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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 336/17 OLG Hamm

Leitsatz: Über die Beschwerde kann ohne die nach § 124 Abs. 2 Satz 3 StPO vorgesehene Gelegenheit zur mündlichen Begründung der Anträge sowie zur Erörterung über durchgeführte Ermittlungen entschieden werden, wenn keine Anträge vorliegen, die mündlich erörtert werden könnte, und auch keine zu erörternden Ermittlungen durchgeführt wurden.

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Verfall, Sicherheit, Beschwerde

Normen: StPO 124

Beschluss:

Strafsache
In pp.
hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 08.08.2017 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

Der Verurteilte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:
I.
Der Verurteilte befand sich vom 22. September 2016 bis zum 10. November 2016 in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt C aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Bielefeld vom 11. August 2015 (9 Gs 3714/15), zuletzt in Form des Haftfortdauerbeschlusses des Landgerichts Bielefeld vom 7. März 2017.

Mit Beschluss vom 8. November 2016 verschonte das Landgericht Bielefeld den Verurteilten von der Haft, und zwar unter der Bedingung, dass er oder ein anderer für ihn bis zum 30. November 2016 eine Sicherheitsleistung von 10.000,00 € durch Einzahlung bei der Gerichtskasse hinterlegt. Ferner wurde der Verurteilte angewiesen, bei seinem Bruder C in H Wohnung zu nehmen, jeden Wohnsitzwechsel binnen 24 Stunden anzugeben und sich zweimal wöchentlich, montags und freitags persönlich bei der für seinen Wohnort zuständigen Polizeibehörde zu melden. In Erfüllung dieses Beschlusses hinterlegte der Beteiligte C am 10. November 2016 bei dem Amtsgericht Bielefeld einen Betrag in Höhe von 10.000,00 €. Am 6. Dezember 2016 teilte der Verurteilte mit, er lebe nunmehr bei seiner Schwester in E.

Der Verurteilte wurde mit Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 7. März 2017 wegen Zuhälterei in Tateinheit mit drei rechtlich zusammenfallenden Fällen der vorsätzlichen Körperverletzung und wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt, gleichzeitig wurde die Unterbringung des Verurteilten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Der Haftbefehl des Amtsgerichts Bielefeld vom 11. August 2015 in der Form des Beschlusses der Kammer vom 4. November 2016 wurde nach Maßgabe des Urteils aufrechterhalten, der Verurteilte blieb haftverschont. Das gegen dieses Urteil gerichtete Rechtsmittel der Revision nahm der Verurteilte mit Schreiben seiner Verteidigerin vom 27. Juni 2017, bei dem Landgericht Bielefeld eingegangen am 29. Juni 2017, zurück.

Da der Verurteilte der Meldeauflage, die er bei der Dienststellenbehörde der Polizei E erfüllte, nur unzureichend nachkam, beraumte der Vorsitzende der Kammer mit Verfügung vom 8. Juni 2017 Anhörungstermin zur Überprüfung der Invollzugsetzung des Haftbefehls und Verfallerklärung der Sicherheitsleistung für den 22. Juni 2017 an. Der Verurteilte wurde gegen Zustellungsurkunde unter der bekannten Anschrift in E geladen. Die Ladung wurde durch Niederlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt. Zu dem Anhörungstermin am 22. Juni 2017 erschien der Verurteilte nicht. Dem Beteiligten C wurde die Teilnahme an der nichtöffentlichen Sitzung gestattet und er wurde informatorisch angehört. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 22. Juni 2017 und den Berichterstattervermerk vom 26. Juni 2017 (Bl. 84 ff. Protokollband, Bl. 750 Hauptakte).

Mit Beschluss vom 26. Juni 2017 hat das Landgericht Bielefeld den Haftbefehl des Amtsgerichts Bielefeld vom 11. August 2015 wieder in Vollzug gesetzt und die Sicherheit, die im Hinblick auf den Haftverschonungsbeschluss geleistet worden ist, für verfallen erklärt. Der Beschluss wurde der Verteidigerin des Verurteilten am 27. Juni 2017 zugestellt. Mit Telefax-Schreiben seiner Verteidigerin vom 3. Juli 2017, bei dem Landgericht Bielefeld eingegangen am selben Tag, hat der Verurteilte sofortige Beschwerde eingelegt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde des Verurteilten als unbegründet zu verwerfen.

II.
Die gem. § 124 Abs. 2 Satz 2 StPO statthafte und innerhalb der Frist des § 311 Abs. 2 StPO eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.

