolgt.

Durch Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.03.2013 wurde der Angeklagte I wegen Untreue unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Siegen vom 25.08.2008 und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten und darüber hinaus wegen Betruges in drei Fällen, wegen Untreue und wegen Urkundenfälschung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Der Angeklagte I1 wurde - unter Freisprechung im Übrigen - wegen Urkundenfälschung und wegen zweier Fälle der Beihilfe zur Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, der Angeklagte T - unter Freisprechung im Übrigen - wegen Betruges in zwei Fällen und wegen Beihilfe zur Untreue ebenfalls zu einer Gesamtfreiheitstrafe von zwei Jahren verurteilt, wobei beide Strafen zur Bewährung ausgesetzt worden sind.

Nach den Urteilsfeststellungen beherrschte der Angeklagte I im Tatzeitraum 2007/2008 die RH-Gruppe, bestehend aus den Unternehmen G, LAG und B, die sich mit der Produktion und dem Vertrieb von Felgen und der Montage und dem Handel mit Kompletträdern für PKW befassten, und in denen auch die Mitangeklagten I1 und T tätig waren. Der Angeklagte I war alleiniger Geschäftsführer und zusammen mit seiner Ehefrau Inhaber sämtlicher Gesellschaftsanteile der G. Der Angeklagte I leitete außerdem seit dem Jahre 2001 faktisch die Verfahrensbeteiligte, die J GmbH, die vor allem von der G bezogene lose Reifen an Händler und Endverbraucher verkaufte.

Etwa ab Mitte des Jahres 2007 hielt der Angeklagte I wegen fortdauernder wirtschaftlicher Schwierigkeiten eine Insolvenz der zur RH-Gruppe gehörenden Unternehmen für möglich und beschloss Vorkehrungen zu treffen, um für diesen Fall seine unternehmerischen Aktivitäten mit nicht zur RH-Gruppe gehörenden, aber von ihm kontrollierten Firmen, unter anderem der J GmbH, fortführen zu können.

Im März 2008 beschlossen die Angeklagten I und I1, dass die J GmbH nicht mehr alle von der G bezogenen Reifen bezahlen sollte. In Ausführung dieser Absprache waren in von dem Angeklagten I1 für den Zeitraum vom 01.04.2008 bis 16.10.2008 erstellten Rechnungen 20.679 tatsächlich an die J GmbH gelieferte Reifen im Wert von 1.583.727,55 € nicht ausgewiesen. Dieser Betrag wurde von der W auch nicht bezahlt (Tat Fall V.2. der Urteilsgründe).

Im Jahr 2008 entschloss sich der Angeklagte I, den zur Erfüllung einer von seinem Verteidiger angekündigten Bewährungsauflage erforderlichen Betrag von 1 Million € nach seiner zu erwartenden Verurteilung wegen Steuerhinterziehung in einem damals anhängigen Steuerstrafverfahren dem Vermögen der RH-Gruppe zu entnehmen. Zu diesem Zwecke sollte die G für 1 Million € (zuzüglich Umsatzsteuer) von der LAG die dieser gehörende Lackieranlage kaufen. Anschließend wollte er diesen Betrag bei der LAG entnehmen und damit die Bewährungsauflage erfüllen. Der in diesem Plan eingeweihte Angeklagte T fertigte im Juni 2008 eine entsprechende Rechnung und überwies am 23.06.2008 vom Konto der G 1.190.000 € an die LAG. Da nicht genau abzusehen war, wann der Angeklagte I das Geld in dem Steuerstrafverfahren benötigen würde, beschloss er, dieses zunächst der J GmbH darlehensweise zu überlassen. Nach Absprache mit den Angeklagten I1 und T überwies daraufhin der Angeklagte T den Betrag von 1.190.000 € auf ein Konto des Angeklagten I1. Zudem schlossen dieser (als Geschäftsführer der J GmbH) und der Angeklagte I einen entsprechenden Darlehensvertrag. Am 01.07.2008 ging das Geld auf dem Konto der J GmbH ein. Später überwies der Angeklagte I einem Konto der J GmbH in zwei Raten insgesamt 470.000 € an den Angeklagten I, der diesen Betrag im Zusammenhang mit seinem Steuerstrafverfahren verwendete. Die Strafkammer ist unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die G die an die LAG gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen konnte und auf der Grundlage der Annahme eines Zeitwertes der Lackieranlage von 500.000 € von einem bei der G eingetretenen Vermögensschaden aufgrund der von dem Angeklagten I begangenen Untreue i.H.v. 500.000 € ausgegangen (Fall V.3. der Urteilsgründe).

