Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 RVs 95/16 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Eine Beweiswürdigung hinsichtlich des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) genügt nicht den Anforderungen des § 261 StPO, wenn die Feststellungen zu den geschuldeten Beiträgen allein darauf beruhen, dass die hierzu in dem diesbezüglichen Strafbefehl aufgeführten Zahlen weder im Ermittlungsverfahren noch nach Einlegung des Einspruchs bzw. in der Hauptverhandlung von dem Angeklagten oder seinem Verteidiger beanstandet worden und daher als „unstreitig“ anzusehen seien und sie sich im Übrigen aus bei den Strafakten befindlichen Aufstellungen der Krankenkassen ergeben sollen.

2. Zumindest dann, wenn sich aus den Feststellungen ergibt, dass die finanzielle Situation der beitragspflichtigen GmbH bereits vor Fälligkeit der verfahrensgegenständlichen Monatsbeiträge schlecht gewesen sein soll und spätestens wenige Tage nach Fälligkeit der letzten Monatsbeiträge von einer Überschuldung sowie von der Zahlungsunfähigkeit der GmbH auszugehen war, muss sich das Urteil ausdrücklich damit auseinandersetzen, ob den für die Beitragsschuldnerin Handlungspflichtigen die Erfüllung der Beitragspflicht überhaupt möglich und zumutbar war. Grundsätzlich nicht maßgeblich ist hierbei die persönliche finanzielle Situation der Geschäftsführer der allein beitragspflichtigen GmbH, da deren Vertreter im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB keine Pflicht trifft, eigene Mittel einzusetzen.

3. Bei der Insolvenzverschleppung handelt es sich um ein Dauerdelikt, das mit dem erstmaligen Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht vollendet und erst beendet ist, wenn die Pflicht erfüllt wird oder entfällt. Daher wird der Schuld- und Strafausspruch grundsätzlich nicht dadurch gefährdet, dass das Gericht nicht den frühestmöglichen Tatzeitpunkt in dem vorgenannten Zeitraum bestimmt hat.

Senat: 1

Gegenstand: Revision

Stichworte: Beweiswürdigung, Verweisung Zahlenwerk, Insolvenzverschleppung

Normen: StPO 244, StPO 261

Beschluss:

Strafsache
In pp.
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 12.01.2017 beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird, soweit es den Angeklagten C betrifft, wie folgt aufgehoben:

1.) im Schuldspruch und im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen, soweit der Angeklagte wegen Vorenthaltens von Arbeitnehmeranteilen in elf Fällen verurteilt wurde,
2.) im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugrunde liegenden Feststellungen.

Das angefochtene Urteil wird auch bezüglich des nichtrevidierenden Angeklagten y mit den Feststellungen aufgehoben.

Die weitergehende Revision wird verworfen; jedoch wird der nicht aufgehobene Teil des den Angeklagten C betreffenden Schuldspruchs klarstellend dahin berichtigt, dass dieser Angeklagte der fahrlässigen Insolvenzverschleppung schuldig ist.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts - Strafrichter - Dortmund zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Der Angeklagte C ist am 30.08.2016 durch das Amtsgericht - Strafrichter - Dortmund wegen Vorenthaltens von Arbeitnehmeranteilen in elf Fällen und wegen Insolvenzverschleppung zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 15,00 Euro verurteilt worden; der nichtrevidierende Mitangeklagte y ist wegen Vorenthaltens von Arbeitnehmeranteilen in elf Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 60,00 Euro verurteilt worden.

Hierbei hat das Amtsgericht hinsichtlich beider Angeklagten festgestellt, dass sie es als jeweils bis zum 07.07.2013 fungierende Geschäftsführer der S GmbH unterließen, für insgesamt acht Arbeitnehmer dieser GmbH Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitnehmeranteile) zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt an die zuständigen Einzugsstellen der U-krankenkasse (Beitragsmonate Dezember 2012 bis März 2013, Ziff. II.3.-6. der Urteilsgründe), der L (Beitragsmonate Dezember 2012 bis März 2013, Ziff. II.9.-12.) und der B NordWest (Beitragsmonate Januar bis März 2013, Ziff. II.13.-15.) zu entrichten. Die jeweils pro Monat und Einzugsstelle geschuldeten Beiträge sind für den Angeklagten C in den Urteilsgründen in tabellarischer Form dargestellt; für den Angeklagten y erfolgt gemäß § 267 Abs. 4 S. 1 StPO eine Bezugnahme auf eine entsprechende Aufstellung in dem ihn betreffenden Strafbefehl vom 08.12.2014 (Bl. 125 f. d.A.).

