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Entscheidungen

StPO

Pflichtverteidiger, Unfähigkeit der Selbstverteidigung, Waffengleichheit

Gericht / Entscheidungsdatum: LG Kleve, Beschl. v. 07.05.2008 - 110 Qs 54/08

Leitsatz: Zur Beiordnung eines Pflichtverteidigers aus Gründen der Gleichbehandlung.


110 Qs 54/08
LANDGERICHT KLEVE
BESCHLUSS
In der Strafsache
gegen
Verteidiger: Rechtsanwalt Olaf Sydow, Mehringdamm 32, 10961
Berlin,
wegen Betruges
hat die 1. Strafkammer des Landgerichts Kleve
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht, den Richter am Landgericht und den Richter am Amtsgericht am 7. Mai 2008 beschlossen:

Auf die Beschwerde der Angeklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts Geldern vom 25.3.2008 abgeändert:
Der Angeklagten wird Rechtsanwalt Sydow als Pflichtverteidiger beigeordnet.

Gründe
Die Angeklagte und Beschwerdeführerin wird zusammen mit ihrem Lebensgefährten Klaus L. beschuldigt, gemeinschaftlich in der Zeit vom 26.1.2005 bis zum 4.5.2005 einen Betrug zum Nachteil der Fa. S. in Goch dadurch begangen zu haben, dass sie Waren in einem Gesamtwert von mehr als 7.600 € bei der Geschädigten bestellt und abgeholt haben, wobei ihnen von Anfang an bekannt war, dass sie die Waren nicht bezahlen würden.

Das Amtsgericht Geldern hat das Verfahren gegen beide Angeklagte eröffnet. Mit Beschlüssen vom 25.3.2008 hat es dem Angeklagten L. eine Pflichtverteidigerin beige-ordnet, den gleichlautenden Antrag der Beschwerdeführerin aber mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Sach- und Rechtslage einfach sei; auf eine Gleichbehandlung mit dem Angeklagten L. könne sich die Angeklagte K. nicht berufen, weil die Bestellung der Pflichtverteidigerin überwiegend aus den Anklagevorwürfen resultiere, die gegen den Mitangeklagten im Verfahren 16 Ds 739/07 erhoben würden und die die Angeklagte K. nicht beträfen.

Gegen die Entscheidung zu ihrem Nachteil richtet sich die Beschwerde der Angeklagten, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.

II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Der Angeklagten ist schon deshalb ein Pflichtverteidiger beizuordnen, wie dies aus gründen der Gleichbehandlung mit dem Angeklagten L. geboten erscheint. Soweit das Amtsgericht die Bestellung der Pflichtverteidigerin für diesen mit der Erwägung begründet hat, dies erfolge im Hinblick auf Vorwürfe, die gegen ihn in einem anderen Ver-ahren erhoben werden, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Die Bestellung des Pflichtverteidigers für den Angeklagten L. ist nämlich ausdrücklich im vorliegenden Verfahren erfolgt (vgl. dazu das Aktenzeichen des entsprechenden Beschlusses). Zu diesem Zeitpunkt war das Verfahren nicht mit einem anderen Verfahren verbunden, jedenfalls ergibt sich dafür aus der Akte nichts. Mithin ist davon auszugehen, dass die Bestellung des Pflichtverteidigers auch allein im Hinblick auf die im vorliegenden Verfahren erhobenen Tatvorwürfe erfolgt ist.

Darüber hinaus ist die Beiordnung eines Pflichtverteidigers für die Angeklagte auch aus sachlichen Erwägungen geboten (vgl. § 140 Abs. 2 StPO). Die Angeklagte hat sich bislang zur Sache nicht eingelassen. Der Mitangeklagte L. hat jedenfalls vor der Polizei in Strausberg am 28.9.2006 ausgesagt, dass die Angeklagte mit den hier angeklagten Taten nichts zu tun habe; sie habe lediglich ihren Namen für die Anmeldung der Firma zur Verfügung gestellt. Tatsächlich lässt sich anhand der Aktenlage nicht ermitteln, wer im einzelnen die hier maßgeblichen Warenbestellungen bei der Firma S. aufgegeben hat; auch aus der Strafanzeige der Geschädigten vom 19.5.2006 lässt sich dies nicht entnehmen. Das einzige Schriftstück, das die Unterschrift der Angeklagten trägt, ist dasjenige über die Einrichtung eines Kundenkontos bei der Fa. S. vom 11.2.2005; ob an diesem Tag (von wem?) bereits eine Bestellung aufgegeben worden ist, lässt sich der Akte nicht entnehmen.

Bei dieser Sachlage ist zwar die Annahme einer Mittäterschaft nach § 25 Abs. 2 StGB nicht von vornherein auszuschließen. Dazu werden jedoch im Rahmen der Hauptverhandlung ergänzende Feststellungen getroffen werden müssen, wobei die Verteidigung der Angeklagten sich für diese um so schwieriger darstellt, als gegebenenfalls Beweise zu erheben sind, die sich aufgrund des Akteninhalts für einen juristischen Laien jedenfalls nicht aufdrängen. Es ist daher die Beiordnung eines Pflichtverteidigers für die Angeklagte geboten, weil für sie die Gefahr besteht, dass sie die für die abschließende Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte übersieht und/oder verkennt.


Einsender: RA O.Sydow, Berlin

Anmerkung:


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