Das Landgericht Dortmund hat außerdem durch Beschluss vom 05.03.2013 die Arrestbeschlüsse vom 22.06.2011 aufgehoben. Zur Begründung der Aufhebung des dinglichen Arrestes in das Vermögen der J GmbH hat die Strafkammer unter anderem ausgeführt, dass nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen eine weitere Aufrechterhaltung des Arrestes nicht mehr Betracht komme. Die Anordnung des Arrestes sei ausschließlich im Rahmen der sogenannten Rückgewinnungshilfe erfolgt, d.h. dieser habe die den Verletzten aus den Straftaten des vorliegenden Verfahrens erwachsenen zivilrechtlichen Ansprüche sichern sollen. Bis zum 05.03.2013 habe kein Verletzter die Zwangsvollstreckung in das Vermögen der J GmbH betrieben; dies sei nunmehr nach der Insolvenzeröffnung wegen der eindeutigen Vorschrift des § 89 InsO nicht mehr zulässig. Die Auffassung der Staatsanwaltschaft Bochum, der dingliche Arrest sei aufrechtzuerhalten, um den sogenannten Auffangrechtserwerb des Staates gemäß § 111i Abs. 5 bis 7 StPO zu ermöglichen, sei abzulehnen. Diese Ansicht lasse sich nämlich nicht mit dem das gesamte Insolvenzrecht beherrschenden Grundsatz der Gläubigergleichheit vereinbaren. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Beschlusses wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf dessen Gründe Bezug genommen.

Gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.03.2013 hatten zunächst sämtliche Angeklagten Revision eingelegt, ihre Rechtsmittel aber in der Folgezeit wieder zurückgenommen. Auch die Staatsanwaltschaft Bochum hat ihre gegen das Urteil eingelegte Revision hinsichtlich aller drei Angeklagten zurückgenommen. Mit ihrer - verbliebenen - Revision hatte die Staatsanwaltschaft gerügt, dass es die Strafkammer unterlassen habe, hinsichtlich der J GmbH eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO zu treffen.

Die Staatsanwaltschaft Bochum hat außerdem mit Telefax vom 06.03.2013 Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 05.03.2013 eingelegt, soweit durch diesen der dingliche Arrest in das Vermögen der J GmbH aufgehoben worden ist. Die Strafkammer hat dieser Beschwerde durch Beschluss vom 18.06.2013 nicht abgeholfen.

Mit Urteil vom 04.12.2014 hat der Bundesgerichtshof auf die Revision der Staatsanwalt Bochum das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.03.2013 aufgehoben, soweit das Landgericht in den Fällen V.2. und V.3. der Urteilsgründe eine Entscheidung gemäß § 111i Abs. 2 StPO zum Nachteil der J GmbH unterlassen habe. Im Umfang der Aufhebung hat der Bundesgerichtshof die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen. In seinem Urteil hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich festgestellt, dass die von der Strafkammer unterlassene Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO S. 2 StPO die Anordnung eines Arrestes nicht voraussetze.

Außerdem hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass für die Entscheidung über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Bochum vom 06.03.2013 gegen den Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 05.03.2013, soweit mit diesem der Arrest in das Vermögen der J GmbH aufgehoben worden sei, nicht der Bundesgerichtshof zuständig sei, da es an einer § 305a Abs. 2, § 464 Abs. 3 S. 3 StPO, § 8 Abs. 3 S. 2 StrEG i.V.m. § 464 Abs. 3 S. 3 StPO entsprechenden Regelung fehle, die dem mit der Revision befassten Rechtsmittelgericht auch die Entscheidung über eine zugleich eingelegte Beschwerde übertrage. Es verbleibe daher bei dem Grundsatz, dass zur Entscheidung über (sofortige) Beschwerden gegen Entscheidungen der Strafkammer nicht der Bundesgerichtshof (§ 135 S. 2 GVG), sondern das Oberlandesgericht gemäß § 121 Abs. 1 Nr. 2 GVG berufen sei.

