Diese Homepage verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf die Website zu analysieren. Außerdem gebe ich Informationen zu Ihrer Nutzung meiner Website an meine Partner für soziale Medien, Werbung und Analysen weiter.

OK Details ansehen Datenschutzerklärung

Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 VAs 41/07 OLG Hamm

Leitsatz: Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, ob von der weiteren Strafvollstreckung gemäß § 456 a StPO abgesehen wird, ist einer Überprüfung im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG nur insoweit zugänglich, soweit es sich dabei um einen Rechtsakt mit unmittelbaren Auswirkungen für den Verurteilten handelt, dessen rechtlich geschütztes Resozialisierungsinteresse von dieser Entscheidung berührt wird.

Senat: 1

Gegenstand: Justizverwaltungssache

Stichworte: Abschiebung; Absehen von Vollstreckung, Justizverealtungsakt;

Normen: StPO 456a; EGGVg 23

Beschluss:

Justizverwaltungssache
betreffend I.M
wegen Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Justizbehörden, hier: Antrag auf Entscheidung gemäß § 456 a StPO.

Auf den Antrag des Oberbürgermeisters der Stadt Krefeld vom 20. April 2007 auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff. EGGVG gegen den Bescheid der Staatsanwaltschaft Krefeld vom 17. April 2007 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 26. 06. 2007 durch die Richterin am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft in Hamm beschlossen.

Der Antrag wird auf Kosten des Antragstellers als unzulässig verworfen.

Der Geschäftswert wird auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe:
I.
Der nigerianische Staatsangehörige I.M. (hier: der Betroffene) wurde vom Landgericht Krefeld am 7. Januar 2003, rechtskräftig seit diesem Tag, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Mitglied einer Bande in 46 Fällen, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln als Mitglied einer Bande sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegenwärtig verbüßt der Betroffene diese Strafe in der Justizvollzugsanstalt Geldern. Das Strafende datiert – soweit ersichtlich - auf den 2. Oktober 2010. Wegen dieser Verurteilung hat der Oberbürgermeister der Stadt Krefeld, vertreten durch den Fachbereich Ordnung (hier: Antragsteller) am 30. Juli 2004 die Ausweisung des Betroffenen verfügt und die sofortige Vollziehung der Ausweisung angeordnet. Diese Entscheidung ist nach Durchführung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens seit dem 8. Juli 2006 bestandskräftig.

Mit Schreiben vom 1. März 2007 ersuchte der Antragsteller die Staatsanwaltschaft Krefeld von der weiteren Strafvollstreckung gemäß § 456 a StPO zugunsten der Ausreisepflicht abzusehen. Die Staatsanwaltschaft kündigte zunächst mit Schreiben vom 19. März 2007 ihre Bereitschaft an, diesem Antrag entsprechen zu wollen, widerrief diese Erklärung aber mit weiterem Schreiben vom 17. April 2007. Darin teilte die Staatsanwaltschaft dem Antragsteller mit, es sei zunächst übersehen worden, dass dem Verurteilten zugesichert worden sei, bis zum 30.Juni 2007 an einer Umschulungsmaßnahme in der Justizvollzugsanstalt Geldern teilnehmen zu können. Erst nach Beendigung dieser Maßnahme könne eine Abschiebung „eventuell in Betracht“ kommen.

Der Antragsteller hatte zu diesem Zeitpunkt im Vertrauen auf die von der Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 19. März 2007 angekündigte Zurückstellung der Strafvollstreckung die Abschiebung des Betroffenen bereits für den 23. April 2007 vorgesehen und die dafür erforderlichen organisatorischen Maßnahmen getroffen. Weil er diesen Termin aufgrund des Schreibens der Staatsanwaltschaft vom 17. April 2007 gefährdet sah, wandte er sich mit Schreiben vom 18. April 2007 an die Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf und bat „dringend um ... Unterstützung“, um den Abschiebetermin weiterhin aufrechterhalten zu können. Diese Eingabe leitete der Generalstaatsanwalt – ohne selbst eine Entscheidung zu treffen - am 19. April 2007 „zuständigkeitshalber“ an den Leitenden Oberstaatsanwalt in Krefeld weiter und teilte dies dem Antragsteller auch mit.

Gegen die ablehnende Entscheidung der Staatsanwaltschaft vom 17. April 2007 richtet sich nunmehr der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff. EGGVG. Er ist der Auffassung, die Staatsanwaltschaft sei verpflichtet, die weitere Vollstreckung der gegen den Betroffenen verhängten Strafe zurückzustellen, um den Betroffenen abschieben zu können. Durch die ablehnende Entscheidung der Staatsanwaltschaft Krefeld werde die Ausländerbehörde an der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben gehindert. Dem Interesse des Betroffenen an der Beendigung seiner Ausbildungsmaßnahme komme gegenüber „den Interessen der Öffentlichkeit an der Verschonung von weiteren Straftaten“ kein besonderes Gewicht zu. Es bestehe auch ein generelles Interesse daran, die Staatsanwaltschaft Krefeld anzuhalten, schriftliche Verfahrenszusagen einzuhalten. Bei der Zurückstellung der Strafvollstreckung handele es sich „um ein gängiges Instrument, das für die Planungen der Ausländerbehörde von immenser Wichtigkeit“ sei. Wenn künftig damit zu rechnen sei, dass die Staatsanwaltschaft trotz einer zuvor erteilten Zustimmung ihr Absehen von der Vollstreckung nach § 456 a StPO „konsequenzenlos“ zurücknehmen könne, bedeute dies, dass in künftigen Fällen zu bedenken sei, ob nicht erst nach Prüfung einer bedingten Entlassung zum 2/3-Zeitpunkt ausländerrechtliche Maßnahmen eingeleitet werden könnten.

