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Gericht / Entscheidungsdatum: AG Essen, Urt. v. 28.03.2013 - 9 Cs-43 Js 2478/12 53/13
Leitsatz: Zum (verneinten) Absehen von der Entziehung der Fahrerlaubnis nach einer Trunkenheitsfahrt.
Amtsgericht Essen IM NAMEN DES VOLKES Urteil In der Strafsache gegen pp. wegen Gefährdung des Straßenverkehrs durch Alkoholgenuss hat das Amtsgericht Essen aufgrund der Hauptverhandlung vom 28.03.2013, an der teilgenommen haben: Richterin als Richterin Staatsanwältin als Vertreterin der Staatsanwaltschaft Essen Rechtsanwalt aus Essen als Verteidiger des Angeklagten Justizbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle für Recht erkannt:
Der Angeklagte wird wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40,00 kostenpflichtig verurteilt. Dem Angeklagten wird die Fahrerlaubnis entzogen. Sein Führerschein wird eingezogen. Vor Ablauf von 12 Monaten darf ihm keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden. Angewendete Vorschriften: §§ 315 c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 Nr. 2, 69 Abs. 1, 69 a StGB.
Gründe:
Eine Verständigung im Sinne des § 257 c StPO hat nicht stattgefunden.
Der Angeklagte wurde am 22.04.1991 in Essen geboren. Er ist ledig und kinderlos. Er hat die Schule mit dem Realschulabschluss verlassen. Der Angeklagte ist im Rahmen eines Familienbetriebs als Lehrling im Bereich Sanitär und Heizung beschäftigt. Dort verdient er xxx. netto. Er hat eine Miete in Höhe von pp. zu tragen. Der Angeklagte ist vorbestraft.
Der Bundeszentralregisterauszug vom 15.12.2012 enthält folgenden Eintrag: Am 11.02.2008 hat die Staatsanwaltschaft Essen in einem Verfahren gemäß § 45 Abs. 2 JGG von der Verfolgung abgesehen.
Auch in verkehrsrechtlicher Hinsicht ist der Angeklagte bereits in Erscheinung getreten. Am 17.11.2011 verhängte die Bußgeldbehörde Stadt Essen gegen den Angeklagten eine Geldbuße in Höhe von 40,00 , da er als Führer eines Kraftfahrzeugs verbotswidrig ein Mobil- oder Autotelefon benutzt hat. Ferner wurde 1 Punkt im Verkehrszentralregister eingetragen.
Hinsichtlich des Sachverhalts konnte das Gericht folgende Feststellungen treffen:
Am 25.11.2012 nahm der Angeklagte an einer Sparkastenleerung in einer Gaststätte teil. Im Rahmen dieser Feier konsumierte er Alkohol. Gegen 02:50 Uhr verließ er die Veranstaltung mit einem PKW der Marke Daimler Chrysler mit dem Kennzeichen pp. in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand. Er befuhr unter anderem die pp.straße. Infolge der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit verursachte der Angeklagte einen Verkehrsunfall. Beim Durchfahren des V:kreisels kam der Angeklagte von der Fahrbahn ab und kollidierte mit einer Kunst-Stele, an welcher ein Schaden im fünfstelligen Bereich entstand. Auch das Fahrzeug, welches der Angeklagte nutzte, wurde im Frontbereich total beschädigt. Die Untersuchung der ihm am 25.11.2012 um 04:10 Uhr entnommenen Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,67 %o. Die Fahruntüchtigkeit hätte er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen können und müssen.
Zu seinen persönlichen Verhältnissen hat sich der Angeklagte so eingelassen wie festgestellt.
Die Feststellungen zu den strafrechtlichen und verkehrsrechtlichen Vorbelastungen beruhen auf den verlesenen Verkehrs- bzw. Bundeszentralregisterauszügen. Die Feststellungen zur Tat ergeben sich aus der vollumfänglich geständigen Einlassung des Angeklagten, an deren Wahrheitsgehalt zu zweifeln kein Anlass bestand.