Ferner hat der Angeklagte C es nach den Feststellungen des Amtsgerichts unterlassen, rechtzeitig einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der S GmbH zu stellen (Ziff. II.16.). Diese war demnach „spätestens mit Betriebseinstellung am 15.04.2013 überschuldet und zahlungsfähig. Bereits die Bilanz 2010 wies einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 9.323 € aus. Spätestens mit Betriebseinstellung Mitte April 2013 lag für die S GmbH eine positive Fortführungsprognose nicht mehr vor. Ferner war die GmbH aufgrund der oben genannten angelaufenen rückständigen Forderungen der Krankenkassen ab Oktober 2012 ebenfalls spätestens zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig. Aus diesem Grund hätte der Angeklagte C spätestens innerhalb der gesetzlich festgelegten Drei-Wochen-Frist, mithin spätestens am 06.05.2013, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der S GmbH stellen müssen. Ein entsprechender Antrag ging jedoch erst am 08.07.2013 beim Amtsgericht Dortmund ein.“ Weiter ergibt sich insofern aus der in den Urteilsgründen dargestellten Beweiswürdigung und den nachfolgenden rechtlichen Ausführungen insbesondere, dass der Angeklagte nach eigener, der Entscheidung des Amtsgerichts zugrunde gelegter Einlassung im Januar 2013 von der GmbH nur noch einen Teil seines Gehalts erhalten hat, mit der Betriebseinstellung im April 2013 keinerlei Fahrzeug mehr zur Verfügung standen, um Aufträge auszuführen, und dass dem Angeklagten die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens bewusst gewesen ist.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte C mit seinem rechtzeitig eingelegten Rechtsmittel, das er nach Zustellung des Urteils innerhalb der Revisionsbegründungsfrist als (Sprung-)Revision bezeichnet und begründet hat. Er rügt die Verletzung sachlichen Rechts und hat – nachdem mit der Revision zunächst die vollständige Aufhebung des Urteils begehrt worden war – in der Hauptverhandlung beantragt, das angefochtene Urteil mit seinen Feststellungen aufzuheben und an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Dortmund zurückzuverweisen, soweit er wegen Vorenthaltens von Arbeitnehmeranteilen gemäß § 266 a StGB verurteilt worden ist. Er erachtet die Verurteilung wegen des Vorenthaltens von Arbeitnehmeranteilen für rechtsfehlerhaft, da es das Amtsgericht unterlassen habe, für jeden Fälligkeitszeitpunkt gesondert Feststellungen zu der Anzahl der Arbeitnehmer, deren Beschäftigungszeiten, der vom Arbeitgeber zu zahlenden Vergütung und zu den Beitragssätzen der einzelnen Krankenkassen zu treffen. Ferner habe sich das Amtsgericht nicht ausreichend damit auseinandergesetzt, ob den „handlungspflichtigen Beitragsschuldnern“ die Erfüllung der Beitragspflicht möglich und zumutbar war.

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat beantragt, das angefochtene Urteil – vollständig – mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Dortmund zurückzuverweisen. Auch die Generalstaatsanwaltschaft beanstandet, dass das Tatgericht keine Feststellungen zu der finanziellen Situation des Angeklagten C und zur Zahlungsfähigkeit des von ihm geführten Unternehmens im maßgeblichen Zeitraum getroffen habe, so dass nicht belegt sei, dass ihm die Abführung der monatlichen Arbeitnehmerbeiträge zum Zeitpunkt ihrer Fälligkeit möglich und zumutbar war, oder ihm zumindest vorzuwerfen sei, dass er zuvor seine diesbezügliche Leistungsfähigkeit nicht sichergestellt hat. Ferner seien die Feststellungen zur Insolvenzverschleppung in sich widersprüchlich; da die S GmbH nach den Feststellungen seit Oktober 2012 zahlungsunfähig gewesen sei, hätte entsprechend § 15a InsO bereits im November 2012 ein Insolvenzantrag gestellt werden müssen, während im Urteil auf einen deutlich späteren Zeitpunkt (06.05.2013) abgestellt werde.

