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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 3 Ss OWi 494/07 OLG Hamm

Leitsatz: Das Verhältnis der Bestimmungen von örtlichen Baumschutzsatzungen zum Eigentumsrecht eines Grundstückseigentümers nach Art. 14 GG und den sich aus den §§ 910, 1004 BGB ergebenden Abwehr- und Selbsthilferechten ist hinreichend geklärt.


Senat: 3

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Baumschutzsatzung; Eigentumsrecht; Verhältnis;

Normen: GG Art. 14; BGB 910; BGB 1004

Beschluss:

Bußgeldsache
gegen S.B.
wegen Verstoßes gegen die Baumschutzsatzung der Stadt Essen.

Auf den Antrag des Betroffenen vom 4. Juni 2007 auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 29. Mai 2007 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 6. November 2007 durch den Richter am Landgericht als Einzelrichter gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht Essen hat den Betroffenen am 29.05.2007 wegen Verstoßes gegen die Baumschutzsatzung der Stadt Essen (Veränderung des Aufbaus eines Baumes ohne Genehmigung) zu einer Geldbuße in Höhe von 250,00 € verurteilt.

Gegen dieses Urteil hat der Betroffene am 04.06.2007 Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gestellt und diesen mit weiterem Schriftsatz näher begründet.

II.
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, der nach §§ 80 Abs. 1 und 3, 79 Abs. 3 OWiG, § 341 ff StPO rechtzeitig gestellt und form- sowie fristgerecht begründet worden ist, ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht zur Fortbildung des Rechts geboten.
Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts kommt nur bei Rechtsfragen in Betracht, die entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und abstraktionsfähig sind. Sie besteht darin, Leitsätze aufzustellen und zu festigen, die bei der Auslegung von Rechtssätzen und dem Ausfüllen von Gesetzeslücken zur Anwendung kommen (vgl. Göhler, OWiG, 14. Aufl., § 80 Rdnr. 3).

Soweit sich der Betroffene gegen die tatrichterliche Feststellung des Sachverhalts wendet und die fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall rügt, fehlt es an einer abstraktionsfähigen Rechtsfrage, die im Rahmen der Rechtsbeschwerde zur Überprüfung gestellt wird.

Die materiell-rechtliche Nachprüfung des angefochtenen Urteils führt jedenfalls nicht zur Aufdeckung einer Rechtsfrage, die die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts gebietet. Entgegen der Ansicht des Betroffenen ist das Verhältnis der Bestimmungen von örtlichen Baumschutzsatzungen zum Eigentumsrecht eines Grundstückseigentümers nach Art. 14 GG und den sich aus den §§ 910, 1004 BGB ergebenden Abwehr- und Selbsthilferechten hinreichend geklärt.

Durch höchstrichterliche Entscheidungen ist geklärt, dass die Vorschriften des BGB den Regelungen einer Baumschutzsatzung nicht vorgehen. Nach Art. 111 EGBGB bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, die im öffentlichen Interesse das Eigentum in Ansehung tatsächlicher Verfügungen beschränken und zu denen insbesondere auch das Naturschutzrecht gehört, unberührt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.02.1996, NJW 1996, 1487, 1488; BGH, Beschluss vom 26.11.2004, NZM 2005, 318, 319). Bei den Regelungen einer Baumschutzsatzung handelt es sich um öffentlich-rechtliche Beschränkungen von nachbarrechtlichen Ansprüchen. Die in einer solchen Satzung enthaltenen Gebote und Verbote richten sich nicht nur gegen den Eigentümer eines Grundstücks, sondern gelten für jedermann und wirken sich daher auf das (privatrechtliche) Nachbarrechtsverhältnis aus (vgl. OLG Hamm, 5. Zivilsenat, Beschluss vom 28.09.1998, MDR 1999, 930, 931, und Beschluss vom 20.05.1999, OLGR Hamm 1999, 392, 393; OLG Köln, Beschluss vom 03.09.2003, OLGR Köln 2003, 369, 370; OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.06.1991; NJW-RR 1991, 1364; OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.04.1988, NJW 1989, 1807; ebenso Staudinger-Roth, BGB, Neubearbeitung 2002, § 910, Rdnr. 21; Säcker in Münchener Kommentar zum BGB, 4. Auflage, § 910, Rdnr. 1; Palandt, BGB, § 910, Rdnr. 3; Jauernig, BGB, 12. Auflage, § 910, Rdnr. 2; a.A. OLG Karlsruhe, Urteil vom 16.12.1987, NuR 1988, 309). Wenn eine Vorschrift der Baumschutzsatzung also jedermann verbietet, geschützte Bäume zu entfernen, zu zerstören, zu schädigen oder ihren Aufbau wesentlich zu verändern, so schränkt diese Vorschrift die aus § 910 BGB folgende Befugnis ein, von einem Nachbargrundstück über die Grundstücksgrenze herüberragende Zweige eines geschützten Baumes abzuschneiden.
Art. 111 EGBGB macht insoweit eine Ausnahme von dem Grundsatz des Art. 31 GG, wonach Bundesrecht Landesrecht bricht. Der in Art. 111 EGBGB enthaltene Vorbehalt gestattet eine landesrechtliche Regelung privatrechtlicher Eigentumsschranken, die die allgemeinen Herrschaftsbefugnisse des Eigentümers begrenzen bzw. einer inhaltlichen Verhaltensbindung unterwerfen (OLG Frankfurt, a.a.O.).

