Aktenzeichen: 1 Ws 3 u. 4/17 OLG Hamm
Leitsatz: Auch für Beschwerdeverfahren bezüglich des Widerrufs einer Strafaussetzung (§ 56f StGB) gilt gemäß § 464 Abs. 2 StPO, dass das Verfahren abschließende Beschlüsse mit einer Entscheidung darüber zu versehen sind, wer die notwendigen Auslagen trägt. Beim Fehlen einer Auslagenentscheidung verbleiben die notwendigen Auslagen bei demjenigen, dem sie entstanden sind. Nach Rechtskraft der Entscheidung ist deren nachträgliche Ergänzung unzulässig.
Senat: 1
Gegenstand: Beschwerde
Stichworte: Erforderlichkeit, Auslagenentscheidung im Beschwerdeverfahren; Ergänzung; Kostenentscheidung
Normen: StPO 464
Beschluss:
Strafsache
In pp.
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am
01.02.2017 beschlossen:
Der Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 07.09.2016 wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Verurteilte.
Gründe:
I.
Der Verurteilte steht unter dreifacher Bewährungsaufsicht aufgrund der Urteile des Amtsgerichts Duisburg-Hamborn vom 10.02.2010 (333 Js 2186/09 StA Duisburg), 26.11.2010 (333 Js 2024/10 StA Duisburg) und vom 17.05.2013 (361 Js 340/13 StA Duisburg). Aufgrund einer weiteren Verurteilung vom 19.09.2014 durch das Amtsgericht Duisburg-Hamborn wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 1 Monat wurden die drei vorgenannten Strafaussetzungen zur Bewährung durch das Amtsgericht Duisburg-Hamborn sämtlich widerrufen. Auf die sofortigen Beschwerden des anwaltlich vertretenen Verurteilten hob das Landgericht Dortmund die Widerrufsbeschlüsse aufgrund des Umstandes auf, dass sich der Verurteilte in der Zeit vom 29.05.2015 bis zum 26.06.2015 in Strafhaft in der JVA D-S befunden hatte. Nach Übernahme der Bewährungsaufsichten wies die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Dortmund die Widerrufsanträge der Staatsanwaltschaft Duisburg durch Beschluss vom 17.09.2015 zurück und verlängerte die Bewährungszeiten jeweils um ein Jahr. Eine Kostenentscheidung im Hinblick auf das Beschwerdeverfahren enthielt der Beschluss nicht.
Mit Schriftsatz vom 28.09.2015 erbat der Verteidiger eine Kostenentscheidung, die bisher nicht getroffen worden war. Diesem Antrag entsprechend beschloss die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts am 02.11.2015, dass die Kosten der jeweiligen Beschwerdeverfahren in den drei Bewährungsverfahren die Staatskasse zu tragen habe. Unter dem 12.03.2016 beantragte der Verteidiger die notwendigen Auslagen des Verurteilten in den drei Beschwerdeverfahren gegen die Landeskasse festzusetzen. Hiergegen wendete der Bezirksrevisor beim Landgericht Dortmund ein, dass die notwendigen Auslagen der Landeskasse nicht auferlegt worden seien und wies darauf hin, dass der Festsetzungsantrag zurückzuweisen sei. Aufgrund dieser Mitteilung legte der Betroffene durch seinen Verteidiger vorsorglich am 26.04.2016 sofortige Beschwerde gegen die Beschlüsse vom 17.09. und 02.11.2015 ein und beantragte zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da eine Rechtsmittelbelehrung über die unterbliebene Auslagenentscheidung nicht erfolgt sei. Hierauf ergänzte die Strafvollstreckungskammer am 07.09.2016 den Beschluss der Kammer vom 02.11.2015 dahin, dass die Staatskasse auch die notwendigen Auslagen des Verurteilten zu tragen hat.
Gegen diesen ihm am 19.09.2016 zugestellten Beschluss legte der Bezirksrevisor unter dem 22.09.2016 Rechtsmittel ein, welches am 26.09.2016 beim Landgericht Dortmund einging. Zur Begründung führt er aus, dass im Falle des Fehlens einer Entscheidung über die notwendigen Auslagen des Verurteilten in der Kostenentscheidung eines Beschlusstenors, so könne diese nach Rechtskraft und Ablauf der Beschwerdefrist betreffend die Kostenentscheidung nicht ergänzt werden.
II.
Das Rechtsmittel des Bezirksrevisors beim Landgericht Dortmund ist als sofortige Beschwerde gegen die nachträgliche Entscheidung über die notwendigen Auslagen des Verurteilten statthaft und zulässig, §§ 464 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1, 311StPO. Sie ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
Grundsätzlich sind gemäß § 464 Abs. 2 StPO das Verfahren abschließende Urteile oder Beschlüsse mit einer Entscheidung darüber zu versehen, wer die notwendigen Auslagen trägt. Dies gilt ebenso für Entscheidungen im Beschwerdeverfahren (vgl. Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Auflage, § 464 Rn. 11a m. w. N.). Eine solche Kostenentscheidung fehlte in der im Beschwerdeverfahren ergangenen Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Dortmund vom 17.09.2015 gänzlich, da dort eine Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens unterblieben war. Zwar ist der Beschluss vom 17.09.2015 auf Bitten des Verteidigers des Betroffenen um eine Kostenentscheidung ergänzt worden, allerdings verhält sich diese Kostenentscheidung ausdrücklich nicht über die notwendigen Auslagen des Verurteilten. Die Bitte des Verteidigers auf Ergänzung des Beschlusses vom 17.09.2015 mit am 28.09.2015 eingegangenem Schriftsatz ist in der Sache eine sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 17.09.2015 soweit eine Kostenentscheidung unterblieben war. Dieser sofortigen Beschwerde wurde durch Beschluss vom 02.11.2015 dergestalt abgeholfen, dass der Beschluss vom 17.09.2015 dahin ergänzt wurde, dass die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Staatskasse auferlegt wurden. Eine Entscheidung über die notwendigen Auslagen unterblieb.
Beim Fehlen einer solchen ausdrücklichen Auslagenentscheidung verbleiben die notwendigen Auslagen bei demjenigen, dem sie entstanden sind. Eine nachträgliche Ergänzung der Entscheidung ist unzulässig (vgl. Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Auflage § 464 Rn 12 m. w. N).
Eine Entscheidung über die sofortige Beschwerde des Verurteilten sowie sein Wiedereinsetzungsgesuch vom 22.04.2016 durch den Senat ist nicht veranlasst. Durch die angegriffene Entscheidung vom 07.09.2016 hat die Strafvollstreckungskammer der sofortigen Beschwerde abgeholfen; auch wenn diese Entscheidung als solche unzulässig gewesen ist, ist sie dennoch getroffen worden. Eine Änderung der Kostenentscheidung wäre hier im Übrigen auch auf die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung nicht möglich gewesen, weil dieses Rechtsmittel gemäß § 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO i. V. m. § 310 Abs. 2 StPO vorliegend nicht statthaft war.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO analog.
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