Aktenzeichen: 3 Ss 222/07 OLG Hamm |
Leitsatz: Werden innerhalb eines Zeitraums mehrere drei Fehlversuche und anschließend ein erfolgreicher Versuch unternommen, mittels einer gestohlenen Kreditkarte, einen Geldbetrag von einem Geldautomaten zu erlange, handelt es sich um eine natürliche Handlungseinheit. |
Senat: 3 |
Gegenstand: Revision |
Stichworte: Computerbetrug; natürliche Handlungseinheit; mehrere Fehlversuche; kurzer Zeitraum; |
Normen: StGB 263a, StVG 52; |
Beschluss: Strafsache gegen M.Z. wegen Computerbetruges Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der XI. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 20. Februar 2007 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 12. 06. 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld zurückverwiesen. Gründe: I. Durch Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 08.11.2006 ist der Angeklagte wegen Computerbetruges in acht Fällen, wobei es in fünf Fällen beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden. Die Berufung des Angeklagten hat die XI. kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld durch das angefochtene Urteil vom 20. Februar 2007 mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt wird. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision, die er unter näheren Ausführungen mit der Sachrüge begründet hat. II. Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 24.05.2007 zu dem Rechtsmittel des Angeklagten u.a. Folgendes ausgeführt: Die Revision ist rechtzeitig eingelegt und form- und fristgerecht begründet worden. Ihr dürfte ein zumindest teilweiser Erfolg nicht zu versagen sein. Bei einer auf die allein erhobene Sachrüge gebotenen Überprüfung des angefochtenen Urteils in materiell-rechtlicher Hinsicht zeigt sich, dass die Feststellungen die Verurteilung des Angeklagten wegen Computerbetruges in drei vollendeten und fünf versuchten Fällen nicht tragen. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils hat der Angeklagte am 10.04.2006 innerhalb eines Zeitraums von nur vier Minuten drei Fehlversuche und anschließend einen erfolgreichen Versuch unternommen, mittels einer gestohlenen Kreditkarte, die ihm unwiderlegt zusammen mit einer PIN-Nummer von einer anderen Person übergeben worden war, einen Geldbetrag von einem Geldautomaten der Filiale Sennestadt-Zentrum der Sparkasse Bielefeld zu erlangen. Das erste Versuch war gescheitert, weil er eine falsche PIN-Nummer eingegeben hatte, der zweite und dritte Versuch waren jeweils gescheitert, weil das Limit und der verfügbare Betrag überschritten waren. Bei dem vierten Versuch an einem anderen Geldautomaten derselben Filiale erzielte der Angeklagte die Auszahlung eines Geldbetrages in Höhe von 500,- EUR. Das Landgericht hat die drei fehlgeschlagenen und den gelungenen Versuch als selbständige Taten betrachtet, sie rechtlich als einen vollendeten Fall des Computerbetruges sowie drei Fälle des versuchten Computerbetruges bewertet und für die Fälle des Versuchs Einzelstrafen von jeweils fünf Monaten Freiheitsstrafe und für den vollendeten Fall eine Einzelstrafe von sechs Monaten verhängt. Die Bewertung der genannten Tathandlungen als selbständige Straftaten erscheint rechtlich nicht zutreffend, weil die Voraussetzungen für die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit vorliegen dürften. Eine solche ist dann anzunehmen, wenn zwischen einer Mehrheit gleichgearteter, strafrechtlich erheblicher Betätigungen ein derart unmittelbarer Zusammenhang besteht, dass sich das gesamte Handeln des Täters objektiv für einen Dritten als ein einheitlich zusammengehöriges Tun darstellt (zu vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 54. Auflg., vor § 52, Rdnrn. 3 u. 4 m.w.N.). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn das Verhalten auf einer einzigen Willensentschließung beruht (BGH NStZ 1996, 493). Im vorliegenden Fall hatte der Angeklagte die Absicht, sich mit einer Kreditkarte und einer PIN-Nummer einen Geldbetrag aus einem Geldautomaten zu beschaffen. Aus der Sicht eines unbeteiligten Dritten fügen sich die in dem Zeitraum von 17.14 Uhr bis 17.18 Uhr unternommenen drei Fehlversuche und der erfolgreiche Versuch zu einem Gesamtgeschehen zusammen, so dass dementsprechend auch nur von einer strafbaren Handlung des (vollendeten) Computerbetruges auszugehen ist (zu vgl. für einen ähnlich liegenden Fall: OLG Hamm, 2. Strafsenat, Beschluss vom 28.05.2003, 2 Ss 351/03). Die vorstehenden Ausführungen geltend entsprechend für das Geschehen am 12.04.2006. Hier hatte der Angeklagte erneut von einer dritten Person eine gestohlene EC-Karte und einen Zettel mit der PIN-Nummer erhalten. Nach einem fehlgeschlagenen Versuch, bei der Filiale Stieghorst der Sparkasse Bielefeld um 18.04 Uhr unter Verwendung der EC-Karte und unter Angabe der PIN-Nummer ein Betrag in Höhe von 1.000,- EUR abzuheben, verlief der nur eine Minute später an demselben Geldautomaten unternommene Versuch, einen Geldbetrag von 500,- EUR abzuheben, nunmehr erfolgreich. Das Landgericht hat insoweit zwei rechtlich selbständige Taten des versuchten bzw. vollendeten Computerbetruges angenommen und Einzelstrafen in Höhe von fünf Monaten bzw. sechs Monaten Freiheitsstrafe verhängt. Nach den vorstehenden Ausführungen ist auch hier von einer natürlichen Handlungseinheit auszugehen, so dass das Geschehen rechtlich als ein Fall des (vollendeten) Computerbetruges zu bewerten ist. Auch für das Geschehen vom 22.05.2006 dürfte im Ergebnis nichts anderes gelten, obwohl der Sachverhalt eine Besonderheit aufweist. Dem Angeklagten waren von einer letztlich unbekannt gebliebenen Person zwei EC-Karten für zwei unterschiedliche Konten desselben Geschädigten, die diesem zuvor entwendet worden waren, nebst einem Zettel mit einer PIN-Nummer ausgehändigt worden. Der erste Versuch des Angeklagten, unter Verwendung einer der EC-Karten bei einem Bankautomaten in der Geschäftsstelle Avenwedde-Bahnhof der Sparkasse Gütersloh einen Geldbetrag in Höhe von 350,- EUR abzuheben, scheiterte, da er eine falsche PIN-Nummer eingegeben hafte. Nur drei Minuten später gelang es ihm, unter Verwendung der zweiten EC-Karte und der richtigen PIN-Nummer von demselben Bankautomaten einen Geldbetrag in Höhe von 500,- EUR abzuheben. Das Landgericht hat wiederum zwei selbständige Straftaten des versuchten bzw. vollendeten Computerbetruges angenommen und Einzelstrafen von vier Monaten bzw. sechs Monaten Freiheitsstrafe verhängt. Auch insoweit dürften nach dem oben dargestellten Maßstab die Voraussetzungen der natürlichen Handlungseinheit zu bejahen sein. Der Umstand, dass die EC-Karten von zwei verschiedenen Konten verwendet wurden, nötigt nicht zu einer anderen Betrachtungsweise. Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung. Bei den Taten vom 10.04.2006, 12.04.2006 und 22.05.2006 liegt jeweils eine natürliche Handlungseinheit vor, so dass insgesamt lediglich von drei Taten auszugehen ist und die fünf Fälle des von der Berufungskammer angenommenen Versuchs in Wegfall geraten. Bei der Tat vom 22.05.2006 sind zwar EC-Karten zweier verschiedener Konten verwendet worden, jedoch betrafen sie denselben Geschädigten und das Tatgeschehen stand auch hinsichtlich des Zeitablaufs und der Begehungsweise in einem engen natürlichen Handlungszusammenhang. Aufgrund der fehlerhaften Würdigung der Taten war das Urteil aufzuheben und die Sache an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 StPO), die auch über die Kosten der Revision zu befinden haben wird. |
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