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Rechtsprechung

Aktenzeichen: (2) 4 Ausl. A 3/07 (45 u. 46/07) OLG Hamm

Leitsatz: Zum gewöhnlichen Aufenthalt i.S. des IRG.

Senat: 2

Gegenstand: Auslieferungssache

Stichworte: Auslieferungssache; gewöhnlicher Aufenthalt; Europäischer Haftbefehl;

Normen: IRG 15

Beschluss:


Auslieferungssache (vorläufiger Auslieferungshaftbefehl)
betreffend den litauischen Staatsangehörigen R.D.
wegen Auslieferung des Verfolgten aus Deutschland nach Litauen zur Strafverfolgung,
(hier: Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft sowie Beiordnung eines Pflichtbeistands).
Auf die Anträge der Generalstaatsanwaltschaft in Hamm vom 30. Januar 2007 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 01. 02. 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und
den Richter am Landgericht beschlossen:
1.
Gegen den Verfolgten wird die vorläufige Auslieferungshaft angeordnet.
2.
Der Antrag des Verfolgten vom 12. Januar 2007, ihm Rechtsanwalt Z. in Paderborn zum Beistand zu bestellen, wird abgelehnt.
Gründe:
Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Antrag, gegen den Verfolgten die vorläufige Auslieferungshaft anzuordnen, u.a. wie folgt begründet:
"Interpol Vilnius, eine im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 IRG zuständige Behörde (zu vgl. Art. 16 Abs. 3 des EuAlÜbk) hat mit bei dem Bundeskriminalamt eingegangenen Fernschreiben (BI. 3 f. d. A.) um die Auslieferung des Verfolgten nach Litauen zur Strafverfolgung wegen Erpressung gebeten. Das Ersuchen ist gestützt auf den Europäischen Haftbefehl der Generalstaatsanwaltschaft der Republik Litauen vom 25.08.2006 (Nr. 14.3-309 (BI. 5 d. A.)), der jedoch noch nicht übermittelt worden ist. Insoweit sind die litauischen Behörden über das BKA um umgehende Übersendung gebeten worden.
In dem Fahndungsersuchen wird dem Verfolgten folgender Sachverhalt zur Last gelegt:
Mitte Februar 2006 soll die gesondert Verfolgte C.N. mit einem Mobiltelefon bei dem gesondert Verfolgten K. angerufen haben, der in der Haftanstalt Marijampole eine Strafe verbüßte und ihn dazu angestiftet haben, die Geschädigte J. einzuschüchtern und Geld einzufordern. Vom 20. bis 23.02.2006 kam der gesondert Verfolgte K. dieser Aufforderung nach und rief täglich bei der Geschädigten an und verlangte unter Drohungen gegen sie und ihre Familie 690 LTL monatlich oder einmalig 5.000 LTL (entspricht 200,00 bzw. 1. 111,00 €). Das Geld sollte auf das Konto Nr. XXXXXXXXXXXXX des Verfolgten bei der Hansabank überwiesen
werden. Als Gegenleistung sollte das Geschäft der Geschädigten geschützt werden. Da sich das Opfer weigerte, auf die Forderungen einzugehen, beauftragte der gesondert Verfolgte K. den Verfolgten und einen weiteren Mittäter, die Haustür und die Fensterläden des Firmengebäudes des Opfers in P.City in Brand zu setzen. Diesen Auftrag erledigten der Verfolgte und sein Mittäter am 22.04.2006 gegen 2:30 Uhr und richteten einen Schaden in Höhe von 5.000 LTL an. Am 22.04.2006 gegen 10:00 Uhr rief der gesondert Verfolgte K. das Opfer J. erneut an, drohte ihr mit der weiteren Zerstörung ihres Eigentums und verlangte für sich und seine Komplizen Geld in unbestimmter Höhe.
Der Verfolgte ist am 11.01.2007 in Paderborn festgenommen worden und befindet sich seitdem aufgrund der Festhalteanordnung des Amtsgerichts Paderborn vom 12.01.2007 (BI. 21 d.A.) in Haft in der Justizvollzugsanstalt Herford (BI. 29 d. A.).
Die Voraussetzungen für die Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft sind gegeben.
