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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 Vollz (Ws) 358/15 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Die Begründung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach § 109 StVollzG muss eine aus sich heraus verständliche Darstellung dessen enthalten, welche Maßnahme der Vollzugsbehörde der Betroffene beanstandet oder begehrt; diese Darstellung muss erkennen lassen, inwiefern er sich durch die gerügte Maßnahme oder die Ablehnung oder Unterlassung ihrer Vornahme in seinen Rechten verletzt fühlt.
2. Hat ein Betroffener in einem früheren Verfahren lediglich einen Antrag auf Aufhebung der angefochtenen ablehnenden Entscheidung der Vollzugsanstalt und auf Neubescheidung seines Verpflichtungsbegehrens gestellt, so steht die Rechtskraft der in dem früheren Verfahren ergangenen gerichtlichen Entscheidung einem neuen Verpflichtungsantrag auf gerichtliche Entscheidung, mit dem nunmehr der Erlass der begehrten Maßnahme beantragt wird, entgegen.
3. Nach §§ 120 Abs. 1 S. 1 StVollzG; 172 VwGO sind nunmehr bestimmte gerichtliche Entscheidungen im Verfahren nach §§ 109 ff. StVollzG vollstreckbar. Ein Vornahmeantrag zu ihrer Durchsetzung, wie er nach früherem Recht (vgl. Senatsbeschluss vom 05.03.2013 – III - 1 Vollz(Ws) 710/12) für zulässig erachtet wurde, ist nicht mehr zulässig.


Senat: 1

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Begründungsanforderungen, Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Rechtsschutzinteresse, Verpflichtungsantrag, Vollstreckung

Normen: StVollzG 109; StVollzG 121

Beschluss:

In pp.
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgericht Hamm am 03.09.2015 beschlossen:
1. Dem Betroffenen wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren Rechtsanwalt X beigeordnet (Entscheidung des Senatsvorsitzenden gem. §§ 109 Abs. 3, 110 StVollzG).
2. Die Rechtsbeschwerde wird als unzulässig verworfen.
Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.

Gründe
I.
Der Betroffene befindet sich im Vollzug der Sicherungsverwahrung.

Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 12.03.2015 hat der Betroffene beantragt:

„Die Justizvollzugsanstalt B, vertreten durch die Anstaltsleiterin, wird verpflichtet, dem Antragsteller Ausgang zu gewähren;

hilfsweise:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Neubescheidung gemäß Beschluss des Landgerichts Aachen vom 19.11.2014 – 33a StVK 762/14, ihr zugestellt am 11.12.2014, vorzunehmen.“

Zur Begründung wird ausgeführt, dass wegen der Ablehnung der Anträge auf Ausgang (wie sich aus der weiteren Begründung ergibt, ist die Formulierung „Ausführung“ irrtümlich erfolgt) bereits ein Gerichtsverfahren geführt worden sei. In diesem sei die ablehnende Entscheidung der Antragsgegnerin aufgehoben und diese zur Neubescheidung verpflichtet worden. Weiter heißt es in der Begründung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung: „Nachdem die Antragsgegnerin auch drei Monate nach der gerichtlichen Entscheidung eine Neubescheidung nicht vorgenommen hat, war nunmehr Vornahmeantrag nach § 113 StVollzG zu stellen“. Der Betroffene beruft sich dann auf den Senatsbeschluss vom 05.03.2013 – 1 Vollz(Ws) 710/12.

Mit der angefochtenen Entscheidung hat die Strafvollstreckungskammer den Hauptantrag des Betroffenen zurückgewiesen, dem Hilfsantrag aber stattgegeben.

Mit der Rechtsbeschwerde wendet sich der Betroffene gegen die Ablehnung seines Hauptantrages – der Sache nach – mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Außerdem meint er, dass mit der bloßen erneuten Wiederholung der bereits früheren Entscheidung (die auf ebenfalls auf Neubescheidung lautete), würde sein Rechtsschutz leer laufen.

Gleichzeitig begehrt er die Beiordnung eines Rechtsanwalts.

Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hält die Rechtsbeschwerde in Ermangelung eines Zulassungsgrundes für unzulässig.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

Es fehlt bereits an der vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu beachtenden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 04,09.2014 – III- 1 Vollz(Ws) 227/14 und vom 16.06.2015 – III – 1 Vollz(Ws) 250/15 – juris; KG Berlin, Beschl. v. 02.06.2015 – 2 Ws 115/15 Vollz) Verfahrensvoraussetzung eines zulässigen Antrages auf gerichtliche Entscheidung.

Soweit der Betroffene mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 31.08.2015 im Hinblick auf den Hinweis des Berichterstatters, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wegen der inzwischen bestehenden Vollstreckungsmöglichkeit nach §§ 120 Abs. 1 StVollzG, 172 VwGO mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig sein könnte, ausführt, der nunmehr gestellte Antrag gehe über den in dem früheren Verfahren 33a StVK 762/14 gestellten Antrag hinaus, weil er nunmehr den Ausgang begehre, während er seinerzeit lediglich eine Neubescheidung begehrt habe, ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung unzulässig, weil er dann nicht den Begründungsanforderungen des § 109 Abs. 2 StVollzG entspricht. Die Begründung des Antrags muss eine aus sich heraus verständliche Darstellung dessen enthalten, welche Maßnahme der Vollzugsbehörde der Betroffene beanstandet oder begehrt; diese Darstellung muss erkennen lassen, inwiefern er sich durch die gerügte Maßnahme oder die Ablehnung oder Unterlassung ihrer Vornahme in seinen Rechten verletzt fühlt (KG Berlin, Beschl. v. 18.05.2009 – 2 Ws 8/09 = BeckRS 2009, 25385; OLG Celle NStZ 1989, 295 f.). Das ist hier schon fraglich, da der Antrag nur von „Ausgang“ gewähren spricht, in der Begründung aber von mehreren bereits abgelehnten Anträgen die Rede ist. Letztlich bleibt unklar, wie viele Ausgänge wann bzw. in welchem Zeitraum und zu welchem Zweck (§§ 53 f. SVVollzG NW sehen insoweit unterschiedliche Typen von Ausgängen vor) begehrt werden. Auch bleibt dann unklar, ob es sich bei dem nunmehr begehrten Ausgang bzw. den nunmehr begehrten Ausgängen um andere Ausgänge handelt, als diejenigen, um die es in dem früheren Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer ging.

Ginge es dem Betroffenen lediglich um die Gewährung von Ausgang/Ausgängen, welche bereits Gegenstand des früheren Verfahrens waren, so stünde diesem Begehren zudem die Rechtskraft der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 19.11.2014 entgegen. Denn über die Frage, ob die Ablehnung der begehrten Maßnahme rechtswidrig war und der Betroffene hierdurch in seinen Rechten verletzt wurde (§ 115 Abs. 4 StVollzG) ist darin rechtskräftig entschieden worden. Über diese Frage müsste hingegen die Strafvollstreckungskammer bei dem nunmehr gestellten Hauptantrag erneut entscheiden. Es steht zwar in der Dispositionsbefugnis des Betroffenen, seinen Verpflichtungsantrag auf das Begehren einer Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffasssung des Gerichts zu beschränken, um so – insbesondere bei Ermessensentscheidungen und fehlender Spruchreife – einer Teilabweisung seines Antrages zu entgehen (vgl. zur entsprechenden Problematik im Verwaltungsprozessrecht: Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 42 Rdn. 8). Tut er dies – und beantragt nicht etwa den Erlass der begehrten Maßnahme selbst -, so kann er dann aber nicht bei einem unerwünschten Verfahrensausgang ein erneutes Verfahren mit dem weitergehenden Klageantrag anstrengen. Wollte man ein solches Vorgehen zulassen, bürge dies auch die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen, etwa, wenn die Strafvollstreckungskammer die begehrte Maßnahme anordnet, die Strafvollzugsanstalt, welche aufgrund der vorangegangenen Entscheidung der Strafvollstreckungskammer aber weiterhin zur Neubescheidung verpflichtet bleibt, diese aber erneut ablehnt.

Sofern es dem Betroffenen hingegen um die Durchsetzung des Neubescheidungsgebots aus dem Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 19.11.2014 geht, fehlt ihm hierfür ein Rechtsschutzinteresse. Das Rechtsschutzinteresse fehlt u.a. dann, wenn es einfachere und effektivere Möglichkeiten zur Realisierung des Rechtsschutzes gibt (vgl. insoweit Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., Vorb § 40 Rdn. 48). So ist es hier.

