Aktenzeichen: 5 Ws 95/16 OLG Hamm
Leitsatz: Zur Einstellung des Verfahrens nach § 154 Abs. 2 StPO.
Senat: 5
Gegenstand: Beschwerde
Stichworte: Einstellung, vorläufige, Frist
Normen: StPo 154
Beschluss:
Strafsache
In pp.
hat der 5. Strafsenat des OLG Hamm am 23.06.2015 beschlossen:
Das Verfahren wird eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens werden der Landeskasse auferlegt; es wird jedoch davon abgesehen, der Landeskasse auch die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten aufzuerlegen, die dieser selbst zu tragen hat.
Gründe:
I.
Die Staatsanwaltschaft Bochum hat am 23. Dezember 2014 gegen den Angeschuldigten Anklage vor der großen Strafkammer Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Essen erhoben. Sie legt ihm darin zur Last, in dem Zeitraum von November 2007 bis März 2009 eine Untreue zum Nachteil der zwischenzeitlich in Insolvenz geratenen X AG (vormals Y AG) begangen und dabei einen Vermögensverlust großen Ausmaßes in Höhe von umgerechnet 807.735,50 herbeigeführt zu haben (§ 266 Abs. 1, Abs. 2 StGB i.V.m. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB). Gegenstand der Anklage sind der Abschluss eines Vertrages vom 29. Januar / 28. Februar 2008 zwischen der Z und der X AG, wonach diese mit einer an die Z gerichteten Zahlung in Höhe von insgesamt 1,5 Millionen GBP über einen Zeitraum von fünf Jahren den Aufbau und die Unterhaltung eines A der Z fördern sollte, und die von dem Angeschuldigten am 27. Februar 2009 seinem letzten Arbeitstag als Vorstandsvorsitzender der X AG veranlasste Überweisung von insgesamt 715.000,- GBP (umgerechnet 807.735,50 ) an die Z.
Mit Beschluss vom 01. Februar 2016 hat die XV. große Strafkammer Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Essen die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen Gründen abgelehnt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis weder hinsichtlich des Vertragsabschlusses noch hinsichtlich der Freizeichnung der Rechnung über 715.000,- GBP von einer für den Tatbestand des § 266 Abs. 1 StGB notwendigen gravierenden Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Pflichten des Angeschuldigten als Vorstandsvorsitzender der X AG auszugehen sei.
Gegen die Nichteröffnung des Hauptverfahrens hat die Staatsanwaltschaft Bochum mit näherer Begründung sofortige Beschwerde eingelegt. Der Angeschuldigte hat beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
Am 11. Mai 2016 ist von Seiten der Staatsanwaltschaft Bochum bzw. der Generalstaatsanwaltschaft Hamm beantragt worden, das Verfahren gem. § 154 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StPO einzustellen. Der Angeschuldigte bzw. seine Verteidiger sind hierzu angehört worden.
II.
Die Voraussetzungen für eine Einstellung des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StPO sind gegeben.
1. Gegen den Angeschuldigten ist bereits eine Strafe (rechtskräftig) verhängt, die sowohl zur Einwirkung auf ihn selbst als auch zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint (§ 154 Abs. 1 Nr. 2 StPO).
Die XV. große Strafkammer Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Essen hat den Angeschuldigten am 14. November 2014 in dem Verfahren 35 Js 23/12 StA Bochum zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren wegen Untreue in 27 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in 3 Fällen verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig. Der vorgenannten Verurteilung liegen Taten zugrunde, in denen der Angeschuldigte ausweislich der dort getroffenen Feststellungen seine Pflichten als Vorstandsvorsitzender der X AG (vormals Y AG) in schwerwiegender Weise verletzt hat. Auch der Anklagevorwurf im vorliegenden Verfahren knüpft an eine solche Verletzung gesellschaftsrechtlicher Pflichten an, wobei die in dem Verfahren 35 Js 23/12 StA Bochum rechtskräftig erkannte Gesamtfreiheitsstrafe bereits ausreichend erscheint, um den Angeschuldigten von der erneuten Begehung vergleichbarer Straftaten abzuhalten. Der Angeschuldigte hat sich über fünf Monate in Untersuchungshaft befunden und verbüßt die gegen ihn verhängte Gesamtfreiheitsstrafe nunmehr in der Justizvollzugsanstalt C1. Unter spezialpräventiven Gesichtspunkten bedarf es keiner weiteren Einwirkung auf den Angeschuldigten.
Aber auch aus generalpräventiven Gründen erscheint eine Fortführung des vorliegenden Verfahrens nicht erforderlich. Künftigen ähnlichen Rechtsverletzungen durch andere (vgl. hierzu Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 154 Rdnr. 14) wird ebenfalls durch die bereits rechtskräftige Verurteilung des Angeschuldigten zu einer mehrjährigen Gesamtfreiheitsstrafe vorgebeugt. Es kann deshalb zugleich ausgeschlossen werden, dass durch die Nichtverfolgung der im vorliegenden Verfahren angeklagten Tat die Bevölkerung in ihrem Vertrauen auf das Funktionieren der Rechtsordnung erschüttert wird.
2. Ein Urteil ist wegen der im vorliegenden Verfahren angeklagten Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten (§ 154 Abs. 1 Nr. 2 StPO).
Vorbehaltlich einer Eröffnung des Hauptverfahrens ist eine umfangreiche Beweisaufnahme mit einer Vielzahl von Verhandlungstagen zu erwarten. Insbesondere angesichts der Tatsache, dass auch zahlreiche ausländische Zeugen zu vernehmen wären, muss zumindest von einer mehrmonatigen Dauer einer etwaigen Hauptverhandlung ausgegangen werden. Darüber hinaus ist auch in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass das andere gegen den Angeschuldigten geführte Verfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen und mit der Strafvollstreckung begonnen worden ist (vgl. hierzu Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 154 Rdnr. 10).
3. Von Seiten der Staatsanwaltschaft Bochum bzw. der Generalstaatsanwaltschaft Hamm ist der für eine Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO notwendige Antrag am 11. Mai 2016 gestellt worden.
III.
Die Kostenentscheidung rechtfertigt sich aus § 467 Abs. 1, Abs. 4 StPO.
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