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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss 65/07 OLG Hamm

Leitsatz: Zum erforderlichen Umfang der Feststellungen bei einem Subventionsbetrug.

Senat: 3

Gegenstand: Revision

Stichworte: Betrug; Subventionsbetrug; Feststellungen; Subjektiver Tatbestand;

Normen: StGB 263

Beschluss:

Strafsache
gegen B.L.
wegen Betruges

Auf die Revision der Angeklagten gegen das Urteil der XIV. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 06.11.2006 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 21. 06. 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld zurückverwiesen.

Gründe:
Die Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 11.11.2005 wegen vorsätzlichen Subventionsbetrugs zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Gegen dieses Urteil hat sie Berufung eingelegt. Das Landgericht Bielefeld hat das amtsgerichtliche Urteil unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen dahingehend abgeändert, dass die Angeklagte wegen Betruges zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je
80,- € verurteilt wird.

Nach den Feststellungen des Landgerichts ist die Angeklagte seit Anfang 2000 Geschäftsführerin der W:GmbH, welche wiederum Komplementärin der W. GmbH & Co. KG in Löhne ist.

Am 16.08.2002 beantragte die Angeklagte telefonisch beim Arbeitsamt Bad Oeynhausen einen Eingliederungszuschuss für die Einstellung eines bis dahin arbeitslosen Arbeitnehmers. Solche Zuschüsse zu den Lohnkosten des Arbeitnehmers konnten nach den weiteren Feststellungen der Strafkammer von der Bundesagentur für Arbeit u.a. in Fällen bewilligt werden, in denen der Arbeitgeber einen schwer vermittelbaren Arbeitslosen in einem unbefristeten Vollarbeitsverhältnis einstellte.

Zu den Vergabevoraussetzungen sowie zu dem weiteren Tatgeschehen hat das Landgericht u.a. folgende Feststellungen getroffen:

„Die Bewilligung von Eingliederungszuschüssen bei der Einstellung von arbeitslosen Verwandten war nach den Förderbestimmungen nur ausnahmsweise möglich, wenn die Initiative zur Einstellung vom Arbeitsamt ausgeht und anderweitige Vermittlungsbemühungen wiederholt erfolglos waren und für den zu besetzenden Arbeitsplatz ein Vermittlungsauftrag des antragstellenden Arbeitgebers ohne Beschränkung auf bestimmte Personen erteilt wurde. Solche Ausnahmefälle hatten die Mitarbeiter des Arbeitsamtes besonders sorgfältig zu überprüfen.

Die Angeklagte beantragte den Eingliederungszuschuss fernmündlich am 16.08.2002 für die Einstellung eines Hausmeisters mit einer Vollarbeitsstelle. Sowohl die Angeklagte wie auch der Sachbearbeiter K.H. der Agentur für Arbeit in Herford gingen zunächst davon aus, die Voraussetzungen für die Gewährung eines Eingliederungszuschusses bei Neugründungen würden vorliegen. Eingestellt werden sollte ein R.W., der bei der Agentur für Arbeit in Herzberg (Brandenburg) bereits seit knapp 1 Jahr als arbeitslos gemeldet war. Er bezog noch Arbeitslosengeld, dass jedoch am 17.08.2002 auslief. Bei R.W. handelte es sich um den Bruder der Angeklagten. Die Angeklagte erwähnte diesen Umstand bei dem Gespräch mit dem Sachbearbeiter H. am 16.08.2002 nicht. Für den Sachbearbeiter H. war das Verwandtschaftsverhältnis auch nicht erkennbar, da die Angeklagte bei der Eheschließung den Namen ihres Mannes angenommen hatte. Der Sachbearbeiter H. übersandte der Angeklagten auf das Telefonat hin einen 2seitigen Antragsvordruck, den die Angeklagte am 03.09.2002 ausfüllte. Die Angeklagte gab in dem sehr übersichtlich gestalteten Antragsformular an, R.W. werde als Hausmeister (laut Arbeitsvertrag) mit einem monatlichen Arbeitsentgelt von 2.175,00 € und einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich eingestellt. Es handele sich um einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Die Arbeitsaufnahme erfolgte am 01.09.02. Auf die Frage Nr. 5 „Sind Sie als Arbeitgeber oder Gesellschafter mit dem zukünftigen Arbeitnehmer verheiratet, verwandt, verschwägert oder ist/wird er Gesellschafter?“ kreuzte die Angeklagte „nein“ an. Dies erfolgte bewusst wahrheitswidrig, da es der Angeklagten auf den Zuschuss der Bundesagentur für Arbeit ankam. Die anderen in dem Formular gestellten Fragen wurden von der Angeklagten wahrheitsgemäß beantwortet bzw. ausgefüllt. Das Antragsformular, dass auf Seite 2 die Erklärung „Die vorstehenden Angaben sind vollständig und entsprechen der Wahrheit enthält, wurde von der Angeklagten am 03.09.02 unterschrieben und mit dem Stempel „W.....“ versehen. Mit Schreiben vom 26.09.2002 übersandte die Angeklagte den Antrag nebst weiterer Unterlagen „zur Bearbeitung des Antrags auf Eingliederungszuschuss für Herrn R.W.“ an die Bundesanstalt für Arbeit in Bad Oeynhausen.

