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Rechtsprechung

Aktenzeichen: OLG Hamm

Leitsatz: Der Begriff der Beschäftigung im Sinne des § 284 SGB III umfasst ausschließlich Tätigkeiten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Gefälligkeitsverhältnisse unterliegen dagegen nicht der Arbeitser¬laubnispflicht des § 284 Abs. 1 Satz 1 SGB.

Senat: 3

Gegenstand: Revision Rechtsbeschwerde Beschwerde Haftprüfung durch das OLG Pauschgebühr Justizverwaltungssache Antrag auf gerichtliche Entscheidung

Stichworte: Beschäftigung ; Arbeitsverhältnisses, Gefälligkeitsverhältnis; Arbeitserlaubnispflicht

Normen: SGB III 284

Beschluss:

3 Ss OWi 553/06 OLG Hamm

Bußgeldsache
gegen O.O.
wegen Beschäftigung eines ausländischen Arbeitnehmers ohne erforderliche Arbeitsgenehmigung.

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen vom 27. April 2006 gegen das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 27. April 2006 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 12. September 2006 durch die Richterin am Oberlandesgericht als Einzelrichterin gem. § 80 a Abs. 1 OWiG nach Anhörung und auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststel¬lungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bielefeld zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Durch das angefochtene Urteil vom 27.04.2006 hat das Amtsgericht Bielefeld die Betroffene wegen vorsätzlicher Beschäftigung eines ausländischen Arbeitnehmers ohne erforderliche Arbeitsgenehmigung gem. §§ 284 Abs. 1, 404 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 SGB III, 17 OWiG zu einer Geldbuße von 1.500,00 € verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Betroffene durch ihren Verteidiger mit der Rechtsbeschwerde, die am 27.04.2006 bei dem Amtsgericht Bielefeld eingegangen ist und die die Betrof¬fene nach Zustellung des Urteils an ihren Verteidiger am 08.06.2006 durch am 10.07.2006 eingegangenen Schriftsatz ihres Verteidigers mit der Rüge der Verlet¬zung sachlichen und formellen Rechts unter näheren Ausführungen begründet hat.

Zu dem Rechtsmittel der Betroffenen hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 08.08.2006 folgendes ausgeführt:

"Die Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig erhoben und form- und fristge¬recht begründet worden. In der Sache ist ihr ein zumindest vorläufi¬ger Erfolg nicht zu versagen.

Die auf die erhobene allgemeine Sachrüge gebotene Überprüfung des Urteils deckt Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen auf. Die getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um einen Verstoß der Betroffenen gemäß § 404 Abs. 2 Nr. 2 SGB III i. V. m. § 284 SGB III zu begründen.

Der Begriff der Beschäftigung im Sinne des § 284 SGB III umfasst ausschließlich Tätigkeiten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Gefälligkeitsverhältnisse unterliegen dagegen nicht der Arbeitser¬laubnispflicht des § 284 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Das Arbeitsverhältnis ist u. a. dadurch gekennzeichnet, dass die Erbringung einer Tätigkeit und die gewährten Sachbezüge in einem gegenseitigen Abhängig¬keitsverhältnis stehen (OLG Hamm, Beschluss vom 23.11.2000
- 1 Ss OWi 1037/00 - = NStZ-RR 2001, 180 f.).

Nach diesen Maßstäben müssen die Urteilsfeststellungen zweifels¬frei belegen, dass ein Ausländer eine Beschäftigung im Sinne des § 284 Abs. 1 Satz 1 SGB III ausgeübt hat. Es bedarf tragender Er¬kenntnisse dazu, dass die Betroffene den Ausländer in einem ab¬hängigen Arbeitsverhältnis beschäftigt hat. Hierzu ist nicht nur die Darlegung der konkreten handwerklichen Arbeiten erforderlich, viel¬mehr bedarf es auch einer umfassenden Aufklärung, wie sich die Beziehungen zwischen dem Arbeitnehmer und der Betroffenen im Einzelnen gestaltet haben.

Hieran fehlt es jedoch. Das angefochtene Urteil hat zwar die von dem Ausländer durchgeführten Arbeiten noch hinreichend konkret bezeichnet und weiterhin festgestellt, dass dieser hierfür von der Be¬troffenen "zumindest" Kost und Logis erhalten habe. Hingegen fehlen Feststellungen , nach denen die Betroffene Arbeitgeberin und der beschäftigte Ausländer Arbeitnehmer im Sinne des § 284 SGB III gewesen sind. Insbesondere hat das Gericht keine Feststellungen zu der Abhängigkeit zwischen den gewährten Leistungen der Betroffe¬nen einerseits und den Arbeiten des Osteuropäers andererseits und zu dessen Weisungsgebundenheit getroffen. Nach der Einlassung der Betroffenen lag ein Gefälligkeitsverhältnis vor, da sie mit dem Ausländer jahrelang freundschaftlich verbunden gewesen sei. Zwar schließt ein freundschaftliches Verhältnis zu derjenigen Person, wel¬che Arbeiten ausführt, ein entgeltliches Abhängigkeitsverhältnis und damit die Arbeitnehmereigenschaft nicht grundsätzlich aus. Indessen ist der unbestimmte Begriff der Freundschaft nicht geeignet, ein Ge¬fälligkeitsverhältnis von einem abhängigen Arbeitsverhältnis abzu¬grenzen. Hierzu bedarf es vielmehr objektiver Kriterien, insbesondere über die Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses, über die das an¬gefochtene Urteil jedoch schweigt.

Insbesondere aufgrund der Einlassung der Betroffenen und des Um¬standes, dass das Gericht keine Entlohnung des Beschäftigten fest¬stellen konnte, hätte es detaillierter Aufklärung hierüber unter Befra¬gung des Zeugen K. bedurft. Die insoweit getroffenen Feststellun¬gen des Tatrichters zum Beschäftigungsverhältnis lassen bei for¬meller Betrachtung die Annahme eines Gefälligkeitsverhältnisses ebenso wie die eines Arbeitsverhältnisses zu. Auch bleibt offen, wo¬her das Gericht die Erkenntnis nimmt, dass das Arbeitsverhältnis auf 10 Tage angelegt gewesen sei. Hierzu hat sich die Betroffene nicht eingelassen. Das Gericht stützt aber die Annahme eines Arbeitsver¬hältnisses gerade auf die beabsichtigte Dauer der Tätigkeit, die einen Freundschaftsdienst in zeitlicher Hinsicht überschreite.

Das Gericht wird daher weitere Feststellungen zu der Ausgestaltung der Beziehungen zwischen der Betroffenen und dem Beschäftigten treffen müssen.

Da das Urteil bereits aufgrund der erhobenen Sachrüge der Aufhe¬bung unterliegt, kommt es auf die Zulässigkeit und Begründetheit der weiter erhobenen formellen Rügen nicht an."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung.
Da das angefochtene Urteil auf den aufgezeigten Mängeln beruht, war es aufzuhe¬ben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Ab¬teilung des Amtsgerichts Bielefeld, die auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde zu entscheiden haben wird, zurückzuverweisen.



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