Aktenzeichen: 3 Ws 113/17 OLG Hamm
Leitsatz: Zur Fortdauer der Unterbringung nach neuem Recht.
Senat: 3
Gegenstand: Beschwerde
Stichworte: Unterbringung, Fortdauer, Verhältnismäßigkeit
Normen: StGB 63; StGB 67d
Beschluss:
BESCHLUSS
Maßregelvollstreckungssache
gegen pp.
z. Zt. untergebracht in der LWL-Maßregelvollzugsklinik Herne.
wegen gefährlicher Körperverletzung
(hier sofortige Beschwerde gegen die Anordnung der Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.),
Auf die sofortige Beschwerde des Untergebrachten vom 20.02.2017 gegen den Beschluss der großen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 19.01.2017 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 5.Juli 2017 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Untergebrachten bzw. seines Verteidigers sowie nach mündlicher Anhörung des Sachverständigen und der Unterbringungsklinik beschlossen:
Der Beschluss der großen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 19.01.2017 wird aufgehoben.
Die Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgrund des Urteils des Jugendschöffengerichts in Dortmund vorn 15.11.2001 wird für erledigt erklärt.
Die Erledigung der Unterbringung tritt mit Wirkung zum 5. Januar 2018 ein.
Die Führungsaufsicht bleibt bestehen, ihre Dauer wird nicht abgekürzt und beträgt höchstens 5 Jahre.
Dem Untergebrachten wird für die Dauer der Führungsaufsicht der für [im örtlich zuständige hauptamtliche Bewährungshelfer bestellt.
Die weiteren Entscheidungen im Rahmen der Führungsaufsicht gern, §§68a, 68b StGB werden der für den Untergebrachten zum Zeitpunkt des Eintritts der Führungsaufsicht zuständigen Strafvollstreckungskammer übertragen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Untergebrachten dort entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe:
Das Amtsgericht Jugendschöffengericht Dortmund hat den Beschwerdeführer mit Urteil vom 15.112001 rechtskräftig seit dem 15.02.2002 vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB angeordnet.
Zum Tatgeschehen hat das Jugendschöffengericht festgestellt, dass der Untergebrachte am 13.06.2000 nachts in einem Streit mit seiner alkoholisierten Mutter diese aufgefordert hatte, die Wohnung zu verlassen, was die Mutter allerdings nicht tat Tatsächlich verließ der zur Tatzeit 14 Jahre alte gehbehinderte Bruder des Untergebrachten die Wohnung. Der Untergebrachte folgte ihm. Er zog Gummihandschuhe über und zerschnitt mit einem mitgeführten Messer Teile der Kleidung seines Bruders und manipulierte sodann nach seinen Angaben in der Absicht, dem Bruder das Genick zu brechen an dessen Kopf, indem er kräftig mit beiden Händen den Kopf im Halsbereich verdrehte. Es war ein deutliches Knacken der Halswirbelsäule zu hören. Zu weiteren Schäden gesundheitlicher Art kam es bis auf einen Druckschmerz der Halswirbelsäule bei dem Bruder des Beschwerdeführers nicht. Dann ließ der Beschwerdeführer von seinem Bruder ab. Das Jugendschöffengericht hatte hierin eine das Leben gefährdende Behandlung i.S.v. § 224 Abs. 1 Nr.5 StG8 gesehen.
Auf der Grundlage eines von ihm eingeholten psychiatrischen Sachverständigengutachtens ist das Jugendschöffengericht vom Vorliegen einer krankhaften seelischen Störung i. S. einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung mii Merkmalen des impulsiven Typus und auch des Borderline-Typus ausgegangen und hat aufgrund einer psychotischen Episode des Untergebrachten eine völlige Aufhebung seiner Steuerungsfähigkeit i.S. v. § 20 StGB zur Tatzeit angenommen.
