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Entscheidungen

StPO

Berufungsbeschränkung, Wirksamkeit, Beleidigung eines Polizeibeamten

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Bamberg, Beschl. v. 25. 11. 2013 - 3 Ss 114/13

Leitsatz: Bei einer Verurteilung wegen Beleidigung eines Polizeibeamten setzt die Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch über Feststellungen zur Tatzeit, Tatort und zum Inhalt der beleidigenden Äußerung Mindestfeststellungen dazu voraus, ob die Beschimpfung im Zusammenhang mit dessen Dienstausübung erfolgte oder der Beamte als Privatperson beleidigt wurde. Ist die Beleidigung im Rahmen der Dienstausübung des Beamten erfolgt, sind regelmäßig weitere Feststellungen zum Vortatgeschehen und den Beweggründen des Täters, zur polizeilichen Maßnahmerichtung, ihrem Anlass und Ablauf sowie gegebenenfalls zur Rechtmäßigkeit der Diensthandlung unverzichtbar (Anschluss an OLG Nürnberg, Beschluss vom 04.10.2007 – 2 St OLG Ss 160/07 [bei juris]; Festhaltung u.a. an OLG Bamberg, Beschluss vom 20.12.2012 – 3 Ss 136/12 = OLGSt StPO § 318 Nr. 20 = BA 50 [2013], 88 f. = VerkMitt 2013 Nr 36 = zfs 2013, 589 f. sowie zuletzt OLG Bamberg, Urteil vom 25.06.2013 - 3 Ss 36/13 = DAR 2013, 585 ff. = OLGSt StVG § 21 Nr. 10).


