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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 4 Ws 22/09 OLG Hamm

Leitsatz: Zu den Voraussetzungen für die Erklärung der Erledigung einer Unterbringung.

Senat: 4

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Mord, lebenslange Freiheitsstrafe, Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, Erledigung der Unterbringung, Erledigungserklärung, kein Zusammenhang zwischen Störung und Tat, fehlender Zusammenhang zwischen Erkrankung und Tat

Normen: StGB 67 d Abs. 6, StGB 211

Beschluss:

Strafvollstreckungssache
gegen E. D. J. K.,
wegen Mordes u.a.,
hier: Erledigung der Unterbringung.

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 24. November 2008 gegen den Beschluss der 1. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Dortmund vom 6. November 2008 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 27. Januar 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die sofortige Beschwerde auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.

Gründe: I. Die 1. Strafvollstreckungskammer Dortmund hat durch den angefochtenen Beschluss die Anordnung der Unterbringung des Verurteilten in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt erklärt. Hiergegen richtet sich die form und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Verurteilten, mit der er sich unter näherer Darlegung seiner Rechtsauffassung gegen die Erledigungserklärung wendet.
Der Beschwerdeführer ist am 12. April 1999 durch das Schwurgericht Hagen wegen Mordes in Tateinheit mit Vergewaltigung und Freiheitsberaubung sowie wegen Vergewaltigung in drei weiteren Fällen zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt worden. Die besondere Schuldschwere festgestellt worden. Außerdem ist seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden. Das Urteil ist seit dem 4. Februar 2000 rechtskräftig.
Der im Verfahren gehörte Sachverständige Prof. Dr. Sch. stellte diagnostisch neben Tendenzen einer dissozialen Persönlichkeitsstörung eine Triebdevianz im Sinne einer heterosexuell sadistischen Perversion fest, die dem Rechtsbegriff der schweren anderen seelischen Abartigkeit zuzuordnen sei. Außerdem stellte der Sachverständige bei dem Verurteilten einen Kokainmissbrauch fest, der aber keine körperliche Abhängigkeit bedingt habe und die Lebensgestaltung des Verurteilten auch nicht dominiert habe. Gleichwohl sei der Verurteilte lediglich bei einer der Vergewaltigungen in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt gewesen. Bei dem Verdeckungsmord sei der Verurteilte voll schuldfähig gewesen. Abweichend davon hat das Schwurgericht die Rechtsfrage der Erheblichkeit der Beeinträchtigung insoweit abweichend von den Ausführungen des Sachverständigen hinsichtlich aller Sexualdelikte bejaht.
Die Unterbringung wird seit dem 8. Mai 2000 vollzogen, zunächst im Westfälischen Zentrum für Forensische Psychiatrie in Lippstadt Eickelborn und seit dem 23. März 2006 in der Wilfried Rasch Klinik in Dortmund.
Die 1. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Dortmund hat zur Vorbereitung ihrer nunmehr ergangenen Entscheidung dem Verurteilten einen Pflichtverteidiger beigeordnet, ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Le., eine schriftliche Stellungnahme der behandelnden Klinik und der Staatsanwaltschaft Hagen eingeholt. Sie hat den Verurteilten und den Sachverständigen mündlich angehört.
II. Die sofortige Beschwerde des Untergebrachten ist unbegründet. Die Strafvollstreckungskammer hat zu Recht die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt erklärt, da sich nach Beginn der Vollstreckung ergeben hat, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen, § 67 d Abs. 6 S. 1 StGB.
Wie die Strafvollstreckungskammer in ihrem überzeugenden Beschluss zutreffend dargelegt hat, steht nach dem überzeugenden Gutachten des besonders erfahrenen Sachverständigen Prof. Dr. Le., dem auch der Senat aufgrund eigener Überzeugungsbildung folgt, fest, dass jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 63 StGB nicht bejaht werden können. Insoweit nimmt der Senat zunächst auf den angefochtenen Beschluss und das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Le. Bezug.