Die Maßregel wird seit dem 15.02.2002 (Datum der Rechtskraft des Urteils durch das Jugendschöffengericht vom 15.11.2001) vollstreckt. Der Beschwerdeführer befand sich zunächst im Westfälischen Zentrum für Psychiatrie in Dortmund, dann ab dem 01.08.2003 im Westfälischen Zentrum für Forensische Psychiatrie Lippstadt und sodann am 27.01.2006 wieder im Westfälischen Zentrum für Psychiatrie in Dortmund. Seit dem 04.02.2011 befindet er sich in der LWL-Klinik Herne. Mit Beschluss des Amtsgerichts Herne-Wanne vorn 06.09.2011 wurde der Untergebrachte aus dem Jugendvollzug herausgenommen. Die Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht in Bochum hatte zuletzt am 25.02.2016 die Fortdauer der Unterbringung angeordnet.
Auf die sofortige Beschwerde des Untergebrachten vom 11 .032016 hatte der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Beschluss vom 07.04.2016 den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 25.02.2016 aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Bochum zurückverwiesen. da angesichts der langen Unterbringungsdauer die Einholung eines Sachverständigengutachtens gern. §§ 463 Abs. 4, 454 Abs. 2 StPO sowie die mündliche Anhörung des Sachverständigen unerlässlich seien.
Die Strafvollstreckungskammer hat daraufhin das Gutachten des Sachverständigen Dr. P. vorn 04.11.2016 eingeholt und mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 19.01.2017 erneut die Fortdauer der Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Den Sachverständigen Dr. P. hatte die Strafvollstreckungskammer nach allseitigem Verzicht nicht mündlich angehört.
Gegen diesen seinem Verteidiger am 20.02.2017 zugestellten Beschluss hat der Untergebrachte mit am 22.02.2017 bei dem Landgericht in Bochum eingegangenem Schriftsatz seines Verteidigers vorn 20.02.2017 sofortige Beschwerde eingelegt.
Der Senat hat im Beschwerdeverfahren mit Beschluss vom 21.032017 ein ergänzendes Gutachten des Sachverständigen Dr. P. sowie eine ergänzende Stellungnahme der LWL-Klinik in Herne explizit zu den Voraussetzungen des § 67 d Abs. 6 S. 1, Abs. 3 S. 1 StGB eingeholt. Die ergänzende Stellungnahme der Klinik vom 19.04.2017 ist am 24.04.2017 bei dem Senat eingegangen. Das Ergänzungsgutachten des Sachverständigen Dr. P. vom 15.05.2017 ist hier am 18.05.2017 eingegangen. Der Senat hat am 05.07.2017 den Sachverständigen Dr. P. sowie den Oberarzt Dr. Lochmann von der LWL-Klinik in Herne angehört.
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Der Beschluss der großen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum vom 19.01.2017 war aufzuheben und die Unterbringung des Beschwerdeführers in einem psychiatrischen Krankenhaus war gern. § 67 d Abs. 6 S. 1, 67 d Abs. 3 S. 1 StGB für erledigt zu erklären.
1. Mit dem am 1. August 2016 in Kraft getretenen ,,Gesetz zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuches und der Änderung anderer Vorschritten" (Bundesgesetzblatt 1 2016, 1610) sind u. a. die materiell-rechtlichen Maßstabe, nach denen über die Erledigung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu entscheiden ist, neu gefasst worden. Während nach der zuvor geltenden Rechtslage die Unter-bringung unabhängig von ihrer Vollzugsdauer (nur dann) für erledigt zu erklären war, wenn die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorlagen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, gilt dieser in der insoweit unveränderten Vorschrift des § 67d Abs. 6 Satz 1 StGB enthaltene Grundsatz seit Inkrafttreten der Neuregelung nur noch bei einer Unterbringungsdauer von weniger als sechs Jahren. Wird die Unterbringung seit sechs bzw. zehn Jahren vollzogen, ist die Fortdauer der Maßregel zusätzlich an die Voraussetzungen des § 67d Abs. 6 Satz 2 bzw. Satz 3 StGB n. F. gebunden.