In pp.
Sachverhalt:
Das AG hat den Angekl. wegen Beleidigung in 2 Fällen zu einer nicht zur Bewährung ausge-setzten Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Monaten, gebildet aus Einzelfreiheitsstrafen von 3 und 4 Monaten, verurteilt. Auf die Berufung des Angekl., die er in der Berufungshauptverhandlung mit Zustimmung der StA auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte, hat das LG die Berufung „mit der Maßgabe verworfen, dass die“ - aus (neuen) Einzelfreiheitsstrafen von 3 und 2 Monaten gebildete – „Gesamtfreiheitsstrafe auf 4 Monate reduziert wird.“ Gegen dieses Urteil wendet sich der Angekl. mit seiner Revision, die er mit der (unausgeführten) Sachrüge begründet. Das Rechtsmittel erweist sich als teilweise begründet.
Aus den Gründen:
I. Die statthafte (§ 333 StPO) sowie form- und fristgerecht eingelegte Revision ist teil-weise begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang. Denn das LG hat - wie die GenStA in ihrer An-tragsschrift in Übereinstimmung mit der st.Rspr. des Senats zutreffend ausführt – hin-sichtlich der ersten materiell-rechtlich wie verfahrensrechtlich selbständigen Tat des Angekl. vom „02.03.2013 gegen 2:45 Uhr“, nämlich der Beschimpfung des Zeugen und Polizeibeamten PHM S., zu Unrecht die Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung des Angekl. auf den Rechtsfolgenausspruch angenommen hat, weshalb es insoweit über den Verfahrensgegenstand nur unvollständig entschieden hat.
1. Auf die Sachrüge überprüft das Revisionsgericht im Rahmen einer zulässigen Revi-sion nicht nur, ob das materielle Recht rechtsfehlerfrei auf den Urteilssachverhalt ange-wendet worden ist, sondern darüber hinaus von Amts wegen auch, ob Prozessvoraus-setzungen gegeben sind oder Prozesshindernisse entgegenstehen. Im Rahmen dieser Prüfung ist seitens des Revisionsgerichts von Amts wegen auch festzustellen, ob das Berufungsgericht zu Recht von einer wirksamen Berufungsbeschränkung nach § 318 StPO ausgegangen ist. Denn die Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung ist eine Frage der Teilrechtskraft. Bei einer Beschränkung der Berufung auf das Strafmaß um-fasst diese Prüfung deshalb auch, ob der vom AG festgestellt Sachverhalt in Hinsicht auf die Rechtsfolgen tragfähig ist oder sich als lückenhaft erweist (vgl. aus der neueren Rspr. u.a. OLG München zfs 2012, 472 f., OLG Koblenz NZV 2013, 411 f. und OLG Dresden NStZ-RR 2012, 289 f.).
2. Eine Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch ist nur dann wirksam, wenn die Schuldfeststellungen eine hinreichende Grundlage für die Strafzumessung ergeben. Dies ist nicht der Fall, wenn die getroffenen Feststellungen den Unrechts- und Schuld-gehalt der Tat nicht erkennen lassen und deshalb keine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Berufungsgerichts sein können (BGHSt 33, 59; OLG Düsseldorf NStZ 1992, 298 f.; BayObLGSt 1994, 98/100; OLG Koblenz NStZ-RR 2005, 178; OLG München zfs 2008, 532 ff. = DAR 2008, 533; OLG Hamburg, Beschluss vom 15.03.2012 – 2 - 70/11 [bei juris]; Senatsbeschluss vom 20.12.2012 – 3 Ss 136/12 = OLGSt StPO § 318 Nr. 20 = BA 50 [2013], 88 f. = VerkMitt 2013, Nr. 36 = zfs 2013, 589 f. [Trunkenheit im Verkehr] sowie zuletzt Senatsurteil vom 25.06.2013 - 3 Ss 36/13 = DAR 2013, 585 ff. [Fahren ohne Fahrerlaubnis]; vgl. auch OLG Bamberg OLGSt StPO § 318 Nr. 21 und wistra 2013, 117 f., jeweils m.w.N.; aus der Kommentarliteratur Meyer-Goßner StPO 56. Aufl. § 318 Rn. 17 f.; KK/Paul StPO 7. Aufl. § 318 Rn. 7a und LR/Gössel StPO 26. Aufl. § 318 Rn. 48 ff.).
a) Das AG hat hinsichtlich der ersten Tat neben der form- und fristgerechten Strafan-tragstellung nur festgestellt, dass der Angekl. „am 02.03.2013 gegen 2:45 Uhr [...] in D., C-Straße den Polizeibeamten S.“ als „Wichser“ beschimpfte, „um seine Missachtung auszudrücken“. Aus den Darlegungen des AG im Rahmen seiner Beweiswürdigung und den Strafzumessungserwägungen ergibt sich im Hinblick auf dieses erste Tatgesche-hen lediglich noch, dass die Überzeugung des Gerichts insoweit „aufgrund des glaub-haften und glaubwürdigen Geständnisses des Angeklagten“ gewonnen wurde und dass sich der teilgeständige Angekl. „gegenüber dem Polizeibeamten S. bereits schriftlich entschuldigt“ hat. Aus dem Berufungsurteil kann hierzu noch ergänzend entnommen werden, dass der Angekl. dort – im Unterschied zu seiner erstinstanzlichen Einlas-sung – „beide Tatvorwürfe, auch die bisher in Abrede gestellte Beleidigung gegenüber dem Beamten T. am 02.03.2013, eingeräumt“ und „mitgeteilt“ hat, „unter Alkoholeinfluss gestanden und deshalb wohl den nötigen Respekt verloren zu haben“, weshalb er „in-zwischen Kontakt zur Suchtberatung aufgenommen habe“.
b) Diese Feststellungen sind unzureichend, da sie den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat selbst bei Anlegung eines großzügigen Maßstabes über die reine Tatbestandserfül-lung hinaus nicht erkennen lassen und damit als (alleinige) Grundlage für die Strafzu-messung nicht ausreichen: Aus den knappen Feststellungen des AG ergibt sich noch nicht einmal, ob die Beschimpfung des Polizeibeamten mit einer Formalbeleidigung im Zusammenhang mit dessen Dienstausübung erfolgte oder der Beamte als Privatperson beleidigt wurde. Sofern die Beleidigung im Rahmen der Dienstausübung des Geschä-digten erfolgt sein sollte, sind regelmäßig weitere Mindestfeststellungen zum Vortatge-schehen und den Beweggründen und Zielen des Täters, etwa zur polizeilichen Maß-nahmerichtung, ihrem Anlass und Ablauf sowie zu möglichen Rechtsgrundlagen und gegebenenfalls zur Rechtmäßigkeit der Diensthandlung, gegen die sich der Angekl. verbal ‚zur Wehr gesetzt hat‘, unverzichtbar (OLG Nürnberg, Beschluss vom 04.10.2007 – 2 St OLG Ss 160/07 [bei juris]).
3. Zwar beschränkt sich auch die Sachverhaltsschilderung der zweiten Tat des Angekl. vom „02.03.2013 gegen 4:55 Uhr“ (Beschimpfung des Zeugen und Polizeibeamten PHM T.) auf die für den Schuldspruch unabdingbaren Mindestangaben. Im Unterschied zur ersten Tat können jedoch aufgrund des Fehlens einer geständigen Einlassung über die zusammenfassende Darstellung der Aussagen der beiden polizeilichen Zeugen im Rahmen der Beweiswürdigung weitere für den Schuldumfang wichtige Erkenntnisse zum Anlass des polizeilichen Einsatzes, der unmittelbar vor der Tat ergriffenen polizeili-chen Maßnahmen und zum Vortatverhalten des Angekl. gewonnen werden. In der Gesamtschau der amtsgerichtlichen Urteilsgründe kann damit für diese zweite Tat noch von einer hinreichenden Grundlage für die Strafzumessung ausgegangen werden mit der Folge, dass das LG insoweit zu Recht von einer wirksamen Berufungsbeschrän-kung ausgehen durfte. Da insoweit auf die Revision auch keine weiteren Rechtsfehler zum Nachteil des Angekl. offenbar geworden sind, war das Rechtsmittel entsprechend dem Antrag der GenStA im Übrigen, nämlich im Schuldspruch und im Ausspruch über die vom LG rechtsfehlerfrei festgesetzte Einzelstrafe von zwei Monaten wegen der dem Angekl. zu Last liegenden zweiten Beleidigung gemäß § 349 II StPO als unbegründet zu verwerfen.
II. Gemäß §§ 349 IV, 353 I StPO führt der aufgezeigte Rechtsfehler (§ 337 StPO) auf die Revision des Angekl. zur Urteilsaufhebung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang. Die Aufhebung erstreckt sich auch auf den Gesamtstrafenausspruch ein-schließlich der mitbetroffenen Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung mitsamt den diesen zugrunde liegenden Feststellungen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisi-onsverfahrens, an eine andere Strafkammer des LG zurückverwiesen (§ 354 II 1 StPO).

Einsender: RiOLG Dr. Georg Gieg, Würzburg

Anmerkung:


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