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Entscheidungen

Gebühren

Terminsvertreter, Gebühren, Pflichtverteidiger,

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Sinzig, Beschl. v. 11.07.2012 - 2090 Js 71483/10 jug 3 Ds

Leitsatz: Ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts als Terminsvertreter für einen Pflichtverteidiger für einen Hauptverhandlungstermin erfolgt und hat der originär bestellte Verteidiger die Gebühren für die vorgelagerte Tätigkeit schon verdient (Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG und Verfahrensgebühr nach Nr. 4106 VV RVG), hat die Landeskasse nur noch die Terminsgebühr nach Nr. 4108 VV RVG nebst Umsatzsteuer zu erstatten.


In pp.
In dem Strafverfahren
gegen
hier: Erinnerung der Rechtsanwältin
gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss
hat das Amtsgericht Sinzig durch die Richterin am 11.07.2012 beschlossen:
I.
Die Erinnerung der Rechtsanwältin A. vom 09.07.2012, eingegangen am 10.07.2010, wird als unbegründet verworfen.
II.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
III.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Dem Angeklagten war in dem Verfahren 2090 Js 71483/10 jug. 3 Ds Rechtsanwalt S. als Pflichtverteidiger beigeordnet worden. In dem Hauptverhandlungstermin vor dem Amtsgerichts Sinzig vom 26.01.2012 erschien Rechtsanwalt S. zunächst nicht. Rechtsanwältin A. wurde auf ihren Antrag hin dem Angeklagten, nach dessen Anhörung zur Bestellung des Vertreters, als Pflichtverteidiger für den Termin am 26.01.2012 beigeordnet. Mit Schriftsatz vom 31.01.2012 beantragte Rechtsanwältin A. die Festsetzung ihrer Pflichtverteidigergebühren auf den Betrag von 844,19 €, der sich zusammensetzt aus der Grundgebühr nach VV 4100 (132 €), der Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug nach VV 4106 (112 €), der Terminsgebühr für den Hauptverhandlungstermin vom 26.01.2012 nach VV 4111 (184 €) und der zusätzlichen Terminsgebühr nach VV 4111 für einen Einsatz von mehr als 8 Stunden (184 €). Daneben werden insgesamt 97,40 € an Reisekosten und Post und Telekommunikationspauschale geltend gemacht. Mit Beschluss vom 05.07.2012 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftstelle die Kosten auf 553, 83 € festgesetzt. Die Grundgebühr und die Verfahrensgebühr sind in dem Beschluss unter Verweis auf die Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 29.07.2010 - 1 Ws 82/10 abgesetzt worden, mit dem Hinweis, dass diese Entscheidung, die für den Terminsvertreter des Nebenklagevertreters nur die Festsetzung einer Terminsgebühr vorsieht, auch auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar sei. Gegen diesen Beschluss hat die Rechtsanwältin am 10.07.2012 Erinnerung eingelegt. Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache der zuständigen Abteilungsrichterin zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Erinnerung ist gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 RVG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Erinnerung der Rechtsanwältin führt jedoch nicht zu einer Aufhebung der angegriffenen Entscheidung.
Die Absetzung der Verfahrens- und der Grundgebühr durch die Rechtspflegerin erfolgte zu Recht.
Die Rechtsanwältin A. ist dem Angeklagten nur als Vertreterin für den verhinderten Rechtsanwalt S. beigeordnet worden und nicht als zweite Pflichtverteidigerin. Dies folgt bereits aus der Formulierung im Hauptverhandlungsprotokoll vom 26.01.2012, nach der der Angeklagte zu der Beiordnung des „Vertreters“ befragt wurde und zudem aus der Begründung des Beschlusses, in der auf die Terminskollision des ursprünglichen Verteidigers Bezug genommen wird. Daneben ist auch aus dem Beschlusstenor, der eine Beiordnung „für den Termin vom 26.01.2012“ vorsieht, zu entnehmen, dass die Rechtsanwältin nur ersatzweise wegen Verhinderung des eigentlichen Pflichtverteidigers und nur für den entsprechenden Termin bestellt werden sollte. Nach überwiegender Meinung ist eine Beiordnung als Vertreter des Pflichtverteidigers jedenfalls dann zulässig, wenn der weitere Verteidiger dem Angeklagten - wie hier erfolgt - vorübergehend beigeordnet wird (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 19.12.2008 - 2 Ws 365/08; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 25.08.2009, 2 Ws 111/09; KG NStZ 2011, 295; KG NStZ RR 2005, 327; Meyer-Goßner, StPO, § 142, Rn. 15). Der Vertreter des ursprünglich bestellten Pflichtverteidigers kann jedoch nach überwiegender Meinung keine Gebühren geltend machen, die über diejenigen Gebühren hinausgehen, die der Vertretene hätte geltend machen können, wenn er den Termin selbst wahrgenommen hätte. Aus diesem Grunde kann er nur die Terminsgebühren, nicht jedoch auch die Grundgebühr oder die Verfahrensgebühr geltend machen (vgl. KG Berlin, NStZ RR 2011, 295; OLG Celle, Beschluss vom 19.12.2008, 2 Ws 365/08, LG Düsseldorf, Beschluss vom 04.10.2007, 14 Qs 106/07; OLG Rostock, Beschluss vom 15.09.2011, I Ws 201/11; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 25.08.2009, 2 Ws 111/09). Diese wurden daher von der Rechtspflegerin richtigerweise abgesetzt. Auch die von der Rechtsanwältin vorgetragenen Argumente, es sei eine umfangreiche Vorbereitung durch Durcharbeiten der Akte, wegen der durchzuführenden Beweisaufnahme erforderlich gewesen und die Beiordnung für nur einen Terminstag begründe zudem ein eigenständiges Beiordnungsverhältnis, aus dem die anwaltlichen Tätigkeiten anhand der im Einzelfall verwirklichten Gebührentatbestände zu vergüten seien, können das Gericht nicht überzeugen und führen daher zu keiner anderen Entscheidung. Es kann dahinstehen, ob der Vertreter nur in das Beiordnungsverhältnis des eigentlichen Verteidigers einbezogen wird oder ob ein eigenständiges Beiordnungsverhältnis begründet wird. Denn selbst bei der Entstehung eines eigenständigen öffentlich-rechtlichen Beiordnungsverhältnisses für den Vertreter, folgt nämlich nicht, dass der dann in seiner Person entstandene Vergütungsanspruch ohne Rücksicht auf das bereits zugrundeliegende Beiordnungsverhältnis des Vertretenen zu bestimmen ist. Ansonsten würden zusätzliche Gebühren ausgelöst, die ohne eine Terminsvertretung nicht entstanden wären. Der ursprüngliche Verteidiger ist jedoch grundsätzlich verpflichtet an allen Hauptverhandlungsterminen anwesend zu sein und das Strafverfahren für den Angeklagten durch seine Mitwirkung ordentlich durchzuführen. Die Bestellung eines Vertreters ist dabei bei seiner Verhinderung eine rein pragmatische Lösung, die den Umstand seiner persönlichen Verhinderung ausgleicht, die objektiv eine Pflichtverletzung seinerseits bedeutet. Diese Lösung darf sich jedoch weder zum Nachteil des Angeklagten, der bei einer Verurteilung nach Nr. 9007 KV GKG die Verteidigergebühren zu leisten hat, noch zum Nachteil der Staatskasse, die die Pflichtverteidigergebühren verauslagt, auswirken (Vgl. KG Berlin, NStZ RR 2011, 295).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.

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