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Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Bamberg, Beschl. v. 28. 2. 2011 - 3 Ss OWi 40/11
Fundstellen:
Leitsatz: Die unzutreffende Einordnung eines Rechtsbeschwerdeangriffs als Verfahrens- oder Sachrüge ist unbeachtlich, wenn sich aus der Begründungsschrift deutlich ergibt, welche Rüge gemeint ist. Entscheidend ist nicht die Bezeichnung der Rüge, sondern ihre wirkliche rechtliche Bedeutung, wie sie dem Sinn und Zweck des Vorbringens zu entnehmen ist. Soweit das Rechtsmittelvorbringen dies erlaubt, ist der als Sachrüge bezeichnete Vortrag daher auch unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensrüge zu prüfen (u.a. Anschluss an BGH, Urteil vom 21.11.2006 1 StR 392/06).
OLG Bamberg, Beschluss vom 28. 2. 2011 - 3 Ss OWi 40/11 In pp. Zum Sachverhalt: Das AG hat den Betr. wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstge-schwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften zu einer Geldbuße verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot verhängt. Im Rahmen seiner Beweiswürdigung hat das AG zur Täterschaft des Betr., der sich zur Sache nicht geäußert hat, im Wesentlichen ausgeführt: Der Zeuge POM W. führte aus, dass aufgrund der hohen Geschwindigkeit eine an sich beabsichtigte sofortige Anhaltung nicht möglich gewesen sei. Er habe jedoch gesehen, dass es sich bei dem Fahrer um einen älteren Herrn mit grauen Haaren gehandelt habe. Letzteres habe auch sein für die Anhaltung zuständige Kollege der L. beobachtet. Beide Zeugen berichteten, dass sie aufgrund einer Halteranfrage festgestellt hätten, dass der fragliche Pkw auf Frau Hannelore T. (...), wohnhaft K.-Straße in G. zugelassen ist. Aus diesem Grund seien sie zu dieser Adresse gefahren. Hierbei haben sie die Ehefrau des Betroffenen angetroffen. Auf Nachfrage, wer mit dem auf sie zugelassenen Pkw (...) gefahren sei, habe diese erklärt, dass dies ihr soeben nach Hause gekommener Ehemann gewesen sei. In diesem Augenblick sei der Betroffene erschienen und habe sich als Ehemann der Halterin zu erkennen gegeben. Aufgrund dieser Aussagen ist das Gericht davon überzeugt, dass der Betroffene der Fahrer des Pkw (...) war. Der Betroffene passt zu der vagen Beschreibung seines Äußeren durch die Zeugen, wovon sich das Gericht in der Hauptverhandlung überzeugen konnte. Der Aussage seiner Ehefrau gegenüber den Zeugen W. und L., dass er am Tattag mit dem auf sie zugelassenen Pkw unterwegs gewesen und kurz vor Eintreffen der Zeugen zu seiner Wohnung zurückgekommen sei, spricht deutlich dafür, dass es sich bei dem Betroffenen um den Fahrer des Fahrzeugs zum Messzeitpunkt handelte. Die Erklärung der Ehefrau gegenüber den Zeugen ist auch verwertbar. Zwar wurde sie von den Polizeibeamten nicht gemäß §§ 163 III 1, 52 I Nr. 2, III StPO über ein Zeugnisverweigerungsrecht belehrt. (...) Die Äußerung erfolgte jedoch nicht im Rahmen einer Vernehmung und ist daher, ohne dass eine Belehrung erfolgt ist, verwertbar. Mit seiner gegen das Urteil geführten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene ausdrücklich nur die Verletzung sachlichen Rechts, wobei er in diesem Rahmen zur Begründung insbesondere ausführt, die Angaben seiner in der Hauptverhandlung von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machenden Ehefrau ge-genüber den Zeugen seien nicht verwertbar gewesen. Das OLG hat das angegriffene Urteil mit Ausnahme der Feststellungen zur Geschwindigkeits-überschreitung und deren Höhe mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache in diesem Umfang an das AG zurückverwiesen. Aus den Gründen: Die gemäß § 79 I 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbe-schwerde hat vorläufig Erfolg, da der Verwertung der Angaben der Ehefrau des Betr. gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten ein § 252 StPO zu entnehmendes Verwertungsverbot entgegen steht. 1. Zwar hat der Betr. ausdrücklich nur die Sachrüge erhoben, während mit der Gel-tendmachung eines Beweisverwertungsverbotes, hier eines Verstoßes gegen §§ 52, 163, 252 StPO, ein Verstoß gegen Verfahrensrecht behauptet wird (BayObLG NZV 2005, 492; KK/Pfeiffer/Hannich StPO 6. Aufl. Einl. Rn. 122; KK/Senge vor § 48 Rn. 53). Ob hier einer der Ausnahmefälle gegeben ist, in denen der Verstoß gegen ein Verwer-tungsverbot einen sachlich-rechtlichen Fehler darstellt (BGHSt 25, 100/102 und 232/233; BGHSt 51, 285/286; KK/Kuckein § 337 Rn. 30; Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 261 Rn. 38), kann letztlich dahinstehen. Denn eine unzutreffende Einordnung eines Rechtsbeschwerdeangriffs ist dann unbeachtlich, wenn sich aus der Begründungsschrift deutlich ergibt, welche Rüge gemeint ist (KK/Kuckein § 344 Rn. 20). Entscheidend ist nicht die Bezeichnung der Rüge, sondern ihre wirkliche rechtliche Bedeutung, wie sie dem Sinn und Zweck des Vorbringens zu entnehmen ist (BGH Urteil vom 21.11.2006 1 StR 392/06 m.w.N. bei juris). Soweit das Rechtsbeschwerdevorbringen dies erlaubt, ist es daher auch unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensrüge zu prüfen (vgl. auch OLG Bamberg, Beschluss vom 30.06.2010 3 Ss OWi 854/10 = NZV 2011, 44 f. = VRR 2010, 348 f. [Gieg]). 