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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 VAs 41/03 OLG Hamm

Leitsatz: Die Entscheidung der Vollzugsbehörde, ob einem Strafgefangenen Lockerungen zu gewähren sind, liegt in ihrem pflichtgemäßen Ermessen.

Senat: 1

Gegenstand: Justizverwaltungssache

Stichworte: Vollzugslockerungen; Auseinandersetzung mit der Tat, Entscheidung; Ermessen

Normen: StVollzG 2; StVollzG 3

Beschluss:

Justizverwaltungssache
betreffend M.A.
wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Justizbehörden, (hier: Ablehnung von Vollzugslockerungen).

Auf den Antrag des Betroffenen vom 11. Juli 2003 auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG gegen den Bescheid des Leiters der Justizvollzugsanstalt Herford vom12. Mai 2003 in Form des Beschwerdebescheids des Präsidenten des Landesjustizvollzugsamtes Nordrhein-Westfalen vom 13. Juni 2003 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 09. 09. 2003 durch den Richter am Oberlandesgericht , die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung des Präsidenten des Landesjustizvollzugsamtes Nordrhein-Westfalen beschlossen:

Der Antrag wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.

Der Geschäftswert wird auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe:
Der Betroffene ist durch Urteil des Jugendschöffengerichts Ahaus vom 25. Februar 2002 wegen (gemeinschaftlichen) schweren Raubes zu einer Jugendstrafe von drei Jahren sechs Monaten verurteilt worden. Diese Strafe verbüßt er seit dem 7. Juni 2002, das Strafende ist auf den 26. März 2005 berechnet. Mit Schreiben seines Verteidigers vom 17. April 2003 hat der Betroffene beantragt, ihm Vollzugslockerun¬gen zu gewähren. Diesen Antrag hat der Leiter der Justizvollzugsanstalt mit Be¬scheid vom 12. Mai 2003 zurückgewiesen und dies wie folgt begründet:

„Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt K.,

bezugnehmend auf ihr o.g. Schreiben teilte ich mit, dass nach gründlicher und sehr ausführlicher Prüfung der Urlaubsantrag Ihres Mandanten bereits am 10.04.03 im Rahmen einer Vollzugskonferenz abgelehnt wurde.
Es heißt in der Begründung: „Angesichts seiner Vorbelastung (Körperverlet¬zung u.a.) und seiner Auffälligkeit in der U-Haft lässt die fehlende Bereitschaft des Gefangenen über den Tathergang und die Umstände der Tat zu sprechen (er streitet die Tatbegehung ab) den Ausschluss eines Missbrauchsrisikos im Hinblick auf gewaltdelinquentes Verhalten nicht mit erforderlicher Sicherheit zu.“
Diese Begründung wurde dem Gefangenen am 14.04.03 gegen Unterschrift eröffnet. Ich weise darauf hin, dass sowohl der zuständige Sozialarbeiter wie auch die zuständige Psychologin im Rahmen sehr ausführlicher Gespräche - leider vergeblich -, versucht haben, den Gefangenen zu einer Änderung seiner Haltung zu bewegen.

Unter Umständen ist es Ihnen möglich, Ihren Mandanten in seinem eigenen Interesse zu einer Veränderung seiner Haltung zu bewegen!
Ich bedauere, Ihnen keinen günstigeren Bescheid mitteilen zu können.“

Der Betroffene hat diese Entscheidung des Leiters der Justizvollzugsanstalt Herford in zulässiger Weise mit der Beschwerde angefochten. Diese hat der Präsident des Landesjustizvollzugsamtes Nordrhein-Westfalen mit Bescheid vom 16. Juni 2003 zurückgewiesen. Dessen Begründung lautet:

„Der Leiter der JVA Herford hat Ihren Antrag auf Gewährung von Vollzugs¬lockerungen mit Schreiben vom 12.05.2003 mit folgender Begründung ab¬gelehnt und führt hierzu wie folgt aus:

„Der Jugendstrafgefangene M.A. verbüßt aus einem Urteil des AG Ahaus vom 25.02.2002 eine Jugendstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes. A. hat in der hiesigen Voll¬zugseinrichtung im Rahmen der Vorbereitung möglicher Lockerungen Ge¬spräche mit dem zuständigen Betreuer und der Psychologin geführt. Aller¬dings fehlt bei dem Gefangenen die Bereitschaft, über die von ihm begangene Tat zu sprechen. Er bestreitet, die Tat überhaupt begangen zu haben. Somit können weder Tatdynamik noch die zur Tatbegehung führenden aggressiven Persönlichkeitsanteile aufgearbeitet werden. Angesichts der Vorbelastung des Gefangenen und der fehlenden Bereitschaft, die Straftat zuzugeben und über die Umstände der Tat zu sprechen, kann der Ausschluss eines Missbrauchsri¬sikos im Hinblick auf weiteres gewalttätiges Verhalten nicht mit der erforderli¬chen Sicherheit festgestellt werden.“

Die Entscheidung des Leiters der Justizvollzugsanstalt Herford vom 12. Mai 2003 auf Versagung von Vollzugslockerungen für Ihren Mandanten M.A. ist sachgerecht und nicht zu beanstanden.“

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff. EGGVG. Er ist der Auffassung, die Versagung von Vollzugslockerungen sei ermessensfehlerhaft und verletze ihn somit in seinen Rechten. Anders als bei den Statusentscheidungen der Straf- oder Vollstreckungsge¬richte bleibe bei den Gestaltungsentscheidungen der Vollzugsbehörden kein Raum für die über die Grundsätze der §§ 2 und 3 StVollzG hinausgehenden allgemeinen Strafzwecke wie etwa Vergeltung und Sühne, Schwere der Schuld, Schuldausgleich oder Verteidigung der Rechtsordnung. Darauf, dass der Betroffene während des ge¬samten Erkenntnisverfahrens geschwiegen habe und auch heute nicht bereit sei, über die abgeurteilte Tat zu sprechen bzw. die Tatbegehung leugne, könne die Ver¬sagung von Hafturlaub und anderer Lockerungen nicht gestützt werden.

Der Antrag ist gemäß §§ 23 ff. EGGVG zulässig, aber nicht begründet.

Die angefochtene Entscheidung unterliegt nicht uneingeschränkt der gerichtlichen Nachprüfung. Die Entscheidung der Vollzugsbehörde, ob einem Strafgefangenen Lockerungen zu gewähren sind, liegt in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Die Über¬prüfung des Senats erstreckt sich deshalb gemäß § 28 Abs. 3 EGGVG allein darauf, ob bei der Ermessensentscheidung rechtsfehlerfrei verfahren wurde, ob also die Vollzugsbehörde von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, ob sie die Grenzen des Ermessens eingehalten hat und von ihm in einer dem Zweck der Er¬mächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Diese eingeschränkte Überprüfung ergibt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Antragstellers.

Zutreffend hat die Vollzugsbehörde darauf abgestellt, dass wegen der mangelnden Bereitschaft des Betroffenen, über die von ihm begangene Tat zu sprechen, das Ri¬siko eines Missbrauchs von Lockerungen - etwa durch gewalttätiges Verhalten - nicht zuverlässig beurteilt und damit die in diesem Zusammenhang erforderliche fundierte Prognose nicht gestellt werden kann. Es sind somit in dem Verhalten des Betroffenen liegende Gründe, die zu der Versagung von Hafturlaub und weiteren Lockerungen geführt haben. Die von dem Betroffenen angeführten allgemeinen Strafzwecke (Ver¬geltung, Sühne, Schwere der Schuld, Schuldausgleich und Verteidigung der Rechts¬ordnung) haben dabei ersichtlich keine Rolle gespielt. Ein feh¬lerhafter Ermessensgebrauch durch die Vollzugsbehörde ist somit nicht zu erkennen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 30 EGGVG, 130, 30 KostO.



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