2. Da die Unterbringung des Beschwerdeführers seit ihrer Anordnung bereits über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren vollzogen wird, findet § 67 d Abs. 6 5_ 1. 67 d Abs. 3 S_ 1 StGB Anwendung. Danach ist die Fortdauer der Unterbringung in der Regel nicht mehr verhättnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Die Erledigung der Maßregel hängt daher nicht von einer positiven Prognose. sondern ihre Fortdauer von einer negativen Prognose ab (vgl. BT-Drucksache 1817244, S. 33; KG Berlin, Beschluss vom 21.Februar 2017 5 Ws 44/17, juris, Rdnr. 11; KG Berlin, Beschluss vom 5, Oktober 2016 5 Ws 116/16. juris, Rdnr. 11; Senat. Beschluss vom 27. Juni 2017 III 3 Ws 234/17).
Hier kann die danach erforderliche negative Prognose nicht gestellt werden. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
a) Erfasst werden hiervon regelmäßig Verbrechen und im Übrigen Straftaten aus dem Bereich der mittleren Kriminalität, wenn sie einen hohen Schweregrad aufweisen und den Rechtsfrieden empfindlich stören. Dies ergibt sich in systematischer Hinsicht aus dem Verweis auf § 67 d Abs. 3 StGB, dessen Formulierung wiederum der des § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB entspricht, insbesondere aber aus dem gesetzgeberischen Willen (BT-Drucks. 1E1/7244, 5. 33). Es bedarf mithin anders als bei Altfällen der Sicherungsverwahrung (dort wegen Art 316 f Abs. 2 EGStGB) nicht der Gefahr der Begehung schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten (OLG Hamm, Beschluss vom 07. Februar 2017 III-4 Ws 272116; OLG Hamm, Beschluss vom 23.03-2017 III-3 Ws 90117).
b) Solche Straftaten drohen von dem Beschwerdeführer derzeit nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit höheren Grades (vgl. BT-Drucksache 18/7244, S. 33; BGH, Urteil vom 23.11.2016, 2 StR 108/16, juris, Rn, 12; Beschluss vorn 22.02.2011, 4 StR 635/10, juris: Rn, 9; KG Berlin, Beschluss vorn 5. Oktober 2016 -5 Ws 116/16, juris, Rdnr. 21).
Der Senat stützt sich bei seiner Bewertung der von dem Untergebrachten ausgehenden Gefährdung auf die Gutachten des Sachverständigen Dr. P. vom 15.05.2017 und vom 04.11.2016 sowie darüber hinaus auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. K. vom 27.12.2013 und das Ergebnis der mündlichen Anhörung vor dem Senat vom 05.o7.2017.
Nach Ansicht des Sachverständigen Dr. P. liegt bei dem Beschwerdeführer eine emotional instabile Persönlichkeit vom Borderline-Typ (2D-10 F 60.31) vor. Demgegenüber hatte der Sachverständige Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 27.12.2013 eine massive Persönlichkeitsstörung i S. einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typ bei dem Beschwerdeführer diagnostiziert, eine Borderline-Störung wollte er bei ihm nicht feststellen. Insoweit seien nur einzelne Merkmale einer solchen Störung feststellbar. Insgesamt ergibt sich damit ein von beiden Sachverständigen im Wesentlichen konstant geschildertes Störungsbild, das auch mit der aktuellen Diagnose der LWL-Klinik Herne übereinstimmt_ Die zuvor noch zusätzlich gestellte Diagnose einer sexuellen Deviation bzw. eines sexuellen Sadismus (ICD-10 F 65.5) ist bereits von dem Sachverständigen Dr. M. in seinem Gutachten vom 11.12.2011 abgelehnt worden, auch dieser Sachverständige ging von einer Borderline-Persönlichkeitsstörung bei dem Beschwerdeführer aus. Die Diagnose der sexuellen Deviation bzw. des sexuellen Sadismus war erkennbar auf bloße Schilderungen des Untergebrachten zurückzuführen, der in der Vergangenheit gegenüber ihn begutachtenden Sachverständigen immer wieder Tötungs- oder Vergewaltigungsphantasien geschildert hatte, die er allerdings niemals auch nur versucht hatte, in die Tat umzusetzen. Vielmehr ist es in den 15 Jahren der Unterbringung zu keinem Zeitpunkt zu einem Gewaltausbruch gegen Menschen seitens des Beschwerdeführers gekommen. Lediglich einmal im Jahre 2004/2005 hatte der Untergebrachte sich einer Krankenschwester, die im Rahmen der Unterbringung tätig war, körperlich genähert und war von Pflegern überwältigt worden, er hatte seinerzeit angegeben, er habe die Krankenschwester vergewaltigen wollen. Auch hier kam es aber letztlich zu keinem körperlichen Übergriff. Der Beschwerdeführer ist auch nicht entsprechend vorbestraft, es finden sich lediglich Vorstrafen wegen Beförderungserschleichung und wegen Diebstahls und falscher Verdächtigung.