II.
Die Revision des Angeklagten C ist zulässig und hat teilweise - zumindest vorläufig - Erfolg. Im Umfang der Aufhebung war die Sache insoweit nach § 354 Abs. 2 StPO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Dortmund zurückzuverweisen (1.); die weitergehende Revision war als unbegründet zu verwerfen (2.). Die teilweise Aufhebung des Urteils erstreckt sich auch auf den nichtrevidierenden Angeklagten y (3.).

1. a) Zwar ist es hinsichtlich der vom Amtsgericht rechtlich jeweils als Vorenthalten von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) gewürdigten Fälle II.3.-6., II.9.-12. und II.13.-15. entgegen des Revisionsvorbringens nicht zu beanstanden, dass sich die Feststellungen neben der Bezifferung der den Einzugsstellen monatlich geschuldeten Arbeitnehmerbeiträge auf die Angabe der geschädigten Krankenkassen, der bei ihnen jeweils versicherten Arbeitnehmer und der betroffenen Beitragsmonate beschränken, da es sich vorliegend - wie sich den Urteilsgründen hinreichend deutlich entnehmen lässt - in Abgrenzung zu Fällen illegaler Beschäftigungsverhältnisse jeweils um ordnungsgemäß angemeldete Sozialversicherungsbeiträge handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 07.10.2010 - 1 StR 424/10 -; OLG Braunschweig, Beschluss vom 27.05.2015 - 1 Ss 14/15 -; OLG Jena, Beschluss vom 26.08.2011 - 1 Ss 40/11 -, jew. zit. n. juris; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 266a Rn. 10a m.w.N.).

b) Das Urteil ist aber, soweit es den Angeklagten C betrifft, hinsichtlich der vorgenannten Taten bereits deswegen aufzuheben, weil es in Bezug auf die monatlich geschuldeten Beiträge eine Beweiswürdigung im Sinne des § 261 StPO vermissen lässt. Ausweislich der Urteilsgründe beruhen die Feststellungen hierzu allein darauf, dass die in dem ihn betreffenden Strafbefehl vom 08.12.2014 (Bl. 127 f. d. A.) aufgeführten Zahlen weder im Ermittlungsverfahren noch nach Einlegung des Einspruchs bzw. in der Hauptverhandlung von dem Angeklagten oder seinem Verteidiger beanstandet worden seien, „so dass“ - so die Urteilsfeststellungen - „diese als unstreitig anzusehen sind. Sie ergeben sich aus den Aufstellungen der Krankenkassen, die sich in Band III d.A. befinden“.

Das Urteil genügt insofern nicht den Mindestanforderungen, die an die richterliche Überzeugungsbildung zu stellen sind. Das Gericht hat von Amts wegen den wahren Sachverhalt aufzuklären (§ 244 Abs. 2 StPO). Nur ein Sachverhalt, der auf einer Überzeugungsbildung des Gerichts unter vollständiger Ausschöpfung des in die Hauptverhandlung eingeführten Beweismaterials beruht, kann die Grundlage einer Verurteilung bilden. Eine Anklageschrift bzw. ein ihre Funktion einnehmender Strafbefehl können auch dann nicht diese Grundlage darstellen, wenn sie vermeintlich (s.u.) dem Inhalt der Ermittlungsakte entsprechen. Diesem Einlassungsverhalten lässt sich ein Geständnis, das einen als glaubhaft bewertbaren inhaltlichen Gehalt hätte, auf den einen Schuldspruch tragende Feststellungen gestützt werden könnten, nicht entnehmen; es fehlt schon an einem tatsächlichen Einräumen des dem Anklagevorwurf zu Grunde liegenden Sachverhalts (vgl. BGH, Beschluss vom 22.09.2011 - 2 StR 383/11 - m.w.N., juris).