1. Das Rechtsmittel des Verurteilten ist dahin aufzufassen, dass es sich nur gegen die den Verfall aussprechende bzw. bestätigende Entscheidung richtet. Soweit die Kammer in dem angefochtenen Beschluss auch den Haftverschonungsbeschluss aufgehoben und den Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt hat, ist die Entscheidung durch den Eintritt der Rechtskraft des Urteils aufgrund der Revisionsrücknahme prozessual überholt. Davon geht ersichtlich auch der Verurteilte selbst aus, da er das Rechtsmittel (entsprechend der Regelung in § 124 Abs. 2 S. 2 StPO) als sofortige Beschwerde bezeichnet hat (so auch OLG Köln, Beschluss vom 6. Januar 2010 – 2 Ws 613/09, juris, Rdnr. 5).

2. Das Verfahren des Landgerichts erweist sich im Ergebnis als verfahrensfehlerfrei, auch wenn der Beteiligte C entgegen § 124 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht ausdrücklich zu einer Erklärung aufgefordert worden ist.

a) Der Beteiligte C hat für den Verurteilten i. S. d. § 124 Abs. 2 Satz 1 StPO Sicherheit geleistet und ist somit als „Dritter“ an dem Verfahren zu beteiligen.

aa) Mit „Dritter“ ist derjenige gemeint, der nach § 116a Abs. 1 StPO für den Beschuldigten eine Bürgschaft leistet, d.h. wer die Sicherheit im eigenen Namen zu seinen Gunsten erbracht hat (OLG Köln, Beschluss vom 2. Oktober 2009 – 2 Ws 462/09, juris, Rdnr. 11; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 123, Rdnr. 3). Art und Höhe der Sicherheitsleistung wird durch das Gericht nach seinem Ermessen bestimmt (§ 116a Abs. 2 StPO). Hält das Gericht eine Sicherheitsleistung durch eine andere Person als den Beschuldigten, also durch „Bürgschaft geeigneter Personen” (§ 116a Abs. 1 Satz 1 StPO), welche hier im Sinne einer Zahlungsverpflichtung eines Dritten als Alleinschuldner zu verstehen ist (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 116a, Rdnr. 4), für ausreichend, so muss dies in dem Beschluss über die Außervollzugsetzung des Haftbefehls zum Ausdruck kommen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5. September 1989 – 1 Ws 788/89, NStZ 1990, 97).

bb) Der Haftverschonungsbeschluss vom 8. November 2016 sah in Ziffer 1) ausdrücklich vor, dass der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt wird, wenn „der Angeklagte oder ein anderer für ihn“ bis zum 30. November 2016 eine Sicherheit von 10.000,00 € durch Einzahlung bei der Gerichtskasse hinterlegt. Der Bruder des Verurteilten, der in Umsetzung dieser Regelung einen Betrag in Höhe von 10.000,00 € hinterlegt hat, ist daher unzweifelhaft Beteiligter i. S. v. § 124 Abs. 2 Satz 1 StPO.

b) Eine Erklärungsfrist i. S. d. § 124 Abs. 2 Satz 1 StPO wurde dem Beteiligten C nicht gesetzt. Ob der darin liegende Gehörsverstoß dadurch geheilt werden kann, dass im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Äußerung gegeben wird (zum Meinungsstand KK-Schultheiß, StPO, 7. Aufl., § 124, Rdnr. 9 und HK-Posthoff, StPO, 5. Aufl., § 124, Rdnr. 15; für eine Heilung u.a. OLG Köln, Beschluss vom 6. Januar 2010 – 2 Ws 613/09, juris, Rdnr. 7; dagegen, d.h. Aufhebung und Zurückverweisung OLG Hamm, Beschluss vom 6. Juli 1995 – 2 Ws 331/95, juris), muss nicht entschieden werden, da dem Beteiligten C bereits im erstinstanzlichen Verfahren in einer dem Zweck des § 124 Abs. 2 Satz 1 StPO genügenden Weise rechtliches Gehör gewährt wurde.

aa) Durch die Regelung des § 124 Abs. 2 Satz 1 StPO soll demjenigen, dessen Vermögensinteressen durch den Verfall der Sicherheit berührt sind, die Gelegenheit gegeben werden, sich zu den Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 StPO zu äußern und gegebenenfalls auf die Entscheidung Einfluss zu nehmen, indem er zur Sachverhaltsaufklärung beiträgt oder den Beschuldigten bewegt, sich dem Verfahren zu stellen; denn in aller Regel werden nur solche Personen Sicherheit leisten, die dem Beschuldigten persönlich verbunden sind.

bb) Vorliegend wurde dem Beteiligten C die Teilnahme am Anhörungstermin der Kammer am 22. Juni 2017 gestattet. In dem Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung heißt es abschließend „Es bestand Gelegenheit zur Stellungnahme, Stellungnahmen wurden nicht abgegeben“. Ausweislich des Berichterstattervermerks vom 26. Juni 2017 wurde der Beteiligte C persönlich angehört und machte Angaben zu dem möglichen Aufenthaltsort des Verurteilten. Zudem gestattete die Kammer ihm den Versuch, telefonischen Kontakt mit einer Person aufzunehmen, die den Verurteilten eine Woche zuvor gesehen haben soll.