Die dem Festnahmeersuchen zugrunde liegenden Taten entsprechen den Voraussetzungen des § 83 a IRG. Die beiderseitige Strafbarkeit ist, da es sich um Katalogtaten im Sinne des Rahmenbeschlusses zum Europäischen Haftbefehl handelt, nicht zu prüfen.
Anhaltspunkte dafür, dass der Verfolgte deutscher Staatsangehöriger sein könnte, liegen nicht vor.
Soweit der Verfolgte pauschal die Begehung der Tat in Abrede stellt und behauptet, er kenne die weiteren an der Tat angeblich beteiligten Personen gar nicht, liegt darin kein besonderer Umstand, der Anlass zu der Prüfung geben könnte, ob der Verfolgte der ihm zur Last gelegten Tat hinreichend verdächtig erscheint.
Gemäß § 10 Abs. 2 IRG findet im Auslieferungsverfahren eine Tatverdachtsprüfung hinsichtlich der einem Verfolgten von dem ersuchenden Staat zur Last gelegten Straftaten nur in ganz besonderen Ausnahmefällen statt. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier ersichtlich aber nicht vor.
Die Täterschaft wird der ersuchende Staat in dem dort weiter durchzuführenden Strafverfahren zu untersuchen und festzustellen haben.
Die von der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme nicht konkretisierten Lebensverhältnisse des Verfolgten stellen sich nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen der Polizei so dar, dass er hier meldebehördlich nicht erfasst ist und sich offensichtlich - zusammen mit seiner Freundin - im Drogenmilieu bewegt hat und dort auch beobachtet worden ist.
Der Umstand, dass sich der Verfolgte weder gegenüber der Polizei noch bei seiner Vorführung vor dem Amtsgericht Paderborn in deutscher Sprache verständigen konnte, spricht zudem dagegen, dass er neben den bereits aufgezeigten Gesichtspunkten hier in der Bundesrepublik Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt haben könnte.
Es ist daher davon auszugehen, dass sich der Verfolgte dem weiteren Auslieferungsverfahren entziehen wird und der Zweck der Auslieferungshaft, nämlich die Auslieferung und die Übergabe des Verfolgten an die litauischen Behörden sicherzustellen, ohne die Anordnung und den Vollzug der vorläufigen Auslieferungshaft nicht erreicht werden kann.
Der anlässlich der Vernehmung durch die Richterin beim Amtsgericht Paderborn von dem anwesenden Rechtsanwalt Z. aus Paderborn - offensichtlich für den Verfolgten - gestellte Antrag auf seine Beiordnung war abzulehnen, da die Voraussetzungen des § 40 IRG, insbesondere des Absatzes 2 dieser Vorschrift, für die Beiordnung eines Beistands unter keinem Gesichtspunkt vorliegen.
Es handelt sich um ein einfach gelagertes und allenfalls durchschnittliches Auslieferungsverfahren, das die Beiordnung eines Pflichtbeistandes nicht erfordert.
Weder die Sach- oder Rechtslage ist schwierig, so dass deshalb die Mitwirkung eines Beistands geboten wäre, noch ist ersichtlich, dass der Verfolgte seine Rechte nicht selbst hinreichend wahrnehmen könnte. Soweit er der deutschen Sprache nicht mächtig ist, wird ihm anlässlich der Verkündung von Beschlüssen bei der dann erforderlichen Anhörung ein Dolmetscher zur Seite gestellt werden, was vorliegend ausreichend erscheint.
Dies gilt umso mehr, als im Auslieferungsverfahren gemäß § 10 Abs. 2 IRG eine Tatverdachtsprüfung in der Regel nicht stattfindet und insoweit Erörterungen und ausführlichere Darlegungen zum Sachverhalt selbst nicht geboten sind.
Die vorstehende Entscheidung betreffend die Ablehnung der Beiordnung eines Beistands ist eine alleinige Entscheidung des mitunterzeichnenden Senatsvorsitzenden (§ 40 Abs. 3 IRG i.V.m. § 141 Abs. 4 StPO).




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