c) Das Urteil erweist sich zudem auch insofern als rechtsfehlerhaft, als die Feststellungen hinsichtlich der in den Monaten Dezember 2012 bis März 2013 der L für die Arbeitnehmer I 2 und K geschuldeten Beiträge bei einer Gesamtbetrachtung der Urteilsgründe offensichtlich widersprüchlich sind. Für den Angeklagten C sind entsprechend der Angaben in dem ihn betreffenden Strafbefehl unter Ziff. II.9.-12. der Urteilsgründe Beträge von 758,84 Euro, 966,60 Euro, 489,36 Euro und 1.465,08 Euro ausgewiesen, während das Amtsgericht für den als Geschäftsführer derselben GmbH tätigen Angeklagten y über die bereits genannte Bezugnahme gemäß § 267 Abs. 4 S. 1 StPO auf den ihn betreffenden Strafbefehl für dieselben Arbeitnehmer Monatsbeiträge bei derselben Einzugsstelle in Höhe von 985,80 Euro, 794,41 Euro, 957,00 Euro und 487,20 Euro annimmt (Bl. 125R d.A.), ohne dass für diese Diskrepanz eine hinreichende Erklärung wie etwa eine jeweils zu Gunsten jedes Angeklagten gebotene Bewertung der gegebenenfalls unterschiedlichen Beweislage ersichtlich wäre. Da allein anhand der Urteilsgründe - ein Rückgriff auf die eine Verwechslung hinsichtlich der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile sowie der maßgeblichen Zeiträume nahelegende Aufstellung Bl. 31 d. A. ist dem Senat in diesem Zusammenhang verwehrt - dieser Widerspruch auch nicht aufzulösen oder zu beurteilen ist, ob und welche der vorgenannten Beträge zutreffend sind, erweisen sich die diesbezüglichen Feststellungen insgesamt als rechtsfehlerhaft.

d) Überdies wird hinsichtlich der Fälle II.3.-6., II.9.-12. und II.13.-15. mit der Revision zutreffend gerügt, dass sich das Amtsgericht damit hätte auseinandersetzen müssen, ob dem Angeklagten C die Erfüllung der die Beitragspflicht der S GmbH überhaupt möglich und zumutbar gewesen ist, obwohl nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils die finanzielle Situation der GmbH bereits vor Fälligkeit der hier maßgeblichen Beiträge schlecht gewesen sein soll und spätestens Mitte April 2013, also wenige Tage nach der am 26.03.2013 eingetretenen Fälligkeit der letzten Monatsbeiträge, von einer Überschuldung sowie von der Zahlungsunfähigkeit der S GmbH auszugehen war (vgl. OLG Braunschweig, a.a.O.; KG, Beschluss vom 04.12.2009 - (1) 1 Ss 427/09 (22/09) -, juris; Fischer, a.a.O., § 266a Rn. 14 ff., jew. m.w.N.). Nicht maßgeblich ist hingegen die von der Generalstaatsanwaltschaft zudem angeführte persönliche finanzielle Situation des Angeklagten C, da Beitragsschuldnerin allein die S GmbH war und den Angeklagten als deren Vertreter im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB keine Pflicht traf, eigene Mittel einzusetzen (Perron in: Schönke-Schröder, StGB, 29. Aufl., § 266 Rn. 10).

e) Die Teilaufhebung des Schuldspruchs bezüglich der Taten zu Ziff. II.3.-6., II.9.-12. und II.13.-15. führt gleichzeitig zum Wegfall der hierfür verhängten Einzelgeldstrafen. Dies wiederum zieht die Aufhebung des Gesamtstrafausspruches nach sich.

2. Die weitergehende Revision war als unbegründet zu verwerfen, da die Nachprüfung des Urteils für den Fall II.16. weder hinsichtlich des Schuldspruchs noch im (Einzel-)Strafausspruch einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten C ergeben hat.

Insbesondere teilt der Senat nicht die Bedenken der Generalstaatsanwaltschaft hinsichtlich einer vermeintlichen Widersprüchlichkeit der diesbezüglichen Feststellungen, schon da nicht etwa eine im Oktober 2012 eingetretene Zahlungsunfähigkeit der S GmbH positiv festgestellt, sondern auf Mitte April 2013 als insofern spätestens anzunehmenden Zeitpunkt abgestellt worden ist. Auf dieses, nämlich bereits im in den Urteilsgründen vorangestellten Satz bezeichnete Datum bezieht sich ersichtlich auch die Formulierung, dass die GmbH „aufgrund der oben genannten angelaufenen rückständigen Forderungen der Krankenkassen ab Oktober 2012 ebenfalls spätestens zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig“ gewesen ist.

