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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ss 134/08 OLG Hamm

Leitsatz: Ein Verstoß gegen den Zweifelssatz liegt nur vor, wenn aus dem Urteil selbst hervorgeht, dass der Tatrichter im Zeitpunkt der Urteilsverkündung von der Richtigkeit der Tatsachen auf die er die Verurteilung stützt, nicht voll überzeugt gewesen ist, wenn er also verurteilt hat, obwohl er selbst noch Zweifel hatte.

Senat: 2

Gegenstand: Revision

Stichworte: Beweiswürdigung; Zweifelssatz; in dubio pro reo; Verletzung;

Normen: StPO 261

Beschluss:

Strafsache
gegen T.T.
wegen Diebstahls

Auf die Revision des Angeklagten vom 29. Oktober 2007 gegen das Urteil der 2. kleinen Strafkammer des Landgerichts Hagen vom 26. Oktober 2007 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 10. 04. 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung und auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:

Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten als unzulässig verworfen.

Gründe:
I.
Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall unter Einbeziehung einer Strafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Lüdenscheid vom 20. Januar 2005 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil verworfen. Hiergegen richtet sich nunmehr noch die Revision des Angeklagten. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision als unzulässig gem. § 349 Abs. 1 StPO zu verwerfen.

II.
Die Revision ist fristgemäß eingelegt. Sie war indes – entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft – gem. § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Verwerfungsantrag wie folgt begründet:

„Zwar erhebt der Angeklagte die Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Die Wirksamkeit der Sachrüge setzt indes voraus, dass sie auf die Verletzung einer Rechtsnorm gestützt ist. Die Ausführungen in der Revisionsbegründungsschrift erschöpfen sich jedoch in unzulässigen Angriffen auf die Feststellungen des Tatgerichts. Rügen solcher Art sind auch als Sachrüge nicht ordnungsgemäß erhoben, wenn sich aus ihnen ergibt, dass nicht die Anwendung des materiellen Rechts beanstandet, sondern ausschließlich die Beweiswürdigung und die Richtigkeit der Urteilsfeststellungen angegriffen werden soll und der Revisionsführer die Fehlerhaftigkeit nur aus tatsächlichen Behauptungen herleitet, die in den Feststellungen des Urteils keine Stütze finden, oder er nur eine eigene gegensätzliche Beweiswürdigung vornimmt (zu vgl. Senatsbeschluss vom 22.08.2006 – 2 Ss OWi 528/06 – m.w.N.; OLG Düsseldorf MStZ 1993, 99 m. w. N.; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 344 Rdnr. 19 m. w. N.). Vorliegend erschöpfen sich die Ausführungen des Angeklagten in Angriffen gegen die Würdigung der Aussage des Entlastungszeugen R. und der daraus vom Landgericht gezogenen Schlussfolgerungen hinsichtlich der von dem Zeugen als Mittäter benannten Person namens „Stefan“.
Auch mit dem Vortrag des Angeklagten, das Gericht habe gegen den Zweifelssatz „in dubio pro reo“ verstoßen, ist keine zulässige Sachrüge erhoben. Zwar stellt ein Verstoß gegen diesen Zweifelssatz in der Regel einen sachlich-rechtlichen Fehler dar, der die Aufhebung eines Urteils zur Folge haben kann (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 02.05.2001 – 1 Ss 324/01 -). Der vorliegenden Begründungsschrift lässt sich aber nicht entnehmen, dass das Gericht diesen Grundsatz verletzt hätte, da nicht vorgetragen wird, dass die Kammer Zweifel hinsichtlich der Täterschaft des Angeklagten gehabt und gleichwohl zu seinem Nachteil entschieden hätte. Es kommt jedoch nur auf Zweifel an, die der Richter ausweislich der Urteilsgründe tatsächlich gehabt hat, nicht auf Zweifel, die er nach Meinung des Angeklagten hätte haben müssen (zu vgl. Senatsbeschluss vom 07.07.2005 – 2 Ss 192/05 –m.w.N.; Meyer-Goßner, a.a.O., § 261 Rdnr. 26, 39 m. w. .N.). Die Ausführungen des Angeklagten, es bestünden Zweifel, ob nicht tatsächlich der von dem Zeugen R. genannte „Stefan“ der Mittäter sei, sind daher unbeachtlich und finden zudem auch in den Urteilsgründen keine Stütze. Aus den Urteilsgründen ergibt sich vielmehr, dass das Landgericht aufgrund der Aussage der Zeugin J. und nach Würdigung der Aussagen der den Angeklagten entlastenden Zeugen R. und W., bei denen nach Überzeugung des Gerichts von vorsätzlichen Falschaussagen auszugehen sei, gerade keine Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten hatte. Das Landgericht hat insbesondere auch ausgeschlossen, dass die von dem Zeugen benannte Person namens „Stefan“ – die nach Überzeugung des Gerichts nicht hätte ermittelt werden können – Mittäter der Straftat gewesen sein könnte.
Der Vortrag des Angeklagten stellt sich danach letztlich lediglich als eine Kritik an der Beweiswürdigung im landgerichtlichen Urteil dar. Diese ist indessen dem Tatrichter vorbehalten und kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob insoweit Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze vorliegen, oder ob die Beweiswürdigung lückenhaft ist (zu vgl. OLG Hamm Beschluss vom 02.05.2001 1 Ss 324/01 –). Der Angeklagte macht Derartiges jedoch nicht geltend, sondern nimmt in Wahrheit eine eigene Beweiswürdigung vor, die – im Rahmen eines vermeintlichen Verstoßes gegen den Grundsatz „in dubio pro reo“ – an die Stelle der allein maßgeblichen Feststellungen des angefochtenen Urteils treten soll.“