Der Antragsteller hat daher beantragt:

„Der Senat stimmt der Abschiebung des Og. am 23.04.2007 zu und ersetzt durch seinen Beschluss die fehlende Zustimmung nach § 456a StPO der Staatsanwaltschaft

hilfsweise

der Senat stimmt der Abschiebung des Og. am 23.04.2007 zu und verpflichtet durch seinen Beschluss die Staatsanwaltschaft die Zustimmung nach § 456a StPO unverzüglich zu erteilen.“

Die Generalstaatsanwaltschaft ist dem Antrag entgegengetreten. Sie ist mit näheren Ausführungen der Auffassung, dass für das Begehren des Antragstellers der Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG nicht eröffnet sei.

II.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig.

Der Rechtsweg auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff. EGGVG ist nur dann eröffnet, wenn der Antragsteller geltend machen kann, durch die Maßnahme einer Justizbehörde unmittelbar in eigenen Rechten verletzt worden zu sein (§ 24 Abs. 1 EGGVG). Mittelbare Beeinträchtigungen, Rechtsreflexe oder die Beeinträchtigung von persönlichen und wirtschaftlichen Interessen reichen nicht aus. Ausgeschlossen vom Verfahren nach den §§ 23 ff EGGVG sind deshalb grundsätzlich Anträge Dritter, die nicht Adressaten des angefochtenen Justizverwaltungsaktes sind oder deren Individualinteressen durch die zur Überprüfung gestellte Rechtsnorm nicht geschützt werden sollen (OLG Hamm, MDR 1967,
S. 137).

Die Vorschrift des § 456 a StPO dient aber, wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 16. Mai 2007 zutreffend ausgeführt hat, der Entlastung des Strafvollzuges von der Vollstreckung von Freiheitsstrafen gegen ausländische Straftäter, bei denen das Ziel der Resozialisierung wegen der zu erwartenden Abschiebung nicht erreicht werden kann. Ihr Anwendungsbereich beschränkt sich somit auf fiskalische und Justizverwaltungsinteressen und soll außerdem Benachteiligungen von Ausländern im deutschen Strafvollzug ausgleichen. Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, ob von der weiteren Strafvollstreckung gemäß § 456 a StPO abgesehen wird, ist deshalb einer Überprüfung im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG nur insoweit zugänglich, soweit es sich dabei um einen Rechtsakt mit unmittelbaren Auswirkungen für den Verurteilten handelt, dessen rechtlich geschütztes Resozialisierungsinteresse von dieser Entscheidung berührt wird.

Für den Antragsteller ist dieser Rechtsweg dagegen nicht eröffnet, denn er ist nicht Adressat der ablehnenden Entscheidung der Vollstreckungsbehörde und kann deshalb nicht – wie dies gemäß § 24 Abs. 1 EGGVG aber erforderlich wäre – geltend machen, durch diese unmittelbar in eigenen, sich aus dem Schutzzweck der Norm des § 456 a StPO ergebenden Rechten verletzt zu sein (vgl. dazu LK-Böttcher, 25. Aufl., EGGVG § 24 Rn. 3 ff.).

Zwar ist der öffentlich-rechtliche Aufgabenbereich des Antragstellers von der Entscheidung der Vollstreckungsbehörde zweifellos - mittelbar – betroffen, weil die vorgesehenen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der vorhergehenden Zurückstellung der Strafvollstreckung bedürfen. Gleichwohl verleiht dieser Umstand dem Antragsteller noch keine Antragsbefugnis im Verfahren nach den §§ 23 ff EGGVG.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Staatsanwaltschaft zunächst in ihrem Schreiben vom 19. März 2007 gegenüber dem Antragsteller ihre Bereitschaft erklärt hatte, die Zurückstellung der Strafvollstreckung anzuordnen. Zwar hatte die Rücknahme dieser Zusage und die (jedenfalls vorläufige) Verweige-rung der Zurückstellung durch die Staatsanwaltschaft zur Konsequenz, dass die Antragstellerin die Abschiebung des Betroffenen nicht wie ursprünglich beabsichtigt durchführen konnte. Gleichwohl begründet dieser Umstand für den Antragsteller noch keine schützenswerte Rechtsposition, die für ihn den Rechtsweg nach den
§§ 23 ff EGGVG eröffnen könnte.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung war deshalb als unzulässig zu verwerfen. Es kann unter diesen Umständen dahingestellt bleiben, ob auch die fehlende Durch-führung des Beschwerdeverfahrens der Zulässigkeit des Antrags möglicherweise entgegengestanden hätte.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 30 EGGVG, 30, 130 KostO.



zur Startseite "Rechtsprechung"

zum Suchformular

Die Nutzung von Burhoff-Online ist kostenlos. Der Betrieb der Homepage verursacht aber für Wartungs-, Verbesserungsarbeiten und Speicherplatz laufende Kosten.

Wenn Sie daher Burhoff-Online freundlicherweise durch einen kleinen Obolus unterstützen wollen, haben Sie hier eine "Spendenmöglichkeit".