Der Angeklagte hat die Begehung der Tat zugegeben. Er hat sich dahingehend eingelassen, dass er keine Erklärung habe, warum er an dem Tatabend noch mit dem Auto gefahren sei. Ferner hat sich der Angeklagte dahingehend eingelassen, dass die Verhängung einer Sperre zur Wiedererlangung des Führerscheins von 12 Monaten eine unverhältnismäßige Härte darstelle. Insbesondere drohe der Verlust seines Arbeitsplatzes, da er als Handwerker auf den Führerschein angewiesen sei. Er suche die Kunden jeweils mit dem Auto auf. Er transportiere dabei auch Werkzeug. Teilweise lägen die Kunden auch räumlich weit auseinander, so dass auf öffentliche Verkehrsmittel nicht zurückgegriffen werden könne. In der Firma könne kein anderer ihn fahren. Auszubildende seien derzeit nicht eingestellt. Im Rahmen des Familienbetriebs, in welchem auch Vater und Onkel tätig seien, komme nur er für diese Aufgabe in Betracht.
Das Gericht hat ergänzend den Zeugen vernommen. Dieser hat bekundet, dass er wahrscheinlich gezwungen sei, den Angeklagten zu entlassen, sofern dieser seine Fahrerlaubnis verliere. Zwar habe während der letzten Zeit, in welcher der Angeklagte den Führerschein bereits abgegeben hatte, ein Lehrling die Fahrdienste übernommen, dieser stehe jedoch nicht mehr zur Verfügung. Weder sein erkrankter Bruder noch er könnten die Fahrten übernehmen, da dies bedeute, den Angeklagten 6- oder 7-mal am Tag zu Kunden zu fahren. Dabei könne er seine eigene Arbeit nicht mehr erledigen. Die Anstellung eines Fahrers sei zu teuer.
IV. Der Angeklagte ist damit der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung schuldig; strafbar gemäß §§ 315 c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 Nr. 2, 69 Abs. 1, 69 a StGB
V. Der Strafrahmen richtete sich vorliegend nach § 315 c Abs. 3 StGB, der Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe vorsieht. Innerhalb dieses Strafrahmens hat das Gericht strafmildernd gewertet, dass sich der Angeklagte geständig und einsichtig gezeigt hat. Zu Gunsten des Angeklagten fiel auch ins Gewicht, dass er bislang noch nicht einschlägig strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Demgegenüber war strafschärfend zu sehen, dass der Angeklagte Voreintragungen im Verkehrszentralregister hat. Strafschärfend fiel auch ins Gewicht, dass die bei dem Angeklagten festgestellte Alkoholisierung erheblich war und ein hoher Sachschaden entstanden ist. Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hielt das Gericht die Verhängung einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 40,00 für tat- und schuldangemessen. Im Hinblick auf die im Hauptverhandlungstermin zutage getretenen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten war hier von der Tagessatzhöhe im Strafbefehl abzuweichen.
Ferner hat sich der Angeklagte durch seine Tat als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Es war die Fahrerlaubnis zu entziehen und eine Sperre zu verhängen, die das Gericht mit 12 Monaten für tat- und schuldangemessen erachtet hat. Hierbei hat sich das Gericht insbesondere davon leiten lassen, dass dem Verhalten des Angeklagten ein besonders hohes Gefährdungspotential innewohnte. Es hing nur vom Zufall ab, dass der Angeklagte lediglich sich selbst bzw. andere Sachen geschädigt hat und keinen Passanten. Das Gericht hat auch den Anlass der Fahrt berücksichtigt. Es handelte sich nicht etwa um einen notfallbedingten Fahrteinsatz. Es sind keinerlei Gründe dafür ersichtlich, warum der Angeklagte, der auch über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, nicht mit dem Taxi nach Hause gefahren ist. Ferner ist der Grad der Fahrlässigkeit vorliegend zu beachten. Das Verhalten des Angeklagten grenzt schon an eine vorsätzliche Begehungsweise.
Auch der Umstand, dass dem Angeklagten vermeintlich ein Jobverlust droht, konnte hier nicht zu einer Verkürzung der Sperre führen. Der Angeklagte verzichtet schon seit dem 25.11.2012 auf die Fahrerlaubnis. Auch in dieser Zeit ist es gelungen, den Umstand, dass der Angeklagte nicht fahrtberechtigt ist, zu überbrücken. Der Zeuge pp. hat sich dahingehend eingelassen, dass zur damaligen Zeit ein Lehrling die Fahrten übernommen habe. Im Hinblick auf die finanziellen Verhältnisse des Angeklagten scheint es durchaus zumutbar, im Einzelfall einen Fahrer zu beschäftigen. Ggf. kann dies auch über den Betrieb insgesamt organisiert werden, sofern sich nicht ohnehin ein weiterer Lehrling findet. Nach alledem stellt eine 12-monatige Sperre zur Überzeugung des Gerichts keine unverhältnismäßige Härte dar.
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