Aktenzeichen: 3 Ws 379/15 OLG Hamm |
Leitsatz: 1. Die bloße Benennung eines Zeugen ohne weitere Ausführungen reicht allein als Mittel der Glaubhaftmachung nicht aus. 2. Der pauschale Vortrag des Beschwerdeführers, er habe zum Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Beschlusses am Zustellungsort keine Wohnung mehr inne gehabt, reicht zur Entkräftung der Indizwirkung der Zustellungsurkunde dafür, dass der Zustellungsadressat unter der Zustellungsanschrift tatsächlich wohnt, nicht aus. |
Senat: 3 |
Gegenstand: Beschwerde |
Stichworte: Wiedereinsetzung, Glaubhaftmachtung, Benennung Zeuge, Ersatzzustellung, Beweiskraft, Zustellungsurkunde |
Normen: StPO 44, StPO 45 |
Beschluss: Strafsache In pp. hat der 3. Strafsenat des OLG Hamm am 12.11.2015 beschlossen: Der Antrag auf Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde und die sofortige Beschwerde werden auf Kosten des Verurteilten (§ 473 Abs. 1 StPO) als unzulässig verworfen. Gründe: I. Der Beschwerdeführer ist durch Urteil des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 2. Dezember 2008 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen sowie wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Durch Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom 18. Oktober 2012 wurde die Vollstreckung des Restdrittels der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Durch den angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer die Reststrafaussetzung zur Bewährung widerrufen, weil der Verurteilte der ihm erteilten Weisung, bis zum 31. März 2015 ein Drogenscreening durchzuführen und einen entsprechenden Nachweis vorzulegen, nicht nachgekommen ist und dadurch Anlass zu der Besorgnis gegeben hat, dass er erneut Straftaten begehen wird. Gegen diesen ihm am 8. August 2015 zugestellten Beschluss wendet sich der Beschwerdeführer durch seinen Verteidiger mit seiner unter dem 2. September 2015 eingelegten sofortigen Beschwerde, mit der zugleich unter näheren Ausführungen die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde beantragt worden ist. Im Rahmen der Gewährung rechtlichen Gehörs hat der Verteidiger mehrfach Fristverlängerungen beantragt, der Senat hat in Folge sechs Wochen bis zu seiner Entscheidung zugewartet. II. Der Antrag auf Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde ist bereits unzulässig, weil er entgegen den Erfordernissen gem. §§ 44, 45 Abs. 1 u. Abs. 2 StPO keine Umstände darlegt, aus denen sich ein mangelndes Verschulden des Verurteilten an der Einhaltung der einwöchigen Rechtsmittelfrist ergibt. Trotz mehrfacher Fristverlängerung mangelt es an der erforderlichen Glaubhaftmachung der Tatsachen zur Begründung des fehlenden Eigenverschuldens. Eine Glaubhaftmachung ist auch nicht ausnahmsweise wegen Offenkundigkeit entbehrlich. Soweit der Beschwerdeführer durch Schreiben seines Verteidigers vom 2. September 2015 eine Zeugin für die Tatsache benannt hat, dass er zum Zeitpunkt der Zustellung an der Zustelladresse nicht mehr wohnhaft gewesen sei, reicht dies als Mittel der Glaubhaftmachung nicht aus. In Betracht kommen zur Glaubhaftmachung grundsätzlich alle Mittel, die geeignet sind, die Wahrscheinlichkeit des Vorbringens darzutun, etwa die eidesstattliche Versicherung von Zeugen (Meyer-Goßner/Schmitt, 58. Aufl., § 45 Rdnr. 8). Die bloße Benennung eines Zeugen ohne weitere Ausführungen wie vorliegend erfolgt reicht dagegen allein nicht aus (vgl. BGH, Beschluss vom 05. August 2010 3 StR 269/10 , juris). Der neuerliche zweiwöchige Fristverlängerungsantrag des Verteidigers vom 10. November 2015, der lediglich Absichtsbekundungen enthält, lag vor. Ein weiteres Zuwarten mit der Entscheidung war nach dem Verstreichen von sechs Wochen mit Blick auf die fehlende Glaubhaftmachung nicht mehr geboten. III. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten, die nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 8. August 2015 bis zum 17. August 2015 bei dem Landgericht Bielefeld hätte eingehen müssen, ist tatsächlich dort erst am 2. September 2015 und damit deutlich verspätet eingegangen. Die sofortige Beschwerde war daher ebenfalls als unzulässig zu verwerfen. Die Beschwerdefrist ist durch die gemäß §§ 37 Abs. 1 StPO, 180 ZPO bewirkte Ersatzzustellung des angefochtenen Beschlusses wirksam in Lauf gesetzt worden. Eine Ersatzzustellung kann wirksam dann erfolgen, wenn der Adressat der zuzustellenden Sendung die Wohnung, in welcher der Zustellversuch unternommen wird, auch tatsächlich inne hat. Vor diesem Hintergrund hat sich das Gericht über den Zugang des Schriftstückes zu vergewissern (OLG Düsseldorf, MDR 1998, 1499; OLG Karlsruhe, VRS 115, 196). Insoweit ist der pauschale Vortrag des Beschwerdeführers, er habe zum Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Beschlusses am Zustellungsort keine Wohnung mehr inne gehabt, unzureichend. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NStZ-RR 1997, 70) darf sich das Gericht im Allgemeinen auf den Nachweis der förmlichen Zustellung verlassen, denn die gemäß § 182 ZPO aufgenommene Zustellungsurkunde begründet nach § 418 ZPO den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen. Zwar erstreckt sich die Beweiskraft der Zustellungsurkunde nicht auch darauf, dass der Zustellungsadressat unter der Zustellungsanschrift tatsächlich wohnt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 1992 AnwZ (B) 53/91 -, juris). Dennoch kann das Gericht aufgrund der Beurkundung der Ersatzzustellung im Regelfall solange davon ausgehen, dass der Zustellungsempfänger dort wohnt, soweit dieser die Indizwirkung nicht durch eine plausible und schlüssige Darstellung entkräftet, wozu die schlichte Behauptung, unter der Zustellungsanschrift nicht zu wohnen, nicht genügt (vgl. BGH Beschluss vom 17. Februar 1992 AnwZ (B) 53/91, a.a.O.). An dieser Rechtslage hat sich auch durch die Postreform nichts geändert (vgl. BGH Beschluss vom 19. März 1998 IX ZR 210/97, NJW 1998, 1716). Unter Beachtung dieser Grundsätze ist das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet, die Indizwirkung der Zustellungsurkunde auszuräumen. Dem Beschwerdeführer war bewusst, dass er mit Zustellungen im Rahmen der gegen ihn geführten Bewährungsaufsicht rechnen musste. Er selbst hat die Adresse, an die der Widerrufsbeschluss versandt wurde, am 3. Februar 2015 im Rahmen eines Anhörungstermins bekannt gegeben. Eine Änderungsmitteilung ist durch ihn im Nachgang zu keiner Zeit erfolgt, obwohl er gemäß Ziffer 5 des Bewährungsbeschlusses vom 18. Oktober 2015 verpflichtet war, jeden Wohnungswechsel umgehend mitzuteilen. Hierüber ist der Beschwerdeführer ausdrücklich belehrt worden, das von ihm insoweit unterschriebene Belehrungsprotokoll findet sich auf Bl. 17, 18 des Bewährungsheftes. Es oblag mithin ihm, für einen ordnungsgemäßen Zugang der an ihn gerichteten Post Sorge zu tragen. Diesem Erfordernis ist der Beschwerdeführer bis zum heutigen Tag nicht nachgekommen, da er lediglich über seinen Verteidiger mitteilen lässt, er lebe nun in M. Dies war jedoch bereits gerichtsbekannt, eine vermeintlich neue zustellungsfähige Anschrift teilt der Beschwerdeführer geflissentlich nicht mit. Vor diesem Hintergrund ist von einer wirksamen Ersatzzustellung auszugehen, so dass die Beschwerdefrist bei Eingang des Beschwerdeschriftsatzes bereits abgelaufen war. |
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