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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ws 212/07 OLG Hamm

Leitsatz: Ein nicht näher begründetes Attest des Inhalts, dass ein Angeklagter verhandlungsunfähig sei, reicht jedoch zur Glaubhaftmachung einer Verhandlungsunfähigkeit nicht aus.

Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Berufungsverwerfung: Ausbleiben des Angeklagten; Verschulden; Entschuldigungsgründe; Erkrankung; Wiedereinsetzung; Glaubhaftmachung;

Normen: StPO 329; StPO 44

Beschluss:

In der Strafsache
gegen D.P.
wegen Bedrohung.

Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten vom 18.03.2007 gegen den Beschluss der 11. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 08.03.07 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 21. 06. 2007 durch sen Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Dem Beschwerdeführer wird von Amts wegen auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der 11. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 08.03.07 hat gewährt.

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen.

Gründe:

I. Durch Urteil des Amtsgerichts Gütersloh vom 11.09.2006 ist der Beschwerdeführcr wegen Bedrohung in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

In dem auf die form- und fristgerechte Berufung des Beschwerdeführers anberaumten Hauptverhandlungstermin am 13.02.2007, zu dem dieser ordnungsgemäß geladen worden war, erschien der Beschwerdeführer nicht. Der Verteidiger des Beschwerdeführers erklärte in der Berufungshauptverhandlung, er habe in den Tagen zuvor wiederholt telefonischen Kontakt mit diesem gehabt. Der Beschwerdeführer habe ihm mitgeteilt, er könne wegen einer Erkrankung seiner Mutter und einer eigenen Schulterverletzung den Termin nicht wahrnehmen, und habe angekündigt, eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Daraufhin verwarf das Landgericht Bielefeld die Berufung nach § 329 StPO.

Der Verteidiger des Beschwerdeführers, dem das Urteil vom 13.02.2007 am 21.02.2007 zugestellt worden war, beantragte mit Schriftsatz vom 23.02.2007 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungshauptverhandlung und fügte ein Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. W. vom 15.02.2007 bei, wonach der Beschwerdeführer am 13.02.2007 auf Grund einer psychischen Dekompensation nicht an einer Gerichtsverhandlung habe teilnehmen können. Auf telefonische Nachfrage des Vorsitzenden der Strafkammer vom 27.02.2007 erklärte Dr. W., der Beschwerdeführer sei am Verhandlungstag erst gegen Mittag bei ihm gewesen. Am selben Tag wurde durch den Vor-sitzenden eine Stellungnahme des Sachverständigen Dr. D., der bereits mit der Erstellung eines Gutachtens betreffend die Schuldfähigkeit des Angeklagten beauftragt worden war, zu der Frage der Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten am 13.2.07 und zu dem ärztlichen Attest vom 15.02.2007 eingeholt.

Mit Beschluss vom 08.03.2007 verwarf das Landgericht Bielefeld den Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig. Zur Begründung führt es aus, der Beschwerdeführer habe nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass ihn kein Verschulden an der Versäumung der Berufungshauptverhandlung treffe. Allein das Attest ersetze nicht die detaillierte Beschreibung des Gesundheitszustandes am Terminstag. Dr. W., der zudem nur Allgemeinmediziner und kein Facharzt für Psychiatrie sei, hätte im Einzelnen näher darlegen und begründen müssen, wieso er den Beschwerdeführer im Nachhinein für verhandlungsunfähig habe erachten können. Zudem habe sich der Sachverständige dahingehend geäußert, dass auf Grund der Akte bekannt sei, dass der Beschwerdeführer unter einer Persönlichkeitsstörung leide und deswegen mehr oder weniger ständig erregt agiere. Inwieweit er sich aber am 13.02.2007 in einem Ausnahmezustand befunden habe, lasse sich dem Attest nicht entnehmen. Des Weiteren sei die Verhandlungsunfähigkeit im Nachhinein, also für einen Zeitraum, in dem der Arzt den Beschwerdeführer nicht gesehen habe, attestiert worden. Dies erfülle nicht die Kriterien eines forensisch - psychiatrisch verwertbaren Attestes.

Gegen den am 13.03.2007 zugestellten Beschluss hat der Angeklagte mit Schreiben vom 18.03.2007 sofortige Beschwerde eingelegt, die am 21.03.2007 beim Landgericht Bielefeld eingegangen ist. Der Poststempel auf dem zum Beschwerdeschreiben gehörigen Briefumschlag trägt das Datum 19.03.2007.

