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Leitsatz: Die im Strafverfahren auf freiwilliger Basis abgegebenen Angaben des Angeklagten, er habe zum Zeitpunkt der Erteilung des Führerscheins seinen Wohnsitz im Inland gehabt, sind wie vom Ausstellerstaat herrührende unbestreitbare Informationen zu werten. Sie sind Behördeninformationen des Ausstellerstaates, etwa eines Einwohnermeldeamtes mindestens gleichwertig. Denn nur der Angeklagte selbst weiß mit Bestimmtheit, ob er das für die Ausstellung eines EU-Führerscheins erforderliche Wohnsitzerfordernis mit einem Aufenthalt von mindestens 180 Tagen erfüllt.
In pp. Sachverhalt: Der Angeklagte erlangte in Budapest einen ungarischen Führerschein Klasse B, ausgestellt am 15.09.2008, auf Grund der Umschreibung eines gefälschten philippinischen Führerscheins, wobei ihm letztgenannter Umstand nicht ausschließbar nicht bekannt war. Am 15.02.2010 gegen 15.00 Uhr steuerte er im Inland einen PKW auf öffentlichen Straßen. Anlässlich einer Verkehrskontrolle zeigte er den genannten ungarischen Führerschein vor, um den Eindruck zu erwecken, im Besitz einer ordentlichen Fahrerlaubnis und somit zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland berechtigt zu sein. Tatsächlich war dies jedoch nicht der Fall, womit der Angeklagte rechnete und dies auch billigend in Kauf nahm. Ihm war bereits am 07.01.2004, unanfechtbar seit 17.02.2004, mit sofortiger vollziehbarer Wirkung die deutsche Fahrerlaubnis (zweite EUFührerscheinrichtlinie) Klassen B, L und M entzogen worden, da er ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung, was ihm zur Auflage gemacht worden war, nicht beigebracht hatte. Der philippinische Führerschein, welcher auf den Angeklagten ausgestellt war, war dem Angeklagten nicht im einzelnen bekannt. Er wurde offenbar von der Vermittlungsagentur B. beschafft, damit er zur Umschreibung in einen ungarischen Führerschein verwendet werden konnte. Der Angeklagte befand sich zu keinem Zeitpunkt auf den Philippinen, um dort einen Führerschein unter Ablegung einer Fahrprüfung zu erwerben. Er war auch lediglich zweimal in Ungarn und legte dort eine 45 Minuten dauernde praktische Prüfung ab. Eine theoretische Fahrprüfung absolvierte er nicht.
Der Angeklagte wohnte auch zu keinem Zeitpunkt in Ungarn. Dort wurde lediglich ein Scheinwohnsitz begründet, was dem Angeklagten auch bekannt war.
Die Entziehung der deutschen Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung (sofortige Vollziehbarkeit) war auch im Verkehrszentralregister eingetragen.
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 40,-- EUR verurteilt. Zugleich hat es den ungarischen Führerschein eingezogen. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Berufung eingelegt, die das Landgericht als unbegründet verworfen hat.
Die Strafkammer hat ausgeführt, dass die Feststellungen zur Erteilung der Fahrerlaubnis und zum (fehlenden) Wohnsitz (im Wesentlichen) auf den Angaben des Angeklagten beruhen.
Zur rechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts hat die Strafkammer u.a. ausgeführt:
Im vorliegenden Fall stehe fest, dass entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht die 3. EU-Führerscheinrichtlinie (Richtlinie 2006/126-EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006) über den Führerschein zur Anwendung gelange, sondern vielmehr die 2. Führerscheinrichtlinie (Richtlinie 91/439-EG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein) Anwendung finde, da der ungarische Führerschein erst am 15.09.2008 umgeschrieben und damit ausgestellt wurde und die dritte Führerscheinrichtlinie der EU nur für Führerscheine gelte, die nach dem 19.01.2009 ausgestellt wurden (VGH München DAR 10, 103). Für Führerscheine, die bis 18.01.2009 in einem anderen Mitgliedsland ausgestellt wurden, gelte die 2. Führerscheinrichtlinie bis zu deren Außerkraftsetzung am 19.01.2013 weiter (Art. 17 Abs. 1 der 3. EG-Führerscheinrichtlinie). Damit gelten auch die Einschränkungen des EuGH bezüglich des § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 FeV für die bis 18.01.2009 erteilten ausländischen Führerscheine weiter.
