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Entscheidungen

StPO

Beschwerde, Abtrennung, Zulässigkeit

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. 10.05.2012 - 4 Ws 42/12

Leitsatz: Abtrennungsbeschlüsse sind nur dann anfechtbar, wenn die Rechtswidrigkeit der Anordnung infolge fehlerhafter Ermessensausübung evident ist und dadurch für den Verfahrensbeteiligten eine besondere selbstständige Beschwer bewirkt oder sich die Abtrennung ausschließlich hemmend oder verzögernd auf das Verfahren auswirkt. Dabei kommt es auf eine Verzögerung des Verfahrens in seiner Gesamtheit und nicht nur des abgetrennten Verfahrensteils an.


KAMMERGERICHT
Beschluss
Geschäftsnummer:
4 Ws 42/12
In der Strafsache gegen pp
u.a., hier nur gegen
,
wegen bandenmäßigen Computerbetruges

hat der 4. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin
am 10.Mai 2012 beschlossen:
Die Beschwerden der Staatsanwaltschaft gegen die Be-schlüsse des Landgerichts Berlin vom 12. April 2012 werden als unzulässig verworfen.

Die Kosten der Rechtsmittel fallen der Landeskasse Berlin zur Last.

Gründe:
Das gegen den Angeklagten geführte Trennverfahren ist aus einem ursprünglich gegen neun Angeklagte geführten Verfahren hervorgegangen, denen banden- und gewerbsmäßiger Computerbetrug in einer unterschiedlichen Anzahl von Fällen zur Last gelegt worden ist. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat auf den Inhalt der Anklageschrift vom 11. November 2011 und den Verbindungsbeschluss vom 29. Dezember 2011 Bezug. Seit dem 28. Februar 2012 findet vor der 10. großen Strafkammer die Haupt-verhandlung statt. Die Kammer hat – jeweils mit der Begründung, dass die Verfahren aufgrund teilgeständiger Einlassungen der Angeklagten im Wesentlichen entscheidungsreif seien - die folgenden Verfahren zur gesonderten Verhandlung und Entschei-dung abgetrennt: Am 3. April 2012 gegen die Angeklagten M. und Mi. , am 5. April 2012 gegen den Angeklagten P. sowie – gesondert – gegen die Angeklagten S. , St. , E. und Ma. .

Mit Beschluss vom 12. April 2012, am neunten Verhandlungstag, hat die Kammer aus dem letztgenannten Trennverfahren das gegen die Angeklagten St. , E. und Ma. geführte Ver-fahren abgetrennt. In dem Beschluss heißt es, dass das Be-schleunigungsgebot in Haftsachen die eingeschlagene Verfah-rensweise gebiete. Hinsichtlich der nicht geständigen Ange-klagten St. , E. und Ma. , denen bis zu 134 Straftaten zur Last gelegt würden, sei eine umfangreiche Be-weisaufnahme durchzuführen. Eine weitere gemeinsame Verhandlung sei nicht sachgerecht, da der Angeklagte S. ein um-fangreiches Geständnis abgelegt habe.

Der gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde der Staats-anwaltschaft vom 12. April 2012 hat die Kammer nicht abgehol-fen. Sie hat – mit Beschluss von diesem Tag - ferner abgelehnt, die Vollziehung des Beschlusses bis zur Entscheidung über die Beschwerde auszusetzen. Auch hiergegen hat die Staatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt, diese aber nicht be-gründet.

Die Beschwerden sind nicht statthaft.

1. Nach § 305 Satz 1 StPO unterliegen Entscheidungen des er-kennenden Gerichts, die der Urteilsfällung vorausgehen und – wie hier – nicht dem Anwendungsbereich des § 305 Satz 2 StPO unterfallen - nicht der Beschwerde. Dabei handelt es sich um Entscheidungen, die in einem inneren Zusammenhang mit dem Ur-teil stehen, ausschließlich seiner Vorbereitung dienen und keine weiteren Verfahrenswirkungen erzeugen (vgl. Meyer-Goßner, StPO 54. Aufl., § 305 Rdn. 4). Diese Voraussetzungen liegen nicht nur bei Maßnahmen vor, die unmittelbar Grundlagen für die Entscheidung in der Sache selbst schaffen sollen; auch Anordnungen, die darauf abzielen, die Abwicklung des Verfahrens in sonstiger Weise zu fördern und es der abschließenden Sachentscheidung näher zu bringen, weisen einen inneren Zusam-menhang mit der Urteilsfällung auf, der zum Ausschluss der An-fechtbarkeit führt (vgl. Senat, Beschluss vom 27. März 2009 – 4 Ws 17/09 – m.w.Nachw.). Abtrennungsbeschlüsse sind danach ausnahmsweise nur dann anfechtbar, wenn die Rechtswidrigkeit der Anordnung infolge fehlerhafter Ermessensausübung evident ist und dadurch für den Verfahrensbeteiligten eine besondere selbstständige Beschwer bewirkt oder sich die Abtrennung aus-schließlich hemmend oder verzögernd auf das Verfahren auswirkt (vgl. Senat a.a.O.; Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 2. Juli 2008 – 1 Ws 107/08 – ; OLG Köln, Beschluss vom 15. Juli 2005 – 2 Ws 223/05, 224/05, 232/05 – ; Engelhardt in Karlsruher Komm. zur StPO, 6. Aufl., § 305 Rdn. 9). Dabei kommt es auf eine Verzögerung des Verfahrens in seiner Gesamtheit und nicht nur des abgetrennten Verfahrensteils an (vgl. OLG Köln, a.a.O.).

2. Gemessen an diesen Grundsätzen sind die angefochtenen Be-schlüsse nicht anfechtbar. Willkürliches Handeln der Kammer oder die Verfolgung verfahrensfremder Ziele sind nicht gegeben und werden von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet. Das Verfahren ist durch die Abtrennung auch nicht lediglich verzögert worden. Die Abtrennung diente – unter Beachtung des in Haftsachen geltenden Beschleunigungsgebotes - offensichtlich dazu, den Verfahrensstoff zu vermindern, die Hauptverhandlung zu konzentrieren und dadurch abzukürzen. Grund der Abtrennung war – wie bei den früheren, nicht angefochtenen Abtrennungen auch – das am neunten Verhandlungstag abgelegte umfangreiche Geständnis des Angeklagten S. . Selbst wenn das Geständnis – das Beschwerdevorbringen unterstellt – nicht alle gegen den Angeklagten gerichtete Tatvorwürfe erfassen sollte, führte die angefochtene Entscheidung jedenfalls nicht ausschließlich zu einer Verzögerung, sondern wäre voraussichtlich lediglich hinsichtlich der nicht eingestandenen Fälle eine Vernehmung weiterer Zeugen erforderlich. Das gegen den Angeklagten geführte Verfahren ist dadurch insgesamt beschleunigt worden, denn hinsichtlich der zum Zeitpunkt der Abtrennung nichtgeständigen ehemaligen Mitangeklagten bedarf es weiterhin der Aufklärung einer Vielzahl von Tatvorwürfen; allein dem nunmehr gesondert Verfolgten E. wird bandenmäßiger Computerbetrug in 134 Fällen zur Last gelegt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Einsender: RiKG Klaus-Peter Hanschke, Berlin

Anmerkung:


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