II.
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Bochum ist zulässig und hat in der Sache auch überwiegend Erfolg.

Durch die in Vollziehung des dinglichen Arrests durch die Staatsanwaltschaft Bochum in das Vermögen der J GmbH veranlassten Pfändungsmaßnahmen, die außerhalb der der Monatsfrist des § 88 InsO und der Anfechtungsfristen der §§ 130 ff InsO erfolgt sind, wurden wirksam Pfändungspfandrechte zu Gunsten des Landes Nordrhein-Westfalen begründet. Für derartige Pfändungspfandrechte gilt § 80 Abs. 2 S. 2 InsO, so dass sie trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der J GmbH Bestand haben und gemäß §§ 49, 50 InsO i. V. m. §§ 165 ff InsO zu einer abgesonderten Befriedigung berechtigen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 20.06.2013 - 2 Ws 80/13 - BeckRS 2013, 13110; OLG Nürnberg, Beschluss vom 08.11.2013 - 2 Ws 508/13 - BeckRS 2013, 20113; KG, Beschluss vom 10.06.2013 - 2 Ws 190/13 - 141 AR 168/13 -, zitiert nach juris.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der J GmbH hat allerdings gemäß § 89 Abs. 1 InsO zur Folge, dass Einzelzwangsvollstreckungen der Geschädigten der hier in Rede stehenden Straftaten, die eigene Zwangsvollstreckungsmaßnahmen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in die in Vollziehung des dinglichen Arrests vom 22.06.2001 arretierten Vermögenswerte der J GmbH bisher nicht eingeleitet und demgemäß diesbezüglich auch keine eigenen (insolvenzfesten) Pfändungspfandrechte erworben hatte, während der Dauer des Insolvenzverfahrens in das Vermögen der Insolvenzschuldnerin nicht möglich sind. Das Rückgewinnungshilfeverfahren kann daher - jedenfalls während der Dauer des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der J GmbH - nicht mehr durchgeführt werden.

Gleichwohl war der dingliche Arrest nicht aufzuheben.

Zwar wird die Auffassung vertreten, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens seien die durch die Straftat Verletzten wegen § 89 InsO an Einzelvollstreckungsmaßnahmen gehindert, so dass die Rückgewinnungshilfe aus Rechtsgründen nicht mehr durchgeführt werden könne und damit obsolet geworden sei mit der Folge, dass der Zweck des Arrestes fortgefallen und dieser aufzuheben sei. Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, das Opfer müsse schon selbst vor der Verfahrenseröffnung ein insolvenzfestes Absonderungsrecht (vgl. §§ 49, 50 InsO) erlangt haben, damit sich seine Vorrangstellung auch im Insolvenzverfahren fortsetze. Andernfalls erhielte der Verletzte gegenüber den anderen Insolvenzgläubigern eine privilegierte Rechtsposition, die er vorher nicht gehabt habe. Auch der in § 111i Abs. 3 StPO vorgesehene Auffangrechtserwerb des Staates rechtfertige im Insolvenzfall keine Aufrechterhaltung des dinglichen Arrestes. Die Gefahr eines Rückfalls von Vermögenswerten an den Täter bestehe ohnehin lediglich in dem äußerst selten vorkommenden Fall, dass das Vermögen des Insolvenzschuldners nicht vollständig zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger und zur Begleichung von Verfahrenskosten verwertet und verbraucht werde. Ein Auffangrechtserwerb des Staates im Insolvenzfall stünde auch der gesetzgeberischen Absicht entgegen, die Position der Straftatgeschädigten zu stärken. Würden die im Wege des dinglichen Arrestes sichergestellten Vermögenswerte nicht zur Masse gezogen, wovon auch die Tatgeschädigten, soweit sie ihre Ansprüche im Insolvenzverfahren verfolgten, profitieren würden, sondern würde dem Interesse des Staates am Auffangrechtserwerb hinsichtlich der gepfändeten Vermögenswerte der Vorrang gegenüber dem Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung aller Gläubiger im Insolvenzverfahren eingeräumt, würde dies gerade im Widerspruch zur gesetzgeberischen Intention der Stärkung des Opferschutzes stehen. Der Regelung des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO, wonach Nebenfolgen einer Straftat, die zu einer Geldzahlung verpflichten, zu denen auch Wertersatzverfallsansprüche gehörten, nachrangig zu befriedigen seien, könne, auch wenn diese Vorschrift bei pfandrechtlich gesicherten staatlichen Ansprüchen nicht eingreife, jedenfalls die gesetzgeberische Wertung entnommen werden, dass fiskalische Interessen hinter denjenigen der normalen Insolvenzgläubiger zurückträten. Die in einem früheren Gesetzesentwurf (BT-Drucks. 13/9742, S. 19) vorgesehene Insolvenzfestigkeit der Beschlagnahme sei in dem am 01.07.2007 in Kraft getretenen Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten bewusst nicht wieder aufgegriffen worden. Nach den in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Wertungen müssten somit im Spannungsverhältnis zwischen staatlichem Auffangrechtserwerb und Insolvenzrecht die zu Gunsten des Staates entstandenen Sicherungsrechte zurücktreten (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 15.03.2013 - 2 Ws 561/12, 2 Ws 590/12 - und Beschluss - vom 08.11.2013 - 2 Ws 508/13 - BeckRS 2013, 20113, mit dem die vorgenannte Entscheidung bestätigt wird).

