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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ss OWi 673/07 OLG Hamm

Leitsatz: Die Verurteilung wegen Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstandes muss Angaben dazu enthalten, aufgrund welchen Messverfahrens die Abstandsberechnung, ggf. unter Abzug einer Toleranz, erfolgt ist.

Senat: 4

Gegenstand: Rechtsbeschwerde

Stichworte: Abstand, Messverfahren zur Abstandsmessung, keine Mitteilung, wie der Abstand ermittelt worden ist, Geständnis, keine Grundlage für Geständnis

Normen: StVO 4 Abs. 1, StPO 261, StPO 267

Beschluss:

Bußgeldsache gegen K. S.,
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Lippstadt vom 26. April 2007 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 15. 10. 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter gemäß § 80 a OWiG auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Lippstadt zurückverwiesen.

Gründe: I. Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen vorsätzlicher Nichteinhaltung des erforderlichen Abstandes (weniger als 2/10 des halben Tachowertes) eine Geldbuße von 150,- Eur sowie ein Fahrverbot für die Dauer von zwei Monaten festgesetzt und folgende Feststellungen getroffen:
"Der Betroffene befuhr am 03.11.2006 gegen 13.01 Uhr in Geseke die BAB A 44 in Fahrtrichtung Dortmund mit dem PKW Audi, amtl. Kennzeichen xxxxx mit einer Geschwindigkeit von 127 km/h. Dabei folgte der Betroffene auf dem linken Fahrstreifen einem voranfahrenden PKW.
Gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 StVO muss der Sicherheitsabstand so groß sein, dass auch hinter dem vorausfahrenden Fahrzeug gehalten werden kann, wenn das vorausfahrende Fahrzeug gebremst wird. Als Anhalt dient dem Kraftfahrer der halbe Tachowert in Metern (BGH, NJW1968 S. 450), hier also 63,50 m.
Wie der Betroffene aufgrund seiner Sicht auf die Verhältnisse wusste und zumindest billigend in Kauf nahm, betrug der tatsächliche Abstand des Fahrzeuges des Betroffenen zu dem vorausfahrenden Fahrzeug lediglich 12 m, also weniger als 2/10 des halben Tacho-Wertes."
Dieser Sachverhalt stehe fest, so das Amtsgericht, aufgrund der Einlassung des Betroffenen sowie der Beweisfotos (BI. 9). Der Betroffene habe die Tat eingeräumt, sich aber darauf berufen, dass er aufgeschlossen habe, weil er davon ausgegangen sei, dass der vor ihm fahrende PKW nach Passieren eines LKW alsbald nach rechts scheren werde.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde, mit der die Sachrüge mit näheren Ausführungen erhoben wird.
II. Das Rechtsmittel ist zulässig und führt zu einem - zumindest vorläufigen - Erfolg.
Die Urteilsfeststellungen vermögen den Schuldspruch wegen der oben bezeichneten Ordnungswidrigkeit nicht zu tragen.
Die nach der Rechtsprechung erforderlichen Angaben dazu, wie und aufgrund welchen Messverfahrens die Abstandsberechnung, ggf. unter Abzug einer Toleranz, erfolgt ist, fehlen. Dem Rechtsbeschwerdegericht ist es daher verwehrt, die vom Amtsgericht vorgenommene Abstandsberechnung auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11. März 2003 - 1 Ss OWi 61/03 - bei www.burhoff.de).
Eine ordnungsgemäße Verweisung gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG auf in der Akte befindliche Beweisfotos, die möglicherweise Rückschlüsse auf das eingesetzte Messverfahren und die Abstandsberechnung zulassen, ist nicht gegeben. Dazu müsste das Urteil die Bezugnahme deutlich und zweifelsfrei zum Ausdruck bringen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 267 Rdnr. 8 m.w.N.). Die - wie hier - bloße Mitteilung der Fundstelle der Beweisfotos in den Akten genügt nicht (vgl. OLG Brandenburg, StraFo 98, 51; OLG Köln, NJW 2004, 3274).
Auch die geständige Einlassung des Betroffenen macht die fehlenden Angaben nicht entbehrlich.
Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Verurteilung wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf ein uneingeschränktes, glaubhaftes Geständnis gestützt werden kann (vgl. BGHSt 39, 291). Hier geht es jedoch nicht um eine Geschwindigkeitsüberschreitung, deren Höhe ein Betroffener etwa durch den Blick auf den Tachometer eines Fahrzeugs durchaus selbst zuverlässig festgestellt haben kann, sondern um eine Abstandsunterschreitung, die ein Betroffener allenfalls schätzen, nicht aber als das Resultat seiner eigenen originären Wahrnehmung mit der erforderlichen Genauigkeit bestätigen kann (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 11. Juli 2006 - 3 Ss OWi 906/06 - bei juris).
Der aufgezeigte Darlegungsmangel führt, wie von der Generalstaatsanwaltschaft beantragt, zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Lippstadt.
Vorsorglich merkt der Senat an, dass auf der Grundlage der vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen, falls diese erneut getroffen werden können, die Annahme einer vorsätzlichen Begehung keinen durchgreifenden Bedenken begegnen dürfte.



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