cc) Bei einer solchen Sachlage wäre es unnötige Förmelei, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Verfahren zurückzuverweisen, zumal der Verfall bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 StPO ohne Weiteres eintritt und der Beschluss der Kammer vom 26. Juni 2017 lediglich feststellende Wirkung hat. Der Sachverhalt ist im Übrigen auch unter Berücksichtigung der eigenen Erklärungen des Verurteilten anlässlich eines Telefonats mit dem Vorsitzenden der Kammer vom 27. Juni 2017 vollständig aufgeklärt.

c) Den übrigen Verfahrensbeteiligten wurden ebenfalls in ausreichendem Maße rechtliches Gehör gewährt. In Bezug auf den Verurteilten hat das Landgericht einen Anhörungstermin anberaumt, der auch der Entscheidung über die Verfallerklärung der Sicherheitsleistung dienen sollte, und dem Verurteilten die Ladung unter der bekannten Anschrift förmlich zugestellt. Dabei waren auch die Mitteilung der Polizeibehörde in E vom 8. Juni 2017 und die übersandten Meldelisten beigefügt. In gleicher Weise wurden beide Verteidiger des Verurteilten geladen. Die Staatsanwaltschaft hatte ebenfalls Gelegenheit zur Stellungnahme, § 33 Abs. 2 StPO.

3. Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 StPO liegen vor, denn der Angeklagte hat sich der Untersuchung entzogen.

a) Der Beschuldigte entzieht sich der Untersuchung nur, wenn er subjektiv darauf abzielt oder zumindest bewusst in Kauf nimmt, den Fortgang des Strafverfahrens zu verhindern, und das objektiv den Erfolg hat, dass etwa erforderliche verfahrensrechtliche Maßnahmen zumindest zeitweise nicht ungehindert – notfalls durch zwangsweise Gestellung – durchgeführt werden können. Der Begriff der Untersuchung umfasst das gesamte Strafverfahren einschließlich aller notwendigen verfahrensrechtlichen Maßnahmen, auch den Widerruf der Haftverschonung und die Vollziehung des Haftbefehls zur Sicherung der weiteren Verfahrensdurchführung (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26. Juli 1991 – Ws 119/91, NStZ 1992, 204; HK-Posthoff, StPO, 5. Aufl., § 124, Rdnr. 4; KK-Schultheiß, StPO, 7. Aufl., § 124, Rdnr. 3). Der bloße Ungehorsam, die unterlassene Mitwirkung am Strafverfahren oder ein Verstoß gegen Haftverschonungsauflagen nach § 116 StPO erfüllen noch nicht automatisch das Merkmal des Sich-Entziehens. Reagiert der Beschuldigte z.B. auf eine Ladung nicht, bleibt es aber möglich, ihn vorzuführen oder zu verhaften, so liegt kein Fall des § 124 Abs. 1 StPO vor. Ebenso wenig entzieht sich der Beschuldigte durch eine Verletzung der Meldepflicht, wenn er andererseits der Polizei seine neue Anschrift mitgeteilt hat. Ein aktives Sich-Entziehen ist erst anzunehmen, wenn sich der Beschuldigte etwa von seiner Wohnung ohne Hinterlassung seiner Anschrift entfernt (HK-Posthoff, StPO, 5. Aufl., § 124, Rdnr. 6; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 124, Rdnr. 4; KK-Schultheiß, StPO, 7. Aufl., § 124, Rdnr. 3; BGH, Beschluss vom 4. November 1970 – 4 ARs 43/70, juris, Rdnr. 11; OLG Hamm, Beschluss vom 21. Dezember 1995 – 2 Ws 638/95, NJW 1996, 736; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5. September 1989 – 1 Ws 788/89, NStZ 1990, 97, 98; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 9. Juli 2001 – 3 Ws 352/01, NStZ-RR 2001, 381); dabei ist gleichgültig, ob der Beschuldigte während der Zeit seiner Unauffindbarkeit oder Abwesenheit in der Sache selbst „benötigt“ wird, es reicht aus, wenn infolge seines Verhaltens neue Verfolgungsmaßnahmen eingeleitet werden (OLG Köln, Beschluss vom 2. Oktober 2009 – 2 Ws 462/09, juris, Rdnr. 8).