Sämtliche Gutachten seit dem Gutachten des Sachverständigen S. vom 01.03.2005 stimmen dann überein, dass die Behandlungsaussichten des Beschwerdeführers gering sind, da dieser nicht therapiewillig sei, teilweise sind die Sachverständigen (so die Sachverständige Dipl.-Psychologin D. in ihrem Gutachten vom 15.06.2008) auch der Ansicht, der Beschwerdeführer sei nicht behandlungsfähig.
Eine erhöhte Gefährlichkeit des Beschwerdeführers war lediglich anfänglich in den Gutachten S. vom 01.03.2005, D. vom 15.06.2008 und Dr. M. vom 11.12.2001 beschrieben worden, wobei schon in dem letztgenannten Gutachten offenblieb, welche Straftaten denn eigentlich von dem Beschwerdeführer zu erwarten seien. Demgegenüber hatte der Sachverständige Prof. Dr. K. bereits in seinem Gutachten vorn 27.12.2013 ausgeführt, dass eine sexuelle Deviation bei dem Beschwerdeführer nicht belegbar sei, da es nicht zu entsprechenden Handlungen gekommen sei. Sadistische Phantasien in postpubertärer Phase seien Ausdruck der jetzt zurückgetretenen destruktiven Tendenzen des Beschwerdeführers. Es habe keinerlei psychotische Episode zur Tatzeit gegeben. Eine extrarurale Gefährlichkeit des Beschwerdeführers sei nicht einschätzbar, wobei derzeit nichts für neue Gewalttaten spreche. Erforderlich sei bei ihm eine Therapie zur Herstellung sozialer Basiskompetenzen.
Der Sachverständige Dr. P. ist in seinen Gutachten vom 04.11.2016 und vom 15.05.2017 zu der Bewertung gelangt, dass von dem Beschwerdeführer nur dann ein Aggressionsdelikt drohe, wenn es erneut zu einer hoch spezifischen, hoch Konflikthaften und konfusionsträchtigen Partnerbeziehung des Untergebrachten komme, in der er sich gefangen wähne und gleichzeitig nicht in der Lage sei, sich Hilfe zu suchen oder zu bekommen. Diese Einschätzung hat der Oberarzt Dr. L. der LWL-Klinik Herne im Rahmen seiner Anhörung vor dem Senat am 05.07.2017 ausdrücklich geteilt.
Ein Sadismus sei - so der Sachverständige Dr. P. weiter - nicht feststellbar, das Umsetzen von Gewaltphantasien angesichts des langjährigen gewaltlosen Lebens des Untergebrachten nicht zu erwarten. Auch wenn es bislang zu keiner längerfristigen Stabilität im therapeutischen Bereich und zu einer wünschenswerten kontinuierlichen Therapie bei dem Beschwerdeführer gekommen sei, bestünde derzeit keine konkreten und gegenwärtigen Anhaltspunkte für eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades für die erkrankungsbedingte Begehung erheblicher Straftaten, durch weiche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt würden, bei dem Beschwerdeführer. Wünschenswert sei bei ihm den Weg in die Freiheit durch fortschreitende Lockerungen und Erprobung in der Langzeitbeurlaubung vorzubereiten, sollte dies im Falle der Erledigung der Unterbringung nicht möglich sein, sei aber jedenfalls eine genügende Übergangszeit zu geben, damit die Entlassung in Freiheit ausreichend vorbereitet werden könne.
