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Entscheidungen

StPO

Klageerzwingungsverfahren, Einstellung nach § 153 a StPO

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Bamberg, Beschl. v. 19. 10. 2010 - 3 Ws 60/10

Fundstellen:

Leitsatz: 1. Bei einer Verfahrenseinstellung nach § 153 a Abs. 1 StPO kann das Klageerzwingungsverfahren ausnahmsweise dann zulässig sein, wenn die Staatsanwaltschaft beim Zusammentreffen eines Verbrechens- und eines Vergehens-verdachtes den hinreichenden Tatverdacht hinsichtlich des möglichen Verbrechenstatbestandes verneint und von der (weiteren) Verfolgung der Tat und der Erhebung der öffentlichen Klage unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Vergehens nach § 153 a Abs. 1 StPO abgesehen hat (u.a. Anschluss an OLG Hamm MDR 1997, 285).

2. Für die Zulässigkeit des Klageerzwingungsantrags muss sich in diesem Fall schon aus der Antragsbegründung jedoch substantiiert entnehmen lassen, dass und weshalb der Antragsteller gerade die Verdachtsbewertung der Staatsanwaltschaft im Hinblick auf einen bestimmten Verbrechenstatbestand für falsch hält und deshalb insoweit die Erhebung der öffentlichen Klage geboten ist.


Zum Sachverhalt:
Mit ihrem innerhalb der Frist des § 172 II 1 StPO eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung wendet sich die von ihren Eltern vertretene 16-jährige Ast’in gegen den Bescheid des GenStA, mit dem ihrer Beschwerde gegen die mit Zustimmung des für die Eröffnung des Haupt-verfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten seitens der StA verfügte (vorläufige) Einstellung des Verfahrens gemäß § 153 a I 2 Nr. 1 StPO keine Folge gegeben wurde. Das OLG hat den Antrag als unzulässig verworfen.
Aus den Gründen:
1. Zwar kann nach zutreffender Auffassung auch im Falle einer (vorläufigen oder endgültigen) Verfahrenseinstellung nach § 153 a I StPO das Klageerzwingungsverfahren unbeschadet des gesetzlichen Ausschlusses in § 172 II 3, 2. Alt. StPO ausnahmsweise dann zulässig sein, wenn die StA beim Zusammentreffen eines Verbrechens- und eines Vergehensverdachtes den hinreichenden Tatverdacht hinsichtlich des möglichen Verbrechenstatbestandes verneint und von der (weiteren) Verfolgung der Tat und der Erhebung der öffentlichen Klage unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Vergehens nach § 153 a I StPO abgesehen hat (OLG Hamm MDR 1997, 285; Meyer-Goßner StPO 53. Aufl. § 172 Rn. 4; HK/Zöller StPO 4. Aufl. § 172 Rn. 11 und KK/Schmid StPO 6. Aufl. § 172 Rn. 42, jeweils m.w.N.). In diesem Fall muss sich aus der Antragsbegründung neben den sonstigen Begründungs- und Darle-gungsanforderungen für die Zulässigkeit des Klageerzwingungsantrags gemäß § 172 III 1 StPO jedoch substantiiert entnehmen lassen, dass und weshalb der Ast. gerade die Ver-dachtsbewertung der StA im Hinblick auf einen bestimmten Verbrechenstatbestand für falsch hält und deshalb insoweit die Erhebung der öffentlichen Klage in materieller und formeller Hinsicht geboten ist.
2. Diesen Darlegungsanforderungen wird die Antragsbegründung hier schon deshalb nicht gerecht, weil sie gerade nicht aufzeigt, im Hinblick auf welchen als Verbrechen iSv. § 12 I StGB ausgestalteten Straftatbestand von einer unzutreffenden Verdachtsbewertung der StA auszugehen ist und deshalb eine auf Vergehen iSv. § 12 II StGB beschränkte Verfah-renseinstellung nach Opportunitätsgrundsätzen, insbesondere nach § 153 a I StPO, hier ausscheidet. Nach der Legaldefinition in § 12 I und II StGB sind Verbrechen „rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind“, während es sich bei „rechtswidrigen Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Frei-heitsstrafe oder (…) mit Geldstrafe bedroht sind“, um Vergehen handelt. Gemäß § 12 III StGB bleiben für die Bestimmung des Deliktscharakters „Schärfungen oder Milderungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder für besonders schwere oder minder schwere Fälle vorgesehen sind, (…) außer Betracht“. Eine unzutreffende Verdachtsbewertung der StA im Hinblick auf den hier aufgrund einer (Mindest-) Strafandrohung mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr nach Sachlage allein als Verbrechen in Betracht zu ziehenden Straftatbestand der sexuellen Nötigung gemäß § 177 I StGB, gegebenenfalls in einem beson-ders schweren Fall nach § 177 II 2 Nr. 1 (Vergewaltigung), wird jedoch vorliegend schon von der Ast’in selbst gar nicht beanstandet. Zwar beantragt die Ast’in zu Beginn ihrer An-tragsschrift, „durch gerichtliche Entscheidung die Erhebung der öffentlichen Klage gegen den Beschuldigten (…) wegen sexueller Nötigung anzuordnen“. Aus der weiteren Antrags-begründung geht allerdings eindeutig hervor, dass die Ast’in allein deshalb eine Verletzung des Legalitätsprinzips beanstandet, weil die StA nach ihrer Auffassung neben einer Strafbar-keit des Besch. nach § 182 II StGB (sexueller Missbrauch von Jugendlichen) zu Unrecht ins-besondere für das Tatgeschehen Ende Oktober und Anfang November 2008 einen hinrei-chenden Tatverdacht auch für den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von Schutzbe-fohlenen nach § 174 I Nr. 1 StGB, namentlich die Existenz eines von dieser Strafbewehrung vorausgesetzten so genannten ‚Obhutsverhältnisses’, verneint hat. Nach § 174 I StGB wird der sexuelle Missbrauch von Schutzbefohlenen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ungeachtet der gegenüber § 182 II StGB (sexueller Missbrauch von Jugendlichen) erhöhten Mindeststrafe von drei Monaten Freiheitsstrafe handelt es sich damit aufgrund des unter einem Jahr Freiheitsstrafe verbleibenden Mindestmaßes der Freiheitsstrafe auch bei § 174 StGB um einen Vergehenstatbestand. Die Ast’in zeigt damit im Rahmen ihrer Antragsrechtfertigung bereits nicht auf, dass nach ihrer Auffassung die Erhebung der öffentlichen Klage gegen den Besch. (auch) wegen eines Verbrechens, insbesondere wegen sexueller Nötigung, geboten gewesen wäre.
3. Nachdem der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bereits aus formellen Gründen keinen Erfolg hat, ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst.

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Anmerkung:


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