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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ws 109/16 OLG Hamm

Leitsatz: Dauert die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bereits sehr lange an und nähert sich der zeitlichen Grenze für einen Freiheitsentzug, welchen der Untergebrachte als voll schuldfähiger Täter höchstens anlässlich der Tat zu erwarten gehabt hätte, so ist innerhalb der Frist des § 463 Abs. 4 StPO grundsätzlich auch dann ein Sachverständigengutachten einzuholen und der Sachverständige mündlich zu hören, wenn nahezu alles dafür spricht, dass die in der Anlasstat des Untergebrachten zu Tage getretene Gefährlichkeit unbehandelt fortbesteht.


Senat: 4

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Unterbringung, Fortdauer, Sachverständigengutachten

Normen: StGB 63, StPO 463, StPO 454

Beschluss:

Maßregelvollzugssache
In pp.
hat der 4. Strafsenat des OLG Hamm am 07.04.2016 beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an die Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht Bochum zurückverwiesen.

Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen die mit dem angefochtenen Beschluss angeordnete Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus hat (zumindest vorläufig) Erfolg.

Der angefochtene Beschluss war deswegen aufzuheben, weil die nach §§ 463 Abs. 4, 454 Abs. 2 StPO erforderliche Einholung eines externen Sachverständigengutachtens und die mündliche Anhörung des Sachverständigen nicht stattgefunden hat.

Nach Aktenlage wurde jedenfalls in den letzten fünf Jahren von dem jeweiligen Vollstreckungsgericht weder ein Sachverständigengutachten selbst eingeholt, noch ein Sachverständiger mündlich gehört, noch ist ein Verzicht auf dessen mündliche Anhörung i.S.v. § 454 Abs. 2 S. 4 StPO ersichtlich.

Zwar handelt es sich bei § 463 Abs. 4 StPO um eine Sollvorschrift. Diese wird aber zu einer zwingenden Regelung, wenn die Unterbringung schon länger andauert und nicht völlig unzweifelhaft ist, dass der Untergebrachte noch für die Allgemeinheit gefährlich ist (OLG Oldenburg NStZ 2008, 225 [OLG Oldenburg 07.09.2007 - 1 Ws 481/07]; Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 463 Rdn. 10). Hier spricht zwar nahezu alles dafür, dass die in der Anlasstat des Untergebrachten zu Tage getretene Gefährlichkeit angesichts seiner fehlenden Behandlungsbereitschaft unbehandelt fortbesteht. Andererseits dauert die Unterbringung inzwischen sehr lange an und nähert sich der zeitlichen Grenze für einen Freiheitsentzug, welche der Untergebrachte als voll schuldfähiger Täter höchstens anlässlich der Tat zu erwarten gehabt hätte. Da die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit der Unterbringung mit der Dauer ihres Vollzuges steigen, erscheint dem Senat auch in einem solchen Fall die Einholung eines externen Sachverständigengutachtens und die mündliche Anhörung des Sachverständigen unerlässlich, um wirklich genau aufklären und feststellen zu können, wie hoch die Rückfallgefahr ist und wie hochwertig die bei einem Rückfall bedrohten Rechtsgüter sind.


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