Dieser Ansicht vermag der Senat sich jedoch nicht anzuschließen.

Er folgt vielmehr der vom 2. Strafsenats des Oberlandesgerichts Hamm in seinem Beschluss vom 20.06.2013 - 2 Ws 80/13 - (BeckRS 2013, 13110) und vom Kammergericht Berlin in seinem Beschluss vom 10.06.2013 - 2 Ws 190/13 - 141 AR 168/13 - (BeckRS 2013, 13933) vertretenen Auffassung, wonach der zur Rückgewinnungshilfe angeordnete und vollzogene strafprozessuale dingliche Arrest mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners nicht notwendig aufzuheben ist, wenn die Straftatgeschädigten vor der Eröffnung noch keine insolvenzfesten Pfandrechte erworben haben.

Zu berücksichtigen ist zu einem, dass bei einer solchen Fallgestaltung die Rückgewinnungshilfe durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Insolvenzschuldners nicht notwendig endgültig, sondern nur für die Dauer des Insolvenzverfahrens rechtlich unmöglich geworden ist. Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens, § 200 InsO, können die Insolvenzgläubiger, soweit sie nicht innerhalb des Insolvenzverfahrens befriedigt worden sind, ihre Forderungen - grundsätzlich wieder uneingeschränkt - geltend machen, § 201 Abs. 1 InsO (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 20.06.2013 - 2 Ws 80/13 - BeckRS 2013, 13110). Hierin liegt entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts Nürnberg in seinem Beschluss vom 08.11.2013 auch keine ungerechtfertigte Bevorzugung der Straftatgeschädigten im Verhältnis zu den übrigen Insolvenzgläubigern, sondern es handelt sich um die (weitere) Durchführung des gesetzlich vorgesehenen Instituts der Rückgewinnungshilfe, mit dem eine Privilegierung der Opferansprüche gerade beabsichtigt ist. Auch weist das Oberlandesgericht Hamm in dem vorgenannten Beschluss zutreffend darauf hin, dass nicht die Rede davon sein könne, dass die Aufrechterhaltung des Arrestes auch nach erfolgter Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners dem Zweck der Rückgewinnungshilfe, das vom Täter Erlangte möglichst umfassend an die Verletzten zurückfließen zu lassen, vereiteln würde. In diesem Falle würde den Straftatgeschädigten das arretierte Vermögen durch seine Hinzuziehung zur Insolvenzmasse zwar zugutekommen, es stünde ihnen aber nicht mehr exklusiv zur Verfügung, sondern unterläge zunächst gegebenenfalls dem Zugriff weiterer - vordem nachrangiger - Aussonderungsberechtigter und müsste sodann nach Abzug der Verfahrenskosten und sonstigen Masseverbindlichkeiten (§ 53 InsO) schließlich mit anderen Insolvenzgläubigern quotal geteilt werden. Es sei daher zu bezweifeln, ob die Rechtsposition der Straftatgeschädigten bei der Aufrechterhaltung des Arrestes in der Gesamtschau schlechter zu bewerten sei als bei einer Aufhebung des Arrestes.