Im vorliegenden Fall habe sich das Amtsgericht auf § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 FeV gestützt, wobei die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung der deutschen Fahrerlaubnis am 07.01.2004, welche bereits unanfechtbar sei, auch im Verkehrszentralregister eingetragen sei. Insoweit habe das Amtsgericht ausgeführt, dass gegen die Vereinbarkeit dieser Bestimmung mit europarechtlichen Vorgaben keine Bedenken bestünden, da sie sich auf Artikel 11 Nr. 4 S. 2 der Richtlinie 2006/126/EG stützen könne, und dabei die Entscheidungen des OLG Stuttgart NJW 2010, 2818 und des Bayerischen VGH in NVZ 2010, 48 zitiert.
Das Amtsgericht sei ersichtlich von der Gültigkeit der 3. Führerscheinrichtlinie im vorliegenden Fall ausgegangen, was jedoch aus den oben genannten Gründen nicht zutreffe. Vielmehr sei die zweite Führerscheinrichtlinie maßgeblich. Aus dieser ergebe sich jedoch, dass gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. b die Ausstellung des Führerscheins außerdem abhänge vom Vorhandensein eines ordentlichen Wohnsitzes oder vom Nachweis der Eigenschaft als Student - während eines Mindestzeitraums von 6 Monaten - im Hoheitsgebiet des ausstellenden Mitgliedsstaates. Dies sei ersichtlich nicht der Fall gewesen, da der Angeklagte weder auf den Philippinen als Drittland noch in Ungarn als einem anderen Mitgliedsstaat der EU einen ordentlichen Wohnsitz begründet habe, sondern lediglich in Ungarn einen Scheinwohnsitz, was er selbst eingeräumt habe. Infolgedessen sei u. a. von Art. 8 Abs. 1 der 2. Führerscheinrichtlinie auszugehen, wonach für den Fall, dass der Inhaber eines von einem Mitgliedsstaat ausgestellten gültigen Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedsstaat habe, er einen Antrag auf Umtausch seines Führerscheins gegen einen gleichwertigen Führerschein stellen könne. Es sei dann Sache des umtauschenden Mitgliedsstaats, gegebenenfalls zu prüfen, ob der vorgelegte Führerschein tatsächlich gültig ist. Artikel 8 Abs. 4 der 2. Führerscheinrichtlinie besage, dass ein Mitgliedsstaat es ablehnen kann, die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der von einem anderen Mitgliedsstaat einer Person ausgestellt wurde, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine nach Art. 8 Abs. 2 genannten Maßnahmen angewendet wurde. Art. 8 Abs. 2 der 2. Führerscheinrichtlinie bestimme wiederum, dass vorbehaltlich der Einhaltung des straf- und polizeirechtlichen Territorialprinzips der Mitgliedsstaat des ordentlichen Wohnsitzes auf den Inhaber eines von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerscheins seine innerstaatlichen Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis anwenden und zu diesem Zweck den betreffenden Führerschein erforderlichenfalls umtauschen könne. Im vorliegenden Fall sei deshalb davon auszugehen, dass bereits wegen des Verstoßes gegen das Wohnsitzgebot in dem ausstellenden Mitgliedsstaat Ungarn eine Umschreibung und damit Ausstellung eines ungarischen Führerscheins nicht hätte erfolgen dürfen und dass deshalb die Bundesrepublik Deutschland nicht verpflichtet sei, den in Ungarn ausgestellten Führerschein, mit welchem sich der Angeklagte bei der gegenständlichen Fahrt ausgewiesen hat, anzuerkennen.