Die Förderung wurde mit Bescheid vom 02.12.2002 bewilligt. Die „W..... GmbH & Co. KG“ erhielt Eingliederungszuschüsse in Höhe von insgesamt 15.660,00 €. Diese Zuschüsse hätten nicht bewilligt werden können, wenn der Bundesagentur für Arbeit bekannt gewesen wäre, dass es sich bei Herrn R.W. um den Bruder der Angeklagten gehandelt hat. Die Zuschüsse wären tatsächlich auch nicht bewilligt worden.

Mit Bescheid vom 25.01.2005 erklärte die Bundesagentur für Arbeit den Widerruf des Bewilligungsbescheides in vollem Umfang. Als einziger Widerrufsgrund wurde angegeben, dass es sich bei Herrn W um einen Verwandten (Bruder) der Angeklagten gehandelt habe. Die Voraussetzungen für die Bewilligung hätten daher von Anfang an nicht vorgelegen.“

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der eine Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird.

Die Revision ist zulässig und hat mit der erhobenen Sachrüge zumindest vorläufig Erfolg. Sie führt zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und zu einer Zurückverweisung der Sache an das Landgericht Bielefeld.

Ein Betrug gemäß § 263 StGB setzt in subjektiver Hinsicht voraus, dass der Täter bei der Vornahme der Täuschungshandlung in Schädigungsvorsatz und in Bereicherungsabsicht handelt. Erforderlich ist, dass die Täuschung eines anderen zu dem Zweck erfolgt, bei diesem einen entsprechenden Irrtum hervorzurufen und ihn dadurch zu einer Vermögensverfügung zu veranlassen, die zu einer unmittelbaren Schädigung des Vermögens des Getäuschten oder eines Dritten führt. Dabei muss der Täter stoffgleich aus dem Vermögensschaden einer rechtswidrigen Bereicherung für sich oder einen Dritten anstreben.

Nach den Urteilsfeststellungen hat die Angeklagte die in dem ihr übersandten Antragsformular enthaltene Frage, ob sie als Arbeitgeber oder Gesellschafter mit dem zukünftigen Arbeitnehmer verwandt ist, bewusst wahrheitswidrig verneint, da es ihr auf den Zuschuss der Bundesagentur für Arbeit angekommen ist.

Zu Recht rügt die Revision hinsichtlich dieser getroffenen Feststellung, dass sich aus dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen lasse, auf welche Tatsachen bzw. Beweismittel ihre Überzeugung stütze, die Angeklagte sei sich bewusst gewesen, dass es sich bei der Frage nach dem Verwandtschaftsverhältnis um ein wichtiges und entscheidungsrelevantes Kriterium für die Entscheidung über die Bewilligung der Förderung gehandelt habe.

Die Strafkammer hat im Rahmen der Beweiswürdigung dazu lediglich ausgeführt, es liege auch für einen Arbeitgeber, der mit den Einzelheiten der Subventionsbestimmungen nicht vertraut sei, auf der Hand, dass bei Einstellung eines nahen Verwandten die Zahlung eines Lohnzuschusses aus ordentlichen Mitteln zumindest außerordentlich fraglich sei.