Die Anordnung des dinglichen Arrestes verfolgt zum anderen nicht nur den Zweck der Durchführung der Rückgewinnungshilfe, sondern auch den Zweck der Sicherung des staatlichen Auffangrechtserwerbs gemäß § 111i Abs. 5 StPO (vgl. OLG Hamm, a. a. O.). Hiervon geht auch KG Berlin in seinem Beschluss vom 10.06.2013 - 2 Ws 190/13 - 141 AR 168/13 - (BeckRS 2013, 13933) aus, wonach im Rahmen einer Rückgewinnungsmaßnahme durch Arrestvollziehung erworbene Pfandrechte zugunsten des Staates nach der Gesetzesänderung im Jahre 2007 nicht nur reine "Platzhalter" für Vollstreckungsmaßnahmen der Straftatgeschädigten darstellten, sondern auch der Sicherung des staatlichen Auffangrechtserwerbs gemäß § 111i Abs. 3 bis 7 StPO dienten. Hierbei handele es sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2008, 1093 [BGH 07.02.2008 - 4 StR 502/07]) um einen durch Nichtgeltendmachung von Ansprüchen des Verletzten innerhalb der dreijährigen Frist aufschiebend bedingten Verfallsanspruch des Fiskus und damit um in eigenes sicherbares Recht des Staates.

Die Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24.10.2006 (BT-Drucks. 16/700) enthält keine Angaben dazu, ob und gegebenenfalls welche Auswirkungen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners auf vom Staat erworbene insolvenzfeste Pfändungspfandrechte hat.

Aus der Begründung (vgl. BT-Drucks. 16/700, Seite 14: "Der Vorschlag, Opferansprüche im Fall der Insolvenz des Täters mit einem umfassenden Schutz zu versehen, wurde dagegen nicht aufgegriffen."... "Danach steht der Vollstreckungserfolg des Verletzten, der - unbeschadet § 89 InsO - erfolgreich das Zulassungsverfahren nach § 111g Abs. 2 StPO betrieben hat, im Fall der Insolvenzeröffnung sowohl unter dem Vorbehalt der einmonatigen Rückschlagsperre des § 88 InsO als auch der Geltendmachung von Anfechtungsrechten nach § 130 InsO durch den Insolvenzverwalter") ergibt sich zwar, dass Forderungen der Verletzten im Insolvenzverfahren nicht in der Weise gegenüber den sonstigen Insolvenzgläubigern privilegiert sind, dass zu ihrer Durchsetzung erfolgte Vollstreckungsmaßnahmen nicht unter dem Vorbehalt der sogenannten Rückschlagsperre des § 88 InsO und der Geltendmachung von Anfechtungsrechten stünden oder sie vom Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 1 InsO nicht erfasst wären (so im Ergebnis auch OLG Hamm, a. a. O. und OLG Nürnberg, Beschluss vom 08.11.2013, a. a. O.). Daraus lässt sich aber nicht entnehmen, dass der Staat auch seine erworbenen insolvenzfesten Pfändungsrechte im Fall der Insolvenz des Arrestschuldners aufgeben müsse. Auch dass ein früherer Gesetzesentwurf nicht weiterverfolgt wurde, wonach die Wirkung der Beschlagnahme nicht dadurch berührt werden sollte, dass über das Vermögen des Betroffenen Konkurs eröffnet wurde (BT-Drucks. 13/9742, S. 19), kann ein gesetzgeberischer Wille hinsichtlich der Nachrangigkeit strafrechtlicher insolvenzfester Ansprüche nicht entnommen werden. Denn während die Beschlagnahme nur ein relatives Verfügungsverbot zu Gunsten des Verletzten bewirkt, die Insolvenzfestigkeit also durch Gesetz angeordnet werden müsste, begründet ein bereits durch Pfändung vollzogener dinglicher Arrest nach §§ 111d Abs. 2 StPO, 130 ZPO, 50 InsO ein eigenständiges Aussonderungsrecht in der Insolvenz (so zutreffend KG, a. a. O.).