Der Betroffene hat im Antrag auf gerichtliche Entscheidung ausgeführt, dass wegen der Untätigkeit der Justizvollzugsanstalt der Vornahmeantrag zu stellen sei und – weil diese die vorangegangene gerichtliche Entscheidung missachte – das Gericht an ihrer Stelle zu entscheiden habe. Er bezieht sich in diesem Zusammenhang auf den Senatsbeschluss vom 05.03.2013 – III - 1 Vollz(Ws) 710/12 -, in der Senat dies für den Fall, dass sich das Ermessen der Anstalt auf Null reduziert habe, ausgeführt hat. Mit der Einführung von § 120 Abs. 1 S. 1 StVollzG zum 01.06.2013 hat sich die Rechtslage hingegen geändert. Nach §§ 120 Abs. 1 S. 1 StVollzG; 172 VwGO sind nunmehr gerichtliche Entscheidungen vollstreckbar. Der Gesetzgeber wollte damit den Rechtsschutz des Betroffenen effektiver machen (BT-Drs. 17/9874 S. 34). Damit steht dem Betroffenen ein einfacherer Weg zur Durchsetzung seiner Rechte zur Verfügung als mit dem erneuten Vornahmeantrag. Die Möglichkeit, zur Durchsetzung eines Erkenntnisses der Strafvollstreckungskammer den Weg eines Vornahme-antrages nach § 113 StVollzG zu beschreiten, war von der früheren Rechtsprechung gerade wegen der fehlenden gesetzlichen Vollstreckungsmöglichkeit geschaffen worden, um dem Gebot eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen (vgl. OLG Hamm a.a.O.). Dieser Hilfskonstruktion der Durchführung eines weiteren Klageverfahrens um dem Ergebnis eines früheren Klageverfahrens Geltung zu verschaffen, welche sonst dem Prozessrecht fremd ist, bedarf es aber nunmehr nach Schaffung der Vollstreckungsmöglichkeit nicht mehr.

Die Formulierung in der Gesetzesbegründung, dass der Betroffene künftig „nicht mehr nur“ auf Rechtsbehelfe wie Dienstaufsichtsbeschwerde, Petition oder Vornahmeantrag verwiesen sei (BT-Drs. 17/9874 S. 34), könnte zwar zunächst darauf hindeuten, dass der Gesetzgeber lediglich ein weiteres Mittel zur Durchsetzung strafvollzugsrechtlicher Erkenntnisse schaffen wollte. Die weitere Formulierung, dass „hierfür zukünftig“ auf § 172 VwGO verwiesen werde, spricht jedoch ebenso dagegen, wie die Systemfremdheit einer weiterbestehenden Möglichkeit der Anstrengung von Erkenntnisverfahren zur Durchsetzung früherer gerichtlicher Anordnungen neben einem bestehenden Vollstreckungsverfahren.

Dass dem Betroffenen die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Beschlusses vom 19.11.2014 unter Hinweis auf den o.g. Senatsbeschluss, der allerdings vor der Rechtsänderung ergangen ist, verweigert und er mit Schreiben der Strafvollstreckungskammer vom 09.01.2015 auf den Weg einer Vornahmeklage verwiesen wurde, ändert daran nichts. Der Betroffene hätte die Festsetzung eines Zwangsgeldes beantragen und gegen dessen etwaige Ablehnung mit der Beschwerde nach §§ 120 Abs. 1 S. 2 StVollzG, 304 ff. StPO vorgehen müssen. Fehlende Kenntnis der geltenden Rechtslage auf Seiten der Strafvollstreckungskammer bzw. des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen ändert nichts an dem objektiven Fehlen eines Rechtsschutzinteresses.

III.
Wegen des unzutreffenden Hinweises im o.g. Schreiben der Strafvollstreckungs-kammer vom 09.01.2015 auf die Möglichkeit der Erhebung einer Vornahmeklage hat der Senat gem. § 21 Abs. 1 GKG von der Erhebung von Kosten für das Rechtsbe-schwerdeverfahren abgesehen.



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