Der von der Strafvollstreckungskammer beauftragte Sachverständige ist in seinem schriftlichen Gutachten zunächst zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen des § 63 StGB zum Zeitpunkt der ergangenen Entscheidung nicht erfüllt waren, mithin eine Fehleinweisung vorliegt. Er hat zwar ebenso wie die beteiligten Kliniken und die in den Jahren 2001 und 2004 eingeschalteten Sachverständigen Prof. Dr. Kr. und Prof. Dr. Sa. die Diagnose des im Verfahren gehörten Sachverständigen Prof. Dr. Sch. bestätigt, so dass vom Vorliegen einer dissozialen Persönlichkeitsstörung (ICD 10: F 60.2) und einer sadistischen Deviation (ICD 10: F 65.5) bei zeitweiligem Kokainmissbrauch weiterhin auszugehen ist. Der Sachverständige hat jedoch insoweit in weitgehender Übereinstimmung mit dem im Erkenntnisverfahren gehörten Sachverständigen Prof. Dr. Sch. und der Stellungnahmen der Wilfried Rasch Klinik überzeugend dargelegt, dass sich ein die Steuerungsfähigkeit beeinträchtigender Zusammenhang zwischen den zweifelsfrei vorliegenden psychiatrischen Störungen und den begangenen sowie zu erwartenden Straftaten nicht begründen lässt. Damit ist auch mit Blick in die Zukunft nicht zu erwarten, dass der Untergebrachte in Freiheit weitere Straftaten im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit begehen wird.
Der Senat vermag der Rechtsauffassung der Verteidigung nicht zu folgen, im vorliegenden Fall, in dem die Fehleinweisung aufgrund einer anderen rechtlichen Würdigung der getroffenen Tatsachen begründet sei, sei für eine Erledigungserklärung deshalb kein Raum, weil damit in unzulässiger Weise in die Rechtskraft des Urteils eingegriffen werde. Der Senat verkennt dabei nicht, dass diese Ansicht zum Teil auch von der obergerichtlichen Rechtsprechung geteilt wird (vgl. dazu OLG Frankfurt, StV 2007, 430 (431) und zur Rechtslage nach § 67 c Abs. 2 S. 5 StGB a.F. OLG Frankfurt, NStZ 2003, 222 (223)).
Gegen sie spricht schon, dass sich im Rahmen des Beschwerdeverfahrens oftmals nicht feststellen lassen wird, ob die Fehleinweisung aufgrund einer unzutreffenden Tatsachenfeststellung oder eines Rechtsfehlers erfolgt ist. Hierzu müsste jedenfalls in vielen Fällen die Hauptverhandlung, die Grundlage für das einweisende Urteil war, nachvollzogen werden, was weder Aufgabe des Verfahrens nach § 67 d Abs. 6 StGB ist, noch praktisch durchführbar sein dürfte.
Die Rechtsauffassung des Senats, wonach es im Rahmen der Prüfung des § 67 d Abs. 6 StGB allein darauf ankommt, ob die Voraussetzungen der Unterbringung weiterhin aktuell vorliegen, und zwar unabhängig davon, ob das Fehlen der Voraussetzungen auf einer Fehleinweisung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen beruht, entspricht dem Willen des Gesetzgebers bei der Neuregelung des § 67 d Abs. 6 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 28. August 2007 1 StR 268/07 veröffentlicht unter www.bundesgerichtshof.de/entscheidungen, insbesondere Absätze 14, 18 = StV 2008, 77; OG Dresden, StV 2008, 316 (317); so auch KG, StV 2007, 432). Die bisherige Rechtsprechung zu einer analogen Anwendung von § 67 c Abs. 2 S. 5 StGB, nach der eine Maßregel für erledigt zu erklären war, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer deren Voraussetzungen nicht mehr vorlagen, sollte durch die Neuregelung von § 67 d Abs. 6 S. 1 StGB festgeschrieben werden (vgl. BT Drucks. 15/2887 S. 10, 13 f.).
Der Senat hält daher auch nach erneuter Überprüfung an seiner bisherigen Rechtsauffassung (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2005 4 Ws 12/05 ) fest (so auch mit ausführlicher und überzeugender Begründung Berg, Erledigterklärung und nachträgliche Sicherungsverwahrung in Fehleinweisungsfällen, S. 26 33 in: Zukunftswerkstatt Maßregelvollzug, Forsensik 2008, 23. Eickelborner Fachtagung zu Fragen der Forensischen Psychiatrie, Herausgeberin Nahlah Saimeh).




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