Der Zwang zur Aufgabe der durch den Staat erworbenen Pfandrechte zugunsten der Insolvenzgläubiger lässt sich auch nicht aus § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO, wonach Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder und Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu der Geldzahlung verpflichten, nachrangig zu befriedigen sind, herleiten, und zwar schon deshalb nicht, weil die Regelung des Nachrangs gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO auf den strafprozessualen Arrest jedenfalls insoweit keine Anwendung findet, als staatliche Ansprüche bereits durch wirksame Pfändungen aufgrund dieses Arrestes gesichert worden sind (vgl. Ehricke, Münchener Kommentar, Insolvenzordnung, 3. Auflage, § 39 Rdn. 22; OLG Hamm, a. a. O.; KG, a. a. O.).

Auch aus dem mit der Rückgewinnungshilfe verfolgten Sinn und Zweck lässt sich ein Vorrang des Insolvenzverfahrens gegenüber den durch den Staat erworbenen Pfandrechten nicht herleiten.

In der Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung (BT-Drucks. 16/700, S. 14) wird ausgeführt, dass mit der Neufassung des § 111i StPO hinsichtlich einer wesentlichen Schwäche des geltenden Rechts Abhilfe geschaffen werde, die darin liege, dass teilweise sichergestellte Vermögenswerte an den Täter zurückgegeben werden müssten, wenn die Verletzten ihre Ansprüche nicht geltend machten, indem es in diesen Fällen künftig generell zu einem Auffangrechtserwerbs des Staates komme. Diesem Gesichtspunkt, der in der Begründung des Gesetzentwurfs als primärer Anlass für die angestrebte Änderung der Regelungen zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten angegeben wird, misst der Gesetzgeber ersichtlich eine erhebliche Bedeutung zu, wobei aber nicht etwa, wie das Oberlandesgericht Nürnberg noch in seinem Beschluss vom 15.03.2013 ( - 2 Ws 561/12, 2 Ws 590/12 -, zitiert nach [...]) angenommen hatte, mit der Neufassung des § 111i StPO nur die Erzielung von Einkünften durch den Staat angestrebt wird. Vielmehr soll der Auffangrechtserwerb des Staates nach der Begründung des Gesetzentwurfes (vgl. BT-Drucks. 16/700, S. 8) der Straftatenprävention dienen, indem auf diese Weise verhindert werden soll, dass "Verbrechen sich lohnt" (ebenso zutreffend KG, a. a. O.).

Dieses mit der Änderung des § 111i StPO angestrebte Ziel erfordert vielmehr nach der Auffassung des Senats eine Aufrechterhaltung des dinglichen Arrests und der im Rahmen der Arrestvollziehung erworbenen Pfandrechte des Staates, um sicherzustellen, dass das aus einer Straftat und damit kriminell erlangte Vermögen nicht wieder an den Täter zurückfließt, und zwar nicht nur für die in der Begründung zum Gesetzentwurf (vgl. BT-Drucks. 16/700, S. 8) erwähnten Fälle des Massenbetruges mit im Einzelfall relativ geringen Einzelschäden, bei denen die Geschädigten nicht selten auf eine Verfolgung ihrer Ansprüche verzichten, sondern grundsätzlich in allen Fällen, da mit der der Eröffnung des Insolvenzverfahrens jedenfalls rechtlich nicht sichergestellt ist, dass zuvor arretiertes und mit der Aufhebung des Arrests zu der Insolvenzmasse fließendes Vermögen nicht an den Täter zurückgelangt, vielmehr gemäß § 199 InsO ein bei der Schlussverteilung verbleibender Überschuss an den Insolvenzschuldner auszukehren wäre (so zutreffend OLG Hamm, a. a. O.). Der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm merkt außerdem in seinem Beschluss vom 20.06.2013 ( a. a. O.) zu Recht an, dass es einen erheblichen Manipulationsanreiz darstellen würde, wenn die Aufhebung des vollzogenen strafrechtlichen Arrestes ohne weiteres durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Täters erreicht werden könnte. Auch in der Literatur wird zutreffend auf taktische Möglichkeiten des Täters in Bezug auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen oder das seiner Gesellschaft zum Zwecke der Vermeidung eines staatlichen Zugriffs hierauf sowie darauf hingewiesen, dass gerade auch bei größeren Betrugsfällen die Insolvenz der darin verwickelten Firmen eher die Regelsituation darstelle und es eine erhebliche Schwächung des Instrumentariums der §§ 111c ff. StPO, wenn nicht sogar ihr faktisches Ende bedeuten würde, wenn Maßnahmen nach diesen Vorschriften mit der Insolvenzeröffnung grundsätzlich der Aufhebung unterlägen (vgl. Köllner NZI 2013, 560).

