Aktenzeichen: 3 Ss OWi 79/07 OLG Hamm |
Leitsatz: Zum Umfang der erforderlichen Feststellungen bei einem qualifizierten Rotlichtverstoß. |
Senat: 3 |
Gegenstand: Rechtsbeschwerde |
Stichworte: Rotlichtverstoß; qualifizierter; Feststellungen; Umfang; Anforderungen; |
Normen: StVO 37; StPO 267 |
Beschluss: Bußgeldsache gegen J.S. wegen Verkehrsordnungswidrigkeit. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 16. Oktober 2006 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 21. 02. 2007 durch die Richterin am Oberlandesgericht als Einzelrichterin gem. § 80 a Abs. 1 OWiG nach Anhörung und auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen: Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde an das Amtsgericht Bielefeld zurückverwiesen. Gründe: I. Das Amtsgericht Bielefeld hat den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen § 37 Abs. 2 StVO zu einer Geldbuße von 125,00 und einem Fahrverbot von einem Monat verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde, die er unter näheren Ausführungen mit der Verletzung materiellen Rechts begründet hat. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben. II. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat zumindest vorläufig Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Bielefeld. Zu dem Rechtsmittel des Betroffenen hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 12. Februar 2007 u. a. folgendes ausgeführt: Das angefochtene Urteil ist bereits deshalb auf die erhobene Sachrüge und die insoweit zutreffenden Ausführungen der Rechtsbeschwerde aufzuheben, weil dem Senat nicht die Möglichkeit eröffnet ist zu überprüfen, ob das Amtsgericht die dem Betroffenen zur Last gelegte Ordnungswidrigkeit materiell-rechtlich fehlerfrei festgestellt hat. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts erfolgte die Messung der Rotlichtdauer mit einem ordnungsgemäß geeichten Rotlichtüberwachungsgerät der Firma Traffipax Typ THP III. Der Einsatz eines solches Geräts stellt ein sogenanntes standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Oberlandesgerichte dar (zu vgl. BGHSt 46, 358; OLG Hamm, NZV 2000, 426). Für die Feststellungen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 7 StVO genügt mithin, wie allgemein beim Einsatz standardisierter Messverfahren, die Angabe des konkret verwendeten Gerätetyps, des gewonnenen Messergebnisses, sowie eines etwaig zu beachtenden Toleranzwertes. Der Tatrichter ist zu weiteren Darlegungen hinsichtlich des Messverfahrens und Ablaufes in den Urteilsgründen nicht verpflichtet. Allerdings bedarf es bei der automatischen Rotlichtüberwachung darüber hinaus seitens des Tatrichters der Mitteilung der Entfernung der Induktionsschleife von der Haltelinie, ggf. soweit vorhanden sogar die Entfernung einer zweiten Induktionsschleife von der ersten und der jeweils auf den zwei Messfotos eingeblendeten Messzeiten. Dies ergibt sich aus der Funktionsweise der automatischen Rotlichtüberwachung: Jedes Rotlichtüberwachungsgerät basiert auf der Auswertung vor dem Straßenbelag eingelassener Sensoren, die beim Überfahren von Fahrzeugen einen elektromagnetischen Impuls an die Rechnereinheit des Messgeräts geben. In den Lichtbildern der Rotlichtüberwachungsgeräte wird daher der Sensor angezeigt, der die Lichtbildfertigung ausgelöst hat. Diese Sensoren befinden sich in aller Regel nicht in der Haltelinie, die für die Rotlichtüberwachung relevant ist, vielmehr ist die Induktionsschleife in der Regel mit Abstand nach der Haltelinie angebracht. Daher muss die Fahrzeit des Fahrzeugs mit einer rekonstruierten Geschwindigkeit bis zum Erreichen der ersten Lichtbildposition detailliert berechnet und damit die Passagezeit der Haltelinie korrigiert werden. Dabei wird die mittlere Geschwindigkeit aus der Zeitdifferenz zwischen Messimpuls aus erster und zweiter Induktionsschleife errechnet, wofür die Angabe des Abstandes der beiden Messschleifen erforderlich ist (zu vgl. OLG Hamm, Senatsbeschluss vom 17.07.2006 3 SsOWi 435/06 -). Bei dem hier angewandten Messsystem Traffipax III werden alle Fahrzeuge, die während der Rotphase die Sensorschleife überfahren durch zwei Fotos registriert. Dabei kann der Abstand der beiden Fotos einstellbar zeitabhängig zwischen 0,5 und 5 Sekunden erfolgen oder durch eine zweite Induktionsschleife ein zweites Foto ausgelöst werden. Nur im letzten Fall lässt sich die mittlere Geschwindigkeit des gemessenen Fahrzeuges errechnen. Zur für das Rechtsbeschwerdegericht nachvollziehbaren Berechnung der Rotlichtdauer beim Überfahren der Haltelinie die in der Regel mit der auf dem ersten Foto angegebenen Messzeit nicht identisch ist bedarf es folglich der Darlegung im Urteil, in welcher Entfernung sich die Induktionsschleifen von der Haltelinie befinden sowie die Rotlichtzeiten beim Überfahren der ersten und zweiten Induktionsschleife. Diese Angaben sind nicht aufgrund des standardisierten Messverfahrens überflüssig, sondern dienen gerade der Berechnung der tatsächlichen Rotlichtdauer beim Überfahren der Haltelinie (zu vgl. OLG Hamm, Senatsbeschluss vom 17.07.2006, a.a.O.). Das angefochtene Urteil ist daher bereits deshalb auf die erhobene Sachrüge aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, ohne dass es auf die weiter erhobenen Rügen der Rechtsbeschwerde ankommt. Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Sachprüfung an und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung. In Anbetracht der erneuten Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass im Falle der (erneuten) Verhängung eines Fahrverbotes die Einräumung der sog. Vier-Monatsfrist gem. § 25 Abs. 2 a StVG zu berücksichtigen sein wird, da nach den bisherigen Feststellungen der Betroffene verkehrsrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten war. |
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