Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss 397/06 OLG Hamm

Leitsatz: Die formgemäße Begründung der Ver¬fahrensrüge, die Aufhebung der Bestellung eines Pflicht¬verteidigers sei zu Unrecht abgelehnt worden, erfordert die Mitteilung der hierzu von dem An¬geklagten sowie von dem Verteidiger abgegebenen Erklärungen erfordert.

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Verfahrensrüge; Begründung; Ablehnung der Aufhebung einer Pflichtverteidigerbestellung;

Normen: StPO 344

Beschluss:

Strafsache
gegen G.B.
wegen vorsätzlicher Körperverletzung u.a.,
(hier: a) Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Land-
gerichts Bielefeld vom 08.05.2006,
b) Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss
des Landgerichts Bielefeld vom 25.07.2006).
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der XI. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 08.05.2006 sowie auf seine Beschwerde gegen den Be¬schluss derselben Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 25.07.2006 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 21. 09. 2006 durch den Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung und auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:

Die Revision wird als offensichtlich unbegründet verworfen, da die Nachprü¬fung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsrecht¬fertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten der Rechtsmittel trägt der Angeklagte (§ 473 Abs. 1 StPO).

Gründe:
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift vom 31.08.2006 Folgendes ausgeführt:

" I.

Das Amtsgericht - Strafrichter - Herford hat den Angeklagten mit Urteil vom 30.11.2005 (3 Ds 11 Js 913/05 - 470/05) wegen vorsätzlicher Körperverlet¬zung in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchter Nötigung und in einem weiteren Fall in Tateinheit mit Bedrohung zu einer Gesamtfrei¬heitsstrafe von 10 Monaten verurteilt. (Bl. 184 ff d.A.). Die Berufung des Ange¬klagten hat das Landgericht Bielefeld mit Urteil vom 08.05.2006 (11 Ns 11 Js 913/05 - B 1/06 XI) verworfen (Bl. 439 ff d.A.). Das Landgericht Bielefeld hat wegen einer offenbaren Unrichtigkeit betreffend die Schreibweise des Vorna¬mens des Angeklagten das Protokoll berichtigt (Bl. 514 d.A.) und mit Be¬schluss vom 27.07.2006 das Rubrum geändert (Bl. 511 d.A.)., der der Pflicht¬verteidigerin am 28.07.2006 zugestellt worden ist (Bl. 519 d.A.). Gegen das der Pflichtverteidigerin am 22.06.2006 (Bl. 499 d.A.) zugestellte Urteil hat der Angeklagte mit Schriftsatz seiner Verteidigerin vom 08.05.2006, beim Land¬gericht Bielefeld am 09.05.2006 eingegangen (Bl. 429 d.A.), Revision ein¬gelegt und diese mit Schriftsatz vom 10.07.2006, am selben Tag beim Landgericht Bielefeld eingegangen (Bl. 502 ff d.A.), begründet und zugleich beantragt, die Pflichtverteidigerin zu entpflichten. Diesen Antrag hat das Landgericht Bielefeld mit Beschluss vom 25.07.2006 (Bl. 508 d.A., Lese¬abschrift Bl. 509 f d.A.) abgelehnt, der hiergegen eingelegten Beschwerde vom 08.08.2006 (Bl. 523 d.A.) hat es mit Beschluss vom 09.08.2006 nicht abgeholfen (Bl. 524 d.A., Leseabschrift Bl. 525 d.A.).

II.

Die rechtzeitig eingelegte und frist- und formgerecht begründete Revision ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegründet.

1. Verfahrensrügen:
Nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO müssen bei einer Revision, die mit der Verlet¬zung einer Rechtsnorm über das Verfahren begründet wird, die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden. Diese sind so vollständig und aus sich heraus verständlich vorzutragen, dass das Revisionsgericht allein aufgrund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vor¬liegt, sofern das tatsächliche Vorbringen zutrifft (zu vgl. Meyer-Goßner, StPO, 49. Auflg., § 344, Rdn. 24 m.w.N.).

a) Soweit die Revision die fehlerhafte Ablehnung des Beweisantrages rügt, dürfte das Revisionsvorbringen noch den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügen. Entgegen dem Revisionsvorbringen ist ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls der Beweisantrag jedoch von der Kammer zu¬rückgewiesen worden (zu vgl. Bl. 416, 420 d.A.). Die Ablehnung des Beweis¬antrages erfolgte auch zu Recht. Die Kammer hat eine Lichtbildmappe zu den Örtlichkeiten in Augenschein genommen und den Zeugen KOK Tacke ver¬nommen. Eine zusätzliche Augenscheinseinnahme der Örtlichkeiten durch das Gericht war daneben nicht geboten (§ 244 Abs. 5 S. 1 StPO), so dass der Beweisantrag zu Recht abgelehnt worden ist, zumal sich die genauen Sicht¬verhältnisse zur Tatzeit aufgrund des ständigen Wachstums der Lebens¬bäume nicht rekonstruieren lassen.