Die Aufhebung des dinglichen Arrests in das Vermögen der J GmbH hält daher einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand.

Der Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 05.03.2013 war allerdings nicht vollständig aufzuheben, soweit mit ihm die Aufhebung des durch Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom 22.06.2011 (64 Gs 1877/11) angeordneten dinglichen Arrests in das Vermögen der J GmbH erfolgt ist, sondern mit Rücksicht darauf, dass der Wert der Lackieranlage nach den Feststellungen des Urteils des Landgerichts Dortmund vom 05.03.2013 mit 500.000 € anzusetzen ist und der Wert der an die J GmbH verschobenen Reifen lediglich 1.583.727,55 € beträgt, nur insoweit, als mit dem Beschluss vom 22.06.2011 der dingliche Arrest in das Vermögen der J GmbH Höhe von i.H.v. 2.273.727,55 € angeordnet worden war, so dass der dingliche Arrest in dieser Höhe wieder besteht.

Im Übrigen war die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

Die Voraussetzungen für den dinglichen Arrest gemäß dem Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom 22.06.2011 liegen weiterhin vor. Das Verfahren ist noch nicht vollständig rechtskräftig abgeschlossen worden. Nach dem bisherigen Sachstand, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass durch Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.03.2013 der Angeklagte I wegen der Lieferung von Reifen der G an die J GmbH im Werte von 1.583.727,55 €, ohne dass diese der J GmbH in Rechnung gestellt worden sind (Fall V.2. der Urteilsgründe), und wegen der Tat betreffend den Ankauf der Lackieranlage durch die G GmbH von der LAG zwecks Verwendung der Kaufpreiszahlung zur Erfüllung der aus dem gegen ihn eingeleiteten Steuerstraftaten resultierenden Zahlungsverpflichtungen (Fall V.3. der Urteilsgründe) jeweils wegen Untreue zum Nachteil der G verurteilt worden ist, liegen dringende Gründe für die Annahme vor, dass die Anordnung des Verfalls von Wertersatz gemäß §§ 73 Absatz 1 Satz 1, Absatz 3, 73a S. 1 Alt. 2 StGB nur deshalb unterblieben ist und auch unterbleiben wird, weil Ansprüche der G GmbH als Verletzte im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB bestehen.

Die Voraussetzungen des Verfalls von Wertersatz gegen Drittbegünstigte gemäß §§ 73 Abs. 3, 73a StGB liegen auch hinsichtlich des der J GmbH zugeflossenen Kaufpreises für die Lackieranlage vor, und zwar in Höhe von zumindest 690.000 € (gezahlter Kaufpreis i.H.v. 1.190.000 € abzüglich des Wertes der Lackieranlage von 500.000 €).

Insbesondere fehlt es insoweit nicht an dem erforderlichen Bereicherungszusammenhang.

Nach § 73 Abs. 3 StGB kann der Verfall oder der Verfall von Wertersatz nach § 73a StGB auch gegen einen Dritten angeordnet werden, wenn der Täter oder Teilnehmer für einen anderen gehandelt hat und dieser dadurch etwas erlangt hat.

Handeln "für einen anderen" verlangt zwar keinen echten oder gar offenen, nach außen erkennbaren Vertretungsfall, aber der Handelnde muss bei oder jedenfalls im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Tat auch - und sei es nur faktisch - im Interesse des Dritten gehandelt haben.