2. Der Vortrag der Rechtsbeschwerde genügt (auch) den Darlegungsanforderungen des § 344 II 2 StPO hinsichtlich einer Rüge der Verletzung des § 252 StPO. Insbesondere trägt der Betr. unter Hinweis auf die nach seiner Auffassung fehlende Belehrung nach § 163 I 1 StPO die Umstände der Befragung seiner Ehefrau am Tattag durch den Zeugen POM W., die Verwertung der bei dieser Befragung gemachten Angaben seiner Ehefrau durch das AG im Urteil sowie den weiteren Umstand vor, dass seine Ehefrau in der Hauptverhandlung von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat. Ob die Zulässigkeit der Rüge einer Verletzung des § 252 StPO auch den Vortrag von Tatsachen erfordert, die geeignet sind, der Rüge den Boden zu entziehen (vgl. LR/Sander/Cirener StPO 26. Aufl. § 252 Rn. 53; BVerfG NJW 2005, 1999/2001- ; BGH JR 2007, 209/210), nämlich Vortrag dazu, ob sich die Ehefrau des Betr. in der Hauptverhandlung trotz Gebrauchmachens von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht mit der Verwertung ihrer früheren Angaben gegenüber dem Zeugen einverstanden erklärt hat (vgl. LR/Sander/Cirener § 252 Rn. 22), kann hier dahinstehen. Denn aufgrund der vom Betr. erhobenen allgemeinen Sachrüge sind im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Verfahrensrüge auch die schriftlichen Urteilsgründe heranzuziehen (Meyer-Goßner § 343 Rn. 21 a.E.). Diesen ist aber in der Gesamtschau zu entnehmen, dass dieser nicht ohne weiteres naheliegende Ausnahmefall nicht vorgelegen hat. 3. Die Rüge der Verletzung des § 252 StPO ist auch begründet. Die GenStA hat in ihrer Antragsschrift, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Urteils beantragt hat, insoweit u.a. ausgeführt: Da die beiden Zeugen W. und L. nur eine vage Beschreibung des Äußeren des Fahrzeugsführers (älterer Herr mit grauen Haaren) abgeben konn-ten, hat das Gericht in den Urteilsgründen dargelegt, dass seine Überzeugungsbildung von der Täterschaft des Betr. aufgrund einer Gesamtwürdigung mit einem gewichtigen Indiz beruht, nämlich der Erklärung der Ehefrau gegenüber den beiden Zeugen, dass der Betr. am Tattag mit dem Pkw unterwegs gewesen ist. Die Verwertung der polizeili-chen Aussage der Ehefrau verstößt jedoch, worauf die Verteidigung zutreffend hinge-wiesen hat, gegen § 252 StPO. (...) Letztendlich hat die Ehefrau des Betr. im Anschluss an die Vernehmung der beiden Zeugen von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Ge-brauch gemacht. Der Umstand, dass es sich, wie in den Urteilsfeststellungen ausge-führt, lediglich um eine informatorische Befragung der Ehefrau handelte, lässt das Beweisverwertungsverbot nicht entfallen, denn § 252 StPO gilt auch regelmäßig für informatorische Anhörungen (vgl. Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 252 Rn. 7 m.w.N.). Da das wesentliche Indiz der Überzeugungsbildung hinsichtlich der Fahrereigenschaft des Betroffenen (hier: Aussage der Ehefrau gegenüber den Zeugen W. und L.) einem Beweisverwertungsverbot unterliegt, tragen die (bislang) seitens des AG zur Identifizie-rung des Betr. als Fahrer getroffenen Feststellungen den Schuldspruch und damit das Fahrverbot nicht. 4. Der Senat macht sich diese Ausführungen nach eigener Prüfung zu Eigen und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Da § 252 StPO regelmäßig auch für informatorische Anhörungen gilt, kann dahinstehen, ob es bei der Anhörung der Ehefrau durch die Polizeibeamten am Tattag einer Belehrung nach § 163 StPO bedurfte oder nicht. Von § 252 StPO nicht erfasst würden lediglich die Bekundungen eines zeugnisverweigerungsberechtigten Zeugen, die er außerhalb einer Vernehmung oder einer für seine Konfliktlage vergleichbaren Situation von sich aus (spontan), nicht auf Anhörung bzw. Befragung durch ein Staatsorgan in amtlicher Eigenschaft zu dem Gegenstand des nunmehrigen verfahrensbildenden Sachverhalts, oder auch bei ande-ren Gelegenheiten im Bereich der privaten und geschäftlichen Kommunikation bei-spielsweise bekundet hat (BayObLG NZV 2005, 492/493; LR aaO. Rn. 37 f., 12). Um eine derartige, von § 252 StPO nicht erfasste Äußerung der Ehefrau des Betroffenen handelt es sich nach den Urteilsfeststellungen aber nicht.
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