Diesen überzeugenden Ausführungen tritt der Senat nach eigener Sachprüfung bei und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung. Er merkt zusätzlich an:

Gem. § 261 StPO entscheidet das Gericht über das Ergebnis der Beweisaufnahme nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung. Die Überzeugungsbildung des Landgerichts ist hier aber aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Ein Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten ist – entgegen den Ausführungen der Revision – aus den Urteilsgründen nicht ersichtlich. Das Tatgericht muss nach § 261 StPO im Fall der Verurteilung von der Schuld des Angeklagten überzeugt sein. Im Zweifel muss er freigesprochen werden. Der Zweifelssatz darf jedoch nicht dahingehend aufgefasst werden, dass immer dann freigesprochen werden muss, wenn das Gericht objektiv an der Schuld des Täters hätte Zweifel hegen müssen. Freizusprechen ist der Angeklagte nur dann, wenn das Tatgericht die entsprechenden Zweifel selbst auch tatsächlich hatte (vgl. BVerfG NJW 1988, 477). Folglich liegt ein Verstoß gegen den Zweifelssatz nur vor, wenn aus dem Urteil selbst hervorgeht, dass der Tatrichter im Zeitpunkt der Urteilsverkündung von der Richtigkeit der Tatsachen auf die er die Verurteilung stützt, nicht voll überzeugt gewesen ist, wenn er also verurteilt hat, obwohl er selbst noch Zweifel hatte (vgl. BGH NJW 1951, 325; BVerfG, a.a.O.). Voraussetzung dafür, dass sich der Tatrichter vom Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts einschließlich des Vorhandenseins bestimmter subjektiver Elemente überzeugt hat, ist nicht eine absolute, das Gegenteil denknotwendig ausschließend Gewissheit. Vielmehr genügt ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige Zweifel nicht aufkommen lässt.

Den Urteilsgründen kann, worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hinweist, vorliegend nicht entnommen werden, dass der Tatrichter noch vernünftige Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten hatte. Dass der Verteidiger sie ggf. hatte, führt nicht zur Anwendung des Grundsatzes „in dubio pro reo“.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.



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