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Entscheidungen

Gebühren

Pflichtverteidiger, Entpflichtung, Vergütungsvereinbarung

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Marburg, Beschl. v. 22.05.2012 - 7 StVK 442/10

Leitsatz: Ein Verteidiger, der gegenüber dem Mandanten deutlich macht, dass ihm das Honorar eines Pflichtverteidigers nicht genügt, erweckt bei jedem vernünftig denkenden Mandanten den klaren Anschein, ohne das Zusatzhonorar werde die Verteidigung nicht ordentlich geführt. Es ist dann von einer tief greifenden Störung des Vertrauensverhältnisses auszugehen und der Rechtsanwalt ggf. als Pflichtverteidiger zu entpflichten.


In pp.
1. Rechtsanwalt P. wird von der Pflichtverteidigung entbunden.
2. Dem Untergebrachten wird Rechtsanwalt D. aus D. als Pflichtverteidiger beigeordnet.
3. Es wird festgestellt, dass eine Informationsreise des Verteidigers in die Klinik für forensische Psychiatrie Riedstadt erforderlich ist.
Gründe
Der Verurteilte befindet sich zum Vollzug der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB in der eingangs genannten Klinik. Im aktuellen Prüfungsverfahren nach §§ 67e, 67d Abs. 2 StGB, bei dessen Beginn er noch in der Klinik für forensische Psychiatrie Haina und damit im Zuständigkeitsbereich der Kammer untergebracht war, wurde ihm Rechtsanwalt P. aus Kassel nach § 140 Abs. 2 StPO beigeordnet. Mit Schreiben vom 29.03.2012 beschwerte sich der Verurteilte über den Pflichtverteidiger und trug u.a. vor, dieser habe ein Zusatzhonorar zu den Pflichtverteidigergebühren vereinbaren wollen. Dem habe der Verurteilte nicht zugestimmt, und er habe nun den Eindruck, dass die Verteidigung schlecht geführt werde. Der Verurteilte beantragt, den Verteidiger zu entpflichten und einen anderen Anwalt beizuordnen.

Rechtsanwalt P. hat in seiner Äußerung dazu ein Schreiben folgenden Inhalts vorgelegt:

20. Mai 2010
Sehr geehrter Herr NN,
ich teile Ihnen gegenüber mit, dass ich nunmehr Ihrem Wunsch entsprechend zum Pflichtverteidiger im Vollstreckungsverfahren beauftragt wurde. Gleichwohl gehe ich davon aus, dass wir uns bei der nächsten Besprechung ggf. über die Verabredung eines Zusatzhonorars unterhalten können, da Sie sich bestens vorstellen können, dass das Honorar eines Pflichtverteidigers — zumal im Vollstreckungsverfahren — als vollkommen unangemessen zu bewerten ist.
Sobald es meine Zeit erlaubt, werde ich Sie zu einer Besprechung in Gießen aufsuchen.
Zur Ihrer Einstellung und Vorbereitung übersende ich Ihnen in Kopie das Prognosegutachten der Klinik vorab.
Mit freundlichem Gruß
gez. K. P.

Der Antrag der Verurteilten ist begründet. Es ist allgemein anerkannt, dass die Pflichtverteidigung aufgehoben werden kann, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Verteidiger schwerwiegend gestört ist (Meyer-Goßner StPO § 143 Rdn. 3 m. zahlreichen Nachweisen). So ist es fraglos hier: Ein Verteidiger, der gegenüber dem Mandanten deutlich macht, dass ihm das Honorar eines Pflichtverteidigers nicht genügt, erweckt bei jedem vernünftig denkenden Mandanten den klaren Anschein, ohne das Zusatzhonorar werde die Verteidigung nicht ordentlich geführt. Auf dieser Grundlage sollte niemand Vertrauen in die Güte der Verteidigung entwickeln müssen.

Der Vorsitzende legt die Sache der Staatsanwaltschaft zur Prüfung vor, denn der Pflichtverteidiger hat keinen Anspruch auf ein Zusatzhonorar und stellt dem Mandanten hinreichend deutlich vor Augen, dass er ohne das Zusatzhonorar seine gesetzlichen Pflichten als Verteidiger nicht ordentlich erfüllen wolle.

Da der Verurteilte einen anderen Verteidiger nicht benannt hat, hat der Vorsitzende die Auswahl getroffen, § 142 StPO.

Einsender: entnommen openjur.de

Anmerkung:


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