Von einer solchen Vorstellung der Angeklagten durfte die Strafkammer aber nicht ohne Weiteres als selbstverständlich ausgehen.

Aus den Vorschriften der §§ 217 und 218 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung, die die Gewährung bzw. die Voraussetzungen für die Gewährung von Eingliederungszuschüssen regelten, ergab sich keine Einschränkung in Bezug auf die Erbringung von Eingliederungszuschüssen für Arbeitsverhältnisse mit Verwandten oder Familienangehörigen.

Die von der Strafkammer mitgeteilten Voraussetzungen, unter denen nach den „Förderungsbestimmungen“ eine Bewilligung von Eingliederungszuschüssen bei der Einstellung von arbeitslosen Verwandten nur ausnahmsweise möglich war, ergeben sich vielmehr aus der Durchführungsanweisung der Bundesagentur für Arbeit zu § 217 SGB III (vgl. LSG Hessen, Urteil vom 11.12.2006 - L 9 AL 148/06 - beckRS 2007, 41591).

Aus den Urteilsfeststellungen lässt sich nicht entnehmen, dass der Angeklagten diese Durchführungsanweisung der Bundesagentur für Arbeit bekannt gewesen ist oder dass sie darüber vor der Ausfüllung des Antragsformulars aufgeklärt worden ist.

Das Landessozialgericht Hessen hat außerdem in dem vorgenannten Urteil entschieden, dass die Differenzierung zwischen einem Arbeitsverhältnis unter Verwandten und sonstigen Personen bei der Bewilligung von Eingliederungszuschüssen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, der im Rahmen einer Ermessensbetätigung nach § 39 Abs. 1 SGB I zu beachten sei, verstoße. Verwandte würden gegenüber sonstigen Personen einen Nachteil erfahren, weil allein bei ihnen als Personengruppe der Eingliederungszuschuss von besonderen Voraussetzungen abhängig gemacht werde. Eine hinreichende sachliche Rechtfertigung hierfür liege nicht vor. Eine gewisse Missbrauchsgefahr sei den Eingliederungszuschüssen immanent, weil nicht voraussehbar sei, ob und in welchem Umfang sie eine tatsächliche, regelmäßig nicht messbare Minderleistung kompensierten. Auch bestehe die Gefahr, dass bereits vorhandene Arbeitsverhältnisse in geförderte Arbeitsverhältnisse umgewandelt würden. Die damit verbundenen Wegnahmeeffekte stellten jedoch keine Besonderheit für Arbeitsverhältnisse unter Verwandten dar. Der Schutz vor Mitnahmeeffekten rechtfertige daher keinen generellen Leistungsausschluss für Verwandte.

Auch unter Berücksichtigung dieser Ausführungen erweist sich die Beweiswürdigung der Strafkammer hinsichtlich des damaligen Vorstellungsbildes der Angeklagten als unzulässig, da jedenfalls nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass es auf der Hand liegt, dass bei der Einstellung eines Verwandten die Bewilligung eines Eingliederungszuschusses regelmäßig nicht in Betracht komme. Die Strafkammer hätte vielmehr nähere Feststellungen dazu treffen müssen, welche konkrete Vorstellung die Angeklagte damals bei der Antragstellung hatte.

Sollte sich in der erneuten Hauptverhandlung herausstellen, dass die Angeklagte tatsächlich davon ausgegangen ist, dass bei einer Offenlegung des Verwandtschaftsverhältnisses mit dem einzustellenden Arbeitnehmer der beantragte Eingliederungszuschuss nicht bewilligt würde, wird sich die Strafkammer auch mit der Frage befassen müssen, ob möglicherweise ein vollendeter Betrug der Angeklagten hier ausscheidet, weil unter Berücksichtigung der Ausführungen des Landessozialgerichts Hessen in seinem Urteil vom 11.12.2006 die von der Angeklagten angestrebte Bereicherung, die Bewilligung des beantragten Eingliederungszuschusses, nicht als rechtswidrig anzusehen ist.



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