II.
Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft gemäß §§ 329 Abs. 3, 46 Abs. 3 StPO.
Das Rechtsmittel ist allerdings verspätet eingelegt worden, da es nicht innerhalb der Frist des § 311 Abs. 2 StPO, sondern einen Tag nach Fristablauf bei dem Landgericht Bielefeld eingegangen ist. Gemäß § 311 Abs. 3 StPO beträgt die Beschwerdefrist eine Woche ab Bekanntmachung der Entscheidung. Da der Beschluss, gegen den sich die sofortige Beschwerde richtet, am 13.03.2007 zugestellt worden war, endete die Frist am 20.03.2007. Hinsichtlich der versäumten Frist ist dem Beschwerdeführer aber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen zu gewähren, da davon auszugehen ist, dass den Beschwerdeführer insoweit kein Verschulden trifft. Der Poststempel auf dem Beschwerdeschreiben, das am 21.03.2007 beim Landgericht Bielefeld eingegangen ist, ist von Montag, dem 19.03.2007. Eine Laufzeit von zwei Tagen für einen in der Wochenmitte aufgegebenen Brief entspricht aber auch bei größeren Entfernungen nicht der Regel. Mit einer längeren Postlaufzeit als einem Tag brauchte daher durch den Beschwerdeführer nicht gerechnet zu werden (vgl. Meyer -Goßner, 49. Aufl., § 44, Rz.16).

1. Die mithin zulässige sofortige Beschwerde ist aber unbegründet.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 23.02.2007 gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung war bereits unzulässig.

Der Beschwerdeführer hat nämlich nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass ihn kein Verschulden an der Versäumung der Berufungshauptverhandlung trifft.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 329 Abs. 3, 44 S. 1 StPO kann nur gewährt werden, wenn der Antragsteller ohne eigenes Verschulden gehindert war, den Termin wahrzunehmen. Der Wiedereinsetzungsantrag kann lediglich dann Erfolg haben, wenn der Antragsteller einen Sachverhalt darlegt und glaubhaft macht, der ein eigenes Verschulden ausschließt (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., § 45 Rdnr. 5, 6). Hier hat der Beschwerdeführer aber weder einen Sachverhalt vorgetragen, der ihm ein Erscheinen unzumutbar gemacht hätte, noch hat er sein Vorbringen hinreichend glaubhaft gemacht.

Wie vom Landgericht Bielefeld in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt, bescheinigt das vorgelegte Attest dem Beschwerdeführer keine Verhandlungsunfähigkeit für den Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung am 13.02.2007 um 9.00 Uhr. Vielmehr hat der das Attest austellende Arzt, der zudem kein Facharzt für Psychiatrie ist, den Beschwerdeführer erst am Mittag des 13.02.2007 gesehen, so dass das Attest lediglich auf Schlussfolgerungen basieren kann. Auch wird nicht näher erläutert, was unter einer psychischen Dekompensation zu verstehen ist. Ein nicht näher begründetes Attest des Inhalts, dass ein Angeklagter verhandlungsunfähig sei, reicht jedoch zur Glaubhaftmachung einer Verhandlungsunfähigkeit nicht aus (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.01.1997 - 1 Ws 22/97 - StraFo 1997, 118 f).

Dass sich dem Attest keine Verhandlungsunfähigkeit entnehmen lasse, hat auch der beauftragte Sachverständige bestätigt. Zwar sei - so der Sachverständige - aus der Akte des Beschwerdeführers bekannt, dass dieser auf Grund der bei ihm anzunehmenden Persönlichkeitsstörung ständig mehr oder weniger erregt agiere; inwieweit aber am 13.02.2007 ein Ausnahmezustand vorgelegen habe, sei nicht ersichtlich und anhand des Attestes auch nicht nachvollziehbar.

Im Übrigen legen auch die vom Verteidiger in der Berufungshauptverhandlung mitgeteilten Ankündigungen des Beschwerdeführers, er werde der Verhandlung wegen einer eigenen Schulterverletzung und einer Erkrankung seiner Mutter fernbleiben und eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, wie die Strafkammer zutreffend in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Sachverständigen angenommen hat, ein bewusstes und gezieltes Agieren des Angeklagten nahe, was gegen eine Verhandlungsunfähigkeit und damit gegen ein aus diesem Grunde entschuldigtes Fernbleiben spricht.

Die sofortige Beschwerde war daher mit der sich aus § 473 Abs. 1 StPO ergebenden Kostenfolge als unbegründet zu verwerfen.



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