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Entscheidungen

OWi

Verfahrensrüge, Richtervorbehalt, Verletzung, Anforderungen, Begründung

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Hamm, Beschl. v. 24.08.2010 - III-3 RBs 223/10

Fundstellen:

Leitsatz: Die Begründung der Verfahrensrüge der Verletzung des Richtervorbehalts wegen der Anordnung und Verwertung der Blutprobe muss die genaue Angriffsrichtung eines in der Hauptverhandlung erhobenen Widerspruchs erkennen lassen, der gegen die Verwertung der aufgrund der Blutentnahme gewonnenen Beweismittel erhoben worden ist.


In pp.
1. Die Sache wird dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Zuwiderhandlung nach § 24 a Abs. 1 StVG – einer Pkw-Fahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von mehr als 0,5 Promille - zu einer Geldbuße von 500,00 € verurteilt und ihm unter Bewilligung von Vollstreckungsaufschub gem. § 25 Abs. 2a StVG ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats erteilt.
Zur Sache hat das Amtsgericht u. a. folgende Feststellungen getroffen:
"Der Betroffene trank in der Nacht zum 23.05.2009 größere Mengen an Alkohol. Am frühen Morgen des 23.05.2009 fuhr er sodann gegen 02:05 Uhr mit einem Pkw der Marke Q, amtliches Kennzeichen …, in I über die F-Straße und den S-weg. Er fiel hierbei Polizeibeamten auf, die ihn anhielten und überprüften. Die Polizeibeamten konnten in der Atemluft des Betroffenen einen starken Alkoholgeruch wahrnehmen. Sie führten daraufhin bei dem Betroffenen einen Alkoholtest durch, der positiv verlief. Die Polizeibeamten stellten den Führerschein des Betroffenen sicher. Der Betroffene hatte insoweit keine Einwendungen. Nunmehr entschlossen sich die Polizeibeamten, den Betroffenen zur Polizeiinspektion I zu verbringen, um dort einen Atemalkoholtest mit dem Messgerät der Marke F 7110 durchzuführen. In der Beweisaufnahme konnte nicht geklärt werden, ob sich die Polizeibeamten zu diesem Zeitpunkt bewusst waren, dass es möglicherweise erforderlich war, trotz der nächtlichen Stunde den zuständigen Ermittlungsrichter beim Amtsgericht einzuschalten und ihn zu befragen, ob er mit den getroffenen und geplanten Maßnahmen einverstanden sei. Zugunsten des Betroffenen war folglich anzunehmen, dass die Polizeibeamten sich um diese rechtliche Problematik nicht kümmerten, aus welchen Gründen auch immer.
Auf der Polizeistation in I stellte sich bei dem durchgeführten Atemalkoholtest ein Wert von 0,56 mg/l heraus. Der zuständige Polizeibeamte ordnete sodann eine Blutprobe an. Der Betroffene ließ diese Blutprobe widerspruchslos über sich ergehen. Auch hier kamen die Polizeibeamten nicht auf den Gedanken, dass es erforderlich sein könnte, vorab den zuständigen Ermittlungsrichter einzuschalten.
Bei der Blutprobe stellte sich eine Blutalkoholkonzentration von 1,09 Promille im Mittelwert heraus."
Ausweislich der weiteren Urteilsfeststellungen sah das Amtsgericht den Betroffenen u.a. aufgrund seiner eigenen Einlassung - dieser hatte eingeräumt, das Fahrzeug nach erheblichem Alkoholgenuss geführt zu haben -, des erörterten Blutalkoholgutachtens, des Protokolls zur Entnahme der Blutprobe, sowie des ebenfalls erörterten ärztlichen Berichts über die Auswertung der entnommenen Blutprobe als überführt an.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde.
Er rügt die Verletzung des § 81 a StPO (Verstoß gegen den Richtervorbehalt wegen der Anordnung und Verwertung der Blutprobe) sowie die Verletzung materiellen Rechts.
II.
Die Sache ist zur Fortbildung des Rechts durch die Einzelrichterin auf den Senat mit drei Richtern übertragen worden, § 80 a Abs. 3 S. 1 OWiG.
Dies war hier zur Fortbildung des Rechts geboten, um klarzustellen, dass auch im Bußgeldverfahren bei Erhebung der Verfahrensrüge der Verletzung des § 81 a Abs. 2 StPO i:V.m. § 46 Abs. 1 OWiG der Verwertung der Blutprobe vor dem Tatrichter spezifiziert widersprochen und der Inhalt des Widerspruchs mit der Verfahrensrüge vorgetragen werden muss
III.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
1.
Mit der erhobenen Verfahrensrüge der Verletzung des § 81 a Abs. 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG dringt der Betroffene aus formellen Gründen nicht durch. Die Rüge ist bereits nicht zulässig erhoben.
a)
Die Verfahrensrüge, die Gewinnung der Blutprobe sei unter Verstoß gegen § 81 a Abs.2 StPO erfolgt, deshalb sei ihr Ergebnis nicht verwertbar, genügt nicht den an die Begründung einer solchen Verfahrensrüge gem. § 344 Abs. 2 S. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs.3 OWiG zu stellenden Anforderungen
aa)
Gem. § 79 Abs. 3 OWiG gelten für die Rechtsbeschwerde die Vorschriften der Strafprozessordnung entsprechend, wozu auch die Vorschriften über die Anbringung der Beschwerdeanträge und deren Begründung (§§ 344, 345 StPO) zählen.
