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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss 413/05 OLG Hamm

Leitsatz: Zur Begründung der Verhängung einer kruzfristigen Freiheitsstrafe i.S. des § 47 StGB.

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Freiheitsstrafe; kurzfristige; Begründung; Anforderungen

Normen: StGB 47; StPO 267

Beschluss:

Strafsache
gegen J.R.
wegen Urkundenfälschung

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der VI. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 15.07.2005 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 06. 12. 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft bzw. auf Antrag der Generalstaats¬anwaltschaft und nach Anhörung des Angeklagten bzw. seines Verteidigers einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den diesem zugrunde liegenden Feststellungen, und zwar sowohl hinsichtlich der ver¬hängten Einzelfreiheitsstrafen als auch in Bezug auf die ausgeworfene Ge¬samtfreiheitsstrafe aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Ent¬scheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Straf¬kammer des Landgerichts Bielefeld zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Revision als unbegründet verworfen.

Gründe:
I.
Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Minden vom 27.09.2004 wegen Urkundenfälschung in vier Fällen (Tatzeiten: Oktober und Dezember 2003) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Monaten und zwei Wochen verurteilt worden. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Bielefeld mit dem angefochtenen Urteil mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der eine Verlet¬zung materiellen Rechts gerügt wird.

II.
Die zulässige Revision hat in der Sache teilweise zumindest vorläufig Erfolg.

1. Der Schuldausspruch des angefochtenen Urteils hält einer rechtlichen Überprüfung Stand. Die auf die Sachrüge vorzunehmende materiell-rechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils hat insoweit Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten nicht erge¬ben. Die Revision des Angeklagten war daher insoweit entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.

2. Der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils kann dagegen keinen Be¬stand haben.

Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen der vier ihm zur Last gelegten Urkundsdelikte jeweils Einzelfreiheitsstrafen von einem Monat verhängt.

Nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung des § 47 StGB soll die Verhängung kurzfristiger Freiheitsstrafen weitestgehend zurückge¬drängt werden und nur noch ausnahmsweise unter ganz besonderen Umständen in Betracht kommen (vgl. BGHSt 24, 40, 42). Die Verhängung einer Freiheitsstrafe un¬ter sechs Monaten hat danach regelmäßig nur dann Bestand, wenn sie sich aufgrund einer Gesamtwür¬digung aller die Tat und den Täter kennzeichnenden Umstände als unverzichtbar erweist (vgl. BGH StV 1994, 370). Bei der Verhängung einer Freiheits¬strafe unter sechs Monaten muss sich daher aus den Urteilsgründen entnehmen las¬sen, dass der Tatrichter die Verhängung einer kurzfristigen Freiheitsstrafe gemäß § 47 Abs. 1 StGB aus spezialpräventiven Gründen oder zur Verteidigung der Rechts¬ordnung als unerlässlich ansieht.

