Aktenzeichen: 3 Ss OWi 687/07 OLG Hamm |
Leitsatz: Auch Fahrzeuge, wie z.B. ein Werbeanhänger, können eine Anlage der Außenwerbung sein. Der allgemeine Irrtum, keine Erlaubnis zu bedürfen, ist regelmäßig ein Verbotsirrtum. |
Senat: 3 |
Gegenstand: Rechtsbeschwerde |
Stichworte: Außenwerbung; Anlage; Genehmigungspflicht; Verbotsirrtum; Vermeidbarkeit; |
Normen: BauO NW 84; OWiG 11 |
Beschluss: Bußgeldsache gegen K.S. wegen Ordnungswidrigkeit (Verstoß gegen § 84 BauO NW). Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Herford vom 25. Juni 2007 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 11. 03. 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht Teipel nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Betroffenen bzw. dessen Verteidigers einstimmig gem. §§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO beschlossen: 1. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. 2. Die Sache wird dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen. 3. Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen. Gründe I. Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Errichtung einer baulichen Anlage ohne die erforderliche Genehmigung zu einer Geldbuße von 150 Euro verurteilt. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts richtete der Betroffene im Winter 2005/2006 einen einachsigen Anhänger als Werbefläche für seinen KFZ-Betrieb in Bielefeld ein. Die Werbefläche hatte eine Größe von 8,7 qm und wies auf den den Betrieb des Betroffenen unter Angabe der Anschrift und einer Telefonnummer hin. Den Anhänger stellte der Betroffene sodann zu Werbezwecken auf einem freien Grundstück an der Bielefelder Straße in Herford, ca. 11 Meter von der Bielefelder Straße entfernt, auf. Dort fiel er Anfang März Mitarbeitern des Bauamtes der Stadt Herford auf. Gegen das Urteil hat der Betroffene fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und begehrt die Zulassung der Rechtsbeschwerde der Sache nach zur Fortbildung des Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat beantragt, die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen und die Rechtsbeschwerde nach §§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen. II. Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG) und dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen (§ 80a Abs. 3 OWiG), da dies zur Fortbildung des Rechts geboten war. Zwar ist die Frage, ob ein Fahrzeuganhänger eine genehmigungspflichtige Anlage im Sinne der §§ 84 Abs. 1 Nr. 13; 63 1 Abs. 1 S. 2; 13 BauO NW ist, in der Rechtsprechung des OVG Münster geklärt. Noch nicht hinreichend obergerichtlich geklärt sind allerdings diesbezügliche Fragen der Schuld, insbesondere des fahrlässigen Handelns und des Verbotsirrtums. Dies ist eine Entscheidung des Einzelrichters des Senats. III. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg, da das angefochtene Urteil keine Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen aufweist. 1. Der Schuldspruch ist frei von Rechtsfehlern. Zu Recht hat das Amtsgericht den Angeklagten wegen des fahrlässigen Errichtens einer baulichen Anlage ohne die erforderliche Genehmigung gem. § 84 Abs. 1 Nr. 13 BauONW verurteilt. a) Nach § 84 Abs. 1 Nr. 13 BauONW handelt ordnungswidrig, wer eine bauliche Anlage oder andere Anlage oder Einrichtung i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 2 BauONW ohne Baugenehmigung nach § 75 BauONW errichtet. Bei dem Werbeanhänger handelt es sich um eine andere Anlage oder Einrichtung i.S.d. § 1 Abs. 2 BauO, an die in § 13 BauONW Anforderungen gestellt werden. Dass auch solche Fahrzeuge wie der vorliegende Werbeanhänger eine Anlage der Außenwerbung sein können, ist durch die Rechtsprechung des OVG Münster bereits hinreichend geklärt. Danach können auch Anhänger als ortsfeste Einrichtungen anzusehen sein obwohl es sich eigentlich um Fahrzeuge handelt -, wenn solche an sich nichts ortsfesten Objekte längere Zeit oder immer wieder für kürzere Zeit an bestimmter Stelle abgestellt werden und nach ihrem erkennbaren Bestimmungszweck von günstigen Standorten aus ortsfeste Werbung betreiben sollen (OVG Münster Beschl. v. 17.02.1998 11 A 5274/96; OVG Münster Beschl. v. 22.07.2003 10 B 890/03; vgl. auch: Buntenbroich/Voß-Schalk BauONW Stand: September 1999, § 13 Rdn. 11 ff.). Das hat das Amtsgericht im vorliegenden Fall zutreffend erkannt. Für die Errichtung einer solchen Werbeanlage bedurfte der Betroffene daher nach § 63 BauONW einer Genehmigung, die er nicht hatte. Für das Vorliegen einer Ausnahme von der Genehmigungspflicht nach § 65 Abs. 1 Nr. 33 ff. BauNW ergeben die ausreichenden Feststellungen keinerlei Anhalt. Der Senat weist darauf hin, dass auch die fehlende datumsmäßige Bestimmung der Errichtung hier unschädlich ist. Der Tatzeitraum ist durch die Angaben Winter 2005/2006 und des Zeitpunktes der Entdeckung hinreichend eingegrenzt und die Tat ist durch die übrigen Feststellungen hinreichend bestimmt. b) Zu Recht hat das Amtsgericht den Betroffenen auch wegen einer fahrlässigen Begehung der Ordnungswidrigkeit verurteilt. Diese Schuldform ist in § 84 Abs. 1 BauONW ausdrücklich (vgl. § 10 OWiG) aufgeführt. Zutreffend sind auch die Ausführungen im angefochtenen Urteil, dass es sich bei dem Irrtum des Betroffenen über die Genehmigungsbedürftigkeit, von dem das Amtsgericht ausgeht, um einen (vermeidbaren) Verbotsirrtum handelt, der die Vorwerfbarkeit nicht ausschließt. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die fehlende Genehmigung eine echte tatbestandliche Voraussetzung des § 84 Abs. 1 Nr. 13 BauONW ist. Welche Wirkungen verwaltungsrechtliche Erlaubnisse bzw. deren Fehlen im Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrecht haben, ist im einzelnen nicht völlig unstreitig. Nach ganz h. M. ist es aber so, dass bei einem grundsätzlich von der allgemeinen Handlungsfreiheit abgedeckten, sozialadäquaten oder wertneutralen Verhalten die Genehmigungspflicht nur bezweckt, eine behördliche Kontrolle potentieller Gefahren für die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. In diesen Fällen ist das Fehlen der erforderlichen Genehmigung Tatbestandsmerkmal. Nur dort, wo es um ein grundsätzlich unerwünschtes, verbotenes Verhalten geht, das im Einzelfall aufgrund einer Interessenabwägung zugelassen werden kann, ist nicht das Fehlen einer Genehmigung Tatbestandsmerkmal, sondern die erteilte Genehmigung ein Rechtfertigungsgrund (OLG Düsseldorf Beschl. v. 06.08.1999 2b Ss OWi 69/99 (OWi) 41/99 I; LK-Walter, 12. Aufl. Vor § 13 StGB Rdn. 53; Schönke/Schröder-Lenckner, 27. Aufl. Vor §§ 32 ff. StGB Rdn. 61). Unter Zugrundelegung dieser Abgrenzung, der sich der Senat anschließt, ist das Aufstellen der Werbeeinrichtung grundsätzlich ein von der Gewerbefreiheit gedecktes, sozialadäquates Verhalten, das in bestimmten Konstellationen, wie der vorliegenden, aber vorheriger behördlicher Prüfung zur Gefahrenabwehr bedarf. Damit ist allerdings noch nichts darüber gesagt, ob sich der Betroffene, der hier nicht bzgl. des Vorliegens einer Genehmigung, sondern bzgl. der Genehmigungsbedürftigkeit seines Tuns im Irrtum war, in einem Tatbestandsirrtum nach § 11 Abs. 1 OWiG oder einem Verbotsirrtum nach § 11 Abs. 2 OWiG befand. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur gleichliegenden strafrechtlichen Problematik ist der allgemeine Irrtum, keiner Erlaubnis zu bedürfen, regelmäßig ein Verbotsirrtum (BGH NStZ 1996, 338, 339 m.w.N.). Da diese Frage bereits höchstrichterlich allgemein entschieden ist, sieht der Senat, der sich dieser Auffassung anschließt, von einer Vorlage nach § 121 GVG im Hinblick auf die abweichende Ansicht des OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf a.a.O.) ab. Zutreffend führt das Amtsgericht aus, dass der Irrtum für den Betroffenen, als er die Werbeanlage errichtete (dies ist der maßgebliche Zeitpunkt), vermeidbar war. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist ein Irrtum nur dann unvermeidbar, wenn der Täter trotz der ihm nach den Umständen des Falles, seiner Persönlichkeit sowie seines Lebens- und Berufskreises zuzumutenden Anspannung des Gewissens die Einsicht in das Unrechtmäßige nicht zu gewinnen vermochte; im Zweifel trifft ihn eine Erkundigungspflicht (BGH NStZ 1996, 338, 339). Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kann von einem Durchschnittsbürger durchaus erwartet werden, dass er erkennt, dass das Aufstellen von ortsfesten Werbeeinrichtungen grundsätzlich behördlicher Genehmigung bedarf. Das beruht alleine schon darauf, dass die Montage von Werbeanlagen auf grundsätzlich beweglichen Fahrzeugen letztlich der Umgehung der Genehmigungseinholung dient, welche erforderlich wäre, wollte man Werbung Mittels völlig immobiler Einrichtungen betreiben. Will man eine an sich gegebenene Genehmigungspflicht durch Ausnutzung einer vermeintlichen Lücke umgehen, so trifft den Betroffenen wenigstens eine Erkundigungspflicht, denn es liegt dann nahe, dass auch für Umgehungstatbestände eine Genehmigungspflicht besteht. 2. Auch der Rechtsfolgenausspruch hält rechtlicher Überprüfung stand. Dass das Amtsgericht nicht näher darlegt, warum die Werbeeinrichtung auch nicht genehmigungsfähig gewesen wäre, sondern hiervon nur unter Hinweis auf entsprechende Angaben städtischer Mitarbeiter ausgeht, ist unschädlich. Eine etwaige Genehmigungsfähigkeit führt nicht dazu, dass eine ordnungswidrigkeitenrechtliche Ahndung entfallen müsste, da gerade die behördliche Prüfung vor Errichtung der Anlage durch die Sanktionsbewehrung sichergestellt werden soll (vgl. Schönke/Schröder-Lenckner a.a.O. Rdn. 63a). Sie kann zwar ein Gesichtspunkt bei der Bemessung der Höhe des Bußgeldes sein. Da sich das Bußgeld aber im untersten Bereich des Bußgeldrahmens aufhält, kann der Senat ausschließen, dass es - selbst wenn eine Genehmigungsfähigkeit doch vorgelegen hätte noch niedriger ausgefallen wäre. IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO. |
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