b) Soweit gerügt wird, dass die Pflichtverteidigerin nicht entpflichtet und ein an¬derer Verteidiger zum Pflichtverteidiger bestellt worden ist, sind keinerlei Tat¬sachen für die Behauptung dargelegt worden, dass das Vertrauensverhältnis zu der Pflichtverteidigerin gestört ist. Diese wurde auf Antrag des Beschuldig¬ten (Bl. 74 d.A.) beigeordnet. In der Folgezeit meldeten sich zwei weitere Wahlverteidiger (Bl. 84, 211 d.A.), die beide ihr Mandat niedergelegt haben. Auch aus den Eingaben des Angeklagten (Bl. 203, 208, 281 und 297 d.A.) er¬geben sich keine konkreten Hinweise auf ein gestörtes Vertrauensverhältnis zu seiner Pflichtverteidigerin; vielmehr glaubt der Angeklagte irrtümlich, den Pflichtverteidiger nach Belieben wechseln zu können. Zu Recht ist daher ein anderer Pflichtverteidiger nicht beigeordnet worden.

2. Sachrüge:

Auch die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gebotene Überprü¬fung des Urteils deckt Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht auf. Die widerspruchsfreien und nicht gegen Denk- und Erfahrungssätze ver¬stoßenden Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten.

Auch die Strafzumessungserwägungen halten rechtlicher Nachprüfung Stand. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des tatrichterlichen Ermessens und daher vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob Rechtsfehler vorliegen. Diese liegen insbesondere vor, wenn der Tatrichter von einem fal¬schen Strafrahmen ausgegangen ist, wenn seine Erwägungen in sich wider¬sprüchlich oder sonst fehlerhaft sind, wenn er gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen oder diese außer Acht gelassen hat oder wenn sich die verhängte Strafe von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit nach oben oder unten löst, dass ein grobes Missverhältnis zwi¬schen Schuld und Strafe besteht (zu vgl. BGH, NStZ 1990, 334). Derartige Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten weisen die Strafzumessungser¬wägungen nicht auf. Das Landgericht ist von dem zutreffenden Strafrahmen ausgegangen und hat pflichtgemäß die für und gegen den Angeklagten spre¬chenden Umstände abgewogen (§ 46 StGB), insbesondere die verbüßte Un¬tersuchungshaft strafmildernd berücksichtigt.

Auch die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen gemäß § 47 Abs. 1 StGB be¬gegnet keinen Bedenken. Die Kammer hat zutreffend auf die zahlreichen Vor¬strafen des Angeklagten, der bereits dreimal Freiheitsstrafen verbüßt hat, ab¬gestellt.

Die Gesamtstrafenbildung ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Schließlich begegnet es keinen Bedenken, dass die verhängte Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Insbesondere aufgrund der zahl¬reichen Voreintragungen, des mehrfachen Bewährungsversagens und der Tatsache, dass auch wiederholte Strafverbüßung den Angeklagten nicht von weiteren Straftaten hat abhalten können, tragen die negative Sozialprognose der Kammer.

Das gemäß § 349 Abs. 3 Satz 1 StPO Erforderliche habe ich veranlasst.

III.

Die namens des Angeklagten eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss vom 25.07.2006 (Bl. 523 d.A.), von der der Angeklagte allerdings offensichtlich keine Kenntnis hat (zu vgl. Bl. 531 d.A.), ist zulässig, jedoch aus den oben ge¬nannten Gründen zu II. 1.b) unbegründet."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Sachprü¬fung an und macht sie zur Grundlage seiner Entscheidung.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die formgemäße Begründung der Ver¬fahrensrüge (§ 344 Abs. 2 S. 2 StPO), die Aufhebung der Bestellung eines Pflicht¬verteidigers sei zu Unrecht abgelehnt worden, die Mitteilung der hierzu von dem An¬geklagten sowie von dem Verteidiger abgegebenen Erklärungen erfordert (BGH, NStZ 2004, 632, 633). Ob das Verhalten eines Verteidigers geeignet ist, das Ver¬trauen des Angeklagten zu zerstören, kann nämlich regelmäßig ohne Kenntnis und Erklärung des Verteidigers hierzu nicht beurteilt werden. Auch insoweit gilt Ver¬gleichbares wie bei der Ablehnung eines Richters, dessen dienstliche Erklärung je nach ihrem Inhalt zunächst berechtigt erscheinendes Misstrauen ausräumen kann (BGH, a.a.O.). Hierzu schweigt die Revision, so dass die entsprechende Verfahrens¬rüge sich auch aus diesem Grund als unzulässig erweist.



zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".