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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Betrugsversuch bei einem mehraktigen Geschehensablauf

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. 29.02.2012 – (4) 121 Ss 21/12 (32/12) -

Leitsatz: Im Fall eines mehraktigen Geschehensablaufes ist erst die Täuschungshandlung versuchsbegründend, welche die zu täuschende Person ohne weitere wesentliche Zwischenschritte zur irrtumsbedingten Vermögensverfügung veranlasst. Das Vorbereitungsstadium verlässt, wer nach Aufnahme der auf einen sofortigen Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages gerichteten Verhandlungen gefälschte Ge-haltsnachweise vorlegt, auch wenn noch nicht alle Detailfragen des Darlehensvertrages fixiert waren, die Bonitätsprüfung noch ausstand und der schriftliche Darlehensantrag noch nicht unterzeichnet wurde.


KAMMERGERICHT
Beschluss
Geschäftsnummer:
(4) 121 Ss 21/12 (32/12)
In der Strafsache
gegen pp.
wegen versuchten Betruges u.a.
hat der 4. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin
am 29. Februar 2012 beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 26. September 2011 wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.

2. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

G r ü n d e :

Das Landgericht hat den Angeklagten am 26. September 2011 unter Freisprechung im Übrigen wegen versuchten Betruges in Tat-einheit mit Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit der Revisi-on, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Sie bleibt erfolglos.

1. Das Landgericht hat festgestellt, dass sich der in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation befindliche Angeklagte im Juni 2010 dazu entschlossen hatte, einen Bankkredit aufzu-nehmen, um zeitnah bei einem Bekannten Schulden in Höhe von mehreren tausend Euro begleichen zu können. Da der Angeklagte wusste, dass er ohne regelmäßiges Einkommen keinen Kredit er-halten werde, fertigte er falsche Gehaltsbescheinigungen für die Monate März bis Mai 2010 an, die ein monatliches Nettoein-kommen zwischen 2.100 Euro und 2.450 Euro auswiesen. Am 22. Juni 2010 begab er sich nach vorheriger telefonischer Termin-vereinbarung zur Bank und beantragte (mündlich) einen Ratenk-redit in Höhe von 10.000 Euro. Um über seine Einkommensver-hältnisse zu täuschen, überreichte er der Bankmitarbeiterin die drei gefälschten Gehaltsbescheinigungen. Er wusste, dass er zur Rückzahlung des Kredites nicht in der Lage war und allenfalls vage Hoffnungen bestanden, dass seine finanziellen Verhältnisse sich besserten.

Der Bankmitarbeiterin fielen Unstimmigkeiten in den Gehaltsbe-scheinigungen auf, weshalb sie die Betrugsabteilung einschal-tete. Um den Angeklagten während deren Prüfung hinzuhalten, spiegelte sie ihm einen zur Verfügung stehenden Kreditrahmen von 26.800 Euro vor, woraufhin der Angeklagte erklärte, seinen Kreditbetrag auf 15.000 Euro zu erhöhen. Die Bankmitarbeiterin hatte mit dem Angeklagten bereits die Kreditdetails, u.a. die monatliche Tilgungsrate in Höhe von 328,70 Euro, erörtert und ihn die Datenschutzvereinbarung unterzeichnen lassen. Zu wei-teren Unterschriften kam es wegen des Eintreffens der Polizei nicht, die den Angeklagten noch in den Bankräumen festnahm.

2. Die erhobene Sachrüge deckt keine den Angeklagten beschwe-renden Rechtsfehler auf.

a) Die vom Revisionsführer beanstandete Beweiswürdigung hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Ihm allein ob-liegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsrecht-liche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder ge-sicherte Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2011 - 2 StR 362/11 – [Juris]).

Die Erwägungen des Landgerichts, mit denen es die Einlassung des Angeklagten, er habe sich in der Bank zunächst nur beraten lassen und erst später über die Inanspruchnahme des Kredits entscheiden wollen, als widerlegt angesehen hat, sind nicht zu beanstanden. Die intensive Vorbereitung der Kreditaufnahme (insbesondere die Fälschung von drei Gehaltsbescheinigungen und deren Vorlage bei der Bank) sowie der bestehende Zeitdruck im Hinblick auf die Tilgung seiner Schulden lassen nicht nur den möglichen Schluss, was ausreichend wäre, auf seinen Entschluss zu, den Kreditvertrag sofort abschließen zu wollen und sich die Kreditsumme auszahlen zu lassen, sondern legen diesen vielmehr nahe.

b) Die Feststellungen tragen entgegen der Ansicht der Revision auch die Verurteilung wegen versuchten Betruges.

aa) Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt (§ 22 StGB). Ein unmittelbares Ansetzen liegt bei solchen Handlungen vor, die nach der Vorstellung des Täters in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung füh-ren oder mit ihr in einem engen räumlichen und zeitlichen Zu-sammenhang stehen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum "Jetzt geht es los" über-schreitet, es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung an-setzt, so dass sein Tun ohne wesentliche Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht, wobei auf die strukturel-len Besonderheiten der jeweiligen Tatbestände Bedacht zu nehmen ist (vgl. BGH, NStZ-RR 2011, 367 m.w.Nachw.). Erfüllt der Täter bereits Merkmale des Tatbestandes, überschreitet er in der Regel die Grenze zum Versuch (vgl. BGHSt 37, 294).