Anhand der Strafzumessungserwägungen des Landgerichts lässt sich hier jedoch nicht nachvollziehen, warum kurzfristige Freiheitsstrafen vorliegend als einziges Reak¬tionsmittel für das dem Angeklagten vorgeworfene Fehlverhalten in Betracht kom¬men. Die dem Angeklagten zur Last gelegten Straftaten sind nicht als derart schwer¬wiegend einzustufen, dass allein schon aus diesem Grund die Verhängung von Geldstrafen nicht in Betracht kam. Vielmehr hat die Strafkammer selbst jeweils ledig¬lich die Verhängung der gesetzlichen Mindestfreiheitsstrafe von einem Monat als er¬forderliche Sanktion auf das Fehlverhalten des Angeklagten angesehen. Darüber hinaus ergibt sich aus den Urteilsgründen, dass durch die Taten nur ein geringer materieller Schaden entstanden ist. Aus dem angefochtenen Urteil lässt sich ebenfalls nicht entnehmen, dass in der Persönlichkeit des Angeklagten besondere Um¬stände in Erscheinung getreten sind, die die Verhängung einer Freiheitsstrafe als unverzichtbar erscheinen lassen. Der Angeklagte hat sich vielmehr bereits beim Amtsgericht geständig eingelassen und hat nach den Ausführungen in dem ange¬fochtenen Urteil durch die Übersendung eines Schecks in Höhe von 500,- € an den Gerichtsvollzieher Hilmer, unter dessen Namen der Angeklagte schriftlich Bestel¬lungen aufgegeben hatte, seine Bereitschaft zur Wiedergutmachung gezeigt, wobei allerdings nach den Urteilsgründen offen bleibt, ob dieser Scheck gedeckt war und tatsächlich zu einem Schadensausgleich geführt hat. Auch die in den Urteilsgründen aufgeführ¬ten Vorbelastungen des Angeklagten, die ebenso wie die hier in Rede stehenden Taten bereits jeweils längere Zeit zurückliegen, wiegen für sich allein nicht derart schwer, dass eine gesonderte Abwägung dazu, ob der Strafzweck bei den in Be¬tracht kommenden Straftaten nicht auch durch eine Geldstrafe erreicht werden könnte, hier entbehrlich war. Soweit die Strafkammer zusätzlich darauf abstellt, dass der Angeklagte die abgeurteilten Taten während des Laufes zweier Bewährungsfris¬ten begangen hat, lässt sich dies anhand der Angaben zu den Vorbelastungen des Angeklagten in dem angefochtenen Urteil nicht nachvollziehen. Mitgeteilt wird, dass der Angeklagte durch Urteil des Amtsgerichts Soltau vom 05.10.2000, rechtskräftig seit dem 13.10.2000, wegen Betruges zu einer fünfmonatigen Freiheitsstrafe unter Strafaussetzung zur Bewährung, sowie durch Urteil des Amtsgerichts Westerburg vom 19.02.2002, rechtskräftig seit dem 08.03.2003, wegen eines am 08.07.1999 be¬gangenen Betruges zu einer ebenfalls zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden ist. Angegeben wird außerdem, dass beide Strafaussetzungen zur Bewährung widerrufen worden sind, nicht aber, welche Be¬währungszeiten in den beiden vorgenannten Verurteilungen bestimmt worden sind. Geht man davon aus, dass in der Regel eine Bewährungszeit von drei Jahren fest¬gesetzt wird, so wären die im vorliegenden Verfahren abgeurteilten vier Taten (Tatzeiten: 25., 28. und 30.10.2003 sowie Anfang Dezember 2003) je¬denfalls während der durch Urteil des Amtsgerichts Westerburg vom 19.02.2002 festgelegten Bewährungszeit, die am 08.03.2003 in Lauf gesetzt worden ist, began¬gen worden. Eine durch Urteil des Amtsgerichts Soltau vom 05.10.2000 verhängte dreijährige Bewährungszeit wäre dagegen bereits am 12.10.2003, und damit vor der Begehung der hier in Rede stehenden Taten, abgelaufen gewesen. Da durch Urteil des Amts¬gerichts Soltau vom 05.10.2000 seit dem Jahre 1998 erstmals gegen den Ange¬klagten wieder eine Freiheitsstrafe verhängt worden ist, erscheint es unwahr¬scheinlich, dass von vornherein eine Bewährungszeit von fünf Jahren bestimmt worden ist. Über eine Verlängerung der Bewährungszeit enthält das angefochtene Urteil keine Anga¬ben. Auch angesichts der Tatsache, dass der Angeklagte nach den hier in Rede ste¬henden Taten Untersuchungshaft in anderer Sache sowie - erstmals - Strafhaft von etwa einem Jahr hat verbüßen müssen, wäre eine ge¬sonderte Erörterung erforderlich gewesen, ob auf die Verhängung einer Frei¬heitsstrafe nicht verzichtet werden kann.

Eine eigene Entscheidung des Senats über die Angemessenheit der verhängten Ein¬zelstrafen sowie der gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe gemäß § 354 Abs. 1 a StPO war hier nicht möglich, da noch weitere Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Wie bereits oben ausgeführt, lassen die Urteilsgründe nämlich offen, in welchem Umfang durch die Straftaten des Angeklagten ein Schaden entstanden ist, ob dieser Schaden durch die Scheckhingabe des Angeklagten ausgeglichen ist, sowie in welchem Um¬fang dem Angeklagten ein Bewährungsversagen zur Last zu legen ist.

Das angefochtene Urteil war daher im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Bielefeld zurückzuverweisen. In der erneuten Hauptverhandlung wird die Strafkammer auch Gelegenheit haben, sich unter Berücksichtigung des Vorbrin¬gens des Angeklagten in der Revisionsbegründung, er habe, obwohl er einkommens- und vermögenslos sei, an den geschädigten Gerichtsvollzieher einen Scheck in Höhe von 500,- € als Schadenswiedergutmachung übersandt, mit der Frage zu befassen, ob hier möglicherweise die Vor¬schrift des § 46 a StGB zur Anwendung kommen kann.]



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