Aus der Rechtsprechung des EuGH zur 2. Führerscheinrichtlinie sei bereits ersichtlich, dass die Souveränität und das Territorialprinzip in Bezug auf einen anderen Mitgliedsstaat der EU es nicht verbieten, einen in dem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerschein bzw. die zuerkannte Fahrerlaubnis in Deutschland nicht anzuerkennen, wenn der ausstellende Mitgliedsstaat selbst nicht die Europäische Führerscheinrichtlinie eingehalten hat und damit gegen Europäisches Recht verstoßen hat. Dies sei hier der Fall. Infolgedessen habe auf Grund von § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 FeV in Deutschland durchaus die Anerkennung dieser ungarischen Fahrerlaubnis verweigert werden dürfen, zumal bereits durch eine deutsche Behörde, nämlich das Landratsamt Landshut, die deutsche Fahrerlaubnis am 07.11.2004, unanfechtbar seit 17.02.2004, mit sofort vollziehbarer Wirkung für die Klassen B, L, M entzogen worden und dies auch im Verkehrszentralregister eingetragen sei. Infolgedessen sei die ungarische Fahrerlaubnis in Deutschland ungültig.
Dabei sei es nicht erforderlich, dass ein Aberkennungsbescheid des Landratsamts ergehen musste, aus dem die Aberkennung der ungarischen Fahrerlaubnis expressis verbis ausgesprochen wurde. Dies hätte lediglich Einfluss auf den subjektiven Tatbestand gehabt. Hinzu komme, dass im vorliegenden Fall auch die Voraussetzungen einer Umschreibung objektiv nicht vorgelegen hätten, da die philippinische Fahrerlaubnis, welche als Grundlage der Umschreibung in Ungarn diente, eine Totalfälschung darstellte, da der Angeklagte selbst nicht bestritten habe, zu keinem Zeitpunkt auf den Philippinen eine derartige Fahrerlaubnis erworben
zu haben.
Insoweit sei auch der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 29. Oktober 2010 (Az. RN 8 S 10.1853, Bl. 92-100), welcher einen ähnlich gelagerten Fall betreffe und welcher auch verlesen worden sie, von Bedeutung. In diesem Beschluss habe das Verwaltungsgericht Regensburg ebenfalls festgestellt, dass der auf Grund einer Umschreibung eines philippinischen Führerscheins, welcher ebenfalls eine Totalfälschung darstellte, erworbene ungarische Führerschein bzw. die ungarische Fahrerlaubnis in Deutschland nicht rechtswirksam sei.
Ebenso wie in dem vom Verwaltungsgericht Regensburg entschiedenen Fall sei im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass ohne Prüfung des philippinischen Führerscheins einfach durch Übernahme der dortigen Daten und Fakten eine Umschreibung in Ungarn erfolgt sei, wobei ein bloßer Umtausch grundsätzlich keine Anerkennungspflicht des Aufnahmemitgliedsstaates begründe. Dies sei auch durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.01.2009 (Az. 3 C 31/07 Juris) festgestellt. Es hätte mindestens eine Eignungsüberprüfung stattfinden müssen, wobei die praktische Fahrprüfung, welche nach den Worten des Angeklagten in Ungarn stattgefunden haben soll, nicht ausreiche. Eine theoretische Fahrprüfung habe nicht stattgefunden. Das Argument, dass er bereits früher bei einem früher erworbenen deutschen Führerschein eine theoretische Prüfung habe ablegen müssen, überzeuge im vorliegenden Fall nicht. Es sei gerade Sinn und Zweck der Erteilung einer neuen deutschen Fahrerlaubnis, dass der Angeklagte im Rahmen der MPU ein Gutachten bezüglich seiner Geeignetheit zum Fahren von Kraftfahrzeugen hätte beibringen müssen, was er jedoch nicht getan habe. Dies sei wohl auch der Grund, warum die Fahrerlaubnis vom Landratsamt Landshut - gerade auch im Hinblick auf die Ungeeignetheit des Angeklagten aufgrund der Verurteilung wegen Betäubungsmitteldelikten - entzogen worden sei.
Voraussetzung für die Ausstellung des Führerscheins sei u. a., dass der Bewerber eine Prüfung nicht nur der praktischen Fähigkeiten und Verhaltensweisen, sondern auch seiner theoretischen Kenntnisse bestanden habe. Dies habe das VG Regensburg in seiner Entscheidung ebenfalls festgestellt. Eine theoretische Prüfung habe jedoch nicht stattgefunden. Daneben sei auch Art. 7 der Richtlinie 91/439/EWG (2. Führerscheinrichtlinie) eine wichtige Voraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis in Ungarn. Auch dieses Erfordernis sei nicht gegeben. Bei einem Umtausch finde eine derartige Prüfung nicht statt. Auch habe der Angeklagte zu keinem Zeitpunkt auf den Philippinen eine Fahrerlaubnis mit vorangegangener Ausbildung und Prüfung erworben. Er habe auch nie auf den Philippinen gewohnt (§ 29 FeV) .
