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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ws 316/08 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwingt dazu, einem Untergebrachten Lockerungen zu gewähren, wenn nicht ohne vorangegangene Lockerungen das kaum vertretbare Risiko eingegangen werden soll, dass er demnächst aus Verhältnismäßigkeitsgründen in die Freiheit oder zur Verbüßung der Restfreiheitsstrafe aus der Maßregel entlassen werden muss.
2. Die Gewährung von Lockerungen darf nicht deshalb verweigert werden, weil die Unterbringung in einer Klinik vollzogen wird, in der aufgrund einer politischen Vereinbarung mit der Gemeinde, in der die Klinik errichtet worden ist, erforderliche Vollzugslockerungen nicht gewährt werden dürfen (Hinweis).

Senat: 4

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, Unverhältnismäßigkeit der weiteren Unterbringung, Lockerungen, keine Versagung von Lockerungen aufgrund politischer Abrede

Normen: StGB 67 Abs. 4, StGB 67 d, MRVG 18

Beschluss:

Strafsache
In pp.
Aus den Gründen: I. Der Untergebrachte wendet sich mit seiner zulässigen sofortigen Beschwerde gegen den Beschl. der StVK Münster, durch den nach Anhörung der StA Wuppertal, des Leiters der LWL Maßregelvollzugsanstalt R. und nach mündlicher Anhörung des Verurteilten die Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden ist.
II. Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die StVK hat zu Recht die Fortdauer der Unterbringung angeordnet. Es ist weder zu erwarten, dass der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine rechtswidrigen Taten mehr begehen wird (§ 67 d Abs. 2 StGB), noch stellt sich der weitere Vollzug der Maßregel bereits als unverhältnismäßig dar (§ 67 d Abs. 6 StGB). (...)
III. Gleichwohl sieht sich der Senat aufgrund der sich abzeichnenden Unverhältnismäßigkeit einer weiteren Unterbringung, nicht zuletzt auch aufgrund der Ausführungen des BVerfG im Beschl. v. 2.11. 2005 (2 BvR 1424/05), zu folgenden Hinweisen veranlasst.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwingt dazu, dem Untergebrachten nunmehr unverzüglich weitere Lockerungen (1:1 Ausgang) zu gewähren und bei erfolgreicher Erprobung alsbald in ein Übergangsheim zu beurlauben, wenn nicht ohne vorangegangene Lockerungen das kaum vertretbare Risiko eingegangen werden soll, dass der Untergebrachte demnächst aus Verhältnismäßigkeitsgründen in die Freiheit oder zur Verbüßung der Restfreiheitsstrafe (§ 67 Abs. 4 StGB) aus der Maßregel entlassen werden muss. Seit längerer Zeit halten die behandelnde Klinik und die Sachverständigen, zuletzt der Sachverständige Dr. K., weitere Lockerungen grundsätzlich für vertretbar, weil das Missbrauchs und Fluchtrisiko als ausreichend gering eingeschätzt werden. Der bislang entgegenstehende Gesichtspunkt, dass der Untergebrachte die Gewährung weiterer Lockerungen als "falsches Signal" verstehen könnte diese Gefahr wird von der Klinik R. im übrigen jetzt nicht mehr in dieser Stringenz geteilt , muss nach Ansicht des Senats nunmehr unbedingt zurücktreten, da die weitere Unterbringung sonst in einer Sackgasse verharrt. Unvertretbar ist, dass die Unterbringung weiter in der Klinik in R. vollzogen wird, in der aufgrund einer politischen Vereinbarung die erforderlichen Vollzugslockerungen nicht gewährt werden dürfen. Der Senat weist insoweit daraufhin, dass durch eine solche Vereinbarung die gesetzlichen Regelungen des Maßregelvollzugsgesetzes NRW nicht außer Kraft gesetzt werden können. Eine Verweigerung von Lockerungen bei Vorliegen der Voraussetzungen gestützt auf diese Vereinbarung wird einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten . Der Untergebrachte ist deshalb mit Nachdruck in eine andere Klinik zu verlegen, in der er unter Gewährung weitergehender Lockerungen behandelt werden kann. Insoweit kann es nicht darauf ankommen, inwieweit eine Aufnahmebereitschaft besteht, noch weniger darauf, ob ein Austauschpatient gefunden werden kann. Sollte nicht kurzfristig eine adäquate andere Klinik gefunden werden, sollte der Untergebrachte seine Verlegung nach Einschätzung des Senats in dem dafür vorgesehenen Verfahren notfalls mit gerichtlicher Hilfe erzwingen können.


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