In Fällen, in denen der erlangte Gegenstand nicht im Rahmen der Tat selbst, sondern erst durch vermittelnde Rechtsgeschäfte zu dem Dritten gelangt, bedarf es für die Zurechnung aber jedenfalls eines Bereicherungszusammenhangs zwischen der Tat und dem Eintritt des Vorteils bei dem Dritten. Ein solcher Bereicherungszusammenhang besteht insbesondere in Vertretungsfällen, in denen er sich durch das (betriebliche) Zurechnungsverhältnis ergibt. Dazu gehört insbesondere das Handeln als Organ, Vertreter oder Beauftragter im Sinne des § 14 StGB, aber auch das Handeln von Angehörigen einer Organisation, die im Organisationsinteresse tätig werden. Darüber hinaus ist ein Bereicherungszusammenhang auch in Verschiebungsfällen gegeben, bei denen der Täter dem Dritten die Tatvorteile unentgeltlich oder aufgrund eines bemakelten Rechtsgeschäfts zukommen lässt, um sie dem Zugriff des Gläubigers zu entziehen oder um die Tat zu verschleiern. Dabei steht der Annahme des Bereicherungszusammenhangs nicht entgegen, dass der Täter in solchen Fällen regelmäßig die Vermögensverschiebung primär im eigenen Interesse und allenfalls faktisch (auch) im Interesse des Dritten begeht (vgl. BGH, Urteil vom 03.12.2013 - 1 StR 53/13 - m.w.N.).

In den Arrestbeschluss des Amtsgerichts Bochum vom 22.06.2101 wird zu Recht von einem kombinierten Vertretungs- und Verschiebungsfall ausgegangen.

Der Angeklagte I hat bei dem Verkauf der Lackieranlage zu einem um 690.000 € überteuerten Kaufpreis an die G als Geschäftsführer der zuletzt genannten Gesellschaft zu deren Nachteil und gleichzeitig als Geschäftsführer der Komplementärin der LAG für diese gehandelt, wodurch die LAG von der G entsprechend dem Plan des Angeklagten I durch dessen Tat zu Lasten der G zumindest den den tatsächlichen Wert der Lackieranlage übersteigenden Betrag von 690.000 € erlangt hatte. Bei der Weiterleitung der 1.190.000 € auf das Konto der J GmbH mittels einer Zwischenüberweisung auf ein Konto des Mitangeklagten I1 handelte sich es um einen sogenannten Verschiebungsfall. Denn das Darlehen über 1.190.000,00 € wurde der J GmbH, der die inkriminierte Herkunft des Geldes aufgrund der entsprechenden Kenntnis ihres Geschäftsführers I1 bekannt war, ohne feststellbare Gegenleistung gewährt - nach den Feststellungen des Urteils des Landgerichts Dortmund vom 05.03.2013 hatte die J GmbH für das Darlehen keine Sicherheit zu leisten gehabt und sahen die vereinbarten Rückzahlungstermine lediglich eine ratenweise Zurückzahlung der Darlehenssumme ohne Zinsen vor - und diente ersichtlich dazu, den vorgenannten Geldbetrag dem Zugriff der G zu entziehen, die begangene Straftat zu verschleiern und seine Verwendung zu dem von dem Angeklagten I vorgesehenen Zweck zu sichern.

Ob der im Beschluss des Amtsgerichts Bochum angenommene Arrestgrund weiterhin Bestand hat, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Da im derzeitigen Verfahrensstadium die Aufrechterhaltung des dinglichen Arrestes vornehmlich der Sicherung des staatlichen Auffangrechtserwerbs dient und das Verfahren durch das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 05.03.2013 bis auf die unterbliebene Entscheidung gemäß § 111i Abs. 2 StPO zum Nachteil der J GmbH rechtskräftig geworden ist, gilt nach Auffassung des Senats § 111i Abs. 3 S. 4 StPO entsprechend, mit der Folge, dass § 917 ZPO keine Anwendung mehr findet und es daher der Feststellung eines Arrestgrundes nicht mehr bedarf.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 473 Abs. 2 StPO. Da das Unterliegen der Beschwerdeführerin nur als gering zu werten ist, bestand für eine Anwendung des § 473 Abs. 4 StPO kein Anlass.


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