Der Senat hat sich diesen Ausführungen des Sachverständigen Dr. P., die vollumfänglich mit der Einschätzung durch den Oberarzt Dr. L. der LWL-Klinik Herne und im Kern auch mit den Ausführungen des Sachverständigen Prof. K. in seinem Gutachten vom 27.12.2013 - jedenfalls hinsichtlich der nicht feststellbaren extra-muralen Gefährlichkeit im Hinblick auf neue Gewalttaten - übereinstimmen, nach eigener Sachprüfung angeschlossen. Die anderslautende (frühere) Bewertung der Klinik, zuletzt ausgedrückt in ihrer Stellungnahme vom 19.04.2017, hat den Senat nicht überzeugt. Die Klinik hat dort von einer wechselnden Stimmungslage mit wiederholten impulsartigen Durchbrüchen von Aggressivität bei dem Beschwerdeführer gesprochen und hat die Befürchtung geäußert, dass aufgrund des Umstandes, dass dieser noch keine entsprechenden Gegenstrategien erlernt und entwickelt habe außerhalb des Klinikrahmens mit schweren körperlichen Gewalthandlungen des Beschwerdeführers zu rechnen sei, falls dieser in eine Konfliktsituation komme, zumindest sei eine solche Gefahr nicht hinreichend sicher auszuschließen. Diese Bewertung genügt bereits nicht den Anforderungen des § 67d Abs. 6 S. 2 i. V. m. Abs. 3 S. 1 StGB. Danach muss nämlich die Gefahr neuer Straftaten positiv festgestellt werden, dass sie jedenfalls nicht hinreichend sicher auszuschließen ist, vermag die Fortdauer der Unterbringung nicht zu tragen (vgl. BT-Drucksache 18/7244, S. 33; KG Berlin, Beschluss vom 5. Oktober 2016 5 Ws 116/16, juris, Rdnr. 11; Senat, Beschluss vorn 25. April 2017 III-3 Ws 164/17).
Die Klinik hat sich in ihrer Stellungnahme auch nicht mit dem von dem Sachverständigen Dr. P. nach Ansicht des Senates zutreffend in den Vordergrund seiner Erwägungen gestellten Umstand auseinandergesetzt, dass nur auf der Grundlage einer hoch spezifischen Paarbeziehung zu einem anderen Menschen überhaupt mit aggressiven Durchbrüchen seitens des Untergebrachten zu rechnen sei. Insgesamt kann einfach nicht übersehen werden, dass der Untergebrachte zwar vielfältig hoch dramatische Geschichten über seine innerliche Befindlichkeit, möglicherweise auch verbunden mit der Verfolgung eines bestimmten Zieles im Rahmen der Unterbringung, formuliert hat, dass es dabei im Rahmen der gesamten Unterbringung zu keinem massiven Gewaltausbruch des Untergebrachten gekommen ist, insbesondere auch nicht im Jahre 2004, 2005 bei dem Vorfall mit der Krankenschwester, der nach der Bewertung des Sachverständigen Dr. P. (im Rahmen der Anhörung vom 05.07.2017) heute keine prognostische Aussagekraft mehr hat.
4. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt gem. § 67 d Abs. 3 S. 2 StGB Führungsaufsicht ein. Im Sinne der auch von dem Sachverständigen Dr. P. geforderten geordneten Entlassungsvorbereitung (und entsprechend dem durch den Verteidiger übermittelten Wunsch des Beschwerdeführers) hat der Senat eine Frist von sechs Monaten für den Eintritt der Erledigung gewählt. Dies erscheint auch unter dem Verhältnismäßigkeits-grundsatz als angemessen. Anlass für eine Abkürzung der Höchstfrist der Führungsaufsicht gern. § 68 c Abs. 1 S. 2 StGB hat der Senat nicht gesehen. Der Senat hat dem Beschwerdeführer für die Dauer der Führungsaufsicht einen Bewährungshelfer bestellt, § 68a Abs. 1, 2.Hs. StGB.
Die nähere Ausgestaltung der Führungsaufsicht hat der Senat im Hinblick darauf, dass angesichts der erst in sechs Monaten erfolgenden Erledigung der Maßregel heute noch nicht sicher abzuschätzen sein wird, welche Entwicklung der Untergebrachte nehmen wird und welche Maßnahmen dann angemessen sind, der dann zuständigen Strafvollstreckungskammer übertragen.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 3 StPO analog.
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