Nach § 344 Abs. 2 S. 2 StPO müssen bei Erhebung der Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen so genau dargelegt werden, dass das Revisions- oder Rechtsbeschwerdegericht aufgrund dieser Darlegung das Vorhandensein – oder Fehlen – eines Verfahrensmangels feststellen kann, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen sind oder bewiesen werden (vgl. Senatsbeschl. v. 30.03.2010 – III-3 RVs 9/10; v. 22.12.2009, BeckRS 2010, 2551 u. v. 25.08.2008, NZV 2009, S. 90, jeweils m. w. N.).
bb)
Für die Geltendmachung eines Beweisverwertungsverbotes wegen Verstoßes gegen § 81 a StPO ist erforderlich, dass rechtzeitig, d. h. bis spätestens zu dem in § 257 StPO bestimmten Zeitpunkt, gegen die Verwertung des Beweismittels Widerspruch erhoben wird.
Der Widerspruch muss begründet werden und seine Angriffsrichtung erkennen lassen, wenn es – wie bei § 81 a Abs. 2 StPO – mehrere mögliche Angriffsrichtungen des Widerspruchs geben kann (Senatsbeschl. v. 30.03.2010 – III-3 RVs 9/10 u. v. 22.12.2009, BeckRS 2010, 2551).
Ein Beweisverwertungsverbot setzt nämlich nicht nur voraus, dass der Verwertung des Beweismittels überhaupt widersprochen wurde. Erforderlich ist vielmehr eine spezifizierte Begründung des Widerspruchs, in der – zumindest in groben Zügen – anzugeben ist, unter welchen Gesichtspunkten der Betroffene das Beweismittel für unverwertbar hält. Dies folgt daraus, dass der Tatrichter grundsätzlich nicht verpflichtet ist, allen möglichen oder denkbaren Verfahrensfehlern im Zusammenhang mit der Beweisgewinnung von Amts wegen nachzugehen. Deshalb muss die Begründung des Widerspruchs die Angriffsrichtung erkennen lassen, die den Prüfungsumfang durch das Tatgericht begrenzt (BGH, Beschl. v. 11.09.2007 - 1 StR 273/07; Senatsbeschl. v. 30.03.2010 – III-3 RVs 9/10 u. v. 24.03.2009, NStZ-RR 2009, S. 386 m. w. N.).
cc)
Im Anwendungsbereich des § 81 a StPO kommt als mögliche Angriffsrichtung in diesem Sinne neben der Umgehung des Richtervorbehalts des § 81 a Abs. 2 StPO
namentlich die unterlassene Belehrung des zu diesem Zeitpunkt u.U. im strafrechtlichen Sinne beschuldigten Betroffenen über die Freiwilligkeit der Mitwirkung, die Nichtbeachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, die Eingriffsvornahme durch einen Nichtarzt (Medizinalassistent, Krankenschwester oder Krankenpfleger), die bewusste Vortäuschung des Ermittlungsbeamten, dass die Blutprobe von einem Arzt entnommen werde oder die Anwendung unerlaubten Zwangs in Betracht (vgl. Senatsbeschlüsse wie vor; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl. 2010, § 81 a Rdn. 32 - 34).
b)
Der Rechtsbeschwerde kann die Angriffsrichtung des in der Hauptverhandlung erhobenen Widerspruchs nicht hinreichend entnommen werden.
aa)
In der Rechtsbeschwerdebegründungsschrift heißt es hierzu:
"Wie aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ersichtlich ist, hat das Amtsgericht I nach einer vorangegangenen Diskussion die Blutprobe auf Bl. 6 der Ermittlungsakte zu Beweiszwecken verlesen und verwertet. Ausweislich dieser verlesenen und vom Amtsgericht I verwerteten Blutprobe wies die Blutalkoholkonzentration des Klägers einen Mittelwert von 1,09 Promille aus.
Wie ebenfalls aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung beweiserheblich hervorgeht, ist unmittelbar im Anschluss an die diesbezügliche Verlesung und Verwertung der entsprechenden Verwertung seitens der Verteidigung widersprochen worden."
bb)
Das genaue Angriffsziel des Widerspruchs lässt sich diesem Vortrag nicht entnehmen. Es wird nur die Tatsache der Erhebung des Widerspruchs, nicht aber dessen Begründung, mitgeteilt.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Rechtsbeschwerdeschrift in der Anlage eine Ablichtung des Hauptverhandlungsprotokolls beigefügt ist, aus dem Einzelheiten zur Widerspruchsbegründung hervorgehen.
Die Bezugnahme auf Akten, das Protokoll oder andere Schriftstücke zur Begründung der Rechtsbeschwerde ist nämlich nicht zulässig, vielmehr muss diese aus sich heraus verständlich sein und alle notwendigen Angaben zu ihrer Begründung selbst enthalten (v gl. zur gleichgelagerten Problematik bei der Revision: Senat, NJW 2009, S. 242).
2.
Mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts gelangt die Rechtsbeschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg.
Die Sachrüge ist nicht begründet, denn die Überprüfung des tatrichterlichen Urteils zeigt keinen materiell-rechtlichen Fehler zum Nachteil des Betroffenen auf, § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs.2 StPO.
.
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO.

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