Dies gilt allerdings nicht ausnahmslos. Beim Betrug ist im Fall eines mehraktigen Geschehensablaufes erst die Täu-schungshandlung versuchsbegründend, welche die zu täuschende Person unmittelbar zur irrtumsbedingten Vermögensverfügung veranlasst. Maßgebend ist, ob die Täuschungshandlung ohne wei-tere wesentliche Zwischenschritte in die angestrebte Vermö-gensverschiebung mündet oder ob sie diese nur vorbereiten sollte (vgl. BGH, NStZ 2011, 400; Meyer-Goßner, StPO 54. Aufl., § 263 Rn. 196).

bb) Der Angeklagte hat mit dem Einreichen der Gehaltsnachweise das Vorbereitungsstadium verlassen und zum Betrug unmittelbar angesetzt, auch wenn noch nicht alle Detailfragen des Darle-hensvertrages fixiert waren und der Angeklagte einen schrift-lichen Darlehensantrag noch nicht unterzeichnet hatte.

Zwar ist der Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages ein mehraktiges Geschehen, bestehend aus Verhandlungen über den Vertragsgegenstand, der Bonitätsprüfung und der Unterzeichnung des Vertrages. Aber nach Aufnahme der auf einen sofortigen Vertragsabschluss gerichteten Verhandlungen, dem Benennen der gewünschten Kreditsumme und dem Einreichen der Gehaltsnachweise waren objektiv und aus Sicht des Angeklagten weitere we-sentliche Zwischenschritte bis zum Vertragsabschluss und damit der Vollendung des (Eingehungs-) Betruges nicht mehr notwendig, auch wenn das Ergebnis der von der Bank vorzunehmenden Bonitätsprüfung noch ausstand und der Angeklagte nach dieser den Darlehensantrag noch zu unterzeichnen hatte.

Die von der Revision zur Bekräftigung ihrer Rechtsansicht zi-tierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH, NStZ 2011, 400; NStZ 2002, 433) stehen dieser Annahme nicht entgegen. In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7. Februar 2002 (NStZ 2002, a.a.O.) hatte der Angeklagte über die für den Ver-tragsschluss erforderliche Sicherheit noch gar nicht getäuscht und damit noch kein Merkmal des Betrugstatbestandes erfüllt. In der Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 12. Januar 2011 (NStZ 2011, a.a.O.) bestand die Besonderheit, dass von vornhe-rein ersichtlich nach der ersten Täuschungshandlung noch wei-tere wesentliche Zwischenakte bis zum Vertragsschluss erfor-derlich waren, die erst erheblich später und an anderen Orten zu erfolgen hatten, da die mündlich (unter Täuschung) ge-troffene Abrede über die Schenkung zunächst in einen schrift-lichen Vertrag auszuarbeiten war und dieser nachfolgend noch zwingend notariell zu beurkunden war. In dieser Fallgestaltung lag es nahe, anzunehmen, der Täter habe die späteren, für das Erreichen seines Zieles letztlich entscheidenden Akte durch seine Täuschung bei der ersten mündlichen Absprache nur vorbe-reiten wollen. Anders liegt es aber hier, wo zwischen der Täu-schungshandlung und dem Vertragsschluss weder objektiv noch aus Sicht des Angeklagten zeitlich oder räumlich getrennte weitere wesentliche Zwischenschritte notwendig waren, um zum Vertragsabschluss zu kommen.

Anders als in dem vom OLG Hamm am 11. August 2011 (StraFo 2011, 411) entschiedenen Fall, der einen ähnlichen Sachverhalt betraf, blieb es aufgrund der hier getroffenen Feststellungen nicht unklar, ob die Täuschung des Angeklagten nur dazu diente, beim potentiellen Vertragspartner allgemein falsche Vor-stellungen zu wecken. Der Senat kann daher offen lassen, ob er sich der Rechtsansicht des OLG Hamm zur Abgrenzung zwischen Vorbereitungshandlung und Versuch beim Betrug anschließen wür-de.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.


Einsender: RiKG Klaus-Peter Hanschke, Berlin

Anmerkung:


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