Aktenzeichen: (2) 4 Ausl A 22/08 (53/09) OLG Hamm |
Leitsatz: Das OLG ist gemäß § 14 Abs. 1 IRG örtlich und gemäß § 77 Abs. 1 IRG i.V.m. § 163f Abs. 3 S. 1 StPO in der auf Grund des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. 12. 2007 (BGBl I, 3198) seit dem 1. 1. 2008 geltenden Fassung für die Anordnung der längerfristigen Observation und die Anordnung des Einsatzes technischer Mittel sachlich zuständig. |
Senat: 2 |
Gegenstand: Auslieferungssache |
Stichworte: Auslieferungsverfahren; längerfristige Observation; Anordnung; Zuständigkeit |
Normen: StPO § 163f; IRG 14; IRG 77 |
Beschluss: Auslieferungsverfahren in pp. Gründe: I. Die Republik Türkei betreibt gegen den Verfolgten die Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung wegen Mordes und anderer Delikte. Mit Beschluss vom 13. 1. 2009 hat der Senat die förmliche Auslieferungshaft angeordnet. Der Auslieferungshaftbefehl ist gestützt auf den Haftbefehl des SchwurGer. zu Diyarbakir vom 28. 11. 2007. In diesem und der ebenfalls von den türkischen Behörden übersandten Anklageschrift der Oberstaatsanwaltschaft der Republik bei dem Staatlichen Sicherheitsgericht zu Diyarbakir vom 28. 11. 2007 wird dem Verfolgten zur Last gelegt, als Gebietsverantwortlicher der PKK für die Sektion Erzurum im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit anderen Angehörigen der verbotenen Vereinigung die Ausführung eines Sprengstoffanschlages auf den Gouverneur des Regierungsbezirks Bingöl beschlossen und angeordnet zu haben. In Ausführung des gemeinsamen Tatplanes habe T sich am 5. 4. 1999 gegen 13.30 Uhr in Bingöl dem Dienstwagen des Gouverneurs K genähert und sodann einen am Körper getragenen Sprengkörper gezündet. Durch die Explosion seien T sowie die Passantin B zu Tode gekommen und weitere 14 türkische Staatsangehörige - darunter Polizeibeamte - verletzt worden. Die PKK sei darauf ausgerichtet gewesen, einen Teil des türkischen Staatsgebietes aus dem Staatsverbund herauszulösen und unter Anwendung von Waffengewalt fremder Herrschaft zu unterstellen. Nunmehr hat die GenStA in Hamm beantragt, gegen den Verfolgten und dessen Ehefrau die längerfristige Observation und den Einsatz technischer Mittel anzuordnen, da sein derzeitiger Aufenthalt nicht bekannt ist. Der Senat entschied antragsgemäß. II. 1 Das OLG Hamm und damit der Senat ist gemäß § 14 Abs. 1 IRG örtlich und gemäß § 77 Abs. 1 IRG i.V.m. § 163f Abs. 3 1 StPO in der aufgrund des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. 12. 2007 (BGBl I, 3198) seit dem 1. 1. 2008 geltenden Fassung für die Anordnung der längerfristigen Observation und die Anordnung des Einsatzes technischer Mittel sachlich zuständig. Entgegen der früheren gesetzlichen Regelung in § 163f Abs. 3 Halbs. 1 StPO, wonach für die Anordnung der Maßnahme die StA und lediglich für die Verlängerung der Maßnahme gemäß § 163f Abs. 4 S. 2 StPO a.F. das Gericht zuständig war, hat der Gesetzgeber einen Richtervorbehalt für notwendig erachtet, da die längerfristige Observation im Einzelfall mit erheblichen Eingriffen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen verbunden sein und mit Blick auf die Kumulierung von Ermittlungsmaßnahmen , insbesondere durch den Einsatz technischer Mittel (§ 100h Abs. 1 Nr. 2 StPO-E, § 100f Abs. 1 Nr. 2 StPO), eine Eingriffsintensität erreichen kann, die eine staatsanwaltschaftliche Anordnung nicht mehr als ausreichend erscheinen lässt (BR-Dr 275/07 v. 27. 4. 2007, S. 151 - zu Nr. 18 / § 163f StPO-E; vgl. auch andere Meinung in: Empfehlungen der Ausschüsse, zu Art. 18 - 163f Abs. 4 2 StPO, die keinen Eingang in die neue gesetzliche Regelung gefunden hat). Vor dem Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Regelung hat der Senat seine sachliche Zuständigkeit für die Anordnung einer längerfristigen Observation im Auslieferungsverfahren verneint und lediglich für die Verlängerung einer solchen Maßnahme angenommen (vgl. nur Senatsbeschl. v. 15. 12. 2003 - 4 Ausl. A 32/03 [157-158/03], NStZ-RR 2004, 145, 146), jedoch bereits eine eigene Annexkompetenz für den Einsatz technischer Mittel zur Ermittlung des Aufenthaltsorts des Verfolgten im Auslieferungsverfahren bejaht (Senatsbeschl. v. 11. 2. 2000 - [2] 4 Ausl. 67/00 [7/00], NStZ 2000, 666 im Anschluss an den Senatsbeschl. v. 22. 6. 1998 - [2] 4 Ausl. 419/97 [30/98], NStZ-RR 1998, 350, 351). 2. Die Voraussetzungen für die Anordnung einer längerfristigen Observation i.S.d. § 163f StPO sind ebenso gegeben, wie die Voraussetzungen für die Anordnung des Einsatzes technischer Mittel i.S.d. § 100h StPO gegenüber dem Verfolgten und seiner Ehefrau. Gemäß § 77 I IRG i.V.m. § 163f Abs. 1 1 StPO liegen ausweislich des Haftbefehls des SchwurGer. zu Diyarbakir vom 28. 11. 2007 und der Anklageschrift der Oberstaatsanwaltschaft der Republik bei dem Staatlichen Sicherheitsgericht zu Diyarbakir vom 28. 11. 2007 - Untersuchungsnummer - zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Straftat von erheblicher Bedeutung - insbesondere Mord - begangen worden ist. Auch ist die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Verfolgten auf andere Weise erheblich weniger erfolgversprechend (§ 77 Abs. 1 IRG i.V.m. § 163f Abs. 1 S. 2 StPO) Die erfolgversprechenden Observationen bedingen auch den Einsatz technischer Mittel i.S.d. § 100h Abs. 1 und Abs. 2 StPO gegenüber dem Verfolgten bzw. i.S.d. § 100h Abs. 1 und Abs. 2 S. 2 Nrn. 1 und 2 StPO gegenüber der Ehefrau G. K, weil nur hierdurch ohne die Gefahr der Entdeckung der Observationskräfte eine lückenlose Überwachung der vorgenannten Personen gewährleistet werden kann. Andere erfolgversprechende Mittel zur Ermittlung des Aufenthaltsortes des Verfolgten stehen nicht zur Verfügung. Auch kann nur durch den Einsatz technischer Mittel eine lückenlose Überwachung der von der längerfristigen Observation Betroffenen gewährleistet werden. Gem. § 77 Abs. 1 IRG i.V.m. §§ 163f Abs. 3 S. 100b Abs. 1 S. 4 StPO war die Dauer der Maßnahme auf höchstens 3 Monate zu befristen. Eine Verkürzung der Anordnung (vgl. dazu Meyer-Goßner 51. Aufl., § 100b Rn 2) kam angesichts der jeweils langen Verweildauer des Verfolgten im Irak in der Vergangenheit nicht in Betracht. |
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