b) Gemessen hieran, ist der Verfall der Sicherheit eingetreten. Das Landgericht hat den einschlägigen Prüfungsmaßstab zutreffend erkannt und in Bezug auf die Entscheidung betreffend den Verfall nicht auf den Verstoß gegen die Meldeauflagen, sondern darauf abgestellt, dass der Verurteilte seit mehr als zwei Wochen nicht mehr an seinem Wohnsitz gewesen ist und seitdem auch ohne Kontakt zur Familie und Verteidigern war; sein Aufenthaltsort war mithin zum Zeitpunkt der Entscheidung allen Verfahrensbeteiligten unbekannt. Die Richtigkeit dieser Ausführungen wird durch die in dem Telefonvermerk des Vorsitzenden vom 27. Juni 2017 niedergelegten eigenen Angaben des Verurteilten bestätigt, denn der Verurteilte hat eingeräumt, einen Drogenrückfall erlitten zu haben, weswegen er sich nicht mehr gemeldet habe. Soweit er gleichzeitig mitgeteilt hat, er habe sich in E aufgehalten, ergibt sich aus dem Berichterstattervermerk vom 26. Juni 2017, dass er sich tatsächlich nicht unter seiner Meldeanschrift bei seiner Schwester, sondern an einem anderen Ort aufgehalten hat, weswegen letztlich kein Kontakt zu Familienangehörigen bestand. Auch wenn dies nicht Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes des § 124 Abs. 1 StPO ist, stand der Verurteilte infolge seines Verhaltens für eine konkrete gerichtliche Maßnahme nicht zur Verfügung, denn er ist unentschuldigt zu dem Anhörungstermin am 22. Juni 2017 nicht erschienen. Da er untergetaucht war, wäre auch eine Vorführung oder Verhaftung mangels Kenntnis des Aufenthaltsorts nicht möglich gewesen.

c) Auch die subjektive Seite des „Sich-Entziehens“ i.S.d. § 124 Abs. 1 StPO kann festgestellt werden. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm weist in ihrer Antragsschrift vom 20. Juli 2017 zutreffend darauf hin, dass angesichts der Gesamtumstände davon auszugehen ist, dass sich der Verurteilte dem Verfahren bedingt vorsätzlich entzogen hat. Denn bereits am 24. April 2017 hat ein Beamter des Polizeipräsidiums E dem Landgericht Bielefeld mitgeteilt, dass der Verurteilte seinen Meldepflichten aus dem Haftverschonungsbeschluss vom 8. November 2016 seit dem 11. März 2017 nicht mehr nachgekommen sei, woraufhin der Vorsitzende der Kammer telefonisch mit dem Verurteilten Rücksprache genommen hat. In diesem Telefonat wurde dem Verurteilten deutlich gemacht, dass ein solches Verhalten nicht nur den Widerruf des Haftverschonungsbeschlusses, sondern auch den Verfall der Sicherheitsleistung zur Folge haben kann. Gleichwohl kam es in der Folgezeit zu weiteren Verstößen gegen die Meldeauflage, und der Verurteilte meldete sich letztmalig am 22. Mai 2017 bei der Polizeidienststelle in I und übermittelte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Aus diesem Verhalten kann jedenfalls auf bedingten Vorsatz in Bezug auf das Sich-Entziehen geschlossen werden.

4. Der Senat hat seine Entscheidung ohne die nach § 124 Abs. 2 Satz 3 StPO vorgesehene Gelegenheit zur mündlichen Begründung der Anträge sowie zur Erörterung über durchgeführte Ermittlungen getroffen, obwohl die Verteidigerin nicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet hat. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann nach der Rechtsprechung verschiedener Obergerichte dann abgesehen werden, wenn die Entscheidung des Senats dadurch nicht beeinflusst werden kann (OLG Stuttgart, Beschluss vom 24. April 1987 – 1 Ws 106/85, juris (LS); OLG Hamm, Beschluss vom 22. September 1992 – 4 Ws 325/92, juris, Rdnr. 5; Beschluss vom 21. Dezember 1995 – 2 Ws 638/95, NJW 1996, 736, 737; Beschluss vom 28. Mai 1996 – 2 Ws 190/96, NStZ-RR 1996, 270, 271; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 124, Rdnr. 10; KK-Schultheis, StPO, 7. Aufl., § 124, Rdnr. 12; a.A. HK-Posthoff, StPO, 5. Aufl., § 124, Rdnr. 16). Auch insoweit kann dahin stehen, ob diese Auffassung zutrifft. Denn die Generalstaatsanwaltschaft hat auf eine mündliche Erörterung des von ihr gestellten Antrags verzichtet. In Bezug auf die übrigen Beteiligten liegen keine Anträge vor, die mündlich erörtert werden könnten. Der Verurteilte hat die mit Einlegung der Beschwerde angekündigte Beschwerdebegründung nicht zu den Akten gereicht. Im Übrigen hat der Senat keine eigenen Ermittlungen durchgeführt, nachdem im erstinstanzlichen Verfahren eine vollständige Sachverhaltsaufklärung stattgefunden hat und das Landgericht, obwohl dies nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, eine mündliche Anhörung durchgeführt hat.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.


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