Außerdem habe es sich bei dem philippinischen Führerschein um eine Totalfälschung gehandelt, aus der der Angeklagte keinerlei Rechte ableiten könne. Die Fälschung sei auch vom Angeklagten in der Berufungsverhandlung nicht bestritten worden. Der Angeklagte habe immer in der Bundesrepublik Deutschland seinen ordentlichen Wohnsitz behalten, ohne ihn jemals auf den Philippinen oder in Ungarn zu begründen.
Da also im Ergebnis weder bezüglich des philippinischen Führerscheins die Voraussetzungen für die Umschreibung noch bezüglich des ungarischen Führerscheins für dessen Ausstellung bereits mangels Vorliegens des Wohnsitzerfordernisses vorgelegen haben, brauchte die ungarische Fahrerlaubnis und somit der ungarische Führerschein in Deutschland entsprechend der Bestimmung des § 28 FeV nicht anerkannt zu werden, zumal die deutsche Fahrerlaubnis wirksam entzogen worden und diese Entziehung auch im Verkehrszentralregister eingetragen sei. Zur Überzeugung der Kammer habe der Angeklagte zumindest auf Grund der obskuren Methode des Erwerbs dieses Führerscheines (u. a. Begründung eines Scheinwohnsitzes) in Ungarn damit gerechnet, dass die ungarische Fahrerlaubnis möglicherweise nicht wirksam war und habe dies auch billigend in Kauf genommen. Er habe zumindest damit gerechnet, dass aufgrund des Entzuges der deutschen Fahrerlaubnis im Jahr 2004, was dem Angeklagten bekannt war, der ungarische Führerschein von den deutschen Behörden möglicherweise nicht anerkannt werden würde, weil er nicht als geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen werden würde, ohne das geforderte Gutachten vorgelegt zu haben. Insoweit habe er mit bedingtem Vorsatz gehandelt, als er mit dem Pkw zur Tatzeit auf öffentlichen Straßen fuhr, da er bei dieser unklaren Rechtslage und bestehenden Zweifeln überhaupt nicht hätte fahren
dürfen.
Die Revision des Angeklagten, die er u.a. auf die näher begründete Verletzung des sachlichen Rechts stützte, und mit der er, ebenso wie die Staatsanwaltschaft bei dem Revisionsgericht die Urteilsaufhebung und Zurückverweisung an das Landgericht beantragte, blieb ohne Erfolg
Aus den Gründen:
1. ( )
2. Die Sachrüge hat keinen Erfolg.
Die vom Landgericht vorgenommene Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Der von der Kammer festgestellte Sachverhalt trägt eine Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahren ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG. Der am 15. September 2008 ausgestellte ungarische Führerschein berechtigt den Angeklagten am 15. Februar 2010 nicht zu einer Fahrt mit einem PKW auf öffentlichen Straßen in der Bundesrepublik Deutschland.
Zwar ist es grundsätzlich Aufgabe des Ausstellermitgliedstaates zu prüfen, ob die im Gemeinschaftsrecht aufgestellten Mindestvoraussetzungen, insbesondere diejenige hinsichtlich des ordentlichen Wohnsitzes, erfüllt sind und ob somit die Erteilung einer Fahrerlaubnis gerechtfertigt ist. Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung verwehrt es dabei dem anderen Mitgliedsstaat die Beachtung dieser Ausstellungsvoraussetzungen zu prüfen. Vielmehr ist der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins als Nachweis dafür zu sehen, dass der Inhaber dieses Führerscheins am Tag seiner Ausstellung diese Voraussetzungen erfüllt. Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen ist der Aufnahmestaat berechtigt den in einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerschein in seinem Hoheitsgebiet nicht anzuerkennen.