Ohnehin handelt es sich bei der Insolvenzverschleppung um ein Dauerdelikt, das mit dem erstmaligen Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht vollendet und erst beendet ist, wenn die Pflicht erfüllt wird oder entfällt (vgl. Klöhn in: MK-InsO, 3. Aufl., § 15a Rn. 323 m.w.N.), so dass es unschädlich ist, dass das Amtsgericht nicht den frühestmöglichen Tatzeitpunkt in dem vorgenannten Zeitraum bestimmt hat. Auch für das Konkurrenzverhältnis zu den übrigen dem Angeklagten C zur Last gelegten Taten ist der Zeitpunkt des erstmaligen Verstoßes gegen die Insolvenzantragspflicht nicht entscheidend, da Tateinheit zwischen einer Dauerstraftat und einem anderen Delikt nur in Betracht kommt, wenn sich die Ausführungshandlungen der Taten zumindest teilweise decken (vgl. Fischer, a.a.O., v. § 52 Rn. 60 m.w.N.), was hier ersichtlich ausscheidet.

Allerdings war der Tenor des angefochtenen Urteils zu berichtigen, da das Amtsgericht in den Urteilsgründen zutreffend ausgeführt hat, dass der Angeklagte eine fahrlässige Insolvenzverschleppung gemäß § 15a Abs. 1, Abs. 4, Abs. 5 InsO begangen hat, dies aber im Tenor der angefochtenen Entscheidung nicht zum Ausdruck gebracht worden ist. Dies holt der Senat nunmehr nach.

3. Die Aufhebung des angefochtenen Urteils bezüglich des vermeintlichen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in elf Fällen ist gemäß § 357 StPO auf den nichtrevidierenden Angeklagten y erstrecken, der - als Nebentäter - wegen der nämlichen Taten verurteilt worden ist (vgl. Meyer-Goßner in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 357 Rn. 13).

Auch hinsichtlich des Angeklagten y erweisen sich aus den jeweils bereits für den Angeklagten C aufgezeigten Gründen die Feststellungen
a. hinsichtlich der in den Monaten Dezember 2012 bis März 2013 der L für die Arbeitnehmer I 2 und K geschuldeten Beiträge bei einer Gesamtbetrachtung der Urteilsgründe als offensichtlich widersprüchlich und

b. insofern als unzureichend, als sich das Amtsgericht damit hätte auseinandersetzen müssen, ob dem Angeklagten die Erfüllung der Beitragspflicht der S GmbH - auf deren wirtschaftliche Situation es in diesem Zusammenhang allein ankommt - überhaupt möglich und zumutbar gewesen ist.

Diese Rechtsfehler der unzureichenden Feststellungen bezüglich der von beiden Angeklagten begangenen Taten entzieht auch der dahingehenden Verurteilung des Angeklagten y die Grundlage (vgl. Senat, Beschluss vom 04.03.2003 - 1 Ss 654/03 -, juris), die daher insgesamt aufzuheben war. Um zu gewährleisten, dass bei der für beide Angeklagten hinsichtlich derselben Taten veranlassten erneuten Verhandlung einheitliche und insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen getroffen werden können (vgl. Meyer-Goßner in: Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 353 Rn. 21 f.), hat der Senat vorliegend die im Allgemeinen (vgl. Meyer-Goßner in: Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., Rn. 15 m.w.N.) veranlasste Aufrechterhaltung der von den beiden vorgenannten Mängeln nicht berührten Feststellungen zu den der U-krankenkasse und der B NordWest geschuldeten Monatsbeiträgen hinsichtlich des Angeklagten y nicht für tunlich erachtet, auch wenn die ihn betreffenden Feststellungen hierzu nicht von dem - hinsichtlich seines Mitangeklagten zudem vorliegenden (s.o. Ziff. II.1.b.) - Fehler der fehlenden Beweiswürdigung betroffen sind, da sie nach den Urteilsgründen sämtlich auf der geständigen Einlassung des Angeklagten y beruhen.


zur Startseite"Rechtsprechung"

zum Suchformular


Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".