Aktenzeichen: 3 Ws 28/07 OLG Hamm und 3 Ss 11/07 OLG Hamm |
Leitsatz: Zur Begründung eines Wiedereinsetzungsantrag gegen ein die Berufung verwerfendes Urteil muss der Angeklagte einen Sachverhalt vortragen, der ein der Wiedereinsetzung entgegenstehendes eigenes Verschulden ausschließt. Erforderlich ist eine genaue Darstellung der Umstände, die für die Frage, wie und gegebenenfalls durch welche Umstände es zu der Versäumung der Berufungshauptverhandlung gekommen ist, bedeutsam sind. |
Senat: 3 |
Gegenstand: Revision; Beschwerde |
Stichworte: Berufungsverwerfung; Ausbleiben des Angeklagten; genügende Entschuldigung; Wiedereinsetzungsantrag; |
Normen: StPO 329; StPO 44; |
Beschluss: Strafsache gegen P.E. wegen Betruges (hier: a) sofortige Beschwerde der Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Essen vom 16.11.2006 über die Versagung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung b) Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 06.10.2006). Auf die sofortige Beschwerde der Angeklagten gegen den Beschluss der XIII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 16.11.2006 sowie auf ihre Revision gegen das Urteil derselben kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 06.10.2006 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 18. 01. 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung und auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen. Die sofortige Beschwerde der Angeklagten gegen den Beschluss der XIII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 16.11.2006 wird auf ihre Kosten (§ 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet verworfen. Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil der XIII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 06.10.2006 wird auf Kosten der Angeklagten (§ 473 Abs. 1 StPO) als unzulässig verworfen. Gründe: Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 09.01.2007 zu den Rechtsmitteln der Angeklagten folgendes ausgeführt: "I. Die XIII. kleine Strafkammer des Landgerichts Essen hat durch Urteil vom 06.10.2006 die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 11.05.2006 gem. § 329 Abs. 1 StPO verworfen (Bl. 287 R, 288 R Bd. II d. A.). Das Urteil ist dem Verteidiger am 19.10.2006 zugestellt worden (Bl. 290 Bd. II d. A.). Mit Schreiben ihres Verteidigers vom 26.10.2006, per Telefax eingegangen beim Landgericht Essen am selben Tage (Bl. 292 Bd. II d. A.) hat die Angeklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung beantragt und für den Fall der Nichteinsetzung hilfsweise gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 06.10.2006 Revision eingelegt. Die Strafkammer hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Beschluss vom 16.11.2006 verworfen (Bl. 307 - 308 Bd. II d. A.). Gegen diesen, dem Verteidiger am 22.11.2006 zugestellten (Bl. 312 Bd. II d. A. - EB noch nicht bei den Akten -), Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Angeklagten vom 28.11.2006, die per Telefax am selben Tage bei dem Landgericht Essen eingegangen ist (Bl. 312 Bd. II d. A.). II. Die gem. §§ 329 Abs. 3, 46 Abs. 3 StPO statthafte und fristgerecht (§ 311 StPO) eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zwar ist der Wiedereinsetzungsantrag der Angeklagten entgegen der Auffassung des Landgerichts Essen nicht wegen Verspätung unzulässig. Er ist am 26.10.2006 und damit innerhalb der Wochenfrist des § 329 Abs. 3 StPO, die mit der nach § 145 a Abs. 1 StPO wirksamen Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe an den Pflichtverteidiger am 19.10.2006 zu laufen begonnen hatte, bei dem zuständigen Gericht eingegangen. Auf den Zeitpunkt der Kenntnis der Angeklagten von dem Verwerfungsurteil kommt es nicht an. Die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrages wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Angeklagte in ihrem Antrag ihr Entschuldigungsvorbringen, wegen Krankheit an der Teilnahme an der Berufungshauptverhandlung gehindert gewesen zu sein, lediglich wiederholt und somit keine neuen Tatsachen vorträgt. Der Grundsatz, dass eine Wiedereinsetzung nicht mit der gleichen Tatsachenbehauptung beantragt werden kann, mit der ein Angeklagter sein Nichterscheinen bereits entschuldigt hat, gilt nämlich dann nicht, wenn es das Berufungsgericht wie hier versäumt hat, diese Tatsachen in dem Urteil nach § 329 Abs. 1 StPO als nicht ausreichend zu würdigen (zu vgl. Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., § 329, Rdnr. 42, OLG München, NStZ 1988, 377). Der Wiedereinsetzungsantrag ist jedoch nicht begründet. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungshauptverhandlung kann nach §§ 329 Abs. 3, 44 Satz 1 StPO nur dem Angeklagten gewährt werden, der ohne Verschulden gehindert war, den Termin wahrzunehmen. Die Angeklagte hatte dazu einen Sachverhalt vorzutragen, der ein der Wiedereinsetzung entgegenstehendes eigenes Verschulden ausschließt. Erforderlich ist eine genaue Darstellung der Umstände, die für die Frage, wie und gegebenenfalls durch welche Umstände es zu der Versäumung der Berufungshauptverhandlung gekommen ist, bedeutsam sind (OLG Hamm, VRS 96, 439, OLG Köln, NStZ-RR 2002, 42, Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., § 329, Rdnr. 42). Nach § 45 Abs. 2 StPO sind diese Tatsachen zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages bei Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Diesen Anforderungen genügt das Wiedereinsetzungsgesuch der Angeklagten nicht. Sie hat weder im einzelnen substantiiert dargelegt, welches Krankheitsbild sie an der Teilnahme der Berufungshauptverhandlung hinderte, noch dieses Vorbringen glaubhaft gemacht. Es wird lediglich pauschal ausgeführt, dass sie unter asthmatischen Anfällen leide, die dazu führten, dass sie ihre Wohnung nicht verlassen könne. Sie hätte jedoch im einzelnen darzulegen gehabt, inwieweit ein solcher Asthmaanfall am Tag der Berufungshauptverhandlung vorgelegen hat und welche Beeinträchtigungen sich hierdurch ergeben haben. Der Bezug zu der dem Antrag beigefügten Bescheinigung der Ärztin (richtig: des Arztes, Senat) Dr. med. M. K., nach welcher die Angeklagte sich fernmündlich dort in der Praxis gemeldet und mitgeteilt haben soll, dass sie unter starker Luftnot leide, ist nicht geeignet den Schluss zuzulassen, dass sie tatsächlich ohne Verschulden an einer Teilnahme an der Berufungshauptverhandlung gehindert war. Zudem fehlt es, an der für ein Wiedereinsetzungsgesuch erforderlichen Glaubhaftmachung der vorgebrachten Tatsachen, da die Angeklagte lediglich eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt hat, aus der sich weder eine Diagnose noch sonst ein Hinweis auf die Art ihrer Erkrankung ergibt. Der sofortigen Beschwerde ist daher der Erfolg zu versagen. III. Die fristgerecht eingelegte Revision ist unzulässig. Gem. § 344 Abs. 1 StPO muss der Revisionsführer die Erklärung abgeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage und die Anträge begründen. Beim Verwerfungsurteil kann mit der Revision nur die Verletzung des § 329 StPO geltend gemacht werden. Die entsprechende Rüge muss den Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO genügen. Diesen Erfordernissen genügt die Revision nicht. Mit Schreiben vom 26.10.2006 hat die Angeklagte für den Fall der Verwerfung ihres Wiedereinsetzungsantrages Revision eingelegt und nach Zustellung des Urteils des Landgerichts Essen am 19.10.2006 innerhalb der Revisionsbegründungsfrist lediglich mit Schriftsatz vom 31.10.2006 ihre Wiedereinsetzungsgründe dargelegt. Die Behauptung von Tatsachen, die einen Mangel des Urteils begründen könnten, liegt darin indessen nicht. Die Revision ist damit unzulässig." Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Sachprüfung an und macht sie zur Grundlage seiner Entscheidung. |
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