Gemäß § 28 Abs.4 Satz 1 Nr. 3 FeV in der bis 18. Januar 2009 gültigen Fassung vom 7. August 2002 i.V.m. der 2. Führerscheinrichtlinie (Richtlinie 91/439-EG des Rates vom 29. Juli 1991) muss der ungarische Führerschein im Inland nicht anerkannt werden, da aus vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass das Wohnsitzprinzip nicht eingehalten wurde. Die oben benannten Vorschriften sind anwendbar, weil die Umschreibung vor dem 19. Januar 2009 erfolgte.
Diese Vorschriften sind nicht nur bei einer Neuerteilung einer Fahrerlaubnis, sondern auch bei dem Umtausch einer zuvor in einem Drittland erworbenen Fahrerlaubnis anwendbar (Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Auflage, FeV § 28 Rdn. 4). Der Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip ergibt sich vorliegend aus dem Geständnis des Angeklagten im Rahmen des vorliegenden Strafverfahrens. Er räumte ein, zu keinem Zeitpunkt in Ungarn einen ordentlichen Wohnsitz begründet zu haben, vielmehr zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins in Deutschland gewohnt zu haben.
Nach dem Urteil des EuGH vom 29.April 2004 Kapper (NJW 2004,1725) ist das Wohnsitzerfordernis des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV i.d. Fassung vom 7. August 2002, wonach die Berechtigung des Abs. 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWG Fahrerlaubnis gilt, die zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, nicht mit EG-Recht vereinbar.
Mit Urteilen des EuGH vom 26.Juni 2008 W. und Z. (C-329106) wurden jedoch zwei Einschränkungen vom Grundsatz der gegenseitigen Anerkennungspflicht vorgenommen. Danach muss die ausländische Fahrerlaubnis nicht anerkannt werden, wenn sich aus den im Führerschein selbst enthaltenen oder aus vom Ausstellerstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststellen lässt, dass das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten wurde. Letzteres liegt hier aufgrund des Geständnisses des Angeklagten vor.
Das Urteil des EuGH vom 1. März 2012 B. A. (C 467/10), ergangen auf das Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Gießen vom 21. September 2010
steht dem nicht entgegen. Danach ist es Sache des vorlegenden Gerichts zu prüfen, ob Informationen, die unter Umständen, wie denen des Ausgangsverfahrens, erlangt wurden, als vom Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen eingestuft werden können (Rdn. 73 und 74 des oben benannten Urteils), die belegen, dass der Inhaber des Führerscheins zum Zeitpunkt des Erhalts seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedstaates hatte. Zwar führte der EuGH aus, dass die Informationen von einer Behörde dieses Staates herrühren müssen, um als unbestreitbar eingestuft werden zu können, etwa von einer Einwohnermeldebehörde des Ausstellerstaates (Rdn. 67, 69 des oben benannten Urteils). Zudem führte der EuGH aus, dass die Ausnahme von der Anerkennungspflicht nicht weit verstanden werden dürfe.
Hinsichtlich der vom Inhaber des Führerscheins herrührenden Informationen schloss der EuGH dies lediglich aus, soweit der Führerscheininhaber diese Angaben im Verwaltungsverfahren oder im gerichtlichen Verfahren in Erfüllung einer ihm nach dem innerstaatlichen Recht des Aufnahmemitgliedstaates obliegenden Mitwirkungspflicht erteilt hat (Rdn. 70 des oben benannten Urteils). Der Angeklagte hat vorliegend im Rahmen des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens diese Angaben zum fehlenden ordentlichen Wohnsitz in Ungarn zum Zeitpunkt der Ausstellung des ungarischen Führerscheins nicht aufgrund einer Mitwirkungspflicht erteilt, vielmehr hätte er schweigen können oder eine unzutreffende Sachverhaltsschilderung abgeben können (§ 136 Abs. 1 Satz 2 StPO). Die im Strafverfahren auf freiwilliger Basis abgegebenen Angaben des Angeklagten zum fehlenden ordentlichen Wohnsitz sind Behördeninformationen, etwa eines Einwohnermeldeamtes des Ausstellerstaates, mindestens gleichwertig. Denn nur der Angeklagte selbst weiß mit Bestimmtheit, ob er das für die Ausstellung eines EU-Führerscheines erforderliche Wohnsitzerfordernis mit einem Aufenthalt von mindestens 180 Tagen erfüllt hat. Daher ist die Aussage des Angeklagten wie eine vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Information einzuordnen.
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