Die in der Baumschutzsatzung der Stadt Essen vom 06.07.2001, zuletzt geändert durch Satzung vom 06.10.2005, enthaltenen Regelungen beschränken das Eigentum im öffentlichen Interesse. Das ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der einzelnen Regelungen und der Präambel der Baumschutzsatzung. Danach dient der Schutz des Baumbestandes dem Bodenschutz, dem Wasser- und Gewässerschutz, dem Schutz des städtischen Klimas, dem Schutz vor Luftverunreinigungen und Lärmeinwirkungen, dem Arten- und Biotopschutz sowie der naturbezogenen Erholung, also ausschließlich öffentlichen Interessen im Sinne von Art. 111 EGBGB.

Der räumliche Geltungsbereich der Baumschutzsatzung, der sich nach § 1 Abs. 1 der Satzung auf die innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile und des Geltungsbereichs der Bebauungspläne erstreckt, ist hinreichend bestimmt umschrieben. Insoweit hält der Senat angesichts der Entscheidung des BGH vom 15.03.1996 (3 StR 506/95; BGHSt 42, 79) und der Entscheidung des BVerwG vom 16.06.1994
(4 C 2/94; BVerwGE 96, 110) an der im Beschluss vom 25.02.1993 (3 Ss OWi 1060/92; JMBl. 1993, 155) dargelegte Auffassung nicht fest.

2. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist ebenfalls nicht geboten.
Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wird die Rechtsbeschwerde nur dann zugelassen, wenn sonst schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen würden; dabei kommt es darauf an, welche Bedeutung die angefochtene Entscheidung für die Rechtsprechung im Ganzen hat (vgl. Göhler, OWiG, 14. Auflage, § 80, Rdnr. 4 m.w.N.).
Angesichts der – wie bereits dargelegt – hinreichend geklärten Rechtsfragen und mangels ersichtlicher Fehlentscheidungen bedarf es der Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht. Das Urteil des Amtsgerichts Essen weicht jedenfalls nicht von der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung ab.

3. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG kommt ebenfalls nicht in Betracht. Zwar kann die fehlerhafte Ablehnung eines Beweisantrages eine Verletzung rechtlichen Gehörs darstellen. Die Aufhebung eines Urteils wegen Versagung des rechtlichen Gehörs kommt aber nur in solchen Fällen in Betracht, in denen es sich aufdrängt und nicht zweifelhaft erscheint, dass ein Urteil einer Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht standhalten würde. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass dem Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, sich dem Gericht gegenüber zu den erhobenen Vorwürfen zu äußern, Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen und dass das Gericht seine Ausführungen zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen muss. So lässt § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG die Ablehnung eines Beweisantrages zu, wenn das erkennende Gericht aufgrund der Beweisaufnahme den Sachverhalt für so eindeutig geklärt hält, dass nach pflichtgemäßem Ermessen die beantragte Beweiserhebung die eigene Beurteilung der Sachlage nicht zu ändern vermöchte. Diese Auslegung und Anwendung des Verfahrensrechts ist vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nicht zu überprüfen (zu vgl. OLG Köln, VRS 83, 446 f.). Selbst wenn also das erkennende Gericht die Beweisanträge des Betroffenen entgegen den Grundsätzen des § 77 Abs. 2 OWiG zurückgewiesen hätte, läge darin noch nicht eine zur Zulassung der Rechtsbeschwerde führende Versagung des rechtlichen Gehörs (vgl. OLG Hamm, 3. Senat für Bußgeldsachen, Beschluss vom 09.05.2007, 3 Ss OWi 287/07; OLG Hamm, 2. Senat für Bußgeldsachen, Beschluss vom 25.05.2005, 2 Ss OWi 335/05).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 StPO.



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