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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ws 67/17 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Für die Beurteilung, ob ein Antragsteller im Klageerzwingungsverfahren durch eine falsche Versicherung an Eides statt verletzt ist, ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Antrages auf gerichtliche Entscheidung bzw. der Entscheidung des Oberlandesgerichts darüber maßgebend.
2.
Die Verletzteneigenschaft bei einem behaupteten Rechtspflegedelikt (konkret: falsche Versicherung an Eides statt) ist nicht (mehr) gegeben, wenn sich zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oberlandesgerichts im Klageerzwingungsverfahren die behauptete Tat nicht merkbar auf die Entscheidung und Prozesslage in dem zu Grunde liegenden Verfahren ausgewirkt hat.

Senat: 4

Gegenstand: Antrag auf gerichtliche Entscheidung

Stichworte: Klageerzwingungsverfahren, Aussagedelikt; Verletzter, Verletzteneigenschaft

Normen: StPO 172

Beschluss:

Strafsache
In pp.
hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 09.05.2017 beschlossen:

Der Antrag wird als unzulässig verworfen.

Gründe:
I.
Die Antragstellerin befand sich vom 1. Oktober 2015 bis zum 14. Mai 2016 in einer Bürogemeinschaft mit dem Beschuldigten. Dieser war Hauptmieter der Büroräume und sie hatte darin einen Raum zur Nutzung untergemietet. Die Antragstellerin stellte eine neue Mitarbeiterin ein und verlangte vom Beschuldigten, dieser einen Schlüssel für die Kanzleiräume auszuhändigen. Als der Beschuldigte dieser Aufforderung nicht nachkam, stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, gerichtet auf Herausgabe eines Kanzleischlüssels. In diesem Verfahren überreichte der Beschuldigte eine Schutzschrift und eine eidesstattliche Versicherung, in der er versicherte, den vollständigen Namen und die Adresse dieser Mitarbeiterin nicht zu kennen und aus diesem Grunde den Schlüssel nicht ausgehändigt zu haben. Diese eidesstattliche Versicherung sowie eine weitere eidesstattliche Versicherung vom 3. Mai 2016 sind nach dem Vortrag der Antragstellerin falsch, da der Beschuldigte im Rahmen der Unterzeichnung einer Verschwiegenheitsverpflichtung der neuen Mitarbeiterin deren Namen und Adresse erfahren habe. In dem Verfahren fand eine mündliche Verhandlung statt, in der der Beschuldigte den Anspruch der Antragstellerin anerkannte, woraufhin das Gericht ein Anerkenntnisurteil erließ und dem Beschuldigten auch die Kosten des Verfahrens auferlegte.

Am 18. Mai 2016 erstattete die Antragstellerin eine Strafanzeige gegen den Beschuldigten wegen Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung. Mit Bescheid vom 24. November 2016, zugestellt am 28. November 2016, hat die Staatsanwaltschaft Münster das Ermittlungsverfahren gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 5. Dezember 2016 Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung eingelegt, woraufhin mit Bescheid vom 13. Januar 2017, zugestellt am 18. Januar 2017, das Ermittlungsverfahren erneut gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist. Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 23. Januar 2017 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde ist durch Bescheid der Generalstaatsanwältin vom 24. März 2017, zugestellt am 28. März 2017, zurückgewiesen worden. Gegen diesen Beschwerdebescheid richtet sich der am 13. April 2017 eingegangene Antrag der Antragstellerin auf gerichtliche Entscheidung gem. § 172 Abs. 2 S. 1 StPO vom 12. April 2017.

II.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung war schon nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin als unzulässig zu verwerfen, da die Antragstellerin nicht Verletzte im Sinne des § 172 Abs. 1 S. 1 StPO des allenfalls in Betracht kommenden Offizialdelikts der falschen Versicherung an Eides statt gem. § 156 StGB ist.

Diese Eigenschaft ist jedoch grundlegende Voraussetzung für die Antragsbefugnis und damit für die Zulässigkeit eines Klageerzwingungsantrags (vgl. OLG Düsseldorf NStZ 1995, 49).

Verletzt im Sinne der Vorschrift ist danach nur derjenige, der durch die behauptete Tat – ihre tatsächliche Begehung unterstellt – in seinen rechtlich anerkannten Interessen beeinträchtigt ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 172 Rdnr. 9 m.w.N.). Erforderlich ist jeweils eine unmittelbare Beeinträchtigung der Rechte, Rechtsgüter oder rechtlich anerkannten Interessen. Ein allgemeines oder persönliches Interesse oder eine nur mittelbare Beeinträchtigung vermögensrechtlicher oder persönlicher Rechte reicht dagegen nicht aus (OLG Hamm, Beschluss vom 17.08.2006, 2 Ws 181/06).

Dem Beschuldigten wird von der Antragstellerin vorgeworfen, eine falsche Versicherung an Eides statt abgegeben zu haben. Verletzter der Aussagedelikte der §§ 153 ff. StGB ist jedoch zunächst nur die Rechtspflege, die durch falsche Aussagen gefährdet wird. In Rechtsprechung und Schrifttum ist inzwischen weitgehend anerkannt, dass grundsätzlich auch diejenigen Verfahrensbeteiligten verletzt sein können, zu deren Nachteil eine Entscheidung beeinflusst worden ist. Hierbei genügt jede infolge des Aussagedelikts eingetretene Verschlechterung und Gefährdung der Beweislage für die Annahme einer unmittelbaren Beeinträchtigung der Rechtsposition (OLG Düsseldorf NStZ 1995, 49; OLG Frankfurt MDR 1974, 1036). Für die Beurteilung, ob die Antragstellerin durch eine falsche Versicherung an Eides statt verletzt ist, ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Antrags auf gerichtliche Entscheidung bzw. der Entscheidung des Senats darüber maßgebend (OLG Frankfurt, NStZ-RR 2002, 174; LR-Graalmann-Scheerer, StPO, 26. Aufl., § 172 Rdnr. 71 m.w.N.). Die Verletzteneigenschaft ist mithin nicht gegeben, wenn sich zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat das behauptete Rechtspflegedelikt nicht merkbar auf die Entscheidung und Prozesslage ausgewirkt hat (vgl. OLG Hamm NJW 1961, 1687). An diesen Maßstäben gemessen, ist die Antragstellerin nicht Verletzte im Sinne von § 172 Abs. 1 S. 1 StPO. Die Betrachtung aus heutiger Sicht zeigt, dass durch das behauptete Delikt die Entscheidung nicht zum Nachteil der Antragstellerin beeinflusst worden ist. Der Beschuldigte hat nämlich in der mündlichen Verhandlung den Anspruch der Antragstellerin anerkannt, woraufhin ein Anerkenntnisurteil ergangen ist; dem Beschuldigten sind zudem auch die Verfahrenskosten auferlegt worden. Damit hat die Antragstellerin vollständig obsiegt und eine – unterstellte – falsche Versicherung an Eides statt durch den Beschuldigten hat sich nicht nachteilig für sie auf den Ausgang des Verfahrens ausgewirkt.


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