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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 (s) Sbd. VIII-233/05 OLG Hamm

Leitsatz: Ist das Verfahren nur „besonders schwierig“ wird im Hinblick auf das neue Tatbestandsmerkmal der „Unzumutbarkeit“ in § 51 Abs. 1 RVG die Gewährung einer Pauschgebühr i.d.R. nicht in Betracht kommen.


Senat: 2

Gegenstand: Pauschgebühr

Stichworte: Pauschgebühr; nur besondere Schwierigkeit; Unzumutbarkeit

Normen: RVG 51

Beschluss:

2 (s) Sbd. VIII – 233/05 OLG Hamm
Strafsache

gegen C:C.
wegen Aussetzung eines Kindes, (hier: Pauschgebühr für die bestellte Verteidigerin gemäß § 51 RVG).

Auf den Antrag der Rechtsanwältin L. in Gelsenkirchen vom 13. Januar 2005 auf Bewilligung einer Pauschgebühr für die Pflichtverteidigung der früheren Angeklagten hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 10. 01. 2006 durch die Richterin am Oberlandesgericht - als Einzelrichterin gemäß §§ 51, 42 Abs. 3 Satz 1 RVG - nach Anhörung des Leiters des Dezernats 10 der Verwaltungsab¬teilung des Oberlandesgerichts beschlossen:

Der Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr wird abgelehnt.

Gründe:
Die Antragstellerin begehrt für ihre Tätigkeit in der ersten Instanz als gerichtlich bestellte Verteidigerin vor dem Bezirksjugendschöffengericht Gelsenkirchen die Gewährung einer Pauschgebühr, deren Höhe sie mit 600,00 EURO beziffert hat.
Diesen Antrag versteht der Senat dahingehend, dass eine Pauschgebühr begehrt wird, die die gesetzlichen Gebühren um 600,00 EURO übersteigt.
Hinsichtlich ihrer Tätigkeiten im Einzelnen wird auf die Stellungnahme des Leiters des Dezernats 10 vom 9. Dezember 2005 Bezug genommen, die der Antragstellerin bekannt ist und in der deren Tätigkeitsumfang zutreffend dargestellt ist.

Das Verfahren war „besonders schwierig“ im Sinne von § 51 Abs. 1 RVG. Zur Frage, wann ein Verfahren „besonders schwierig“ ist, hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung zu § 99 BRAGO fest, da das RVG insoweit keine Änderungen gebracht hat (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 17. Februar 2005 in 2 (s) Sbd. VIII 11/05). Die bisherige Rechtsprechung ist damit anwendbar. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung war nach der insoweit maßgeblichen Einschätzung des Vorsitzenden des Bezirksjugendschöffengerichts das Verfahren aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen besonders schwierig.

Das Verfahren war hingegen nicht „besonders umfangreich“. Insoweit schließt sich der Senat der Einschätzung des Vertreters der Staatskasse an.

Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG ist eine Pauschgebühr jedoch nur dann zu bewilligen, wenn die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit „nicht zumutbar“ sind. Diese ausdrückliche Betonung des Zumutbarkeitsgesichtspunktes ist neu und soll den Ausnahmecharakter der Pauschgebühr betonen, die diese wegen der neu geschaffenen Gebührentatbestände in Zukunft haben soll. Der Gesetzgeber hat mit dieser Formulierung die (ausnahmsweise) Gewährung von Pauschgebühren aber darüber hinaus nicht noch weiter einschränken wollen (vgl. hierzu Burhoff/Burhoff, RVG, Straf- und Bußgeldsachen, § 51 Rdnr. 23).
Die Voraussetzungen der Unzumutbarkeit sind nach Auffassung des Senats in der Regel dann gegeben, wenn das Verfahren bzw. der Verfahrensabschnitt als sowohl „besonders schwierig“ und zudem als „besonders umfangreich“ anzusehen ist (vgl. Senat, a.a.O.). Vorliegend handelt es sich jedoch allein um ein „besonders schwieriges“ Verfahren. Die Unzumutbarkeitsgrenze kann zwar auch bereits dann erreicht sein, wenn lediglich ein Kriterium des § 51 RVG erfüllt ist. Die Grenze zur Unzumutbarkeit hat der Senat beispielsweise in dem Fall als überschritten angesehen, in dem es sich bei dem Angeklagten um eine äußerst problematische Persönlichkeit gehandelt hat (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 23. Mai 2005 in 2 (s) Sbd. VIII – 104/05). Derlei Umstände, die die gesetzlichen Gebühren als unzumutbar erscheinen lassen, sind vorliegend aber weder von der Antragstellerin vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. Der Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr ist zwar darauf gestützt worden, dass es sich um eine besonders umfangreiche und schwierige Strafsache gehandelt habe. Die Begründung erschöpft sich insoweit jedoch in erster Linie in Ausführungen zum Umfang des Verfahrens.
Soweit die Antragstellerin die Bedeutung der Sache für die ehemalige Angeklagte hervorgehoben hat, handelt es sich hierbei ohnehin nicht um ein maßgebliches Kriterium für den Schwierigkeitsgrad einer Strafsache. Aber auch der Umstand, dass die im Wesentlichen von Anfang an geständige Angeklagte verschiedene Versionen des Tathergang geschildert hat, führt nicht dazu, die gesetzlichen Gebühren als unzumutbar anzusehen.
Nach alledem musste der Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr erfolglos bleiben.



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